Neuland welt- Premiere ab 13 Jahren Dokumentarfilm, Schweiz 2013 93 Min, DCP, Farbe Sprache: Schweizerdeutsch / Deutsch Spielzeiten: Mo 30.9.13, 13.30 Uhr, Arena 4 Regie: Anna Thommen Drehbuch: Anna Thommen Kamera: Gabriela Betschart Produzenten: Rolf Schmid, Stefan Eichenberger Darsteller: Ehsanullah Habibi, Nazlije Aliji, Christian Zingg, Ismail Aliji, Hamidullah Hashimi, Andreas Schultheiss Themen des Films: Migration und Integration junger Flüchtlinge in die Schweiz, Umgang und Kennenlernen von sprachlichen und kulturellen Unterschieden, Pädagogik als Geduldsspiel und Motivationsmotor, Selbstreflexion und Willenskraft den eigenen Weg zu gehen Regisseurin Anna Thommen, Produzenten Rolf Schmid und Stefan Eichenberger, Christian Zingg und weitere Protagonisten nach der Filmvorführung anwesend. Synopsis Aus Afghanistan, Kamerun, Serbien oder Venezuela per Flugzeug, Zug, Bus oder Gummiboot. Sie haben weite Wege hinter sich, die neuen SchülerInnen von Herrn Zingg in der Integrationsklasse Basel. Mit dem Traum von einer besseren Zukunft im Gepäck sind sie in die Schweiz gereist. Geschützt und abgeschirmt von der Gesellschaft sollen sie innerhalb von zwei Jahren Sprache und Kultur der Schweiz kennenlernen. Lehrer Zingg hat dabei nur ein Ziel vor Augen: den durch harte Schicksalsschläge traumatisierten Jugendlichen einen beruflichen Einstieg in die Gesellschaft zu ermöglichen. Doch je näher das Schulende rückt, desto quälender stellt sich für die jungen Migranten die Frage: Gibt es überhaupt einen Platz für mich in diesem Land? Filmografie der Regisseurin Anna Thommen Anna Thommen wurde 1980 in Basel geboren. Nachdem sie zwei Jahre lang in ihrem Erstberuf als Primarlehrerin unterrichtete, beschloss sie 2005 an der Hochschule für Design und Kunst in Luzern Film zu studieren. Mit ihrem Abschlussfilm «Second me» gewann sie zahlreiche Preise und konnte ihn an über 20 Festivals weltweit zeigen. Die letzten vier Jahre arbeitete Anna Thommen parallel an zwei langen Dokumentarfilmen, die beide Anfang 2013 fertiggestellt wurden. Der 60-minütige Dokumentarfilm «Ein Stück Wahnsinn» ist in Co-Regie mit Gabriela Betschart entstanden und wurde bereits für den Basler Filmpreis 2013 nominiert. Der 90-minutige Kinodokumentarfilm «Neuland» ist Anna Thommens Abschlussfilm an der Zürcher Hochschule der Künste, wo sie im Januar 2013 den Master in Filmregie mit Bestnote abschloss. 2013 NEULAND, 93min, Kinodokumentarfilm 2012 EIN STÜCK WAHNSINN, 60min, Dokumentarfilm 2008 SECOND ME, 20min, Kurzdokumentarfilm 1/5
Zur Entstehung des Films Persönliche Einführung der Regisseurin Anna Thommen Ich habe Herrn Zingg bei einem medienpädagogischen Filmprojekt mit seiner damaligen Klasse vor drei Jahren kennengelernt. Es beeindruckte mich, welches Vertrauen die Jugendlichen dem Lehrer schenkten. Als Herr Zingg mir von den unglaublichen Schicksalsgeschichten seiner Schüler erzählte, wurde mir klar, dass ich darüber einen Film machen wollte. Gemeinsam beschlossen wir, ihn und seine nächste Klasse von Schulbeginn bis Schulschluss während zwei Jahren zu begleiten. Bei Drehbeginn war ich zunächst einmal einfach neugierig auf all die jungen Leute, die sich auf dem Pausenplatz einfanden und welche Geschichten sie wohl mitbringen würden. Dabei hatte ich - im Nachhinein betrachtet - durch meine Vorstellungen und Vorurteile über die verschiedenen Nationalitäten der Jugendlichen. Je länger ich filmte, desto weniger konnte ich in Stereotypen denken und umso vielschichtiger wurden die einzelnen Geschichten und Schicksale. Was folgte, war das Eingeständnis meiner Vorurteile und dass ich begann, nur noch die Menschen zu sehen, in all ihren Widersprüchen und fern ihrer Heimat. Die grosse Herausforderung für mich begann dann aber erst im Schnitt: wie sollte ich diese intensiven Erfahrungen zweier Jahre in 90 Minuten Film aufzeigen und so einem Publikum zugänglich machen? Wie schaffe ich die Gratwanderung, einen dramaturgischen Spannungsbogen zu schaffen und trotzdem das Leben in seinen Graustufen zu zeigen? Während monatelanger intensiver Auseinandersetzung mit dem Material ist nun die Erzählung NEULAND entstanden, von der ich mir erhoffe, dass sie die Zuschauer berührt und öffnet für die Schicksale dieser jungen Migranten, die tagtäglich in Not zu uns gelangen. Hintergrundinfo zur IBK, Integrations- und Berufswahlklassen, Basel Die Integrations- und Berufswahlklassen (IBK) sind ein zweijähriges, staatliches Schulangebot, das frisch in die Schweiz eingereisten, nicht mehr schulpflichtigen Jugendlichen zwischen 16 und 20 Jahren offensteht. Ziel der IBK ist die berufliche und soziale