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Transkript:

Predigt am Sonntag Reminiszere 1. März 2015 Textgrundlage: Jesaja 5,1-7 Friede sei mit euch und Gnade, von dem, der da ist und von dem, der da war und von dem, der da kommen wird. Amen. Es ist ein Lied, es ist ein Liebeslied, ein Lied, das sie liebt, ein Liebeslied liegt meiner Predigt heut zugrunde. Ein Lied, das sie anstimmt im 1. Testament, eine Stimme eines großen Propheten, eines Mannes, der sich zum Ziel setzt, die große Stimme der Gottheit unter die kleinen Menschen zu bringen. Heut` also in Form eines Liedes. Es war damals nicht leicht (und ist es heut noch nicht), die Aufmerksamkeit der Menschen zu wecken. Wer Prophet war, bediente sich verschiedener Medien, damit die Menschen lauschen. Der große Mann war sich nicht zu fein, seine Botschaft auch zu singen, sein Lied, ein Liebenslied, ein Lied, das sie liebt, und sein Text geht so: 1 Wohlan, ich will meinem lieben Freunde singen, ein Lied von meinem Freund und seinem Weinberg: Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe. 2 Und er grub ihn um und entsteinte ihn und pflanzte darin edle Reben. Er baute auch einen Turm darin und grub eine Kelter und wartete darauf, dass er gute Trauben brächte; Wohlan, meine Freunde, ihr wollt ein Liebeslied? Ihr kriegt ein liebes Lied. Gott liebt euch. Er liebt euch wie ein Gärtner seinen Garten liebt, in den er täglich geht, den er liebevoll hegt und pflegt und macht und tut. So ein verliebter Gärtner schläft auch mal schlecht, weil er sich Sorgen macht. So ist das mit der Liebe: wer liebt, ist besorgt, und wer geliebt wird, der macht Sorgen und davon kann auch mein Freund ein Lied singen. Ihr wollt sein Liebeslied? Ihr kriegt sein Liebes-Lied: Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe. 1

und wartete darauf, dass er gute Trauben brächte, aber er brachte schlechte. So ist das mit der Liebe und davon handeln alle Liebeslieder, in der zweiten Strophe beklagen sie die Sorgen, sorgen sich um den Liebsten und fragen uns und fordern von uns: 3 Nun richtet, ihr Bürger zu Wilhelmshorst und ihr Frauen Langerwischs, richtet zwischen mir und meinem Weinberg! 4 Was sollte man noch mehr tun an meinem Weinberg, das ich nicht getan habe an ihm? Warum hat er denn schlechte Trauben gebracht, während ich darauf wartete, dass er gute brächte? 5 Wohlan, ich will euch zeigen, was ich mit meinem Weinberg tun will! Sein Zaun soll weggenommen werden, dass er verwüstet werde, und seine Mauer soll eingerissen werden, dass er zertreten werde. 6 Ich will ihn wüst liegen lassen, dass er nicht beschnitten noch gehackt werde, sondern Disteln und Dornen darauf wachsen, und will den Wolken gebieten, dass sie nicht darauf regnen. Kein Richter ist härter als die verschmähte Liebe, kein Urteil trifft so hart, wie der Liebesentzug. Ihr wollt ein Liebeslied?! Wie soll ich besingen, was nicht da ist? Ich habe euch gesungen von dem, was war, von dem, was ER versucht hat und wie SEINE Hoffnung zerstört wurde, habe gesungen davon, was für eine Hoffnung das war, eine Hoffnung auf pralle Früchte und saftige Reben, und was für eine Vorfreude auf rote und weiße Trauben, und was für eine Lust auf süßen Saft und trocknen Wein aber nein, mein Freund, dein Weinberg hat dich betrogen. 7 Gottes Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, an der sein Herz hing. Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit. Wohlan, ich will meinem Freunde singen: dies ist ein Liebeslied, und ist ein Liebes-Leiden-Lied. 2

Es ist ein Lied, das in Liebe beginnt und in Leiden endet. Es ist ein Lied, das auf Zerstörung blickt und nach Erklärung sucht. Es ist ein Lied, das vorgibt Prophetie zu sein, und es ist prophetisch, aber nicht, weil es uns nach Art der Wahrsagerei in eine blühende Zukunft weglockt, sondern weil es die Sorgen besingt, die wir uns selbst bereiten. Der Sänger, der sich nennt wie ein Prophet, er besingt, was war und beschreibt, was ist: die Katastrophe, die Zerstörung, das Leid. Und seine Prophetie sucht nach einer Erklärung, sucht und findet sie bei denen, die sich als Opfer sahen, als die Katastrophe einst geschah, sucht und findet sie bei sich, denn unser Sänger, er war dabei, er war ein Teil des Hauses Israels, ein Teil der Männer Judas, er war auch einer von denen, die Gott liebte und dann verwarf Es ist sein Blick auf die eigene Katastrophe. Menschen, die sie erlebten, beschreiben, was war. Menschen, die sie überlebten, bedenken ihre Gründe. Menschen, die nun wieder leben, beschreiben den eigenen Untergang. Und wie wurde aus diesem Leidens-Lied ein Liebeslied? Weil es nicht dabei blieb: Ja, Jerusalem war zerstört! Und: ist wieder auferstanden. Ja, der Tempel war geschleift! Und: Ist wieder aufgebaut. Ja, das Volk war hinausgeführt! Und: Ist wieder zurück. Exilierte sind zurück und blicken selbst auf IHRE Katastrophe: Kein fremder Gutachter. Niemand, der Unterstützung von außen beschließt. Kein Urteil von Ortsfremden. Beeindruckend, der Blick auf die eigene Katastrophe. Und wem ist dies Lied heute zu singen? Wir sind nicht die, die sich in ihm besingen und beschreiben. Von wem also ist dies Lied heute zu singen? 3

Ich muss nicht lange suchen, um zerstörte Weinberge, fehlende Stadtmauern, verwüstete Ortschaften zu finden. Ein Blick genügt, morgens höre ich davon im Radio und abends sehe ich die Bilder vor dem Schlafengehen. Ich höre und sehe und ich warte auf Rechtssprüche und sehe so viel Rechtsbrüche. Wir hören und sehen und warten auf Gerechtigkeit und hören und sehen Geschrei über Schlechtigkeit. Ich kann dieses Lied nicht den Städten singen, die heute in Trümmern liegen, ich kann nicht in Donezk singen, nicht in Lugansk, in keiner ukrainischen Stadt darf ich es anstimmen. Ich kann mein Lied auch nicht in Homs singen, nicht in Kobane, in keiner syrischen Stadt darf ich es anstimmen. Denn das Liebes-Sorgen-Leiden-Lied der Ukraine, dass müssen die Ukrainer singen, und das Liebes-Sorgen-Leidens-Lied der Syrer, dass müssen die Syrier irgendwann einmal selbst anstimmen. Ich kann hoffen und beten, dass der Tag kommt, an dem die Menschen in der Ukraine und in Syrien mit ihren Liedern auf diese Katastrophe der 2010er Jahre zurückblicken werden. Und welches Lied singen wir? Heute und hier? Auch wir haben ein Lied, das auf unsere Katastrophe zurückblickt. Können Sie es noch hören singen wir es noch oder verstummt es mehr und mehr? Auch wir haben ein Lied, und dieses wir meint bei mir selten, was es heute meint, doch heute meint es einmal wir als Volk, als Deutsche, als Haus Deutschlands, wir, die Männer und Frauen der Bundesrepublik, wir, deren Wurzeln in einem Abendland liegen, das sich selbst christlich nennt: Wir wollen nie vergessen, dass vor dem Abend (nach dem wir uns im Westen nennen) der Morgen (aus dem Osten) kommt! 4

Und dass wir nicht die ersten waren, sondern, dass wir hervorgegangen sind als Christen aus denen, die vor uns Gottes Volk waren und die es noch sind und die es bleiben werden. Lasst uns unser Lied singen, das Liebeslied von dem, was aus Ruinen auferstand. Und lasst uns das Leidenslied derer hören, die Kippa trugen und in Synagogen gingen. Lieder, die einst auch unsere Kinder noch singen und deren Kinder und auch die Kinder und Kindeskinder derer, die heute wieder Kippa tragen in unserem Land, die heute neue Synagogen beziehen. Schämen wir uns nicht unseres Liebes-Sorgen-Leidens-Liedes, singen wir es laut und frei, denn keiner sollte sich seines Glaubens schämen und niemand sollte ihn verleugnen müssen aus Sorge um sich und seine Lieben. Denn das wäre eine Katastrophe, für deren Ausgang keine Prophetie nötig ist, sondern nur ein Blick zurück. Darum lasst uns einander an den Früchten erkennen, wir sind die Reben im Weinberg des Herrn, er liebt uns, uns Juden und Christen, liebt uns und erwartet von uns den süßen Rechtsspruch statt des bitteren Rechtsbruchs und er erwartet die pralle Gerechtigkeit, statt des dürren Schreiens über Schlechtigkeit. Tun wir ihm also den Gefallen Amen. Und der Friede Gottes, der jeden Morgen neu im Osten aufgeht, um das Abendland zu erleuchten, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn. Amen. Pfarrerin Juliane Rumpel, im Februar 2015 5