Von der Liebe und ihren Werken Predigt Was kommt dran? In der Schule, immer spätestens eine Stunde vor der drohenden Klassenarbeit, kommt mit 110prozentiger Sicherheit von den Schülern die Frage: Was kommt denn dran? Vor dem Realschul-Abschluss oder dem Abitur oder anderen großen Abschlüssen ist die spannendste Frage: Welche Aufgaben werden wohl drankommen? Was genau wird gefragt und geprüft werden? Denn wenn wir das möglichst gut wissen, erahnen oder mit Glück erraten, können wir uns gut vorbereiten und die Prüfung gut bestehen. Was kommt dran? Worauf kommt es an? Das sind nicht nur spannende Fragen mit Blick auf Prüfungen in der Schule oder an der Universität, sondern auch mit Blick auf unser Leben. Was kommt dran in den Lebensjahren, die mir geschenkt sind? Worauf kommt es an: was muss ich lernen? Welche Aufgaben möglichst erfolgreich absolvieren? Das Spannende ist: Während wir mit Blick auf Klassenarbeiten oder Prüfungen im Normalfall nicht rauskriegen können, wie die Aufgaben lauten, können wir es mit Blick auf unser Leben erstaunlich genau wissen. Jesus hat es uns verraten:» Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe und mit deinem ganzen Verstand! Dies ist das größte und wichtigste Gebot. Ein zweites ist ebenso wichtig: Liebe deine Mitmenschen wie dich selbst! Mit diesen beiden Geboten ist alles gesagt, was das Gesetz und die Propheten fordern.«(matthäus 22, 37-40) Liebe! Die zentrale Aufgabe unseres Lebens also lautet: Liebe! Und zwar Gott und die Menschen!. Gott sagt: Du bist geschaffen um zu lieben! Das ist der zentrale Sinn und die zentrale Aufgabe deines Lebens! Dementsprechend wird die zentrale Frage Gottes an uns am Ende unseres Lebens sein: Hast du geliebt? a) Hast du mich geliebt von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe und mit deinem ganzen Verstand? Sprich: hast du dich mich gesucht, dich an mir gefreut, mich angebetet? Hast du nach meinem Willen gefragt und auf meine Stimme gehört? Hast du dich mir und meiner Liebe ausgesetzt? Hast du mir vertraut und auf mich gehofft? Bist du immer wieder zu mir umgekehrt, hast mich um Vergebung gebeten? Das wird die eine Hälfte der Frage sein. Die andere Hälfte seiner Frage wird lauten: b) Hast du die Menschen um dich herum geliebt: hast du sie wertgeschätzt, ihnen vergeben, ihnen gedient? Warst du ihnen treu? Hast du für sie gebetet? Hast du die Kranken, die Schwachen und die Außenseiter bevorzugt? Hast du dich eingesetzt mit Worten, Taten und im Gebet für eine gerechtere Welt? Warst du ein Friedensstifter?
Im 1. Johannesbrief heißt es: Meine Freunde, wir wollen einander lieben, denn die Liebe hat ihren Ursprung in Gott, und wer liebt, ist aus Gott geboren und kennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist Liebe. ( ) Gott ist Liebe, und wer sich von der Liebe bestimmen lässt, lebt in Gott, und Gott lebt in ihm. (1. Johannes 4, 7f.16) Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt. Das bedeutet: Wenn wir wissen wollen, wie viel wir von Gott schon erkannt haben, dann brauchen wir uns einfach nur beim Leben zuschauen, ob und wieviel wir lieben und zwar Gott und die Menschen. Erschütternd, oder? Das Problem Versuchen Sie mal eine Einschätzung: Zu wieviel Prozent in Ihrem Leben lieben, ehren, suchen und vertrauen Sie Gott? Und zu wieviel Prozent in Ihrem Leben lieben Sie andere Menschen und zwar nicht nur die Liebenswerten, sondern auch die Anstrengenden? Wenn Sie auch nur eine dieser beiden Fragen mit über 50% beantwortet haben, sind Sie entweder ein Heiliger/eine Heilige (es gibt solche von Gott zutiefst berührten und geformten Menschen) oder Sie belügen sich selbst. Im Normalfall müssen wir feststellen: Wenn Lieben das große Thema, die große Aufgabe unseres Lebens ist, sind wir ziemlich schlecht im Schulfach Leben. Auf der einen Seite begeistert und fasziniert uns Liebe: fast alle von uns haben ein innerliches Ja dazu und sehnen sich nach Liebe. Wir hören Lieder über die Liebe, reden und träumen von der Liebe aber ganz konkret lieben (Gott und den Nächsten) tun wir erschreckend selten und fast immer irgendwie gebrochen, mit gemischten Motiven. Und tatsächlich: die Bibel behauptet