Zu Johannes Sasse und seinen Mitarbeitern

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Transkript:

Zu Johannes Sasse und seinen Mitarbeitern In dem Buch von Brunabend-Pickert-Boos, Attendorn, 2 1958, S. 125, findet man die wenigen bekannten Lebensdaten des Bildhauers Johannes Sasse (1640-1706) und einige von ihm geschaffenen Werke. Weitere Arbeiten von ihm sind im Dehio, Westfalen, aufgeführt (s. Register). In Corvey hat Sasse laut des am 23. Februar 1674 mit ihm abgeschlossenen Vertrages den Hochaltar, das Chorgestühl und die Nebenaltäre geschaffen (nicht die Beichtstühle, wie bei Brunabend-Pickert-Boos a.a.o. irrtümlich angegeben wird; sie sind von ganz anderer Hand). Für die Arbeit war ihm eine Frist von vier Jahren gestellt, aber schon nach drei Jahren, am 16. März 1677, konnte die Endabrech-nung erfolgen. Der Gesamtpreis betrug 1200 Taler. Das sog. Diarium Corbeiense enthält einige Nachrichten zur Arbeit Sasses. Auf Seite 252 heißt es zum 28. März 1674: Mr. Johan Sasse der Bildthawer angefangen zu arbeiten, undt zum ersten St. Viti Bildt vorgenommen". Nach einer Notiz auf Seite 261 wurde im Jahr 1676 von den Schreinern und dem Bildhauer am Chorgestühl gearbeitet. Danach kann man folgenden Arbeitsablauf erschließen. Zuerst wurde der Hochaltar fertiggestellt (er trägt die Jahreszahl 1675), dann folgten die Nebenaltäre, die am 26. April 1676 geweiht wurden. Zum Schluß wurde das Chorgestühl gearbeitet, wie auch aus der Endabrechnung hervorgeht, wonach noch kleinere Arbeiten an den Sitzen nötig waren. Zu den Altären hatte der Paderborner Maler Johann Georg Rudolphi (heute verlorene) Entwürfe geliefert, die sicher vorher hinsichtlich des Programms der darzustellenden Patrone mit dem Auftraggeber abgesprochen waren. Wie einige erhaltene Beispiele von anderer Hand zeigen, waren die Entwürfe meistens recht summarisch, sie ließen dem Bildhauer großen Spielraum für die Gestaltung der Einzelheiten. Aus dem Archivmaterial und dem Kirchenbuch von St. Nikolai in Höxter lassen sich einige Ergänzungen zum Lebensweg des Johann Sasse beibringen sowie Nachrichten über zwei Helfer, die Sasse bei seiner Arbeit unterstützt haben. Johannes Sasse hatte wegen des großen und längere Zeit beanspruchenden Auftrages seine Familie bei sich. Am 29. Mai 1675 ließ er eine Tochter Cathrina Margreta taufen, bei der u. a. der Notar Brandt Pate stand. Die Frau des Bildhauers erscheint als Patin am 21. Oktober und am 27. Dezember 1674,

ebenso am 28. August 1676 bei einer Tochter des Notars Brandt. Zwischen diesen Familien haben demnach freundschaftliche Beziehungen bestanden, wie die gegenseitige Patenschaft zeigt. Weitere Nachrichten über Sasse fehlen, er hat also offenbar nach Erledigung seines Auftrags Höxter wieder verlassen und ist in seine Heimat zurückgekehrt. Wenn man sich das Arbeitsgebiet Sasses ansieht, so hat er das alte Herzogtum Westfalen nur an wenigen Stellen überschritten, Hemer, Unna und Soest lagen in der benachbarten Grafschaft Mark. Corvey liegt von diesen Orten recht weit entfernt. Da es damals noch keine öffentlich bekanntgemachten Ausschreibungen gab, waren die Hauptvermittler für Aufträge persönliche Bekanntschaften und Empfehlungen, wenn der Bildhauer eine Arbeit zur Zufriedenheit erledigt hatte. Große Neubauten werden sich auch herumgesprochen haben, so daß ein Bildhauer von sich aus um einen Auftrag sich bemühen konnte. Der Vertrag mit Sasse wurde auf sein bittliches Ansuchen" abgeschlossen; danach hat er sich ohne fremde Mithilfe um diese Arbeit beworben. Es ist dennoch nicht ausgeschlossen, daß eine Empfehlung eine Rolle gespielt hat. In diesem Fall sei folgende Kombination erlaubt. Am 16. Januar 1661 hatte Adelhard vom Bruch in Corvey die Profeß abgelegt, der aus dem Hause Bruch bei Würdinghausen (Kirchspiel Oberhundem) stammte. Seit 1669 war er mit