Anleitungen. 1840er Abendkleid D M

Transkript

1 E Dieses Projekt ist spontan entstanden und hatte das Ziel, bereits im Stoffvorrat vorhandene Stoffe zu verwenden. Deshalb handelt es sich ausschließlich um Polyesterstoffe. Wer es authentischer möchte, sollte die Polyestertafte durch Seidentafte ersetzen. Diese Materialien kamen zum Einsatz: 5m cremefarbener Polyestertaft in Crashoptik als Kleiderstoff (das reichte im Grunde aus, besser sind aber 6m, je nach Verzierungen) ca. 1m apricotfarbener Baumwollstoff fürs Futter ca. 3m schwarze Wimperspitze ca. 1,5m puderlilaner Polytestertaft (für Schleifen) ca. 3,5m schwarze Faltenborte (Satinband) ca. 2m Plastikfischbein in 10mm Breite ca. 1m Plastikfischbein in 5mm Breite weißes und schwarzes Baumwollgarn Der Schnitt für das Mieder ist aus dem Buch Period Costumes for the Stage and Screen. Patterns for Women s Dress (Seite 73, Schnitt Bodice B ) von Jean Hunnisett entnommen. Für den Rock wurde kein spezielles Schnittmuster verwendet, da hierfür einfach gerade Stoffbahnen verwendet werden. D M Beim Schnitt handelt es sich um verkleinerte Diagramme, d.h. die Schnittteile sind auf einem Schema eingezeichnet, das in Kacheln eingeteilt ist, die jeweils einem Zoll entsprechen. Der erste Schritt war somit vier A3-Blätter zusammenzukleben und in Zolleinheiten einzuteilen, um das gleiche Raster zu erhalten. Danach wird Transparent- oder Schnittpapier darübergelegt und die Schnittteile so eingezeichnet, wie es das Buch vorgibt: Abb.2: Den Schnitt mit dem Raster vergrößern 1

2 Knifflig ist, dass nur eine Größe vorgegeben ist, deswegen sind viele Anpassungen nötig und daher sollte unbedingt ein Probeteil genäht werden. Beim Anprobieren sollte unbedingt jemand assistieren! In unserem Fall war der Schnitt nicht groß genug, weshalb das Mieder nicht geschlossen werden konnte. Zudem war das Ärmelloch zu klein und das Mieder insgesamt ein wenig zu kurz. Hier kann man sich eines kleinen Tricks bedienen. Schließt das Mieder nicht (wie in unserem Fall), dann kann man ein A4-Blatt an die Rückenteile anheften und auf das Blatt einzeichnen, wo die Teile enden (Abb.3). Das hilft beim Anpassen, weil man auf dem Blatt sieht, wieviel fehlt. Original Anpassung Abb.3: Auf dem A4-Blatt die Lücke einzeichnen Abb.4: Anpassung der Rückenteile (links: mittleres Rückenteil, rechts: seitliches Rückenteil) Oben war die Lücke kleiner als nach unten hin, deswegen musste das seitliche Rückenteil nach unten hin etwas breiter werden, sodass die Lücke von oben nach unten gleichmäßig wurde. Das seitliche Rückenteil wurde aber auch insgesamt breiter, somit wurde dann auch das Ärmelloch etwas größer. Der Rest an Breite wurde dann dem mittleren Rückenteil an der geraden Kante zugegeben (Abb.4). Das Mieder des ersten Probeteils endete genau auf der Taille, d.h. es fehlte lediglich an Länge für die Nahtzugabe. Deswegen wurde allen Teilen 2cm Länge an der unteren Kante zugegeben. An den Vorderteilen wurden außer der Verlängerung keine Anpassungen vorgenommen, da die Seitennaht bereits am richtigen Platz war und vorn alles gut saß. Nach jeder Anpassung wird zunächst das geänderte Teil eingesetzt und geprüft, ob der gewünschte Effekt eingetreten ist. So werden Stück für Stück die Teile ausgetauscht, bis das Probeteil die richtigen Abmaßungen hat. Anschließend nimmt man das Probeteil wieder auseinander und benutzt es als Schnittmuster zum Zuschneiden des Oberteiles aus Kleider- und Futterstoff. Die beiden Oberteile werden dann separat voneinander zusammengenäht (Abb.5). Beim Oberteil aus Kleiderstoff gibt es hier eine kleine Besonderheit. Die vorderen Nähte, die untere Kante sowie das Ärmelloch sind 2

