CARMEN Aspekte einer neuen Metallkeramik Dr. Ing. J. Lindigkeit
CARMEN Aspekte einer neuen Metallkeramik Dr. Ing. J. Lindigkeit 1. Einleitung Metallkeramische Restaurationen dienen nicht nur der Wiederherstellung der Kaufunktion und Phonetik, sondern auch der Ästhetik. Neben den aus medizinischer und technischer Sicht zu stellenden Anforderungen werden deshalb, nicht zuletzt auch vom Patienten, hohe Anforderungen in Hinsicht auf einen der Natur möglichst nahekommenden Zahnersatz gestellt. 2. Aufbrennlegierungen 2.1 Technische Anforderungen 2.1.1 Thermische Ausdehnung und Kontraktion, der Wärmeausdehnungskoeffizient Für einen dauerhaften Verbund zwischen Metall und Keramik ist es erforderlich, dass das thermische Ausdehnungs- und Kontraktionsverhalten der beiden Werkstoffe aneinander angepasst ist. Die dafür übliche Messgröße ist der WAK-Wert α. Seine Dimension ist µm/mk, d. h. z. B. die Längenänderung in µm eines Stabs von 1m Länge je C (oder Kelvin) Temperaturänderung. Da die thermische Ausdehnung bzw. Kontraktion bei den meisten Werkstoffen nicht linear ist, wird der WAK-Wert α nach einem standardisierten Prüfverfahren (1) für ein bestimmtes Temperaturintervall (25 C -500 C oder 25 C - 600 C) bestimmt. Eine Aufstellung der WAK-Werte α für die verschiedenen Typen von Aufbrennlegierungen auf EM- und NEM-Basis zeigt Abb.1, zusammen mit dem Legierungsbereich, den die Metallkeramik CARMEN abdeckt. Legierungsbereich für CARMEN X=Remanium CS Ni-Cr X=Remanium 2000 Co-Cr X=Remanium CD Au-Pt Au-Pd-Ag Ti x Pd-Cu Pd-Ag AU (LFC) x 13 13,5 14 14,5 15 15,5 16 x10-6 /K WAK (25 600 C) 9,6 13 13,5 14 14,5 15 15,5 16 16,4 x10-6 /K WAK (25 500 C) Wärmeausdehnungskoeffizienten (WAK) für Aufbrennlegierungstypen Abb. 1: Wärmeausdehnungskoeffizienten (WAK) für Aufbrennlegierungstypen 3
Hieraus ist ersichtlich, dass CARMEN den Bereich aller klassischen Aufbrennlegierungen abdeckt (WAK-Werte von 14,1x10-6 /K -15,3x10-6 /K (25-600 C)). Wegen der stark von dieser Spanne abweichenden WAK-Werte von Reintitan auf der einen und der niedrigschmelzenden Gold- Legierungen auf der anderen Seite, sind zum Aufbrennen dieser Legierungen Spezialkeramiken erforderlich. Da alle keramischen Werkstoffe Druckspannungen besser ertragen als Zugspannungen, wird der WAK-Wert der Keramik (durch den Abkühlprozess beim Brennen) so eingestellt, dass er etwas niedriger als der des Gerüst-Metalls ist. Dadurch wird die gewünschte Druckvorspannung des Keramiküberzugs erreicht (Abb. 2). T > Tg Keramik Metall R Keramik r r Metall R Druck Zug T = RT (WAK Keramik < WAK Metall) Abb 2: Spannungen im Metall-Keramik-Verbundsystem 2.1.2 Widerstand gegen Verformung beim Aufbrennen (sag-resistance) Legierungen werden mit zunehmender Temperatur immer weicher, bis sie bei Erreichen der Solidustemperatur beginnen, flüssig zu werden. Bei Erreichen der Liquidustemperatur liegt ein vollständiger schmelzflüssiger Zustand vor. Um beim Aufbrennen der Keramik eine Verformung des Gerüstes (durch das Eigengewicht und die aufgebrachte Keramik) zu vermeiden, muss für eine ausreichende Stabilität ein möglichst großer Abstand zwischen Aufbrenntemperatur und Liquidustemperatur eingehalten werden. Der Widerstand gegen die Verformung beim Aufbrennen wird in der amerikanischen Literatur auch sag-resistance genannt. Abb. 3 verdeutlicht die Einflussfaktoren. Sag resistance= Widerstand gegen Verformung sag (engl.) = Durchhang; Senkung abhängig von: 1. Aufbrennlegierung (Dichte, Solidus/Liquidustemperatur) 2. Aufbrennkeramik (Brenntemperaturen) Abb 3.: Metallkeramik, Widerstand gegen Verformung beim Aufbrennen Als besonders anfällig für Verformungen beim Aufbrennen gelten die hochgoldhaltigen Legierungen (Abb.4). Grund hierfür ist die hohe Dichte dieser Legierungen und das nur knapp über 1000 C liegende Schmelzintervall. 4
