A1 Modulbeschreibungen Phosphorrückgewinnung ExtraPhos Wibke Everding, David Montag 1 Allgemeine Beschreibung des Verfahrens 1.1 Verfolgte Aufbereitungsziele Das Budenheim ExtraPhos -Verfahren wurde von der Chemische Fabrik Budenheim KG entwickelt und drei Jahre lang (2013 2016) in einer Technikumsanlage erprobt. Es wird seit April 2017 im Pilotmaßstab in einer mobilen Versuchsanlage mit einem Klärschlammdurchsatz von bis zu 2 m³/h auf der Kläranlage Mainz-Mombach betrieben und weitere Ergebnisse gewonnen. Die hier dargestellten Ergebnisse basieren auf Informationen aus Versuchsanlagen. Die verfolgten Ziele lauten: Phosphorrückgewinnung, Der P-abgereicherte Klärschlamm kann anschließend einer Klärschlammmitverbrennung zugeführt werden. 1.2 Anwendung des ExtraPhos -Verfahrens im Bereich der kommunalen Abwasser-/ Klärschlammbehandlung Das ExtraPhos -Verfahren wird in die Schlammbehandlung auf kommunalen Kläranlagen eingebunden. Das Verfahren wird zwischen der Faulung und der Klärschlammentwässerung (ca. 3 % TR) implementiert. 1.3 Verfahrensschema Der Prozess kann grob in drei Prozessschritte gegliedert werden: die Kohlensäure-Extraktion, die Fest-/Flüssig-Trennung und die Phosphatfällung (s. Abbildung 1). Bei der Kohlensäure-Extraktion wird der Klärschlamm bei einem Druck von ca. 10 bar in einem Rohrreaktor mit Kohlenstoffdioxid (CO 2 ) versetzt, wodurch der ph-wert auf einen Wert zwischen 4,5 und 5,5 absinkt und ein Teil der an die Klärschlammmatrix gebundenen Phosphate in Lösung geht. Das Kohlendioxid geht nach der Entspannung in die gasförmige Phase über und wird der Flüssigkeit entzogen. Es kann aufgefangen und verdichtet dem Prozess wieder zugeführt werden. Zur Extraktion der Phosphate wird somit überwiegend Kohlenstoffdioxid verwendet, welches im Prozess im Kreis geführt werden kann. Bei der anschließenden Fest-/Flüssig-Trennung werden die Klärschlammpartikel von der flüssigen Phase getrennt. Hierzu können Aggregate der Klärschlammentwässerung nach dem Stand der Technik eingesetzt werden (z.b. Zentrifugen). Der dabei verbleibende, entwässerte Klärschlamm kann der weiteren Entsorgung zugeführt werden. Das Schlammwasser wird dem dritten Prozessschritt, der Phosphatfällung zugeführt. Hierbei werden die gelösten Phosphate bei ca. ph 7,5 als Calciumphosphat ausgefällt. Um den Vorgang der Fällung zu beschleunigen wird im Fällungsreaktor eine geringe Menge an Kalkmilch zugegeben, wobei ein Großteil des benötigten Calciums bereits im Schlammwasser enthalten ist. Nach Abtrennung sowie Trocknung und Granulierung können die Calciumphosphate (Dicalciumphosphat DCP) als Düngemittel eingesetzt werden. 463
Abbildung 1: Schematische Darstellung des ExtraPhos -Verfahrens (Stössel, 2016) 1.4 Wichtige Einflussgrößen Die wichtigsten Einflussgrößen auf die Wirksamkeit, den Energiebedarf und die Jahreskosten des Verfahrens können wie folgt zusammengefasst werden: Auf die Wirksamkeit des Verfahrens: - ph-wert durch CO 2 -Zugabe Auf den Energiebedarf des Verfahrens: - CO 2 -Rezyklierung innerhalb des Prozesses Auf die Jahreskosten: - Strombedarf - Betriebsmittel: Kalkmilch und CO 2 -Bedarf 1.5 Kopplung des Verfahrens mit anderen Verfahren Für dieses Verfahren existieren keine Anforderungen an die Vorbehandlung. Das Verfahren ist sowohl für Kläranlagen mit chemischer P-Elimination als auch für Kläranlagen mit Bio-P geeignet. Für dieses Verfahren existieren keine Anforderungen an die Nachbehandlung. 464
