Heißkalkmörtel in der Praxis - Erfahrungsberichte aus der Praxis

Transkript

1 Heißkalkmörtel in der Praxis - Erfahrungsberichte aus der Praxis von Alexander Fenzke, Restaurator im Maurerhandwerk Vortrag zum Seminar: Historische Putztechniken Herrstein, 17. Mai

2 Einleitung Das Wissen und der Umgang mit den am Altbau verwendeten Baustoffen muss nicht am Status eines Objektes enden, und so sollten diese nicht immer ohne Überlegung im Baustoffhandel-Werktrockenmörtel-Kunststoffmodifiziert - Irrsinn ausgeführt werden, nur weil dies (angeblich) schneller geht und besser hält. 2

3 Auch der Einsatz zementärer Mörtel ist nicht immer sinnvoll und sollte in jedem Fall vorab auf seine Notwendigkeit geprüft werden. Fundierte Baustoff-Kenntnisse und das Gefühl für die eingesetzten Materialien sind vor allem an denkmalgeschützten Objekten eine wichtige Voraussetzung für den gewissenhaften Umgang und das geforderte Ergebnis. 3

4 Heißkalkmörtel: wieso, weshalb, warum? Bekannt ist die Anwendung von Heißkalkmörteln seit über 2000 Jahren, schon die Römer setzen ihn, auch als Kalkbeton (opus caementitium) mit frisch gelöschtem Kalk beim Bau ihrer Gebäude ein. Weitere historisch schriftliche Erwähnungen des Heißkalkmörtel sind sehr selten, wenn überhaupt wurden diese dann zb. als Spritzbewurf mit frisch zerlassenem Kalch erwähnt. 4

5 Heißkalkmörtel: historisch Bsp. aus: Schatten der Vorzeit: Oder, Memorabilien abenteuerlicher Begebenheiten... von Franz Heinrich Contée, Diese Denkmäler der eisernen Zeit blicken fest wie die Felsen und sicher (wie machten es doch die Erbauer? und kann bloß heißer Kalch solche Dinge thun?) herab auf uns Thalbewohner wie Bilder... 5

6 Heißkalkmörtel: historisch 6

7 Heißkalkmörtel: wieso, weshalb, warum? Heißkalkmörtel können auch heute nur in Handarbeit hergestellt werden, denn sie werden unmittelbar vor der Verarbeitung gemischt und im heißen Zustand sofort verarbeitet. Hier stecken aber die Probleme bei seinem Einsatz, in heutiger Zeit, wo maschinengängig und Massenware gefordert ist, verlieren solche Arbeiten an Nachfrage und Interesse. 7

8 Heißkalkmörtel: wieso, weshalb, warum? Unsere heutige technische Möglichkeiten ermöglichen es aber, solche Arbeiten wieder gezielt herzustellen und seine Vorteile gegenüber anderen Mörteln zu nutzen. Ungelöschter (Brand-) Kalk in Pulverform (CaO) ist heute in verschiedenen Qualitäten (CL 70, CL 80, CL 90) und mit unterschiedlichen Brenntemperaturen (Hochbrand, Mittelbrand, Weichbrand) hergestellt als Sackware auf dem Markt erhältlich. 8

9 Heißkalkmörtel: wieso, weshalb, warum? Diesen Vorteil hatten unsere Vorfahren nicht. Ein mit Stückkalk hergestellter, in der Brenntemperatur nicht kontrolliert gesteuerter Heißkalkmörtel barg seine Gefahren und Unsicherheiten während und nach der Verarbeitung, da selbst ein zuvor ermittelter Wasserbedarf bei schwankender Kalkqualität zu einem Verdursten des Mörtels und somit zu einem Versagen des Putzes führen konnte. 9

10 Heißkalkmörtel: wieso, weshalb, warum? Mit unseren Ausgangsstoffen heute können wir verschiedene Mörtelarten herstellen, um ein breit gefächertes Arbeitsfeld abzudecken. Dazu gehören u.a. Putzmörtel (Spritzbewurf, Dünnlagenputze, etc.), Mauermörtel zum Versetzen von Bruchsteinen sowie Spezialmörtel wie Heißkalkestrich, Rissfüllmörtel und Entfeuchtungsputze. 10

11 Heißkalkmörtel: wieso, weshalb, warum? Ein Vorteil solcher Mörtel ist der hohe Bindemittelanteil, was dem Heißkalk ein großes Porenvolumen gibt. Damit werden diffussionsoffene, stark saugende Oberflächen erreicht. Weiterhin steht ein solcher Mörtel durch seine hohe Frühfestigkeit und den geringen Wasserüberschuss als Putz gut an der Wand und verhindert bei Mauern ein wie sonst bei Sumpfkalkmörteln übliches Schwimmen der Steine beim Versetzen. 11