Bei Verwendung dieser Legierungen bietet sich daher der Einsatz einer Aufbrennkeramik wie CARMEN mit einem deutlich niedrigeren Temperaturbereich des Aufbrennens an. So erfolgt z. B. der Opakerbrand bei 940-950 C bei NEM-Legierungen. Die niedrigeren Temperaturen ab Dentinbrand und auch bei Korrekturbränden (870 C) sind deshalb hervorzuheben, weil nach EICHNER (2) Kronen nach dem Oxidbrand und dem Opakerbrand eher weiter werden, dann aber beim Aufbrennen stärkerer Schichten so kontrahieren können, daß das Aufpassen der MK-Krone auf den Zahnstumpf behindert wird. Auch dieser Effekt ist temperatur- und werkstoffabhängig. Dichte und Schmelzintervall Legierungs- Dichte Schmelzintervall basis (g/cm 3 ) ( C) Au 17-19,9 1050-1200 Au-Ag (f.lfc) 15,7-16,7 900-990 Au-Pd 13,5-18 1100-1300 Pd 10,5-13 1100-1300 Co 8,1-8,8 1250-1400 Ni 7,6-8,5 1200-1350 Ti 4,5 1700 Abb.4: Legierungen für metallkeramische Verblendung 2.1.3 Weitere technische Anforderungen an Aufbrennlegierungen Neben den bereits erwähnten Anforderungen sind eine Anzahl weiterer Eigenschaften für eine Aufbrennlegierung von Bedeutung. Es seien hier z. B. Benetzbarkeit des Metallgerüstes, Wärmeleitfähigkeit und Haftoxid-Bildung erwähnt. Informationen hierzu sind der Literatur zu entnehmen (z. B. (2) Eichner). 3. Aufbrennkeramiken 3.1 Vitro-, Feldspat- und Low-Fusing-Keramik im Vergleich Eine tabellarische Übersicht des Vergleichs der drei verschiedenen Dental-Keramik-Typen zeigt Abb.5. Herkömmliche klassische Keramikmassen für die Metall-Keramik-Aufbrenntechnik sind die sog. Feldspatkeramiken der 1. und 2. Generation. Sie bestehen aus einem Gemisch von Kali-Feldspat, Natron-Feldspat und Quarz. Die Massen werden durch Pulverisieren einer Fritte hergestellt, die aus unvollständig aufgeschmolzenem Glas besteht (3). LFC-Massen (Low Fusing Ceramic) bestehen aus reinem, einphasigen Glas ohne Kristallphase. Das Glas wird durch eine spezielle Behandlung modifiziert, genauer gesagt werden die Hydroxylgruppen aufgeweitet. Dadurch wird die Bindungsenergie der Glasmoleküle reduziert und deshalb der Schmelzpunkt erniedrigt. Bei LFC-Aufbrennkeramikmassen (z. B. Duceragold) wird die Glasphase der herkömmlichen, klassischen MK-Massen durch die LFC-Glasphase ersetzt. Dadurch wird die Brenntemperatur solcher Massen von z.b. 920-930 C auf 760-780 C reduziert. Auch diese Massen enthalten wie die klassischen MK-Massen kristalline Anteile von Leucit. Leucit ist Träger der thermischen Expansion bzw. Kontraktion. Durch Erhöhung des Leucitanteils hat man die thermische Expansion dieser Massen so angehoben, dass sie zu den hohen Werten der neuen, niedrigschmelzenden Edelmetall-Legierungen wie Degunorm kompatibel sind. Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Massen ist CARMEN eine Metall-Keramik-Masse der nächsten Generation. 5
