Gnade und Friede sei mit euch von dem, der da war, der da ist und der da kommt. Amen

Transkript

1 Datum / Sonntag Text/Thema 1. Mose 22, 1-13 Besonderes Notizen Lieder Judika 2017 Auferstehungskirche EL: 165, Gott ist gegenwärtig PS: 725 BL: 382, 1+3 Ich steht vor dir HL: 585, Nun geh uns auf AL: 221 Das sollt ihr, Jesu SL: 662 Schenk uns Weisheit Autor Lesung: Mk. 10, Pfr. Jörg Wegner Gnade und Friede sei mit euch von dem, der da war, der da ist und der da kommt. Amen Liebe Gemeinde, Hätte ein Schriftsteller sich an diese Geschichte gemacht, er hätte mit starken Worten erzählt, wie die Angst und der Schmerz dem Vater in die Knochen fährt. Er hätte das Herz des Mannes vor Zorn und Zweifel schlagen lassen. Seine Hände hätten gezittert. Das Messer hätte in der Sonne geblitzt, bevor es auf den Sohn niederfahren soll. Das Kind hätte sich mit aller Kraft gewehrt, es hätte aus voller Lunge geschrieen, als der Vater ihn mit Stricken fesselte. Was machst Du, was legst Du mich auf das Brennholz! Was habe ich getan? Und der Vater hätte Gott verflucht, der solche eine Untat von ihm forderte. Er hätte den sich windenden Sohn kaum halten können. Der Esel hätte am Strick gezerrt, weil selbst das Tier spürte, das da Grausames vor sich gehen sollte. Die Opferung Isaaks. 1

2 In der Bibel liest sich all das emotionsarm wie der Beipackzettel einer Pillenschachtel. Hören wir noch einmal hin auf die kargen Worte aus dem 22. Kapitel des 1. Buches Mose. TEXT: Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm: Abraham! Und er antwortete: Hier bin ich. 2 Und er sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde. 3 Da stand Abraham früh am Morgen auf und gürtete seinen Esel und nahm mit sich zwei Knechte und seinen Sohn Isaak und spaltete Holz zum Brandopfer, machte sich auf und ging hin an den Ort, von dem ihm Gott gesagt hatte. 4 Am dritten Tage hob Abraham seine Augen auf und sah die Stätte von ferne. 5 Und Abraham sprach zu seinen Knechten: Bleibt ihr hier mit dem Esel. Ich und der Knabe wollen dorthin gehen, und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen. 6 Und Abraham nahm das Holz zum Brandopfer und legte es auf seinen Sohn Isaak. Er aber nahm das Feuer und das Messer in seine Hand; und gingen die beiden miteinander. 7 Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Mein Vater! Abraham antwortete: Hier bin ich, mein Sohn. Und er sprach: Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer? 8 Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer. Und gingen die beiden miteinander. 9 Und als sie an die Stätte kamen, die ihm Gott gesagt hatte, baute Abraham dort einen Altar und legte das Holz darauf und band seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar oben auf das Holz 10 und reckte seine Hand aus und fasste das Messer, dass er seinen Sohn schlachtete. 11 Da rief ihn der Engel des HERRN vom Himmel und sprach: Abraham! Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. 12 Er sprach: Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts; denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen. 13 Da hob Abraham seine Augen auf und sah einen Widder hinter sich im Gestrüpp mit seinen Hörnern hängen und ging hin und nahm den Widder und n Ohne große Gefühle geht da offenbar ein Mann mit einem Kind seinen Weg. Am Ziel angekommen, schichtet er trockene Holzknüppel aufeinander, so wie es sein muss, damit das Feuer gut brennt und sofort hell auflodert. 2

3 Das muss es, denn der Körper seines Sohnes soll schnell brennen. Mit einem fachgerechten Schnitt, das kennt er von den Schafen, will er ihn töten den Sohn, seinen ganzen Stolz. Was für ein Gottesbild hast Du Abraham, dass du ohne Aufruhr solchen Kadavergehorsam an den Tag legst? Und was für ein Gott steckt hinter einer Bibel, die so sachlich, so cool die Geschichte eines Vaters erzählt, der ohne Zögern seinen Sohn geschlachtet hätte? Das ist verwirrend. Aber es ist richtig gute orientalische Erzählkunst. Sie muss uns verwirren. Denn wir sind es gewohnt, dass die Dinge ausgeschmückt und mit Gefühlen getränkt werden. Eingehende Schilderungen, Innen und Außenansichten der Handelnden kommen in den Blick. Selbst Nachrichten werden in manchen Sendern mit Musik unterlegt, die eines Krimis würdig wäre. Die Bibel ist karg und wirklich gefühlsarm. Sie denkt mehr aus der Kargheit der Wüste heraus. Überschwang ist nicht ihr Ding. Ich bin der Bibel dankbar dafür. Denn sie lässt mir die Freiheit, unvoreingenommer in ihre Welt einzusteigen. Sie läßt für mich offen, wie Abraham sich fühlte und Isaak. Um so mehr kann ich mich hineindenken, ja hineinbegeben in die Szenen. Das hält die Bibel durch bis hin zu den Wegen die Jesus geht und anders als Isaak, dann wirklich stirbt. Der Vater, der den Sohn dahingibt, ist dann Gott selbst. Auch so ein Rätsel... 3