der Aufsicht über die Handwerker und Arbeiter sowie der Verwaltung der Forsten beauftragt. Besonders die Sorge für den Kirchenneubau war ihm übertragen ( structuram praesertim templi promovendam et silvarum curam se occupabit"). Seit 1673 war er auch für vier Jahre Oberkellner. Da liegt die Vermutung nahe, daß er den Attendorner Bildhauer vielleicht von früher her gekannt hat, oder daß er ihm aus seiner Heimat empfohlen wurde. Ob die Familie von Fürstenberg vermittelnd tätig wurde, erscheint fraglich. Der Paderborner Fürstbischof Ferdinand von Fürstenberg hat zwar für die Nebenaltäre 450 Taler gestiftet, doch ist dieses Geld laut einer (undatierten) Rechnung des Beckumer Malers Anton Splidthoven für die 1680 erfolgte Fassung der Nebenaltäre verwendet worden. Das läßt darauf schließen, daß diese Spende erst nach Beendigung der Bildhauerarbeiten verfügbar war. Dem Bischof zu Ehren und zum Dank brachte man seine Wappen über den Altartafeln an. Doch sind diese Wappen verschieden. Über dem linken Nebenaltar ist das 2. oder mittlere Wappen des Bischofs zu sehen, daß er zwischen den Jahren 1668 und 1678 benutzte. Der rechte Nebenaltar, dessen Altarbild Rudolphi erst im Jahr 1682 laut Signatur gemalt hat, zeigt dagegen das

3. oder große Wappen des Bischofs, das er erst nach Erlangung des Fürstbistums Münster geführt hat. Dort war Bischof Ferdinand seit 1667 Koadjutor, sein Vorgänger Christoph Bernhard von Galen, zugleich seit 1661 auch Administrator von Corvey, starb am 19. September 1678. Eine plausible Erklärung dafür, daß die beiden Corveyer Nebenaltäre verschiedene Wappen zeigen, kann doch nur darin liegen, daß sie um diese Zeit, als Bischof Ferdinand zusätzlich Bischof von Münster wurde, fertig geworden sind, der eine vor, der andere nach September 1678. Ein größerer zeitlicher Abstand ist durchaus möglich, aber nicht zu belegen. In den Akten werden uns zwei Helfer benannt, die Sasse bei seiner Arbeit unterstützten, einmal sein Geselle Thomas, sodann der Schreiner Johann Loher oder Leher (beide Schreibweisen kommen vor). Der letztere erscheint öfters im Höxterschen Kirchenbuch. Am 6. Februar 1678 hat Mr. Johan der Corbeysche Schreiner von Attendorn" eine Tochter Maria Lisbeth taufen lassen, am 26. April 1681 ebenfalls eine Tochter Dorothea. Obwohl sein Familienname und der seiner Frau nicht genannt werden, ist an der Identität kein Zweifel möglich. Am 28. März 1680 erscheint Mr. Johann der Schreiner als Pate, ebenso am 3. Dezember 1681 bei einem Kind des Bildhauers Thomas Frede, der seinerseits Pate bei der Tochter des Schreiners am 26. April 1681 war. Aus einem Kammerregister vom Jahr 1679/80 erfahren wir, daß der Schreiner Mr. Johann Leher im Falkenberger Hof an der Rodewiekstraße gewohnt hat (dieser ehemalige Adelshof gehörte seit 1664 dem Kloster Corvey). Dort hatte auch Johann Sasse laut Kontrakt seine Unterkunft. Mit Dezember 1681 enden die Nachrichten über den Attendorner Schreiner, so daß wir annehmen müssen, daß er um diese Zeit Höxter verlassen hat. Er hat sich also wesentlich länger in Höxter/Corvey aufgehalten als Sasse. Sasses Geselle Thomas ist dagegen in Höxter ansässig geworden und hat hier sein ganzes weiteres Leben verbracht. In den zwei Endabrechnungen Sasses von März 1677 wird zwar der Geselle Thomas ohne Nachname genannt, dem der Meister eine Forderung über 2 1/2 Taler abtritt bzw. den er zur Erledigung kleinerer Arbeiten in Corvey zurückläßt. Im Kammerregister 1679/80 erscheint aber mit vollem Namen der Bildhauer Thomas Freden, der noch eine Forderung an das Kloster von 25 Talern 15 Groschen hat. Danach ist die Identität beider außer Zweifel. Die Höhe des eben genannten Betrages ist aber nicht in Einklang zu bringen mit der Nachricht, daß er nur noch einige Kleinigkeiten erledigen solle; zudem ist der zeitliche Abstand zu groß (zwei Jahre).