Eine Beschreibung des Herstellprozesses von CARMEN läßt bereits wesentliche Unterschiede erkennen: Die Mischung der Ausgangskomponenten (s. Abb. 5) wird zunächst bei 1300-1500 C vollständig aufgeschmolzen und anschließend in kaltem Wasser abgeschreckt. Dadurch wird die amorphe Struktur der Schmelze bei Raumtemperatur eingefroren. In einer zweiten Verfahrensstufe wird durch eine Glühbehandlung bei ca. 1000 C, dem sogenannten Tempern, gezielt eine Ausscheidung von fein verteilten Kristallen (Leucit) eingeleitet. Durch genaue Temperatur- und Zeit-Steuerung wird erreicht, dass sich eine hohe Zahl kleinster Leucit- Kristalle bildet, bis ca. 50% der Masse kristallisiert sind. Durch erneutes Abschrecken wird dieser Prozess beendet. Der so hergestellte Werkstoff wird aufgrund seiner Mikrostruktur Vitro- Keramik genannt. Ein Blick auf Abb. 5 (Struktur) verdeutlicht nochmals den Unterschied zwischen der Vitro- Keramik CARMEN und den herkömmlichen Feldspatkeramiken. Insbesondere der Anteil und die Struktur der mikrokristallinen Phase haben einen entscheidenden Einfluss auf die Eigenschaften dieses Werkstoffs. Die mikrokristallinen Leucit-Kristalle wirken im werkstofftechnischen Sinne einer Dispersionshärtung des Werkstoffs. Da die kristalline Leucitphase einen höheren WAK-Wert hat als die amorphe Glasphase, bilden sich an den Kristall/ Glas-Grenzflächen (Druck)-Eigenspannungen aus, die einer Rissbildung oder -ausbreitung wirkungsvoll begegnen. 6 CARMEN, Feldspatkeramik, LFC Vitro-Keramik LFC CARMEN Feldspatkeramik low fusing ceramic chem. Zusammensetzung: SiO 2 : ca. 60 % 50-60 % ca. 75 % Al 2 O 3 : ca. 14-16% 15-20 % ca. 8 % K 2 O: ca. 9-12% 7-11 % ca. 2,5% Na 2 O u. a.: ca. 8-11% 5-7 % ca. 13 % Struktur 50 % mikrokristalline unvollständig auf- einphasiges Glas, Phase, geschmolzenes keine Kristall-Phase Rest amorphes Glas Glas, Gemenge aus Kalifeldspat, Natronfeldspat und Glas Gemisch aus Ke- Hydrothermales Glas ramik und Glas (ca. 20 % Kristallphase im Dentin) Brenntemperatur ( C): Opaker 1 (Washbrand) (940) 960 (980 f. NEM) 970/980 Glanzbrand 870 920/930 760-780 Transformations-/ Glas- Temperatur ( C) 550 510-600 450 Härte HV 0,2 590 ca. 600 ca. 420 Abb. 5: Vergleich von Eigenschaften
4. Ästhetische Aspekte der Aufbrennkeramik Anteil und Struktur der mikrokristallinen Phase haben nicht nur einen entscheidenden Einfluß auf die technischen Eigenschaften dieses Werkstoffs, sondern auch auf die Ästhetik. Die optischen Effekte, die im natürlichen Zahn zu einem vitalen Aussehen beitragen, hängen von einer Vielzahl Einflußgrößen ab, wie Reflexion und Lichtdurchlässigkeit (Opazität bzw. Transluzenz). Natürliche Zähne lassen einfallendes Licht hindurch und reflektieren es an den Grenzen zwischen den Schichten und den unterschiedlich aufgebauten Zahnhartsubstanzen (2). Die amorph/mikrokristalline Struktur der Vitrokeramik ist offensichtlich imstande, diese optischen Effekte des natürlichen Zahns nachzuahmen. In den gebrannten keramischen Massen trifft einfallendes Licht auf kristalline Bestandteile, die innere Streuung und Reflexion des durchscheinenden Lichts hervorrufen (2). Bei der Vitrokeramik CARMEN führt der vermehrte Anteil mikrokristalliner Phasen zu vermehrter Reflexion und Lichtbrechung (Interferenzen). Dies ist etwa vergleichbar mit einem geschliffenen Diamanten, der um so mehr funkelt, je mehr geschliffene Facetten er hat. Die Beurteilung erfahrener Zahntechniker bestätigt diese Analogie durch Urteile wie Aktivierung des natürlichen Lichtspektrums und die Bezeichnung lebendig. 5. Literatur (1) DIN EN ISO 9693 Metall-Keramik-Systeme für zahnärztliche Restaurationen Beuth-Verlag, Berlin, März 1995 (2) Eichner, Metallkeramik in der zahnärztlichen Prothetik, Carl Hanser Verlag München-Wien 1979 (3) Claus,H., Das Gefüge und Mikrogefüge der Dentalkeramik in Abhängigkeit von den Brennbedingungen, Quintessenz Zahnt. 16, S. 1479-1495 (1990) 7
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