12 Heißkalkmörtel: wieso, weshalb, warum? Ein weiterer Vorteil besteht zu den Mörteln aus Sumpfkalken mit ihrem eingelagerten Wasser. Da ein Heißkalkmörtel nur mit sehr geringem Wasserüberschuss frisch hergestellt wird, verbraucht er dieses nur zum Abbinden und neigt deshalb weniger zu Schwundrissen und kann auch in dickeren Schichtstärken Schrumpfriss-frei aufgebracht werden. 12

13 Heißkalkmörtel: wieso, weshalb, warum? Beim Verputzen von feuchten Bruchsteinwänden saugt sich der Mörtel an der Wand gut fest und zieht das zum Abbinden benötigte Wasser, welches sonst durch Nachbehandeln zugegeben werden muss, aus der Wand nach und trocknet diese damit. Durch sein Expandieren während des Abbindeprozess kann ein Heißkalk-Mörtel als Rissfüller eingesetzt werden, da er sich in Fugen und Risse hineinpresst und danach schwundfrei aushärtet. 13

14 Heißkalkmörtel: wieso, weshalb, warum? Als Nachteil bei der Verarbeitung ist vor allem das kurze Zeitfenster, mit welchem diese Mörtel hergestellt werden können, zu nennen. Je nach verwendeter Kalksorte und Brenntemperatur sind nur wenige Minuten zur Verarbeitung vorhanden, was die Menge des einzubringenden Mörtels stark begrenzt. (z.b. mit Raketenkalk, Wülfrather CL 90 max. 3 Minuten) 14

15 Heißkalkmörtel: wieso, weshalb, warum? Um Misserfolge und peinliche Situationen auf den Baustellen zu vermeiden setzt die Anwendung und der Einsatz solcher Mörtel und Putze viel Übung, Baustoffwissen und Probearbeiten vorraus. Die nachfolgenden Praxisbeispiele aus meiner Tätigkeit zeigen Einsatzgebiete und das breitgefächerte Spektrum solcher Mörtel und sollen zum Arbeiten mit dieser fast verloren gegangenen Handwerks-Technik ermutigen: 15

16 Bruchstein-Instandsetzung 2006 Wohnhaus aus den 1980er Jahren, Bruchsteinwand in Trockenmauerweise aufgesetzt Bestandsaufnahme vor Beginn der Arbeiten 16

17 Bruchstein- Instandsetzung während der Arbeiten Neuverfugen der Bruchsteinwand nach Ausrichten und Verstärken in 3-schichtigem Aufbau in Kalktechnik, die Hinterfüllung wurde mit Heißkalkmörtel Korngröße 2-8mm ausgeführt. 17

18 Bruchstein-Instandsetzung in Neuenrade Nach Fertigstellung der Arbeiten 18

19 Baudenkmal, Bj.1688 Fassadenrestaurierung des Fachwerk in Kalktechnik, hier Bestandsaufnahme

20 Baudenkmal Bj.1688 hier Details der Ausführungen: Probleme hier bei der Ausführung waren die sehr kleinen Gefachfelder, die mit klassischem Ausmauern nicht gelöst werden konnten. Zum Einsatz kam hier ein Heißkalkbeton mit groben Bimszuschlag (8mm) sowie trocken gelöschte Kalkputze 20

21 Baudenkmal, Bj.1688 Details der Gefache: Unförmige, kleine Gefache die geschlossen werden sollen. 21

22 Baudenkmal, Bj.1688 Mit diesem Beton wurden die Gefache in einem Zuge verfüllt. Durch das Quellverhalten des Heißkalk beim Löschen sitzt die Füllung Schwundfrei im Gefach und härtet (bei Einhalten der erforderlichen Nachbehandlung ) ohne Risse aus. 22

23 Baudenkmal Kloster-Abtei 2005 Restaurierung des Mansard-Dachgeschoss im Abt-Flügel : Bestandsaufnahme 23

24 Baudenkmal Kloster-Abtei Zustand nach Ausräumen des Dachgeschoss und Abnahme der losen Putzschichten 24

25 Baudenkmal Kloster-Abtei Mit Heißkalkmörtel wurden hier die Fensterstürze gesichert und ein kraftschlüssiger Verbund wiederhergestellt. 25

26 Baudenkmal Kloster-Abtei Auch die Brüstungsfelder wurden so aufgebaut, die Wandflächen wurden mit Lehmputzen wiederhergestellt 26

