Entwicklungsauftrag: Bodenschutz!

Transkript

1 Entwicklungsauftrag: Bodenschutz! Prall aufgepumpte Reifen und hohe Radlasten sind Gift für die Bodenstruktur. Dabei bietet die Technik immer mehr Möglichkeiten, auch mit großen Maschinen sanft über den Acker zu fahren. Wir geben einen Überblick. Reifen: Der Druck muss runter! Reifen sind die Schnittstelle zwischen Maschine und Boden. Unterschiedliche Reifendrücke wirken sich direkt auf den Bodendruck aus, in 10 cm Tiefe entspricht der Reifeninnendruck in etwa dem Bodendruck. Je höher der Druck, desto weniger Grobporen. Die Wurzeln haben es schwerer und der Boden nimmt schlechter Wasser auf. Der Reifendruck muss runter auf dem Acker! Selbst Breitreifen schonen den Boden nur, wenn der Innendruck gesenkt wird. Sonst haben sie gleiche Aufstandsfläche wie herkömmliche Reifen. Pneus mit geringerem Druck platten ab und machen sich lang. Mehr Stollen greifen ein, der Reifen überträgt mehr Zugkräfte. Der Schlupf nimmt ab, was deutlich Diesel spart. Durch die größere Aufstandsfläche sind die Spuren weniger tief. Jeder Zentimeter Einsinktiefe kostet 10 % mehr Diesel, weil der Reifen lockeren Boden vor sich her schiebt bzw. permanent gegen einen Erdkeil fährt. 10 cm Spurtiefe bedeuten eine Verdoppelung des Verbrauchs. Falsche Reifen müssen bis zu 100 m 3 mehr Erde pro ha verdrängen als eine bodenschonende Bereifung. Das Ausgleichen der Spuren mit Spurlockerern ist Kosmetik und kostet Diesel Spuren vermeiden, nicht reparieren! Ein Absenken des Drucks von 1,4 bar auf 0,8 bar reduziert den Schlupf um 50 %, die Spurtiefe nimmt um 30 bis 50 % ab. Viele nutzen Möglichkeiten moderner Reifen nicht aus. Das Walken des Reifens ist gewollt der Reifen soll sich verformen, nicht der Acker. Erst wenn man den Druck zu weit absenkt oder der Reifen zu schnell gefahren wird, walkt er zu intensiv, erwärmt sich stark und nimmt Schaden. Die Reifendrucktabelle zeigt, wie weit man mit dem Druck runter kann. Faustregel: Mindestens drei Stollen haben Kontakt zum Boden, die Flanken bilden eine gleichmäßige Wölbung nicht eine platte Falte. Der einfachste Weg, den Boden zu schonen und gleichzeitig Diesel zu sparen: Bei Ackerarbeiten muss der Reifendruck so weit wie möglich runter! 110 top agrar 1/2010

2 Mehr Aufstand mit teuren Raupen Auch Breitreifen können den Boden nur schonen, wenn man sie mit möglichst niedrigem Druck fährt. Fotos: Wilmer, Tovornik, Moritz, Höner, Werkbilder Je mehr Luftvolumen ein Reifen hat, desto eher kann er auch bei niedrigerem Druck mit hohen Geschwindigkeiten fahren. Die Luft trägt die Last. Die Entwicklung der letzten Jahre: Super-Volume- Tyres Volumen-Reifen mit großem Außen- und vor allem mit kleinem Felgendurchmesser. Doch die Felgen können nicht unendlich schrumpfen: Die nö- Druckwechsel während der Fahrt Weich zum Acker hart zur Straße: Wer seinen Boden liebt und die Reifen schont, passt den Druck an. Reifendruck- Verstellanlagen schonen Boden und Reifen, sorgen für eine frühere Befahrbarkeit, geringere Spurtiefen und damit für weniger Zugleistungsbedarf und Dieselkosten. Verstellanlagen gibt es von einfach bis vollautomatisch: Anpassen im Stand über Steuereinheit mit Schlauchverbindungen zu allen vier Rädern. Während der Fahrt mit außen liegenden Drehüberträgern. Während der Fahrt über innen liegende Drehüberträger, teils als Zwei-Leitungs-System. Den herkömmlichen Kompressoren der Bremsanlagen fehlt oft die Puste. Sie lassen sich zwar durch größere ersetzen. Doch