Ödön von Horváth: Geschichten aus dem Wiener Wald in der Regie von Christian Stückl



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Transkript:

Ödön von Horváth: Geschichten aus dem Wiener Wald in der Regie von Christian Stückl I. zum Autor II. zur Handlung und zu den Figuren III. zur Inszenierung am Volkstheater IV. Vorschläge für die Auseinandersetzung mit der Inszenierung und der Aufführung im Volkstheater V. Fragen an die Inszenierung und die Aufführung im Volkstheater VI. Literaturhinweise und Internetlinks Geschichten aus dem Wiener Wald bietet Anknüpfungsmöglichkeiten an die Fächer Deutsch (z.b. zur Auseinandersetzung mit dem zeitgenössischen Theater; zur Aufführungs- und Inszenierungsanalyse; zum Vergleich literarischer Genres: Volksstück, Tragikomödie; zur thematischen Behandlung von Literatur und zur Auseinandersetzung mit literarischen Motiven: Liebe, Macht, Gewalt als literarische Themen), Geschichte und Sozialkunde (z.b. zur Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Hintergründen der späten 1920er und frühen 1930er Jahre in Österreich und Deutschland), Psychologie (z.b. zum Umgang mit individuellen, sozialen und gesellschaftlichen Lebensentwürfen und Krisen), Kunst (z.b. zum Vergleich von Bühnenraum, Bühnenbild, Kostüm und Farbgestaltung in der Inszenierung am Volkstheater und in anderen Inszenierungen), Musik (z.b. zur Auseinandersetzung mit Form und Funktion der Musik in der Inszenierung; zum Vergleich von Operette, Schlager und musikalischer Parodie) und Dramatisches Gestalten/Theater (z.b. zur Auseinandersetzung mit Inszenierungsmöglichkeiten; zu Fragen der Regie und Dramaturgie in der Inszenierung) ab der 10. Jahrgangsstufe. Aufführungsdauer: ca. 130 Minuten Anne Steiner: Materialien zur Inszenierung am Volkstheater München

Ödön von Horváth Kurzbiographie * Ödön von Horváth wird am 9. Dezember 1901 in Fiume (heute: Rijeka/Kroatien), einer zu Österreich-Ungarn gehörenden Vielvölkerstadt am Mittelmeer, als Sohn eines liberalen Ungarn und seiner Frau geboren. Da der Vater im diplomatischen Dienst Ungarns steht und daher den Arbeitsort regelmäßig wechselt, sind bereits Kindheit und Jugend Horváths von häufigen Wohnortwechseln geprägt: Die Familie zieht nach Belgrad, dann nach Budapest, später folgen weitere Umzüge nach München und Wien. Und fast immer bedeutet der Ortswechsel für Horváth auch einen Wechsel in der Unterrichtssprache, mit der er in der Schule konfrontiert wird. 1919 legt Horváth in Wien das Abitur ab und nimmt in München ein geisteswissenschaftliches Studium auf, in dieser Zeit beginnt er auch zu schreiben. Ab 1923 widmet sich Horváth vollständig der Schriftstellerei, er hält sich immer wieder längere Zeit in Berlin, aber auch in Murnau am Staffelsee auf, wo sich seine Eltern ein Haus gekauft haben. Er erlebt die gesellschaftlichen Auswirkungen des Ersten Weltkrieges und der Inflation und beobachtet kritisch den zunehmenden Nationalismus und den Aufstieg der Nationalsozialisten. 1929 werden seine Stücke Sladek und Bergbahn uraufgeführt, sie werden zu seinem ersten größeren Erfolg und bedeuten den schriftstellerischen Durchbruch. 1931 erleben die Stücke Geschichten aus dem Wiener Wald und Italienische Reise ihre Uraufführung, 1932 folgt Kasimir und Karoline. 1931 wird Horváth der Kleist-Preis verliehen. 1933, kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, verlässt Horváth Deutschland und lässt sich in Wien nieder. Hier entstehen weitere Stücke, darunter 1933 Eine Unbekannte aus der Seine. Horváth versucht zwar zunächst, sich mit der nationalsozialistischen Diktatur zu arrangieren, und bezieht öffentlich nicht deutlich Stellung gegen die Nationalsozialisten, hat aber zunehmend Schwierigkeiten, seine Stücke auf die Bühne zu bringen und seinen Lebensunterhalt als Schriftsteller zu verdienen. Seine Romane Jugend ohne Gott und Ein Kind unserer Zeit, die 1938 in einem Amsterdamer Exilverlag verlegt werden, werden von den Nationalsozialisten schließlich als unerwünschte und schädliche Literatur klassifiziert und verboten. Noch 1938, kurz nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht, flieht Horváth aus Österreich, er geht zunächst ins Exil nach Budapest, dann nach Amsterdam und schließlich nach Paris. Zu der bereits geplanten Weiterreise in die USA kommt es nicht mehr. Horváth stirbt am 1. Juni 1938 in Paris ein in einem Gewitter herabstürzender Ast erschlägt ihn auf den Champs-Elysées. * Dafür herangezogene Quellen: Bartsch, Kurt (2000): Ödön von Horváth, Stuttgart: Metzler; Krischke, Traugott (1980): Ödön von Horváth. Kind seiner Zeit, München: Heyne.