27 Baudenkmal Kloster-Abtei Fertige Baustelle am Abnahmetermin 27

28 Baudenkmal Alte Schule 2006 Auch hier wurde zur Gefachreparatur Heißkalkmörtel eingesetzt 28

29 Baudenkmal Alte Schule Detail Ausführung und fertiggestellte Fassade 29

30 Baudenkmal Hier wurden mit Heißkalkestrich die Mittleren Deckenfelder wieder aufgebaut, diese waren mit Bimssteinen ausgemauert. Die umliegenden Gefache wurden, da sie mit Lehmwickelstaken gefüllt waren, wieder mit Lehm aufgebaut 30

31 Baudenkmal Der Umbau des ehemaligen Stall im WH: Nach Entfernen der Vorsatzschale wurden die Wände freigelegt, die Betonstürze ausgebaut und der Pfeiler und Sturz mit Bruchsteinen und Heißkalkmörtel wieder aufgebaut. 31

32 Baudenkmal Die Rückseite dieser Wand: Das heutige Wohnzimmer. Hier wurden die Putzschichten entfernt, der Unterzug mit Bruchsteinen verblendet und die Wand in Heißkalktechnik zweilagig ausgefugt. 32

33 Baudenkmal Detail der Fugarbeiten 33

34 Baudenkmal Das Ergebnis: Für eine alte Stallwand nicht schlecht! 34

35 Kellersanierung 2010 Bestandsaufnahme: Massive Feuchteschäden, Schimmel und Salzausblühungen 35

36 Kellersanierung 2010 nach der Putzabnahme 36

37 Kellersanierung 2010 räumen der Fugmörtel 37

38 Kellersanierung 2010 Zutaten und erste Fugen-Mischung 38

39 Kellersanierung 2010 nächste Mischung: langsam wird es warm in dem kleinen Räumchen! 39

40 Kellersanierung 2010 Beim Unterputz: smoking walls! Flächen Unterputz 40

41 Kellersanierung 2010 Sauganlage Kalkputz (nach einer Woche) fertige Wandflächen 41

42 Abschlussdiskussion: Warum Heißkalk? 42

43 Abschlussdiskussion: Warum Heißkalk? Alleinstellungsmerkmal bei der Ausführung 43

44 Abschlussdiskussion: Warum Heißkalk? Alleinstellungsmerkmal bei der Ausführung erhalten historischer Handwerkstechniken 44

45 Abschlussdiskussion: Warum Heißkalk? Alleinstellungsmerkmal bei der Ausführung erhalten historischer Handwerkstechniken Verzicht auf konfektionierte Werktrockenmörtel und Zement 45

46 Abschlussdiskussion: Warum Heißkalk? Alleinstellungsmerkmal bei der Ausführung erhalten historischer Handwerkstechniken Verzicht auf konfektionierte Werktrockenmörtel und Zement kostengünstiges Material -> ökologisches, nachhaltiges bauen 46

47 Abschlussdiskussion: Warum Heißkalk? Alleinstellungsmerkmal bei der Ausführung erhalten historischer Handwerkstechniken Verzicht auf konfektionierte Werktrockenmörtel und Zement kostengünstiges Material -> ökologisches, nachhaltiges bauen Vorteile gegenüber Sumpfkalk in der Standzeit und Festigkeit 47

48 Abschlussdiskussion: Warum Heißkalk? Alleinstellungsmerkmal bei der Ausführung erhalten historischer Handwerkstechniken Verzicht auf konfektionierte Werktrockenmörtel und Zement kostengünstiges Material -> ökologisches, nachhaltiges bauen Vorteile gegenüber Sumpfkalk in der Standzeit und Festigkeit eine Arbeitstechnik breites Einsatzgebiet 48

49 Abschlussdiskussion: Warum Heißkalk? Alleinstellungsmerkmal bei der Ausführung erhalten historischer Handwerkstechniken Verzicht auf konfektionierte Werktrockenmörtel und Zement kostengünstiges Material -> ökologisches, nachhaltiges bauen Vorteile gegenüber Sumpfkalk in der Standzeit und Festigkeit eine Arbeitstechnik breites Einsatzgebiet denkmalgerecht weil reversibel 49

50 Abschlussdiskussion: Warum Heißkalk? Alleinstellungsmerkmal bei der Ausführung erhalten historischer Handwerkstechniken Verzicht auf konfektionierte Werktrockenmörtel und Zement kostengünstiges Material -> ökologisches, nachhaltiges bauen Vorteile gegenüber Sumpfkalk in der Standzeit und Festigkeit eine Arbeitstechnik breites Einsatzgebiet denkmalgerecht weil reversibel und weil es einfach Spaß macht! 50

51 Vielen Dank für Aufmerksamkeit! Weitere Informationen erhältlich unter: Denk AF Mal, Alexander Fenzke - Restaurator im Maurerhandwerk af@denk-mal-fachwerk.de Büro: Fax: Mobil: