«Curafutura hat frischen Wind in die Branche gebracht»



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Transkript:

«Curafutura hat frischen Wind in die Branche gebracht» Wofür steht der neue Krankenversicherungsverband curafutura? Präsident und Nationalrat Ignazio Cassis äussert sich über Risikoselektion, verfeinerten Risikoausgleich und innovative Versorgungsmodelle. Weshalb braucht es Ihren neuen Verband der Krankenversicherungen? Weil bei Santésuisse zu viele Krankenversicherer organisiert sind: Die Interessengegensätze zwischen grösseren Versicherern und kleineren sind zu gross es ist kaum möglich, Kompromisse zu finden. Die Gründung von curafutura folgt einer neuen Idee: weg vom Feindbild der Ärzte und Spitäler, hin zu einer Vertragspartnerschaft, wie sie das Krankenversicherungsgesetz (KVG) eigentlich vorsieht. Wieso sind bei curafutura nur grosse Versicherer dabei? Weil nur Versicherer mit einer gewissen Grösse die Möglichkeit haben, Innovation mittels Versorgungsforschung zu fördern. Forschung und Entwicklung sind unentbehrlich für die zuverlässige Modernisierung unseres Gesundheitswesens. Das hindert kleinere Versicherer keineswegs, Mitglied von curafutura zu werden: sie müssen aber unser Werte teilen. Bei uns sind übrigens nicht alle grossen Versicherungen dabei, sondern nur jene mit ähnlichen Werten. Unsere Mitglieder sind z.b. dezidiert gegen das Geschäftsmodell der Risikoselektion und der Billigkassen, die spezifisch junge, gesunde Menschen ansprechen. Dieses Modell und die aggressive Telefonwerbung haben einen unglaublichen Unmut im Volk verursacht, das ist Gift für die Zukunft der Branche. Eine Sozialversicherung muss ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen: so lautet unser erster Wert! curafutura will innovative Versorgungsmodelle entwickeln und neue Wege gehen. Das wollen auch viele Leistungserbringer. Aber die einen können das nicht ohne die anderen tun. Wir müssen zusammen die richtigen finanziellen Anreize setzen, damit jene, die Lust und Mut auf Innovation haben, dafür belohnt werden besonders durch eine effiziente Betreuung von chronisch Kranken, zum Beispiel solche mit Herzinsuffizienz oder Diabetes. Das sind heute die gesundheitlichen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Bietet curafutura heute bereits ein innovatives Angebot? Noch nicht aber wir sind stark in sogenannten Chronic-Care-Modellen engagiert. CSS und Helsana machen bereits bei verschiedenen Projekten mit. Und wir haben Ende Dezember unsere strategische Ausrichtung definiert: Wir wollen jene Leistungserbringer stärker fördern, die eine bessere Betreuung der Chronischkanken anstreben. Wir müssen diese 20 Prozent der Patienten, die 80% der Kosten verursachen, optimal betreuen. Dafür braucht es jene Verfeinerung des Risikoausgleichs, die das Parlament am 21. März 2014 entschieden hat. Es muss für einen Versicherer zum Geschäftsmodell werden, chronisch kranke Menschen aufzunehmen und optimal zu betreuen. Wenn diese Patienten gut versorgt werden, vermeidet man Spitaleinweisungen und damit die teuersten Elemente der Rechnung. Damit gewinnen alle Beteiligten: Die Patienten sind mit der Betreuung zufrieden, die Ärzte sind es dank ihrer innovativen Arbeit, die sie vorwärts bringt und für die Versicherer ist es wirtschaftlich interessant, schwierige Patienten zu haben. Das ist eine umgekehrte Risikoselektion. Wenn sich bei chronisch kranken Patienten herumspricht, dass sie bei einer Versicherung gut betreut, kaum hospitalisiert werden und erst noch günstiger wegkommen, dann wäre das ideal.

Nationalrat Ignazio Cassis: «Ziel ist nicht arithmetische Kosmetik, sondern das Geschäftsmodell der Versicherer zu ändern.» Bild: Barbara Enggist Braucht es Santésuisse als Restverband der übrigen Krankenversicherer noch? Ja, sicher. Die Idee ist nicht, ein Monopol durch ein anderes zu ersetzen. Santésuisse bleibt mit fast 60% der Versicherten der grösste Verband, und das ist gut so. Wir wollen nicht die Grössten sein, sondern die Innovativsten! Mit fast 45% des Leistungsvolumens sind wir dennoch gross genug, das Gesundheitswesen beeinflussen zu können. Wir haben jetzt zwei Verbände, die sich in manchen Dingen einig sind wir bekämpfen beide die staatliche Einheitskasse und in anderen Dingen eine andere Meinung haben. Die Zukunft wird zeigen, wie sich diese zwei Verbände entwickeln und welche Zusammenarbeit sie mit den Leistungserbringern, Spitälern, Ärzten, Apothekern und so weiter eingehen. Unser Anspruch ist nicht, ein Monopol zu schaffen, sondern es aufzubrechen. Wir sind überzeugt, dass ein Wettbewerb im Gesundheitssystem Schweiz notwendig ist. curafutura hat frischen Wind in die Branche gebracht: Plötzlich werden Entscheide gefällt zu Tarifwerken, Taxpunktwerten (Ärztegesellschaften, Physioswiss) und so weiter. Plötzlich bewegt sich auch Santésuisse aus Angst, es könnten sonst andere tun. Was bringt ihr Verband den Patientinnen und Patienten? Wir verschaffen den Versicherten mehr Sicherheit, Klarheit und Transparenz. Sicherheit, weil unsere Haltung immer mit den Werten unserer Charta begründet ist. Klarheit, weil wir mit einer Stimme sprechen, und Transparenz, weil wir ehrlich sein wollen und unseren Versicherten den letzten Entscheid ermöglichen wollen. Man soll offen kommunizieren: Neue Zusatzleistungen haben ihren Preis, der sich in den Prämien widerspiegelt. Will man das? Jeder von uns, wir alle zusammen müssen als Versicherte entscheiden, wieviel wir für eine qualitativ hochstehende Gesundheitsversorgung zahlen wollen. Es geht sicher nicht, immer mehr Leistungen zu fordern,

die von Dritten bezahlt werden müssen. Freiheit braucht Verantwortung. Diesen Dialog wollen wir verstärkt mit unseren Versicherten führen! Mittelfristig bieten wir ihnen neue Versorgungsformen, die eine bessere Betreuung zu tragbaren Kosten ermöglichen. Was können die Leistungserbringer von Ihnen erwarten? Mehr Ruhe und Hoffnung. Ruhe, weil die Leistungserbringer mit einem Partner verhandeln, der offen spricht und Vorschläge nicht im Voraus ablehnt. Hoffnung, weil unsere Zielsetzungen mit jenen vieler Leistungserbringer identisch sind: Es gibt immer mehr Ärzte, die integrierte Versorgungsmodelle ernsthaft fördern wollen. Sie wünschen sich einen vertrauenswürdigen Vertragspartner, der sagt: Interessant, das können wir zusammen entwickeln. Wir unterstützen Sie finanziell und mit Knowhow. Grosse Versicherer haben eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilungen mit klugen Leuten, die helfen können. Müssen die Spitäler Einbussen befürchten? Die Spitäler sind mit den Fallpauschalen einem stärkeren Wettbewerb ausgesetzt. Sie wissen, dass ihre Zukunft davon abhängt, wie effizient sie arbeiten. Und einige werden das nicht überstehen. Eine Strukturbereinigung ist im Sinn der neuen Gesetzesregelung. Den Krankenversicherern wird immer wieder vorgeworfen, sie betrieben Risikoselektion auf Kosten der Versicherten. Was antworten Sie? Die Kritik ist gerechtfertigt. Deshalb engagiere ich mich seit Jahren im Parlament