auch gar nicht, dass wir das können. Für unser Lieben und Leben hier auf dieser Erde gilt, was der Apostel Paulus so in Worte gefasst hat: Ich bin als Mensch wie versklavt: ( ) Ich begreife mich selbst nicht, denn immer wieder möchte ich von Herzen tun, was gut ist, und tue es doch nicht. Stattdessen tue ich das, was ich eigentlich verabscheue. Ich weiß, dass mein Handeln falsch ist ( ) aber ich kann mir selbst nicht helfen, weil die Sünde in mir mich zum Bösen verleitet. ( ) Es ist scheint wie ein inneres Gesetz in meinem Leben, dass ich, wenn ich das Gute will, das Böse tue. (Römer 7,14-21) Wenn Sie finden, dass Paulus hier übertreibt, lade ich Sie zu folgendem Experiment ein: Versuchen Sie nur mal die nächsten 30 Stunden (also von heute Mittag bis morgen Abend) so viel zu lieben, wie es Ihnen irgendwie möglich ist. Versuchen Sie zu lieben, zu dienen, zu ehren, zu beschenken, wertzuschätzen, zu vergeben, zu lobpreisen und zu vertrauen Sie was das Zeug hält! Versuchen Sie, sich so liebevoll und ausschließlich wie möglich um Gott und um Ihre Mitmenschen zu kümmern und beobachten Sie, was passiert
Wir brauchen Gott dabei übrigens überhaupt nicht vorzumachen. In Text aus 1. Johannes 4 von vorhin habe ich etwas rausgekürzt. Wir hatten schon gehört: Meine Freunde, wir wollen einander lieben, denn die Liebe hat ihren Ursprung in Gott, und wer liebt, ist aus Gott geboren und kennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist Liebe. Und jetzt geht es so weiter: ( ) Das ist das Fundament der Liebe: nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühneopfer für unsere Sünden zu uns gesandt hat. (1. Joh 4,10) Der Autor des Johannesbriefes sagt also: Wenn wir über Liebe reden, also wirklich über LIEBE, dann brauchen wir gar nicht auf das schauen, was wir Menschen Liebe nennen. Sondern wir müssen auf Gott schauen, darauf wie ER liebt. Gott allein liebt wirklich. Nur von seiner Liebe gilt, was Paulus in 1. Kor 13 schreibt: Liebe ist geduldig, Liebe ist freundlich. Sie kennt keinen Neid, sie spielt sich nicht auf, sie ist nicht eingebildet. Sie verhält sich nicht taktlos, sie sucht nicht den eigenen Vorteil, sie verliert nicht die Beherrschung, sie trägt keinem etwas nach. Sie freut sich nicht, wenn Unrecht geschieht, aber wo die Wahrheit siegt, freut sie sich mit. Alles erträgt sie, in jeder Lage glaubt sie, immer hofft sie, allem hält sie stand. Die Liebe vergeht niemals. Eine solche Liebe haben wir nicht in uns! Niemand von uns! Und das, obwohl sich an der Liebe unser Leben entscheidet! Was also tun? Die Lösung (oder besser: Der Weg zur Lösung) Die Liebe, die wir für unser Leben brauchen, empfangen wir nur am Fuß des Kreuzes Jesu. Da, wo Gottes Liebe seine intensivste Form angenommen hat: die des Sühneopfers für unsere Sünden. Die Liebe, die wir für unser Leben brauchen, empfangen wir nur, wenn wir mit unseren eigenen dürren Versuchen zu lieben, wenn wir mit leeren Händen zu Jesus kommen. Wenn wir zugeben, dass unser Herz ein unzuverlässiges Ding ist, voller Abgründe und Egoismen. Wenn wir so immer wieder neu vor das Kreuz Jesu treten, werden wir mit der Zeit erfahren, was Gott uns in Hesekiel 36 und Jesus uns in Johannes 15 verspricht. Zuerst das große Versprechen Gottes aus Hesekiel 36: Und ich werde euch ein neues Herz geben und euch einen neuen Geist schenken. Ich werde das Herz aus Stein aus eurem Körper nehmen und euch ein Herz aus Fleisch geben. Und ich werde euch meinen Geist geben, damit ihr nach meinem Gesetz lebt und meine Gebote bewahrt und euch danach richtet. (Hesekiel 36,26f.) Und dann das große Versprechen Jesu: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. (Joh 15,5) An einer ganzen Reihe von Stellen in der Bibel sagt Gott uns: Es geht überhaupt nicht um deine eigene Kraft! Es geht nicht darum, dass du dich aus eigener Kraft anstrengst, unendlich liebend zu sein. Liebe ist kein Sport für besonders vorbildliche, perfekte Menschen, sondern etwas für ganz Arme. Liebe ist etwas für die Menschen, die einsehen, dass sie aus sich selbst nicht lieben können und die deshalb dauerhaft den Kontakt mit mir suchen! Wie also bekommen wir mehr Liebe in unser Leben?
1. Wir kommen mit versklavtem Herzen und mit unseren schwachen Versuchen zu lieben, also mit leeren Händen zum Kreuz und lassen uns dort erlösen, befreien, verwandeln und beschenken. 2. Wir beginnen, als Reaktion auf unsere Erlösung, Gott zu lieben. 3. Aus dieser Gottesliebe, aus dieser Verbindung mit Gott, mit Christus, fließt die Liebe zu unseren Nächsten. Das alles ist übrigens ein geistlicher Prozess, ein spiritueller Weg. Ein Wachsen und Zunehmen. Das ist der Grund, warum wir in unserer gemeindlichen Arbeit hier immer wieder Räume für Gebet und Gottesbegegnung öffnen weil Gottes Liebe nur auf diese Weise in uns fließt. Über die Liebe zu Gott Ich möchte noch ein bisschen mit Ihnen über die Liebe zu Gott nachdenken. Bernhard von Clairvaux, einer der bedeutendsten Geistlichen und Theologen des Mittelalters (mit viel Licht und einigem Schatten), hat ein Buch geschrieben mit dem Titel: Warum man Gott lieben soll. Das beginnt er gleich im ersten Abschnitt mit den Worten: Der Grund, Gott zu lieben, ist Gott. Dann beginnt er, Gott zu beschreiben als unendlich großzügig, liebenswert und schön. Er schreibt: von Gott her kommen uns Brot, Sonne und Luft. Von ihm her kommen Würde, Erkenntnis und Tugend. Aber vor allem erhalten wir von Gott zwei große Geschenke: uns selbst und Gott selbst. Er schreibt: Bei seinem ersten Werke [= Schöpfung] gab er mir mich. Bei seinem zweiten Werke [Offenbarung und Erlösung] gab er mir sich selbst. Und dann argumentiert er weiter: Weil Gott so ist, so durch und durch großzügig, liebevoll und schön, kann Gott (sobald er von uns nur ein wenig erkannt wird) eigentlich nur geliebt werden. Als Reaktion auf Gottes Liebe beginnen wir, zurück zu lieben. Jeder Glaube, jede Form von positiv gelebter Religion ist deshalb, so Bernhard von Clairvaux: affectus non contractus, also Zuneigung, und kein Vertrag. Es geht im christlichen Glauben also nicht um angestrengtes, ethisch korrektes Handeln (so gut es auch sein mag), sondern um Herzenszuwendung. Wir stehen mit Gott nicht in irgendeinem Vertragsverhältnis a la Gott sagt: Wenn du dies tust, dann tue ich dir jenes. Die Grundlage ist, dass Gott mir alles geschenkt hat und dass ich wenn ich es nur tief genug begreife nun wiederum mich ganz ihm schenke. Ich möchte Sie fragen: Warum sind Sie heute hier in der Kirche? Warum gehen Sie in Gottesdienste? Warum engagieren Sie sich in der Kirche? Was erhoffen Sie sich davon: Hilfe? Kraft? Gesundheit? Eine gerechtere Welt? Wenn das Ihr erstes Hoffen, Ihre erste Sehnsucht ist, dann sage ich Ihnen: dann werden Sie enttäuscht werden. Wenn wir an Gott glauben, wenn wir uns engagieren in der Kirche, im Reich Gottes und Gott selbst ist nicht im Letzten das, worauf wir hoffen, dann werden wir enttäuscht werden. Denn alles andere werden wir immer nur unvollkommen erreichen oder erhalten: Bedeutung, Ansehen, Sinn, Linderung von menschlicher Not und Ungerechtigkeit, Weggemeinschaft mit anderen Menschen all das gibt es hier auf dieser Erde immer nur gebrochen und unvollkommen, wird immer wieder von Enttäuschung durchzogen sein. Und es wird irgendwann wegbrechen.