Da leider keine Kammerregister zwischen 1679/80 und 1716/17 vorhanden sind, können wir keine weiteren Arbeiten Fredes für Corvey nachweisen. Es ist aber zu vermuten, daß er etwa die Kanzel gearbeitet hat, auf die sich die Restforderung von 25 Talern beziehen könnte. Das Vitusmonument an der linken Seite des Kirchenschiffes, gegenüber der Kanzel gelegen und wohl als Gegenstück zu dieser gedacht, das Splidthoven 1680 für 60 Taler gefaßt hat, wird ebenfalls von Frede stammen. Seine Mitwirkung bei Errichtung der großen Orgel von Andreas Schneidau 1681/83 ist gleichermaßen wahrscheinlich, doch ist hier auch schon der Bildhauer Heinrich Papen aus Giershagen seit 1684 beteiligt. Die etwas derbe und schwerfällig wirkenden Engel, die die Orgelempore tragen, könnten ebenfalls Fredes Werk sein, Pape kommt dafür wohl nicht in Frage. Hier seien zunächst die Nachrichten zur Person des Thomas Frede behandelt. Im Kirchenbuch von St. Nikolai heißt es: 1678 den 2. octobris ist copuliret worden Thomas Freden mit unser Schule Meisterinne Ilsabei Braeckhanen". Aus dieser Ehe gingen mehrere Kinder hervor. Am 2. Dezember 1679 wurde der Sohn Gerhard getauft. (Er wurde später Geistlicher, von 1704-1711 war er Pfarrer in Stahle, von 1711 bis zu seinem Tode 1741 Pfarrer in Albaxen.) Am 3. Dezember 1681 wurde ein Sohn Johannes getauft, bei dem Mr. Johann der Schreiner und dessen Geselle Paten waren. Dieses Kind ist offenbar klein gestorben, da der Name Johannes noch einmal vorkommt. Detail vom Hochaltar St. Vitus Bei der Tauffeier geschah ein Unglück, wie das Kirchenbuch berichtet: In his Baptismalibus ist der halbe Saal auff Falckenbergs hoefe eingefallen cum 6 personis nemine gutem lethaliter laeso Deo propitiante et Angele Custode protegente" (mit 6 Personen, von denen aber keine tödlich verletzt wurde, durch Gottes Gnade und des Schutzengels Hilfe). Am 28. August 1687 ließ Mr. Thomas Freden der Bildthawr" eine Tochter taufen, Anna Lisabeth. Ein Sohn Henrich Elias wurde am 9. Juli 1690 getauft. Paten waren der Bildhauer Heinrich Gröne und der Maurer Elias Keveler. Schließlich wurden am 28. April 1693 die Söhne Wilhelm und Johannes in der Noth" getauft. Es ist anzunehmen, daß die Zwillinge zu früh zur Welt kamen

und bald gestorben sind. Ein Verzeichnis aller Katholiken in Höxter mit Namen, Zunamen, Alter und Kindern, wo dieselbe in Anno 1690 gewohnet", gibt uns zunächst die Nachricht, daß Thomas Frede mit seiner Familie an der Grubestraße nahe bei der Obermühle gewohnt hat. Wichtiger ist die Mitteilung, daß Frede aus dem Sauerland stammte: auß dem ambt Fredeborg von Wormbken". Damit dürfte ohne Zweifel der Ort Wormbach gemeint sein. Seine Frau, die ehemalige Schulmeisterin, war aus Lügde (damals paderbornisch) gebürtig. Bei der Volkszählung vom 12. Februar 1700 wird der Bildhauer Thomas Freden als Surlandus", Sauerländer, bezeichnet, seine Frau Ilsabei Brackhan als Lügdensis", aus Lügde gebürtig. Drei Kinder werden aufgezählt: 1. Gert, studet Hildes.", er war also zu dieser Zeit in Hildesheim zum Studium, 2. Anna