für die Verfeinerung des Risikoausgleichs. Mit Erfolg: Wir haben die KVG-Änderung diesen Frühling unter Dach und Fach gebracht. Der 21. März 2014 ist ein Meilenstein in der Geschichte der schweizerischen Krankenversicherung. Damit ist auch das Hauptargument für eine öffentliche Einheitskasse vom Tisch. Verhindert der verfeinerte Ausgleich die Risikoselektion? Ja. Zwar findet mit den Elementen Alter, Geschlecht, Morbidität mittels Medikamentenkosten kein 100-prozentiger Risikoausgleich statt, sondern nur etwa 80%. Aber: 100% brauchen wir gar nicht! Ziel ist nicht arithmetische Kosmetik, sondern das Geschäftsmodell der Versicherer zu ändern. Die entscheidende Frage: Ist es für eine Versicherungsgesellschaft immer noch interessant, Risikoselektion zu betreiben, wenn 80% davon ausgeglichen wird? Die Antwort ist klar: Nein. Das kostet zu viel im Vergleich zum Gewinn der Risikoselektion. Alle Versicherer müssen jetzt umdenken. Sehen Sie weitere Verfeinerungsmöglichkeiten? Grundsätzlich ja. Die KVG-Revision, wie sie jetzt entschieden wurde, ermöglicht dem Bundesrat, weitere Verfeinerungen vorzunehmen. Der Bundesrat hat sich verpflichtet, mit der Medikamentenkostengruppe als Morbiditätsindikator zu beginnen. Aber er kann im Jahr 2020 sagen: Wir brauchen noch eine fünfprozentige Korrektur. Wir sollten aber nicht so weit gehen wie in Deutschland, wo die Berechnung des Risiko-

ausgleichs wegen zu vieler Faktoren zu einem übertriebenen administrativen Aufwand führt. Bundesrat Berset verspricht den Hausärzten zusätzliche Einnahmen von 200 Millionen zulasten der Spezialärzte: Finden Sie das gut? Dass die Hausärzte gegenüber den Spezialisten besser entlöhnt werden sollen, war schon vor 20 Jahren mein Credo. Über das Wieviel kann man streiten. Ich denke, 200 Millionen plus ungefähr 50 Millionen für das Labor sind eine gute Lösung, das entspricht etwa 35 000 Franken mehr Einkommen pro Hausarzt. Ich bedaure aber, dass der Staat in einen Verhandlungstarif eingegriffen hat: Die Vertragspartner müssen miteinander eine Lösung finden. Leider haben sie es hier nicht geschafft, deshalb das Eingreifen von Bundesrat Berset. Das Problem ist nur: Er hat sich für lineare, betriebswirtschaftlich fragwürdige Korrekturen entschieden. Curafutura ist an der Revision des TARMED beteiligt. Dort werden Sie sich wohl kaum gegen eine gerechtfertigte Besserstellung der Hausärzte wenden. Wir werden sicher nicht dagegen kämpfen. Der Hauptgrund, warum die Spezialärzte besser entlöhnt werden, liegt in der starren und zu hohen Gewichtung der technischen Leistungen. Wir haben bei Einführung des TARMED für viele technische Leistungen einen fixen Preis definiert. Die Kosten nehmen aufgrund der technologischen Entwicklung aber ab so kostet ein Endoskop für Darmspiegelung heute noch ein Viertel des Preises von 1994. Der Hausarzt bietet weniger technische Leistungen an. Das erklärt, weshalb er benachteiligt ist. Wir müssen die intellektuelle Leistung aufwerten und die technische Leistung periodisch an die Preisentwicklung anpassen, sowohl für Hausärzte wie für Spezialisten. Solche Mechanismen müssen im TARMED abgebildet werden: Es braucht eine jährliche Überprüfung und eine Pflege des Tarifs. Man will jetzt eine TARMED-Nachfolgeorganisation schaffen, die den Tarif professionell pflegt. Das ist in meinen Augen absolut nötig, curafutura wird das unterstützen. Sie haben sich im Nationalrat kritisch über das Aufsichtsgesetz über die Krankenkassen