Die Handlung in der Inszenierung Marianne, eine junge Frau, soll auf Wunsch ihres Vaters, des "Zauberkönigs", der ein kleines Spielzeuggeschäft in Wien betreibt, den Metzger Oskar heiraten, den sie seit Kindertagen kennt, aber nicht liebt. Bei einem Ausflug in den Wiener Wald zur Feier ihrer Verlobung lernt sie Alfred kennen, einen arbeitslosen Charmeur, der sein Geld mit Pferdewetten verdient und sich von der älteren Valerie, der Inhaberin eines kleinen Tabakladens, aushalten lässt. Marianne verliebt sich in Alfred, verlässt Oskar und wird daraufhin von ihrem Vater verstoßen. Sie lässt sich mit Alfred ein, wird von ihm schwanger, bekommt einen Sohn und zieht mit Alfred in eine heruntergekommene Wohnung. Alfred gibt die Pferdewetten auf und versucht, als Vertreter Geld zu verdienen, ist darin aber wenig erfolgreich. Die Beziehung zu Marianne verschlechtert sich rapide, das Kind belastet ihr Verhältnis zusätzlich. Alfred besteht daher darauf, dass das Kind aus dem Haus kommt, und bringt es außerhalb Wiens bei seiner Mutter unter. Um ihren Lebensunterhalt zu sichern, nimmt Marianne, die über keine Berufsausbildung verfügt, das Angebot an, als Tänzerin zu arbeiten. Anders als erwartet handelt es sich dabei jedoch um eine Anstellung im Rotlichtmilieu Marianne muss sich als Nackttänzerin in einem Nachtclub durchschlagen. Eines Abends besucht Mariannes Vater das Etablissement. Als er seine Tochter unter den Tänzerinnen entdeckt, verlässt er entsetzt den Nachtclub. Marianne gerät in Streit mit einem anderen Besucher, der ihr Geld bietet, damit sie mit ihm schläft. Der Streit artet aus, Marianne wird in Untersuchungshaft genommen, bis der Vorfall geklärt ist. Eine Versöhnung mit ihrem Vater scheint nun völlig ausgeschlossen, doch Valerie unternimmt den Versuch, den Zauberkönig, Oskar und Marianne auszusöhnen. Oskar will Marianne zwar noch immer zur Frau nehmen, sieht aber ihr uneheliches Kind als Hinderungsgrund für eine Eheschließung an. Der Zauberkönig erbarmt sich schließlich seiner Tochter und ist bereit, sie und ihr Kind bei sich aufzunehmen. Als sie jedoch das Kind bei Alfreds Mutter abholen wollen, müssen sie erfahren, dass es gestorben ist Alfreds Mutter hatte das ihr verhasste Kind absichtlich an einer schweren Erkältung sterben lassen, um dieses sichtbare Zeichen von Alfreds Schande loszuwerden. In völliger Verzweiflung gibt Marianne nun jeden Widerstand gegen eine Heirat mit Oskar auf, der sie jetzt ohne uneheliches Kind heiraten kann. Auch Alfred und Valerie finden wieder zueinander.

