Ein Paar Mandelkrähen ( Blaueraack ) Auf Goldbronze-Sockeln von Henry Dasson KPM Berlin 1765

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1 Ein Paar Mandelkrähen ( Blaueraack ) Auf Goldbronze-Sockeln von Henry Dasson KPM Berlin 1765 H. 26,4 cm mit Montierung (ohne) 22, 5 cm H. 26,8 cm mit Montierung (ohne) 23 cm Modell von Friedrich Elias Meyer Modell-Nr. 230 Ein Paar Mandelkrähen, KPM Berlin Seite 1

2 Das Modell Das Modell der Mandelkrähe ist außerordentlich selten. In der Literatur fehlt bislang jedwede Abbildung. Bekannt ist es nur, durch das von Lenz 1913 veröffentlichte Modellbuch (Lenz I S 29 = Köllmann / Jarchow I. S. 308), wo es unter dem eigenen Rubrum Vögel mit der Modellnummer 230 wie folgt erscheint: Blaueraack, 2 Compagnons einer mit A und B Auch Lenz konnte kein Exemplar abbilden. Die blaue Racke ist ein Synonym für die Mandelkrähe, wie ein Blick in die auch für Kaendler und seine Vogelschöpfungen wichtige zeitgenössische Quelle zeigt. In dem Universal-Lexikon von Johann Heinrich Zedler, das ab 1732 in 64 Bänden erschien, heißt es in Band IV Spalte 51 zu diesem Vogel: Blarack, Blau=Rock, Mandel=Krähe, Grün=Krähe. Ein Vogel in der Grösse eines Holtz=Schreyers, oder Nußhähers, über den Leib helle=blau, und auf dem Rücken bräunlich. Er brüthet nicht bey uns, sondern ziehet nur in der Erndte offt gar eintzeln vorbey, und nähret sich alsdenn von denen ausgefallenen Körnern, massen [davon] er gantze Aehren verschlucken kann. Er ist fett und hat wohlschmeckendes Fleisch. (Zit. nach Antonin S. 157) Auch bei dem auf Naturnähe bedachten Kaendler stimmt die farbige Fassung nur zum Teil mit der natürlichen Farbgebung des Federkleides überein, wie sie im Lexikon richtig beschrieben ist. Möglicherweise haben die Berliner Staffierer ebenso wie die Meissener für die farbliche Gestaltung auf kolorierte Kupferstiche, wie z.b. jene berühmte Zeichnung Dürers einer Blauracke zurückgegriffen, zumal die Mandelkrähe im deutschsprachigen Gebieten kaum anzutreffen war (Antonin S. 158). Blaurackenflügel Aquarell von Albrecht Dürer, 1512 Ein Paar Mandelkrähen, KPM Berlin Seite 2

3 Der Modelleur Friedrich Elias Meyer Lenz schreibt das Modell dem Poussierer und Masser-Arbeiter Pedrozzi zu, über den wenig bekannt ist. Archivalisch gesichert sind von ihm lediglich drei Vogelmodelle, wie sich aus seiner Rechnungslegung über 90 Reichsthaler (RTLR) für die Zeit vom (Köllmann / Jarchow S. 121) ergibt: 2. Falcken (= 2 Habichte, Modellnummer 218); 2. Indianische Sperlinge (Modellnummer 236) sowie 1. Kiewitz (nicht im Modellbuch verzeichnet). Da Pedrozzi bereits im Mai 1765 eine einmalige, unspezifizierte Zahlung von 190 Reichsthaler erhalten hat, geht Lenz pauschaliter davon aus, dass sämtliche im Modellbuch verzeichneten Vögel auf ihn zurückgehen. Dem ist jedenfalls was die Elster (Modellnummer 168) und wohl auch den Papagei (Modellnummer 214) betrifft von Jarchow widersprochen worden (Köllmmann / Jarchow Bd. I S. 54 Abb. 22 u. Bd. II Abb. 139), unseres Erachtens zurecht. Dieser Gruppe ist auch unser Paar Mandelkrähen zuzurechnen. Es sind sozusagen die Meissnerischen Vögel der Berliner Manufaktur. Sie stehen der künstlerischen Auffassung Johann J. Kaendlers nahe und von daher spricht vieles für den Modellmeister Friedrich Elias Meyer. Die Steifheit, welche man Pedrozzis Tierschpfungen nachsagte, fehlt hier völlig. Meyer, der 1748 in Meissen verpflichtet wurde, hat im November d.j. schriftlich erklärt, dass er, wenn er Tiere zu modellieren habe, diese in Dresden nach dem Leben poussieren müsse (Rückert 1990 S. 120). Die Gruppe der Meyer schen Berlin-Vögel zeichnet sich durch ähnliche Größe (23 cm), ähnliche Baumstumpf-Sockel und eine auffallende Farbigkeit gegenüber den restlichen Berliner Vögeln aus. Die Ausformung unseres Vogelpaares dürfte in die 2te Hälfte der 1760er Jahre fallen, da es über keine Hohlsockel verfügen, wie sie in den 1770er Jahren vorherrschend waren. Ein Paar Mandelkrähen, KPM Berlin Seite 3

4 Die Goldbronze-Sockel Die Bedeutung und Wertschätzung der Vögel zeigt sich auch an der späteren Montierung aus dem 19. Jahrhundert, die ihnen ihr früherer Besitzer zuteil werden ließ. Die Goldbronze-Sockel tragen die Signatur von Henry Dasson ( ), einem der berühmtesten Pariser Ebenisten und Bronzemodelleure seiner Zeit. In seiner Werkstatt in der Rue Vieille-du-Temple kreierte Dasson neben Bronze-Skulpturen vor allem Ziermöbel im Stil des Ancien Régimes, die sich bis heute durch ihre aufwendigen und fein ziselierten Montierungen auszeichnen. Als erfolgreicher Unternehmer nahm er auf der Weltausstellung 1889 teil, wo seine Rekonstruktionen nach bekannten Stücken aus ehemaligem Kronbesitz große Bewunderung fanden. Eines seiner bekanntesten Werke ist die Nachbildung des Bureau du Roi, das später in die Londoner Wallace Collection gelangte. Zu Henry Dassons Abnehmern zählten Adelshäuser aus ganz Europa, vor allem das Englische Königshaus (Quelle: Thieme-Becker, Wikipedia). Die liebevolle Gestaltung der Montierungen, die eigens für die Berliner Vögel geschaffen wurden, findet in kunstvoller Detailarbeit ihren Ausdruck. So sitzen z.b. auf den vorderen Stützen ein kleiner Lurch sowie ein Frosch gefundene Leckerbissen für die zwei Krähenvögel. Ein Paar Mandelkrähen, KPM Berlin Seite 4

5 Literatur Antonin, Daniela: Phantasie und Natürlichkeit Die Vögel im Spiegel zeitgenössischer Quellen. In Kabinettstücke. Kunsthandel Röbbig 2006 Köllmann, Erich / Jarchow, Margarete: Berliner Porzellan. München 1987 Lenz, Georg: Berliner Porzellan. Die Manufaktur Friedrichs des Grossen Berlin 1913 Lessmann, Johanna: Berliner Porzellan des 18. Jahrhunderts aus eigenen Beständen. Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg 1993 Rückert, Rainer: Biographische Daten der Meißener Manufakturisten des 18. Jahrhunderts. München 1990 Thieme-Becker: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. 37 Bände von Ein Paar Mandelkrähen, KPM Berlin Seite 5