geäussert (KVAG). Lehnen Sie eine Aufsicht ab? Keineswegs, ich bin für eine bessere Aufsicht, die heutige ist ungenügend. Doch besser heisst nicht schwammig und unwirksam, sondern schlank und wirksam! Wir wollen nicht mehr Bürokratie la guerre pour la guerre und auch nicht die Versicherer bevormunden, sonst kann man sie mit einer staatlichen Einheitskasse abschaffen. Die aktuelle Vorlage folgt einem Prinzip: kantonale Prämien müssen jedes Jahr die kantonalen Kosten decken, aber mit nationalen Reserven! Das ist die Quadratur des Kreises: Der Nationalrat wollte im Dezember 2013 die Vorlage an den Bundesrat zurückweisen, um diesen Kernpunkt zu vertiefen und die neuen Artikel in das KVG zu integrieren, ohne ein separates Gesetz. Nachdem sich Bundesrat Berset am Schluss der Beratung bereit erklärt hatte, das KVAG in das KVG zu integrieren, hat sich im März dann auch der Nationalrat (wie bereits der Ständerat) für Eintreten entschieden. Wir beginnen die Beratung der Vorlage in der nationalrätlichen Kommission (SGK-N) am 27. Mai. Das zeigt klar, dass das Parlament im freiheitlich organisierten Gesundheitswesen eine wirksame Aufsicht über die Versicherer will.

Welche Massnahme bringt in naher Zukunft den grössten Nutzen für unser Gesundheitswesen? Kurzfristig ohne Zweifel der Risikoausgleich, die Mutter aller Reformen. Mittelfristig sind innovative Versorgungsmodelle gefragt, die nur dank Forschung und Entwicklung entstehen können. Wir müssen kritisch überlegen: Wohin geht die Medizin, was ist nachhaltig finanzierbar? Wir kommen heute an unsere Grenzen, das merken nicht nur viele Ärzte sondern auch die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften SAMW: Der medizinische Fortschritt verursacht auch unnötige sogar schädliche Überversorgung. Wir sind an einem kritischen Punkt angelangt, wo mehr Leistungen oft nur noch mehr Kosten verursachen. Neue Versorgungsformen für die Zukunft heisst für mich vor allem integrierte Versorgung, insbesondere die vertikale Vernetzung der verschiedenen Leistungsanbieter, sowohl ambulant wie auch ambulant-stationär. Das Problem ist, dass die Finanzierung der stationären Versorgung über Prämien- und Steuergelder erfolgt (dual), die ambulante Versorgung aber monistisch finanziert ist (ausschliesslich über die Prämien). Das müssen wir korrigieren, sonst verhindert diese Wettbewerbsverzerrung die vertikale Integration. Wenn die Einheitskasse nicht durchkommt, was ich hoffe, gibt es drei wichtige nächste Schritte: 1. Risikoausgleich umsetzen; 2. durch eine wirksame Aufsicht Vertrauen schaffen, damit keine neue Initiative für die Einheitskasse kommt; 3. Monismus einführen (gleiche Finanzierung ambulant-stationär). Mehr soll die Politik nicht tun: Jede Überregulierung ist schädlich und schafft neue Intransparenz. Das Schweizer Volk soll wieder Vertrauen in die Vertragspartner gewinnen. Ich freue mich, mit curafutura eine neue Kultur des Miteinander, nicht des Gegeneinander zu pflegen! Herr Nationalrat Cassis, besten Dank für das Gespräch. Curafutura Die innovativen Krankenversicherer Curafutura ist ein 2013 gegründeter Verband, in dem sich die Krankenversicherer CSS, Helsana, Sanitas und KPT zusammengeschlossen haben. Als Präsident amtet der Arzt und Tessiner Nationalrat Dr. med. Ignazio Cassis (FDP), Facharzt Innere Medizin sowie für Prävention und Gesundheitswese, MPH. Von 1996 bis 2008 war er Tessiner Kantonsarzt, 2008 bis 2012 Vizepräsident der Ärztevereinigung FMH.