Die Figuren in der Inszenierung HAVLITSCHEK das Leben, die Frauen und das Geld liebender Metzgergeselle, Freund und auch Geschäftspartner von Alfred ERICH verklemmter Jurastudent aus Deutschland, zu Besuch beim Zauberkönig, seinem Onkel; fanatischer Anhänger nationalsozialistischen, faschistischen Gedankenguts, der aus unerfindlichen Gründen eine Affäre mit Valerie beginnt VALERIE verwitwete Kiosk-Besitzerin, die ihre Sehnsucht nach Liebe und Nähe vergeblich in Affären mit jungen Männern zu stillen sucht DIE MUTTER lebt in ärmlichen Verhältnissen außerhalb Wiens auf dem Land; ist mit dem unbürgerlichen Lebenswandel ihres Sohnes Alfred nicht einverstanden ALFRED verantwortungsloser Charmeur und Hallodri, der keiner geregelten Arbeit nachgeht, sondern versucht, sich so einfach wie möglich durchs Leben zu lavieren; lässt sich von Valerie aushalten, beginnt aber ganz unbekümmert ein Verhältnis mit Marianne; flüchtet und entzieht sich, sobald ihm etwas über den Kopf wächst und andere Menschen Ansprüche an ihn stellen MARIANNE Tochter der Zauberkönigs; eine junge Frau auf der Suche nach erfüllter Liebe und Lebensglück, die sich entsetzlich täuscht, als sie in Alfred die Chance sieht, aus dem vom Vater vorgezeichneten Lebensweg auszubrechen; zahlt einen hohen Preis für ihren vergeblichen Ausbruchsversuch ZAUBERKÖNIG verwitweter Inhaber eines Spielwarengeschäftes, der seine Tochter Marianne in geordneten, d.h. in für ihn lukrativen, Verhältnissen sehen will OSKAR spießiger und gewalttätiger Metzger, der mit Marianne ein kleinbürgerliches Eheund Familienleben führen will RITTMEISTER der kaiserlichen Monarchie nachtrauernder Angehöriger des österreichischen Militärs im Ruhestand mit gelegentlich boshaften Zügen EMMA eine ebenso junge wie naive Frau aus Mariannes Bekanntenkreis, die sich kurzzeitig mit Havlitschek einlässt -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- DER PIANIST unterstützt in stoischer Gelassenheit die Gesangseinlagen der Figuren, illustriert die Handlung und kommentiert das Geschehen musikalisch

Die Inszenierung am Volkstheater: ein groteskes Volksstück auf der Guckkastenbühne Das Volksstück Unter einem Volksstück wird ein Theaterstück verstanden, das eine klar aufgebaute, leicht verständliche Handlung aus dem Leben des einfachen Volkes, d.h. der Unterschicht oder Arbeiterschaft, zeigt und sein Publikum unterhalten will, indem es sich mit Themen und Konflikten aus der Lebenswelt der kleinen Leute beschäftigt und das Geschehen komisch überzeichnet und glücklich enden lässt. Horváth bezeichnet seine Geschichten aus dem Wiener Wald im Untertitel als Volksstück, versteht das Genre aber als sozialkritisch und nicht als bloße Unterhaltung. Das Volk stellt bei ihm das Kleinbürgertum der 1920er und 30er Jahre dar, das er in seinem Stück möglichst realistisch darzustellen versucht, indem er die Figuren in dessen vermeintlicher Bildungssprache sprechen lässt und die durch Inflation, Arbeitslosigkeit und Zusammenbruch der Monarchie ausgelösten gesellschaftlichen, ökonomischen und sozialen Krisen der Zeit thematisiert. Gleichzeitig überzeichnet und karikiert er die Figuren, er zeigt egoistische und gemeine Prototypen, die sich mit sprachlicher und physischer Grausamkeit begegnen und denen ein Happy End nur schwer gelingt. Die Kostüme Die Inszenierung am Volkstheater knüpft daran an und geht darüber hinaus, indem sie grotesk überzeichnete Karikaturen auf einer zunächst leeren Guckkastenbühne ausstellt. In einem gelb gehaltenen ortlosen Nicht-Ort treffen Typen in comicartigen, grell-bunten Kostümen aufeinander, die übertrieben agieren und die Handlung wie in einer Operette oder Revue durch Lieder gleichermaßen unterbrechen und illustrieren. Die Frauen tragen kurze Kleider, deren Schnitte dem 20. Jahrhundert entstammen, fast alle Männer erscheinen in Anzügen, die in dieser Form auch heute noch zu sehen sind, ein einziger Mann trägt eine Art Pfadfinderuniform. Überzeichnet wirken die Kostüme dennoch durch ihre grelle Farbigkeit und die Überbetonung einzelner Details, durch die sie wie aus einem Comic-Strip entsprungen scheinen. Jeder Figur ist eine knallige Farbe zugewiesen der Zauberkönig trägt Blau, der Rittmeister Grün, Havlitschek Rot, Valerie Lila, Alfred Weiß, Oskar und Marianne Orange.

