gewesen. Das verstand Kristina sogar. Es passte in sein Weltbild. Nicht umsonst war er stellvertretender Schulleiter und Lehrer für Deutsch und
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- Volker Holtzer
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2 gewesen. Das verstand Kristina sogar. Es passte in sein Weltbild. Nicht umsonst war er stellvertretender Schulleiter und Lehrer für Deutsch und Geschichte an der Wilhelm- Raabe-Schule in Lüneburg, die sich auch für UNESCO-Projekte starkmachte. Kristinas Bedenken hatte er einfach vom Tisch gefegt. Er könne das besser beurteilen als sie, hatte er tatsächlich gesagt. Aber war sie nicht diejenige mit einer Erzieherinnenausbildung und einem Theaterpädagogikstudium, und unterrichtete er als stellvertretender Schulleiter nicht seit Langem nur noch selten? Feli und er hatten ihren Einwand, dass eine Erzieherausbildung in Deutschland viele Jahre dauert und es doch eigenartig ist, dass die jungen Erwachsenen, die sich in Mexiko sozial engagieren wollen, nur eine sechswöchige Ausbildung erhalten, einfach vom Tisch gefegt.
3 »Feli hat es bisher so gut gehabt. Da kann sie doch den Kindern, die es nicht so gut haben in einem Entwicklungsland wie Mexiko, etwas zurückgeben«, hatte Peter gesagt. Kristina wollte ihn darauf hinweisen, dass Mexiko schon längst zu den Schwellenländern gehörte, aber er hatte ihren Einwand ignoriert.»dort ist die Kriminalitätsrate extrem hoch, wie kannst du nur darauf vertrauen, dass ihr nichts zustößt?«, fragte sie Peter. Doch er winkte ab.»in Juarez im Norden schon. Aber ich habe mich erkundigt, in der Provinz Oaxaca ist lange nichts passiert. Jens hat es mir erzählt«, sagte er. Kristina wusste, dass das für Peter mehr Gewicht hatte als die Nachrichten in der Tagesschau. Jens war sein neuer Freund, der mit ihm zweimal in der Woche zum Yoga
4 ging. Er war Pastor und kannte sich mit der Welt aus.»feli fährt doch mit dieser kirchlichen Organisation, die Jens uns empfohlen hat. Da passiert ihr nichts. Ich vertraue ihm. Er hat alles im Blick«, sagte Peter.»Na, dann ist es ja gut«, hatte Kristina mit ironischem Unterton gesagt, aber der war ihrem Ehemann entgangen.»21,0 Kilo, Mami«, sagte Feli erleichtert.»glück gehabt.«mittlerweile hatte sie ihr Ticket gefunden und auch ihren Pass. Es war alles erledigt, und plötzlich sah ihre Tochter richtig erwachsen aus. Sie war etwas kleiner als sie selbst, 1,68 m, und hatte rotblonde glatte Haare und nicht ihre strohigen hellblonden. Kristina hatte ihre Haarfarbe immer etwas langweilig gefunden, aber seitdem sich weiße Haare unter die hellblonden schummelten,
5 man sie aber gar nicht als solche wahrnahm, war sie ziemlich stolz darauf.»dann werde ich jetzt mal gehen«, sagte ihre Tochter, als sie die Sicherheitskontrolle erreichten.»flieg nicht«, hätte Kristina gerne gerufen, sie an sich gerissen und sie hinter sich her zum Ausgang geschleift. Dann hätte sie Feli gezwungen, sich an der Hamburger oder Lüneburger Universität für irgendetwas zu bewerben. Die Frist war noch nicht abgelaufen. Sie hätte Feli vielleicht sogar damit bestochen, ihr den Führerschein zu finanzieren oder ihr das erste Mal in ihrem Leben Designerklamotten zu kaufen, was sie bisher strikt abgelehnt hatte, nicht nur, weil dafür sowieso kein Geld da gewesen war. Sie nahm ihre Tochter in die Arme, vergrub ihr Gesicht für einen kurzen Moment in ihren Haaren und hielt die Tränen zurück, denn Feli
6 hatte ihr verboten zu weinen.»also, schick mir eine SMS, wenn du angekommen bist«, sagte Kristina mit möglichst ruhiger Stimme. Sie wollte ihre Tochter nicht mit einer unnötig dramatischen Abschiedsszene verunsichern. Das hatten ihre Freundinnen gestern Abend schon besorgt, die so taten, als ob sie Feli nie wiedersehen würden, obwohl sie doch auch in den kommenden Monaten immer über Skype, Facebook und was wusste sie schon, miteinander verbunden sein würden. Feli drehte sich noch einmal nach ihr um, bevor sie ihre Tasche auf das Band legte. Wie sie so dastand, ängstlich und entschlossen zugleich, war Kristina plötzlich unendlich stolz auf ihre Tochter, auch wenn sie nicht glaubte, dass es ein großer Gewinn für die mexikanischen Kinder sein würde, dass ausgerechnet ihre Tochter ihnen helfen
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