Das Einzige, was bleibt, und zugleich das Beste, was Gott uns und all den Menschen um uns herum schenken kann und will, ist: sich selbst. Er hat schlicht nichts Besseres als sich selbst. Das Beste, Höchste, Schönste, Erfüllendste und Dauerhafteste, was Gott uns schenken kann, ist er selbst. 1 Über die Liebe zum Nächsten Und in dieser Gottesliebe und durch diese Gottesliebe das ist das Geheimnis entsteht nun auch die Liebe zum Nächsten. Es ist ein großes Missverständnis, wenn Menschen (auch innerhalb der Kirche) glauben, dass man sich zwischen Gottesliebe und Nächstenliebe entscheiden muss. So nach dem Motto: ENTWEDER man wird fromm, beschäftigt sich nur noch mit Gott und singt verzückt Loblieder auf den Herrn, ODER man kümmert sich um die Nöte der Menschen in der Welt und versucht, ihnen so gut wie möglich abzuhelfen. Ganz im Gegenteil: Wahre Nächstenliebe entsteht wie wir vorhin gesehen haben erst aus der Hinwendung und Liebe zu Gott. Erst wenn wir unsere eigenen dürren Liebesversuche zu Gott bringen und uns von ihm beschenken lassen, erst wenn wir uns Gottes Liebe aussetzen und ihn zurücklieben, werden wir fähig, unseren Nächsten in der gebotenen Tiefe und mit der gebotenen Kraft und Ausdauer zu lieben. Jesus sagt: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. (Joh 15,5) Die Liebe zum Nächsten ohne Liebe zu Gott als Quelle läuft sich allzu schnell leer, greift lediglich auf die paar wenigen Liebes-Reserven zurück, die wir in uns tragen. Deshalb muss die Liebe zu Gott an erster Stelle stehen. Nicht weil sie wichtiger ist als die Liebe zum Nächsten, sondern weil sie nur daraus ihre Kraft und Dauer bezieht. Und dann gilt: je näher ich Gott, je näher ich Jesus komme, je mehr ich mich von seiner Liebe erfüllen lasse und ihn zurück liebe umso mehr drängt mich diese Liebe nach außen zu den Menschen. Umso mehr spüre ich den Herzschlag Gottes, den Herzschlag Jesu für jeden einzelnen Menschen um mich herum besonders für die Benachteiligten und Schwachen. Ich kann also gar nicht sein, dass ich Gott liebe und mich dann nicht für andere Menschen einsetze. Noch einmal Kapitel 4 im ersten Johannesbrief. Dort heißt es: Wenn jemand behauptet:»ich liebe Gott!«, aber seinen Bruder oder seine Schwester hasst, so ist er ein Lügner. Denn wenn jemand die nicht liebt, die er sieht seine Geschwister, wie kann er da Gott lieben, den er nicht sieht? Denkt also an das Gebot, das Gott uns gegeben hat: Wer Gott liebt, ist verpflichtet, auch die Geschwister zu lieben. (1. Joh 4,19f.) 1 Das ist übrigens auch der Grund, warum Diakonie und Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit blass bleiben ohne Mission. In der Diakonie und im Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit lindern wir menschliche Not und mindern Ungerechtigkeit. Großartig! Aber egal wie viel wir helfen und uns engagieren: menschliches Leben bleibt anfällig für Not, Ungerechtigkeit und Unfrieden. Menschen brauchen deshalb mehr und wir haben mehr zu geben: Gott selbst! Wenn wir Menschen also nicht nur diakonisch helfen, sondern ihnen zugleich missionarisch von Gott erzählen, geben wir Ihnen die Möglichkeit, sich mit dem Besten, Höchsten, Schönsten, Erfüllendsten und Dauerhaftesten beschenken zu lassen, was es gibt: Gott selbst.
Nur die Liebe bleibt Ihr Lieben! Die Liebe ist zum Schluss das Einzige, was zählt. Am Abend unseres Lebens werden wir nach der Liebe beurteilt werden. Was auch immer ich getan habe: ich werde beurteilt werden nach dem Maß meiner Liebe. Egal wie groß und eindrucksvoll oder wie klein und scheinbar unbedeutend die verschiedenen Dinge sein werden, die ich in meinem Leben getan habe: Zählen wird nur die Liebe darin. Denn der Apostel Paulus schreibt: Die Liebe vergeht niemals. ( ) Was für immer bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Aber am größten von ihnen ist die Liebe. (1. Kor 13,8.13). Amen.