Der Bühnenraum Der vordere, weitgehend leere und doch nur wenig Spielfläche bietende Bühnenraum, in dem sich die Wiener Szenen abspielen, ist in einem leuchtenden Gelb gehalten, das den Comic- Eindruck zusätzlich verstärkt und so auch den Ort der Handlung als zeitlose Gegenwart markiert. So wie die Kostüme das Typen- und Klischeehafte der Figuren ausstellen, so zeigt sich auch die Bühne nicht als Abbild eines realen Ortes, sondern als Typ eines Ortes: Zunächst als betont künstlicher, eng begrenzter Guckkasten-Innenraum, der sich als solcher auch deutlich zu erkennen gibt, später dann als klischeehaftes Abziehbild eines weiträumigen düsteren Waldes mit Schilf, Bäumen und Weiher, in dem sich die Figuren aber nicht anders verhalten als im Innenraum. Die Musik und der Musiker Musik spielt in der Inszenierung eine große Rolle, alle Figuren singen allein, im Duett, im Chor. Ein Klavierspieler (der Komponist und Pianist Michael Gumpinger) begleitet ihre Lieder und untermalt das Geschehen auf der Bühne. Er ist die gesamte Aufführung über zu sehen, ist doch sein Klavier mittig am Bühnenrand platziert und verlässt er doch seinen Platz die gesamte Aufführung hindurch nicht. Mit dem Rücken zum Publikum sitzt er ruhig und unaufgeregt an seinem Instrument, blickt wie die Zuschauerinnen und Zuschauer auf die Bühne und beobachtet, untermalt und kommentiert die Figuren und das Geschehen mit seinem Klavierspiel. Er spielt Strauß-Walzer und zeitgenössische Rock-Balladen, zitiert bekannte Volkslieder und lässt manch fröhliche Melodie in dissonanten Weisen ausklingen.

Vorschläge für die Auseinandersetzung mit der Inszenierung und der Aufführung...... ausgehend von den Themen, Motiven und Figuren der Geschichten aus dem Wiener Wald Rezeption der Informationen zum Inhalt und zu den Figuren des Stücks und Austausch von Erwartungen an den Text und die Inszenierung (szenische) Interpretation der Figuren und ihres Verhältnisses zueinander durch Entwerfen von möglichen Figurenkonstellationen und durch Bauen von Standbildern, die das Verhältnis von Marianne zu Oskar, Alfred und dem Zauberkönig auf der Verlobungsfeier im Wald, nach der Geburt ihres Kindes und nach der endgültigen Trennung von Alfred verdeutlichen Entwicklung von dramaturgischen Ideen zur Konzentration auf das Motiv der Gewalt und das der Macht, die die Männer-Figuren über Marianne haben und ausüben, und Diskussion der Folgen, die daraus evtl. resultierende Textkürzungen auf Dramaturgie, Intention und Wirkung einer Inszenierung haben Auseinandersetzung mit Oskars Äußerung Du entkommst meiner Liebe nicht, einem der Kernsätze des Stücks, durch Erprobung unterschiedlicher szenischer Lesarten und Diskussion der Auswirkungen, die der Satz auf das Verhalten und Handeln von Marianne und Oskar hat Verfassen von inneren Monologen der (Neben-)Figuren (Erich, Rittmeister, Emma, Havlitschek, die Mutter) vor und nach dem ersten Zusammentreffen von Alfred und Marianne... ausgehend von der Inszenierung am Volkstheater Formulierung von Erwartungen an Handlung und Figurenzeichnung und an die Gestaltung von Bühnenraum und Kostümen in der Inszenierung nach Rezeption der Informationen zur Handlung und zu den Figuren und Vergleich mit dem Figurenpersonal bei Horváth Erprobung und Diskussion von unterschiedlichen Theaterformen (chorisches Theater, episches Theater, usw.) und theaterästhetischen Mitteln (Stimme, Gestik, Mimik, Kostüm, Raumnutzung, usw.) für die Gestaltung der unterschiedlichen Arten von Macht und Gewalt, denen Marianne ausgeliefert ist