Ilsabei, 3. Johannes. Hier muß allerdings ein Irrtum vorliegen, denn der 1690 geborene Sohn Heinrich Elias, der 1759 starb, fehlt in dieser Aufstellung, von dem stattdessen genannten Sohn Johannes hören wir späterhin gar nichts. Thomas Frede starb am 6. August 1715, sein Alter wird nicht angegeben, hatt allhie bei 36 Jahr gewohnet". Wenn wir annehmen, daß er mit etwa 25 Jahren geheiratet hat, so könnte er mit 62 oder 63 Jahren gestorben sein. Wie schon erwähnt, wurde der älteste Sohn Geistlicher, was - mit aller Vorsicht - auf einen gewissen Wohlstand schließen läßt und, wohl durch den früheren Beruf der Mutter zusätzlich bedingt, auf geistige Interessen in der Familie. Der Sohn Heinrich heiratete eine Höxtersche Bürgerstochter namens Sterrenberg (der Name Sternberg ist heute noch in Höxter vertreten). Er hat mehrere Kinder taufen lassen, die aber wohl nicht alle groß geworden sind. Bei seinem Tode am 26. Dezember 1759 - er war 69 Jahre alt - wird er als Tischlermeister bezeichnet. In den Corveyer Kammerregistern erscheint er auch als Bildhauer. So wurden dem Meister Wreden, Bildhauer zu Hüxar", am 1. Juni 1731 21/2 Taler für einen Sessel aus Birnbaumholz gezahlt, den er für den Abt gearbeitet hatte. Am 29. Juni 1729 erhielt der Bildhauer zu Hüxar" 1 Taler 12 Groschen für ein Abtswappen, das er für die Tonenburg geliefert hatte. Mehrere kleine Beträge wurden 1729 und 1730 für nicht näher bezeichnete Arbeiten angewiesen. Am 21. Januar 1751 heiratete Judith Freden den Tischler Christian Althoff,

woraus wir vielleicht schließen dürfen, daß kein Sohn da war, der das Handwerk des Vaters weiterführen konnte, sondern daß der Schwiegersohn den Betrieb des Heinrich Wrede übernahm. Soweit die Familiennachrichten des Thomas Frede und seiner Nachkommen. Um nun zu den Werken des Thomas Frede zu kommen, so sind uns leider nur wenige Arbeiten überliefert, erhalten ist - so weit wir sehen - nur eines. Die Pfarrarchive der benachbarten Orte könnten vielleicht noch einige Nachrichten enthalten. Im Jahr 1709 hat Frede ein Tabernakel für die alte Nikolaikirche geliefert zum Preis von 10 Talern. Der Corveyer Sekretär Johann Heinrich Meier und dessen Frau hatten das Tabernakel gestiftet. Da die Kirche bereits im 18. Jahrhundert abgebrochen und durch einen Neubau an anderer Stelle ersetzt wurde, wird das Tabernakel mit ihr verschwunden sein. Im Jahr 1711 hat Thomas Freiden (die verschiedenen Schreibungen Frede, Wrede oder Freiden beziehen sich sicher auf ein und den selben Bildhauer) zusammen mit Bernhard Clausing aus Herford in der Pfarrkirche zu Lüchtringen eine neue Orgel gebaut; er wird demnach die Bildhauer-, vielleicht auch die Schreinerarbeiten verfertigt haben. Diese Orgel ist spätestens beim Brand der Kirche lm Jahr 1901 vernichtet worden; nach einer anderen Nachricht wurde im Jahr 1878 eine neue Orgel angeschafft. Schon vorher, in den Jahren 1698/99, hatte Detail vom Hochaltar in Ottbergen Thomas Frede, wie das Gronefelder Hausbuch beweist, den Hochaltar in der Pfarrkirche zu Ottbergen für 100 Taler