soll auch die Anhängerbereifung eingebunden sein, geht es nicht ohne zusätzliche Luftpumpe. Kompakt, leistungsfähig und teuer sind Schraubenverdichter. Teils lassen sich auch Standardkompressoren in Reihe schalten. Der Antrieb arbeitet entweder mechanisch (z. B. über Frontzapfwelle) oder hydraulisch (am besten per Load-Sensing). Das Anhänger-Chassis bietet zwar mehr Platz zum Unterbringen der Kompressoren doch vielseitiger ist natürlich die Montage am Schlepper. Zusätzliche Luftbehälter sowie große Leitungs- und Ventilquerschnitte sparen Zeit. Je nach technischem Aufwand kosten Reifendruck-Verstelltige Kontaktfläche für die Übertragung der Zugkraft, der Platzbedarf der Achstrichter und die Wankneigung von Reifen mit hohen Flanken setzen Grenzen. Richtig eingesetzt, leisten auch Zwillingsräder einiges: An Mähdreschern bringen sie die gleiche Aufstandsfläche wie Bandlaufwerke. Allerdings muss dazu auch hier der Druck runter! Anlagen zwischen und Mittlerweile gibt es Verstellanlagen nicht nur als Nachrüstlösung: Fendt stattet ab Werk die 900er-Varios auf Wunsch damit aus, Claas die Jaguar-Häcksler. Von außen lässt sich nur schwer feststellen, ob die Möglichkeiten des Reifens schon voll ausgeschöpft sind. Zur Agritechnica stellte Grasdorf-Wennekamp dazu den mit Silber prämierten Soil- Load-Monitor (SLM) vor. In der Felge misst ein Ultraschallsensor die aktuelle Reifeneinfederung. Daraus leitet das System last- und geschwindigkeitsabhängig den minimal möglichen Reifendruck ab. Der SLM verhindert so auch Schäden durch zu geringen Reifendruck. Mit Raupen lässt sich die Aufstandsfläche deutlich vergrößern. Reifen können nicht unendlich wachsen, vor allem wenn man legal auf der Straße unterwegs sein möchte. Die Alternative: Laufwerke mit Gummiraupen. Diese Laufwerke gibt s als Erstausrüstung oder auch als Anbaulösung anstatt von Rädern. Die Aufstandsfläche wächst hier nicht in die Breite sondern in die Länge. Weil viele Stollen Bodenkontakt haben, lassen sich hohe Zugkräfte übertragen. Auf vorgelockerten, feuchten Böden kommen Raupen an ihre Grenzen. Bandlaufwerke bedeuten aber nicht automatisch besseren Bodenschutz: Bei den ersten Gummibandlaufwerken traten deutliche Druckspitzen unter den Umlenk- und Laufrollen auf. Moderne Raupen sind deshalb mit bis zu 20 t vorgespannt, was die Bodenschonung verbessert, aber auch den Rollwiderstand erhöht. Vor allem lange Laufwerke sorgen bei engen Kurvenfahrten für Scherbelastungen des Bodens. Auf der Straße liegt der Fahrkomfort der Raupen trotz neuer, gefederter Laufrollen deutlich unter dem Komfort von Radfahrzeugen. Auf dem Acker können die Raupen dafür Unebenheiten besser ausbü geln als Räder. Raupen sind teuer: Der Auf preis für einen Mähdrescher mit Gummiband beträgt ab Werk in der Praxis bis zu Anbauraupen für Schlepper bewegen sich im Bereich von Hier auf jeden Fall Freigabe durch den Hersteller beachten. Radfahrzeuge können mit Anbauraupen ausgestattet werden. top agrar 1/