assoziative Auseinandersetzung mit Ausschnitten aus dem Nebentext, z.b. zur Orts- und Zeitangabe ( Das Stück spielt in unseren Tagen, und zwar in Wien, im Wiener Wald und draußen in der Wachau. ) und Entwicklung von Vorschlägen für die Verortung der Handlung und die Gestaltung des Bühnenraums Entwicklung von Vorschlägen für die Gestaltung des Bühnenraums und der Kostüme, die das Geschehen in einer zeitlosen Gegenwart ansiedeln und dabei grotesk überzeichnen Diskussion möglicher theatraler Umsetzungen von Szenen, in denen Figuren zwar auftreten, aber nicht am Geschehen beteiligt sind und andere nur mehr oder weniger heimlich beobachten... ausgehend von der besuchten Aufführung im Volkstheater Beschreibung der durch die Rollenbesetzung hervorgerufenen Wirkung Beschreibung von Auffälligkeiten bei den Requisiten, Kostümen, Handlungsabläufen und Figurenzeichnungen Beschreibung der wahrgenommenen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Spiel- und Sprechweise der Männer- und der Frauenfiguren und der dadurch hervorgerufenen Wirkung Beschreibung oder szenisches Nachspielen der Dialog-Szenen von Marianne und Alfred und Marianne und Oskar Nachstellen von Bühnenkonfigurationen (z.b. in den Szenen, in denen alle Figuren auf der Bühne zu sehen sind) Beschreibung der Aufführung und Austausch von Erinnerungen an visuelle und akustische Details (z.b. an Farbdetails des Bühnenraums und der Kostüme; an die unterschiedlichen Stimmungen, die durch Licht und Musik während der Aufführung erzeugt wurden; an die eigenen Reaktionen darauf und die der anderen Zuschauerinnen und Zuschauer) Austausch von Erinnerungen an die Szenen, in denen Marianne oder Alfred singen, und an deren Wirkung auf das Publikum

Austausch von Erinnerungen an Gestik und Mimik von Erich, vom Rittmeister, von Oskar und von Valerie Austausch von Assoziationen und Emotionen, die der Auftritt verschiedener Figuren aus dem Schilf und ihr Abgang durchs Schilf in unterschiedlichen Szenen ausgelöst haben Charakterisierung der durch das Wasser auf dem Bühnenboden bedingten Spielweise und Wege einzelner Figuren und der dadurch beim Publikum hervorgerufenen Wirkung Bauen von Standbildern zu erinnerten Szenen und Formulieren innerer Monologe der an diesen beteiligten Figuren Austausch über die Momente während der Aufführung, an denen man gerne zustimmend geklatscht oder Missfallen ausgedrückt hätte Verfassen von eigenen und Vergleich mit anderen Theaterkritiken