Anhang A1 Modulbeschreibungen Phosphorrückgewinnung ExtraPhos 2 Informationen zum ExtraPhos -Verfahren im FuE-Vorhaben E-Klär 2.1 Theoretische Grundlagen Die Calciumphosphatfällung wird durch Zugabe von Calciumhydroxid (Ca(OH) 2, auch bezeichnet als Kalkhydrat, Kalkmilch) induziert. Für die Bindung von Phosphor mit Calcium sind mehrere Reaktionen bekannt. Da Abwasser ein Vielstoffgemisch ist, kann nicht vorhergesagt oder beeinflusst werden, welche Reaktion jeweils ablaufen wird (ATV, 1997). Das wichtigste Fällungsprodukt beim Einsatz von Calcium ist Hydroxylapatit (Ca 5 (PO 4 ) 3 OH): 5 Ca 2+ + 3 PO 4 3- + OH - Ca 5 (PO 4 ) 3 OH ( ) Die zur Einstellung des optimalen ph-wertes notwendige Zugabemenge von Kalkhydrat ist abhängig vom Puffervermögen (Säurekapazität) des Abwassers und daher nicht allgemeingültig abzuschätzen. Mit zunehmender Wasserhärte muss zum Erreichen des gleichen ph-wertes mehr Kalk dosiert werden. Das dabei entstehende Calciumcarbonat begünstigt die Phasentrennung und ist insofern tolerierbar (Kühn, 1989). 2.2 Dimensionierung / Bemessungsansatz Alle Angaben zur Dimensionierung (s. Tabelle 1), den Stoffflüssen, Betriebsmitteln und Kosten basieren auf Angaben der Verfahrensentwickler vor Auswertung von Ergebnissen aus der Pilotanlage in Mainz (Opitz & Schnee, 2017). Tabelle 1: Hinweise zur Dimensionierung Input (durch User/Modell) Funktion Output Eingabe durch den Anwender: - t bem = 0,25 0,5 h (muss noch in der Großtechnik erforscht werden) Angaben aus dem Modell: - Q FS [m 3 /h] - TS FS [%] - m KS,TR [Mg/h] Reaktorvolumen (V R ) Ermittlung von V anhand des Faulschlamm(FS)-Volumenstroms und der Aufenthaltsdauer V R = Q FS t bem V R [m 3 ] 2.3 Abbildung der Stoffströme Als Folge des ExtraPhos -Verfahrens entsteht ein Rezyklat als DCP (s. Abbildung 1), welches modelltechnisch abgebildet werden soll (vgl. Tabelle 2). Tabelle 2: Prozessspezifischen Größen für das Rezyklat Input (durch U- ser/modell) Fracht P im Klärschlamm Wirkungsgrad Spez. P-Produktion: Fracht P im Klärschlamm * η P,KS [kg P /Mg KS,TR ] ƞ muss noch im Betrieb für den jeweiligen Klärschlamm ermittelt werden. Spez. DCP-Produktion: kg P /Mg KS,TR * 4,44 [kg DCP /Mg KS,TR ] Output kg P /Mg KS,TR kg DCP /Mg KS,TR 465
Tabelle 3 fasst die Wirkungsgrade für die prozessspezifischen Größen des entwässerten Klärschlamms zusammen, Tabelle 4 für den Rücklauf zur Kläranlage. Tabelle 3: Wirkungsgrade für die prozessspezifischen Größen für den entwässerten Klärschlamm Basisvektor im Zulauf zur Wirkungsgrad Basisvektor im Ablauf der P ges η P,zu = 45 % bezogen auf den Zulauf zur Kläranlage η P,KS = 50 % bezogen auf den Klärschlamm P ges [ ] [ ] Tabelle 4: Wirkungsgrade der prozessspezifischen Größen für den Rücklauf zur Kläranlage Basisvektor im Zulauf zur