3 Breite Gassen für weiche Sohlen Durch große Arbeitsbreiten bei Düngung und Pflanzenschutz sinkt die Zahl der Fahrgassen. Das erlaubt breitere Gassen und den Einsatz bodenschonender Reifen. Schmale Pflegereifen müssen beim Düngen oder Spritzen hohe Lasten tragen. Die Flanken der Trennscheiben sind niedrig, der Innendruck reicht bis zu 8 bar und die Strukturschäden gehen bis in tiefe Regionen. Die Fahrgassen werden immer tiefer und unebener, das Wasser fließt nicht mehr ab oder bildet am Hang Erosionsrinnen. Es gehen wertvolle Feldarbeitstage verloren. Bei gleicher Last hinterlassen Pflegeräder bis zu dreimal tiefere Spuren als bodenschonende Reifen. Wasser in den Fahrspuren führt zu weiteren Verdichtungen. Fazit: Pflegereifen sind out machen Sie deshalb die Gasse frei! Weil Arbeitsbreiten von Spritzen und Streuern wachsen, kann man beim Säen pro Fahrspur ruhig eine Saatreihe zusätzlich schließen und so mit bodenschonenderen Reifen pflegen. Auch in den Reihenkulturen geht der Trend zur Fahrgasse. Dazu lassen sich neue Pflanzmaschinen und Einzelkorndrillen elektronisch schalten. Kverneland hat dazu auf der Agitechnica die GPS-gesteuerte Einzelkorndrille Optima vorgestellt. Mit mehr Grip gegen Schlupf Schlupf ist Verlust in Reinform. Er kostet nicht nur Diesel sondern verschmiert auch die Bodenstruktur. Weniger Reifendruck sorgt für bessere Verzahnung im Boden. Trotzdem: Ohne Ballast läuft beim Ziehen nichts. Rad- und Frontgewichte verbessern die Zugkraft und senken den Schlupf. Wichtig: Die Gewichte müssen sich schnell an- und abbauen lassen. Bei Pflege- und Bestellarbeiten soll der Schlepper leicht sein. Das schont nicht nur den Geldbeutel sondern auch das Material. Durch den Einzug übertragen Pflüge oder Grubber in Arbeitsposition genauso viel Last auf den Schlepper wie angehoben. Ein Hybridpflug arbeitet deshalb in der Furche wie ein Anbaupflug und überträgt Last auf den Schlepper. Am Vorgewende verhält er sich wie ein Aufsattelpflug und fährt auf eigenem Rad. Bei angehängten Geräten braucht der Schlepper mehr Ballast. Zylinder zur Traktionsverstärkung nutzen auch hier den Unterzug des Grubbers und ziehen die Hinterachse nach unten. Bis zu 2 t lassen sich so auf den Schlepper übertragen. Top-Zylinder, z. B. an Gülletankern, wirken in anderer Richtung, haben aber das gleiche Ziel: Sie setzen auf Oberlenkerhöhe an und drücken die Vorderachse des Schleppers nach unten. Mit verschiebbaren Achsaggregaten bei Anhängern bleibt die Stützlast auf der Straße im gesetzlichen Rahmen. Auf dem Acker sorgt die nach hinten verschobene Achse für mehr Stützlast und Traktion. Leichter ist besser Je weniger Gewicht über den Acker rollt, desto besser. Die höchsten Radlasten treten bei Erntemaschinen mit großen Bunkern und bei Transportfahrzeugen, wie z. B. Gülletankern, auf. Bei der Gülleverschlauchung bleiben die schweren Transporteinheiten am Feldrand stehen über den Acker fährt nur ein möglichst bodenschonender Schlepper mit Verteiler. Überladewagen reduzieren unnötige Wege der Erntemaschine zum Abtanken und lassen sich entsprechend bereifen. Rodelader bei der Rüben- oder Kartoffelernte kommen mit einem kleineren Zwischenbunker aus. Ein Thema mit Zukunft ist der Einsatz neuer, leichter Werkstoffe und gewichtsoptimierter Konstruktionen. Durch neue Konstruktionsprogramme lassen sich die späteren Belastungen besser simulieren und so unnötiges Material einsparen. Die neue Generation von Krone-Erntevorsätzen für Häcksler konnte bei gleicher Der Tanker bleibt am Rand stehen. Gülleverschlauchung von Vogelsang. Arbeitsbreite 400 kg abspecken. Hochfeste Stähle halten den Belastungen bei deutlich geringerer Materialstärke stand. Auf der Agritechnica zeigte Biso ein Schneidwerk, das weitgehend aus Alu besteht. Viele Maispflücker haben mittlerweile Abdeckungen aus Kunststoff. Biso setzt beim neuen Schneidwerk auf Aluminium. 112 top agrar 1/2010