Fragen an die Inszenierung und die Aufführung zum Bühnenbild und zum Bühnenraum - Welche Assoziationen ruft die Gestaltung des vorderen Bühnenraums hervor? - Worin unterscheiden sich vorderer und hinterer Bühnenraum? - Welche Kontraste erzeugt das Bühnenbild über Farbe, Licht und Ausstattung? - Welche Atmosphäre erzeugt das Bühnenbild jeweils? - Welche Wege und Bewegungsmöglichkeiten bieten vorderer und hinterer Bühnenraum den Figuren? - Welche Auftritts- und Abgangsmöglichkeiten bieten vorderer und hinterer Bühnenraum? - Welche Szenen werden im vorderen, welche im hinteren Bühnenraum gespielt? Warum gerade diese? zur Lichtgestaltung - Welche Teile der Bühne werden in einzelnen Szenen durch das Licht besonders hervorgehoben? Welche Wirkung erzeugt das? - Welche Szenen wirken besonders hell, welche dunkel? Welche Gesamtwirkung entsteht dadurch? - Welche unterschiedlichen Stimmungen erzeugt die Lichtgestaltung? - Welche Figuren hebt das Licht besonders hervor? Welche lässt es eher im Dunklen? zur Musik - Welche Lieder und Melodien spielt der Pianist? Welche Assoziationen lösen sie jeweils aus? - Welche Stimmung erzeugt die Klaviermusik in unterschiedlichen Szenen? - Wie charakterisiert die Musik die verschiedenen Figuren? - Welche Wirkung hat die Musik auf die Wahrnehmung des Publikums? - Begleitet der Pianist das Spiel auf der Bühne oder lenkt er es?

zu den Figuren und den Kostümen - Über welche äußeren Merkmale werden die einzelnen Figuren charakterisiert? - Welche Assoziationen rufen Kostüme und Maske hervor, woran erinnern sie? - Welche Wirkung erzeugt die Farbgestaltung der Kostüme? - Welche Figuren unterscheiden sich in Kostüm, Bewegungen und Aktionsradius deutlich von den anderen? Welche Wirkung erzeugt das? - Welche der Figuren nehmen Kontakt mit dem Publikum auf, welche nicht? - Auf welche Weise und in welchen Szenen nehmen sie Kontakt auf? - Welche Szenen enthalten Slapstick-Elemente? Welche Wirkung hat das auf das Publikum? - Wie spiegeln sich die Machtverhältnisse zwischen den Männer- und Frauenfiguren in ihrer Positionierung und ihrem Agieren auf der Bühne?

Literaturhinweise und Internetlinks Textausgaben von Horváth, Ödön (2009): Geschichten aus dem Wiener Wald. Stuttgart: Reclam von Horváth, Ödön (2001): Geschichten aus dem Wiener Wald. Frankfurt a.m.: Suhrkamp (Suhrkamp BasisBibliothek) Sekundärliteratur Bartsch, Kurt (2000): Ödön von Horváth, Stuttgart: Metzler umfassende Einführung in die Werke Horváths Krischke, Traugott (1980): Ödön von Horváth. Kind seiner Zeit, München: Heyne ausführliche Biographie des Schriftstellers Krischke, Traugott (1988): Horváth-Chronik. Daten zu Leben und Werk, Frankfurt a.m.: Suhrkamp aus Selbstzeugnissen Horváths und anderen Quellen zusammengestellte und chronologisch geordnete Sammlung von wichtigen biographischen und zeitgeschichtlichen Ereignissen Schmidjell, Christine (2009): Geschichten aus dem Wiener Wald. Erläuterungen und Dokumente. Stuttgart: Reclam Informationen und Materialien zu Horváths Stück Internet http://www.horvath-gesellschaft.de/ Seite der Ödön-von-Horváth-Gesellschaft, bietet einen bebilderten Lebenslauf http://www.schule.at/index.php?url=themen&top_id=2458 kurze Biographie Horváths und ausführliche Linkliste auf der Seite des Österreichischen Schulportals http://literaturhaus.at/index.php?id=6935&l=0%2c Informationen und Bilder zu Leben und Werk Horváths auf der Seite des Literaturhauses Wien http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=7897:gesc hichten-aus-dem-wiener-wald-christian-stueckl-inszeniert-in-muenchen-horvathskleinbuerger-als-grelle-karikaturen&catid=38:die-nachtkritik&itemid=40 http://www.theaterkritiken.com/index.php?option=com_content&view=article&id=1074 :geschichten-aus-dem-wiener-wald-v&catid=33:volkstheater Kritiken zur Inszenierung am Volkstheater http://www.muenchner-volkstheater.de/ensemble/regisseure.php?we_objectid=340 biographische Hinweise zum Regisseur Christian Stückl auf der Seite des Münchner Volkstheaters