Wirkungsgrad Basisvektor im Ablauf der η PO4-P = nahezu 100 % (bezogen auf die wässrige Phase im Faulschlamm nach CO 2 -Aufschluss) PO 4 P PO 4 P [ ] [ ] 2.4 Abschätzung des Energiebedarfs Tabelle 5: Abschätzung des Energiebedarfs für die Gesamtanlage Input (durch User / Modell) Funktion Output E P = 67 kwh/mg TR E P [kwh/m³ TR ] 2.5 Abschätzung der Kosten Tabelle 6 fasst die benötigten Betriebsmittel, die für die Ermittlung der Betriebskosten relevant sind, zusammen. Tabelle 7 stellt die Betriebs-, Investitions- und Kapitalkosten dar. Die Angaben basieren auf Versuchsergebnissen der Technikumsanlage. 466
Anhang A1 Modulbeschreibungen Phosphorrückgewinnung ExtraPhos Tabelle 6: Betriebsmittel Betriebsmittel Kalkmilch Kohlenstoffdioxid (CO 2 ) 2,2 22,2 kg Kalkmilch /Mg P im KS 0,05 Mg CO2 /Mg TR (bei 80 % CO 2 - Recyclingrate) m Kalkmilch [kg Kalkmilch /d] m CO2 [kg CO2 /d] Tabelle 7: Kostenabschätzung des ExtraPhos -Verfahrens Input (durch User / Modell) Angaben vom Anwender - Spez. Strompreis p Strom [ /kwh] - Preis für CO 2 p CO2, Default: 235 /Mg CO2 - Preis für Kalkmilch p Kalkmilch, Default: 1 /Mg KS,TR - Spez. Personalkosten Default: BK MA : 60.000 /(MA a) Angaben aus dem Modell: - m FS Funktion Betriebskosten (BK): Energie: BK E = E P p Strom m KS,TR Kalkmilch, Kohlenstoffdioxid: BK CO2 = m CO2 p CO2 m KS,TR BK Kalkmilch = m Kalkmilch p Kalkmilch m KS,TR Vereinfachter Ansatz, (Betriebsmittel, Strom): BK KS = 25 /Mg KS,TR BK = BK KS m KS Personal: zusätzlich 2 h/d Wartung: 3 % der Investitionen Geplante Lizenzgebühr: 10 /Mg TR Einsparungen: bei den Entsorgungskosten aus der Differenz zwischen Klärschlammmono- und mitverbrennung: 80-100 /Mg OS Durch die Phosphorrückgewinnung und P- Abreicherung des Klärschlamms kann dieser einer Mitverbrennung zugeführt werden. Es entfallen die zurzeit höheren Kosten für eine Klärschlammmonoverbrennung. Weitere Einsparungen der Betriebskosten lassen sich durch den Verkauf des Dicalciumphosphates (DCP) erzielen. Investitionen (IK) Bei Anlagen < 2.000 Mg TR /a: ca. IK: 1.000 /Mg TR Bei Anlagen 2.000 6.000 Mg TR /a: ca. IK: 800 /Mg TR Bei Anlagen > 6.000 Mg TR /a: ca. IK: 600 /Mg TR Invest = IK m KS Output Investitionen (IK) Kapitalkosten (KK) Betriebskosten (BK) Jahreskosten (JK) 467
Kapitalkosten (KK) Abschreibung über 10 15 Jahre Die Jahreskosten ergeben sich aus der Summe der Kapital- und Betriebskosten. 3 Literaturverzeichnis ATV (1997): ATV-Handbuch Biologische und weitergehende Abwasserreinigung 4. Auflage 1997, Abwassertechnische Vereinigung, Berlin: Ernst & Sohn, ISBN 3-433-01462-0. Kühn, W. (1989): Untersuchungen zur Stickstoffrückgewinnung und Phosphorelimination aus Abwässern durch Kombination von Fällung und Desorption. In: BÖHNKE, B. (Hrsg.): Gewässerschutz, Wasser, Abwasser (GWA) Band 110, Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen, Aachen 1989, ISSN 0342-6068. Opitz, E.; Schnee, R. (2017): Mündliche Informationen März 2017. Stössel, E. (2016): Budenheim ExtraPhos -Verfahren, Innovative Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm. Thermolyphos Kolloquium 4. 5. Oktober 2016, Halle. 468