4 Spuren: Besser neben- als hintereinander Xerion SadleTrac mit Gülleauflieger. Durch den Hundegang rollen alle Räder in ihrer eigenen Spur. Auf den Oberboden wirken sich mehrfache Überfahrten zwar kaum noch aus, doch die Verdichtungen setzen sich in die unteren Schichten fort. Mittlerweile gibt es vor allem bei schweren Fahrzeugen Konzepte, um Mehrfach-Überrollen zu vermeiden: Mehrrad-Fahrwerke: Pöttinger bietet Ladewagen auf Wunsch auch mit einem Achtrad-Fahrwerk an, das den Boden nahezu auf der gesamten Fahrzeugbreite überrollt. Ausschiebbare Räder: Beim Gülletanker von Schuitemaker lässt sich eine Achse des Tandems ausschieben. Die Räder laufen komplett um eine Spur versetzt. Ein ähnliches System hat Holmer für die permanente Zwillingsbereifung entwickelt. Der Ausschiebe-Mechanismus ist komplett in den Felgen integriert. Auf dem Acker sorgt das System für bessere Seitenstabilität am Hang, auf der Straße bleibt die Außenbreite im zulässigen Rahmen. Raupen plus Räder: Grimme verwendet für den Maxtron- Rübenroder vorne Raupenlaufwerke und hinten eine gelenkte Achse mit zwei großen Reifen. Die Raupen lassen sich zur besseren Fahrstabilität am Hang seitlich ausschieben. Hundegang: Durch Hundeganglenkung laufen alle Räder nebeneinander in einer eigenen Spur. Beim Roder sorgt ein zusätzliches Knickgelenk im Chassis dafür, dass die Rodegruppe im rechten Winkel zur Fahrtrichtung arbeitet. Claas rüstet den Xerion aus dem gleichen Grund für Fronteinsätze im Hundegang mit einer schwenkbaren Fronthydraulik aus. Elektronische Lenksysteme für Anhängerachsen, wie z. B. bei Fliegl, erlauben auch hier spurversetztes Fahren. Mit elektronisch gesteuerten Lenkachsen kann man auch Anhänger spurversetzt fahren. Teleskopachse bei Schuitemaker: Das System verhindert das mehrfache Überrollen des Bodens. Achtrad-Fahrgestell am Pöttinger-Ladewagen. Ohne die Außenbreite zu verändern, wird die Aufstandsfläche fast verdoppelt. Zwillingsbereifung am Holmer-Roder: Mit integrierten Zylindern lassen sich die Räder auf dem Acker seitlich ausschieben. 114 top agrar 1/2010

5 Der Himmel hilft beim Bodenschutz Tiefenlockerung sollte nur gezielt ablaufen. Kennt man die Position genau, kann man die Maßnahme auf die Fahrgassen beschränken. GPS und Korrektursignal lassen sich auch beim Bodenschutz nutzen. GPS-Systeme mit Korrektursignal erreichen Genauigkeiten von wenigen Zentimetern. Die genaue Position lässt sich auch beim Bodenschutz nutzen mit unterschiedlicher Intensität: Speichern der aktuellen Fahrgassen-Position: Kennt man den genauen Verlauf der Gassen, kann man die Spuren auch nach der Stoppelbearbeitung ganz gezielt mit drei oder sogar nur zwei Zinken wieder aufreißen. Feste Fahrgassen: Die Fahrgassen bleiben Jahr für Jahr an derselben Stelle. Beim Drillen sorgt die GPS-Steuerung für die exakte Anlage der Spuren. Nach der Ernte werden sie nicht aufgerissen. Die Frage ist nur: Was passiert, wenn die Gassen immer unebener werden? Controlled-Traffic- Farming (CTF): Bei diesem Verfahren läuft die gesamte Bearbeitung der Fläche in einem festen Fahrspur-Muster ab also auch Bodenbearbeitung und Ernte. Der Rest der Fläche bleibt für sämtliche Befahrung tabu. Bei konsequentem CTF müssen die Spurweiten aller Maschinen und die Arbeitsbreiten der Geräte genau aufeinander abgestimmt werden. Das ist vor allem beim Mähdrescher und dem Pflegeschlepper eine Herausforderung. Außerdem: Wenn immer an derselben Stelle und in der gleichen Richtung gearbeitet wird: Führt das langfristig zu Unebenheiten? G. Höner top agrar 1/