3 Anleitungen Abb.5: oben das Oberteil aus Kleiderstoff, unten das Oberteil aus Futterstoff Abb.6: Die Verpaspelungen verpaspelt (Abb.6). Um die Paspeln herzustellen, schneidet man aus dem Kleiderstoff einen langen ca. 3cm breiten Stoffstreifen zu (am besten quer zum Fadenlauf, mit dem Fadenlauf ist aber auch möglich, das haben wir in dem Fall auch getan, da nur eine begrenzte Menge an Stoff zur Verfügung stand), dieser wird dann in Längsrichtung gefaltet und darin eine dünne Kordel eingesetzt (Abb.7), bei uns kam dafür Paketschnur zum Einsatz. Knapp unter der Kordel sollte man das Ganze mit ein paar Stichen sichern. Abb.6: Ein Paspelband herstellen Abb.7: der gefaltete Stoffstreifen mit aufgelegtem Oberärmelschnitt Der Ärmel besteht aus 3 Teilen. Für Teil 1 schneidet man aus Futterstoff einen eng anliegenden Ärmel zu, der kurz über dem Ellenbogen endet. Dafür haben wir den Ärmelschnitt F b von Seite 74 verwendet (für die Form siehe Schnittteil auf Abb.7) und entsprechend verlängert. Teil 2 ist der gefaltete obere Ärmel aus Kleiderstoff. Dafür haben wir eine lange ca. 20cm breite Stoffbahn zugeschnitten und an den langen Kanten jeweils nach 1,5 cm eine Markierung angezeichnet. Beim Faltenlegen legt man diese Markierung übereinander und überspringt dabei jeweils eine Markierung, damit die Falten gleichmäßig werden. Das Ganze muss man mit vielen Stecknadeln fixieren. Die Falten legt man so lange, bis die benötigte Breite erreicht ist. Unsere Falten wechseln nach der Mitte übrigens die Richtung. Danach legt man das Ärmelschnittmuster (das gleiche wie für Teil 1, aber unverlängert) auf (Abb.7) und schneidet den Ärmel zu. Die e r A be n d kl e i d 3

4 Anleitungen Falten sollten an den Kanten mit ein paar Heftstichen fixiert werden, damit sie bei den nächsten Schritten nicht auseinanderfallen (siehe rote Pfeile Abb.8). Teil 3 sind die doppelt gepufften unteren Ärmel. Diesen Schnitt haben wir selbst erstellt. Dafür misst man den eigenen Armumfang und verdoppelt den Wert. Das ist dann die Breite des Schnittes. Die Länge beträgt ca. 40 cm, wird zu den Enden hin aber etwas schmaler, damit die Puffärmel unter dem Arm weniger ausgeprägt sind und außen dafür noch mehr hervortreten (Abb.8). hier schmaler (ca. 34cm) ca. 40 cm doppelter Armumfang Abb.8: der obere und der untere Ärmelteil Der untere Ärmelteil wird nun entlang einer langen Kante gerafft und an die untere Kante des oberen, gerafften Ärmels genäht (siehe auch Abb.10). Das Ganze wird versäubert mit einem ca. 1cm breiten Band, das an den langen Kanten verpaspelt ist (Abb.9). Abb.9: Die Verbindungsnaht der Ärmelteile versäubern e r A be n d kl e i d 4

5 bis hierhin reicht der gefaltete Ärmel Puffärmel hier anreihen, bis es passt Mittellinie des unteren Teils Puffärmel hier anreihen, bis es passt Mittellinie des Puffärmels Puffärmel hier anreihen, bis es passt Abb.10: Die Ärmel verbinden. Links: Futterärmel, rechts oben: gefalteter Kleiderärmel, rechts unten: Puffärmel An dieser Stelle kann die Längsnaht der Ärmelteile zugenäht werden. Man kann sie aber auch noch offen lassen, da der folgende Schritt dadurch etwas einfacher sein könnte. Man bestimmt zunächst die Mitte des Puffärmels und zeichnet dort am besten einige Markierungen ein (Abb.10). Beim Futterärmel prüft man anschließend, bis wohin der gefaltete Ärmel hinreicht (am besten auch markieren), von dem Teil, der darunter anschließt, bestimmt man ebenfalls die Mitte. Anschließend reiht man den Puffärmel entlang der Mittellinie an (d.h. rafft ihn), sodass er die gleiche Breite hat wie die Mittellinie des Futterärmels. Das Ganze wird dann mit ein paar Stichen fixiert. So behält der Puffärmel besser seine Form. Das Gleiche macht man mit der Unterkante des Puffärmels und näht sie dann an die Unterkante des Futterärmels (Achtung! Wenn man die Längsnähte der Ärmel hier noch nicht geschlossen hat, dann sollte man vermeiden, bis zum Rand zu nähen, damit die Nähte in die jeweils entgegengesetzte Richtung zugenäht werden können. Man möchte schließlich von beiden Seiten eine versäuberte Kante). Die Unterkante des Ärmels wird dann mit einem Ärmelbündchen versäubert. Zum Schluss können die Ärmel in das Oberteil eingenäht werden (Abb.11). Abb.11: Die eingesetzten Ärmel 5