gearbeitet, eine Stiftung des Dr. Rudolf Georg Gronefeld (WZ 54, 1896, II S. 263). Dieser Altar (siehe Titelbild) ist noch vorhanden; nachdem er viele Jahre beiseite gestellt war, wurde er nach geglückter Restaurierung um 1956 wieder als Hochaltar installiert. Die Wappen des Stifters und seiner Frau Catharina geb. Heistermann befinden sich über den Kapitellen der gedrehten Säulen in der Verkröpfung. Neben dem Altar stehen jetzt die Grabplatten des R. G. Gronefeld (t 1. 4. 1713) und seiner Frau (124. 3. 1721). Paul Michels, der diesen Altar nach vollendeter Restaurierung in der Zeitschrift

Alte und Neue Kunst im Erzbistum Paderborn", 6, 1956, S. 105 ff. mit vorzüglichen Abbildungen bekannt gemacht hat, irrt leider mit seiner Zuschreibung an die Papenwerkstatt von Giershagen. An anderer Stelle hat Michels diese irrige Meinung wiederholt (Paderborner Inschriften, Wappen und Hausmarken, Paderborn 1957, S. 68 Anm. 10), und so ist diese falsche Zuschreibung auch in den Dehio gelangt. Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß Thomas Frede der Künstler ist und daß der Altar in den Zusammenhang mit Sasse gehört. Ein Vergleich des Altares mit den Corveyer Altären zeigt zur Evidenz die Abhängigkeit von diesen und damit von Johann Sasse. Die Spiralsäulen mit Weinranken entsprechen ganz den Säulen des Corveyer Hochaltars. Die starke Verwendung der Flammleisten, die bei Papenaltären zu fehlen scheinen, ist in Ottbergen wie Corvey gleicherweise festzustellen. Im Gegensatz zu den prallen und pausbäckigen Putten der Papen sind diejenigen in Corvey und Ottbergen vergleichsweise mager und schmal. Die Patrone, die neben dem Mittelbild stehen, sind der hl. Vitus und der hl. Georg. Das ist einigermaßen auffällig, da die Kirche dem hl. Kreuz geweiht ist. Auf das Kirchenpatronat wird sich das Altarbild bezogen haben. Vitus ist mit Rücksicht darauf gewählt, daß er der Corveyer Landespatron war. Der hl. Georg könnte auf Wunsch des Stifters als dessen Namenspatron seinen Platz gefunden haben. Diese beiden Figuren sind wohl die schwächsten Teile des Altars, der sonst in seiner Struktur und den Schmuckelementen durchaus auf der Höhe der Zeit steht und sich neben den im allgemeinen recht qualitätvollen Altären des Corveyer Landes wohl behaupten kann. Nikolaus Rodenkirchen (Festschr. S. Liborius, Paderborn 1936, S. 297) hat Sasse folgendermaßen charakterisiert: Prächtige Handwerksarbeit, aber ohne künstlerische Bedeutung". Der zweite Satzteil mag zu hart urteilen, aber für den Sasseschüler Frede trifft er zu. Im Vergleich zu den Corveyer Altären erscheint das Figürliche am Ottbergener Altarwesentlich schwächer, hier war der Meister dem Schüler überlegen. Es darf allerdings nicht die Schwierigkeit verkannt werden, die darin liegt, daß man sein Urteil nur auf eine Arbeit gründen kann. Mit Thomas Frede haben wir sicherlich keine große Künstlerpersönlichkeit kennengelernt. Aber er ist ein kleines Mosaiksteinchen in der Barockkunst Westfalens, deren Erforschung immer noch erst in den Anfängen steckt. Dr. Brüning