Integration. Idealerweise steigen die Jugendlichen nach dem Besuch der IBK (und einer allfälligen Zwischenlösung) in eine Berufsausbildung ein. Die IBK sind Teil der Schule für Brückenangebote Basel. Sie bestehen seit 1990. In dieser Zeit haben etwa 1 000 jugendliche Immigranten die IBK besucht. Seine Heimat auf Dauer zu verlassen ist nicht nur eine lange physische Reise. Einige Jugendliche, welche die IBK besuchen, sind während mehreren Monaten unterwegs gewesen, bevor sie in unser Land einreisten. Die Heimat zu verlassen ist auch ein schmerzhafter seelischer Prozess. Viele Schülerinnen und Schüler sind nicht nicht freiwillig aus ihrer Heimat weggegangen, sondern wurden durch die zum Teil erschütternden Lebensumstände dazu gezwungen. So haben fast alle Jugendlichen zu Beginn ihrer IBK-Zeit den sehnlichsten Wunsch, möglichst schnell wieder nach Hause zurückzukehren, obwohl sie in ihrem Innersten wissen, dass dies nicht möglich ist. Erst nach und nach beginnt der Integrationsprozess. Bei den einen setzt dieser etwas früher und schneller ein, bei den anderen dauert es eine Zeit, bis sie bereit sind, sich ihrem neuen Schicksal zu stellen. In allen Fällen aber ist der Abschied von der Heimat und der Übergang ins neue Leben ein schmerzlicher, aber auch spannender Prozess. Pädagogische Anknüpfungspunkte Christian Zingg könnte an einem Gymnasium lehren, aber er unterrichtet jugendliche Asylanten. Das sei viel schöner, sagt er. Der engagierte Lehrer einer Basler Integrationsklasse paukt mit den Jugendlichen aus Afghanistan, Kamerun, Venezuela oder Serbien während zwei Jahren Deutsch, zeigt ihnen, wie man sich per Telefon und Brief bewirbt, macht ihnen Mut, verhehlt dabei aber nie, wie schwierig und lange der Weg zu einem Beruf in der Schweiz ist. Die Einzelschicksale von Ehsanulla, Nazlije und ihren Klassenkameraden gehen unter die Haut. Anna Thommen zeigt den schmerzhaften seelischen Prozess der Verlust der Heimat bei diesen Jugendlichen, ihre große Selbstreflexion, Willenskraft und Demut trotz aller kultureller und sprachlicher Unterschiede. Der Film veranlasst Schüler nochmals ganz neu und mit anderen Augen über Ausländer aus Kriegsgebieten, die in die Schweiz kommen, nachzudenken. NEULAND führt privilegierteren Jugendlichen vor Augen, wie viel Kraft junge Asylsuchende brauchen, um in der Schweiz zu bestehen. Ein wertvoller Film für den Unterricht. 2/5
Verständnisaufgabe vor dem Kinobesuch Recherchiere: Was findest Du über die IKB heraus und was sind die Zugangsvoraussetzungen? Gibt es viele Schulen dieser Art in der Schweiz? Wie viele Menschen stellen jährlich einen Antrag auf Immigration in die Schweiz? Wie viele Menschen davon bekommen tatsächlich die Bewilligung in die Schweiz zu immigrieren? Siehe Zeitungsartikel Basler Zeitung April/2013: wie werden die IKB und ihre Schüler hier dargestellt? Was ist Dein Eindruck? Wie ist der Film entstanden? Was sagt Anna Thommen dazu was war ihr Antrieb? Aufgaben und Fragen für den Kinobesuch 1. Was sind die grossen, übergreifenden Themen, die in diesem Dokumentarfilm angesprochen werden? 2. Wie sind die Lebenswege und unterschiedlichen Lebensumstände der Hauptprotagonisten? 3. Welcher der Hauptprotagonisten hat Euch am meisten beeindruckt? Wenn er da sein sollte (Präsenz ist noch offen ) was würdest Du ihn/sie gerne fragen? 4. Die Regisseurin Anna Thommen ist nach der Filmvorführung anwesend notiert Euch Fragen, die ihr ihr stellen möchtet. 5. Der Lehrer Christian Zingg ist nach der Filmvorührung ebenfalls da was möchtet Ihr von ihm wissen? Aufgaben und Fragen nach dem Kinobesuch Vorschläge zur Diskussion in der Gruppe oder im Plenum 1. Was sind die Themen, die in diesem Film angesprochen werden? Worum geht es genau? 2. Was empfindest Du bei diesem Dokumentarfilm über die Migration junger Menschen in die Schweiz? 3. Diskutiert: Kennst Du junge Migranten? Wie gehst Du mit ihnen um? 4. Diskutiert: Was zeichnet einen Lehrer wie Christian Zingg aus? 5. Diskutiert: Welcher der Hauptprotagonisten hat Euch am meisten beeindruckt? 6. Könnt ihr eine Haltung der Filmemacherin Anna Thommen erkennen? An welchen Stellen wird ihre Haltung im Film offensichtlich? 7. Worüber oder über welchen Protagonisten möchtet Ihr mehr erfahren? 8. Was hat Euch am Film gefallen, was weniger? 9. Schreibt eine kurze Filmkritik. Darin sollten folgende Fragen beantwortet werden: Was hat Euch besonders gefallen? Was ist Eurer Meinung nach nicht so gelungen? Mit welchen Gefühlen habt Ihr das Kino verlassen? Würdet Ihr den Film weiterempfehlen und wenn ja, warum? 3/5
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