6 Anleitungen Der nächste Schritt ist die Versäuberung des Ausschnittes. Dabei wird gleich schwarze Spitze und ein weiteres Paspelband eingesetzt (Abb.12). Bei der Gelegenheit kann gleich das Futter eingesetzt und alles versäubert werden. Dann sollte man das Mieder innen an einigen Nähten mit Plastikfischbein versteifen (s. Pfeile Abb.12). So sitzt es besser und macht weniger Falten. Abb.12: Das Oberteil mit versäubertem Ausschnitt Für den Verschluss sticht man neben dem eingezogenen Stab aus Plastikfischbein mit einer Ahle alle 2cm Ösen (Abb.13), die man anschließend mit ein paar Stichen versäubert (Abb.14). Dort kann dann eine Kordel in Zickzackschnürung eingefädelt werden. Tipp: Die Methode mit der Ahle ist besser als Löcher zu stanzen, da man die Fäden des Stoffes nur verdrängt anstatt sie herauszuschneiden. So ist das Ganze auf die Dauer stabiler, weil man den Stoff nicht beschädigt. Man muss die Löcher später aber ab und zu wieder mit der Ahle weiten. Abb.13: Die Ösen mit der Ahle stechen e r A be n d kl e i d Abb.14: Die Ösen versäubern 6

7 Anleitungen D R Wie erwähnt besteht der Rock aus geraden Stoffbahnen. Es empfiehlt sich immer eine ungerade Zahl an Bahnen, damit vorn keine Naht ist und sie hinten genau mittig sitzt. Die Bahnen sollten zusammen eine Weite zwischen 3,50m und 4m erreichen. Bei diesem Kleid besteht der Rock aus 3 Bahnen. Die vordere Stoffbahn ist doppelt so breit wie die anderen beiden. Beispiel: die vordere Bahn ist 1,80m breit, die beiden anderen jeweils 90cm. Damit erreicht man eine Weite von 3,60m. Das geht aber nur, wenn man den Stoff auch der Länge nach zuschneiden kann oder der Stoff sehr breit liegt. Bei weniger breiten Stoffen muss man die Anzahl der Bahnen entsprechend anpassen. Bei der Länge sollte man beachten, dass man später Unterröcke darunter trägt. Außerdem sollte man genügend für den Saum zugeben. Die Röcke in den 1840ern waren bodenlang. Es gibt verschiedene Möglichkeiten für den Rock. Man kann ihn entweder direkt am Kleid annähen (entlang der Miederspitze) oder einzeln herstellen. Für einen besseren Sitz wird dann entweder das Taillenband des Rockes mit wenigen Stichen (z.b. mit dem Hexenstich) an das Futter des Oberteils genäht oder man gewährleistet über Haken und Ösen, dass das Oberteil nicht hochrutscht. Wir haben uns hierbei für die letzte Variante entschieden. Zum Raffen des Rockes haben wir Stehfalten benutzt, was eine gängige Optik der Zeit ist. Dafür schlägt man die Kanten einige Zentimeter um und macht große Heftstiche in zwei Reihen (beide Reihen müssen die gleichen Stichgrößen haben, damit der gewünschte Effekt erreicht wird), die man anschließend zusammenzieht (Abb.15) und mit der Hand an das Taillenband annäht wie auf Abb. 16. Abb.15: Die Stehfalten machen e r A be n d kl e i d Abb.16: Den Rock an das Taillenband nähen 7

8 Geschlossen wird der Rock mit Haken und Ösen an der Seite, wo man einen Schlitz offen lässt und eine Blende einnäht, damit die Unterröcke nicht darunter hervorblitzen (Abb.17). Abb.17: Die Blende am Rock Abb.18: links die rohe Kante, rechts nach der Bearbeitung mit dem Feuerzeug Verziert wird der Rock durch eine breite Bahn Wimpernspitze. Die Annähkante ist mit der Faltenborte versäubert (Abb.18). Verziert ist sie außerdem durch große Schleifen aus dem puderlilanen Polyestertaft. Um den Taft nicht doppelt legen zu müssen, sind die Enden mit einem Feuerzeug zu einer glatten Kante geschmolzen (Abb.19). Das geht aber nur bei Polyesterstoffen! Bitte nicht an Seide oder Baumwolle ausprobieren! Zum Schluss wird der Saum umgeschlagen. Dann ist das Projekt beendet. 8

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