4 Nachdem Abraham auf Geheiß Sarahs schon Isamel in die Wüste geschickt hat, hängt an Isaak die Zukunft. Sie soll buchstäblich geopfert werden. Wie soll Abraham das verstehen? Er wußte doch nicht einmal was wir wissen: Die Geschichte wird gut ausgehen. Gott will nur seinen Gehorsam prüfen. Das macht die Sache nicht sympathischer, aber erträglicher. Abraham musste jedoch fest davon ausgehen, dass jetzt das Blut seines Sohnes fließen wird. Er fragt nicht nach. Er klagt nicht, er klagt nicht an. Was geht in seinem Kopf vor? Ist es der Glaube an einen Gott, der schon weiß, was er tut? Ist es das Vertrauen, darauf, dass in diesem sinnlosen Tod ein Sinnverborgen ist? Ist die Angst, vor den Folgen, wenn Abraham den Befehl Gottes in den Wind schlägt? Wir wissen: hier führt Gott in Versuchung! Als ob es genaus um das geht, was wir so oft betend im Munde führen, wenn wir Gott im Vaterunser bitten: führe uns nicht in Versuchung. Vater unser... verschone uns mit irgendwelchen Prüfungen unseres Gehorsams und unseres Glaubens. 4

5 Viele in unserer Gemeinde haben mit dieser Bitte des Vaterunsers erheblich Probleme, sie über die Lippen zu kriegen. Manche deuten sie klammheimlich um: führe uns in der Versuchung... Sie scheinen damit Martin Luther auf ihrer Seite zu haben. In seinem Kleinen Katechismus erklärt es so: Gott versucht zwar niemand; aber wir bitten in diesem Gebet, dass uns Gott behüte und erhalte, damit uns der Teufel und unser Fleisch nicht betrüge und verführe... (EG 883.3) Da wird die Versuchung dem Teufel in die Schuhe geschoben. Das ist das Muster, das wir auch im Buch Hiob finden. Abraham würde das in seiner Situation nicht helfen. Es bleibt dem frommen Erzvater nicht anders übrig, als mit Gott gegen Gott zu glauben. Komplett widersinnig ist dieser Gedanke. Aber es ist wohl so, dass Abrahams Glaube und Vertrauen wirklich so groß ist, dass er sich ganz in die Hände Gottes begibt auch wenn sie ihn hier eher würgen als liebevoll bergen. Obwohl Gott hier so dunkel und fremd ist, hält er an Gott als Schöpfer; Bewahrer und Vollender des Lebens fest. 5

6 Der Liedermacher Wolf Biermann sang einmal: wir müssen vor Hoffnung verrückt sein. Abraham muss vor Glauben verrückt sein, wenn er seinen Sohn auf den Scheiterhaufen legt und das Messer wetzt. Er hält den dunklen, fremden Gott aus. Er geht diesen wahnwitzigen Weg, auf den Gott ihn geschickt hat. Er glaubt dagegen an. Damit steht Abraham an der Seite derer, die im Leben ähnlich sinnlose Situationen durchmachen. Die fragen sich: Gott, warum ich? Gott warum lässt du da zu? Oder der eine am Kreuz: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich werde mich an keines Krebskranken Bett stellen und sagen: Es ist Gott, der deinen Glauben prüft, der dich wie einst Abraham und Hiob in Versuchung führt... Das wird schon seinen Sinn haben... Das wäre nicht mein Glaube und nicht mein Gott. Das wäre nicht der Vater unser. Ich könnte nur auf den schauen, der selbst als Sohn zu seinem Vater schrie: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen An den, der die größte Gottesferne aushielt. An den, der an der Seite der Opfer blieb. An den, der mitten im Tod am Leben festhielt.... und am Ende einen neuen Anfang setzte. Amen 6

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