Über Menschenbild, Werte und die Jugend Einige Anmerkungen zum C in Kirche und Politik. Bischof Dr. Stefan Oster SDB

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Transkript:

Über Menschenbild, Werte und die Jugend Einige Anmerkungen zum C in Kirche und Politik 1

Was ist das Evangelium? Christentum ist nicht zuerst Ethik oder Moral und damit auch nicht zuerst eine Übereinkunft in Wertvorstellungen Christentum ist der Glaube, dass durch Jesus Christus das Heil in die Welt gekommen ist Er erneuert die Welt und jeden einzelnen Menschen Er vergibt Sünden, befähigt zu authentischer Liebe und schenkt Teilhabe am göttlichen Leben, an einem Leben, das nie mehr aufhört. Wie? Durch Vertrauen (Glauben) auf ihn und Liebe zu ihm in der Gemeinschaft der Kirche. Er zeigt nicht nur in der denkbar tiefsten Weise, wer und wie Gott ist, sondern zugleich, wer der Mensch ist und wer er sein kann. Im Grunde ist die wichtigste Frage im Leben eines Christen: Wer ist Christus? Und wer ist er für mich? 2

Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt. Papst Benedikt XVI. 3

Was ist das christliche Menschenbild? Der Mensch ist Geschöpf und Ebenbild Gottes Als solches hat er eine einzigartige Würde, die ihn zur unersetzbaren, unvertauschbaren, einzigartigen, unwiederholbaren Person macht und mit Personrechten ausstattet. Der Mensch ist frei und hat Verantwortung Aber: der Mensch ist zugleich ein erlösungsbedürftiger Sünder und als solcher wesentlich unfrei und untreu Die Freiheit und die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, bekommen durch den christlichen Glauben erneuertes und vertieftes Verstehen und Befähigung! Und prägen unser Verstehen von Menschsein, Mann- und Frau-Sein, In-Beziehungen-Sein, in der Gesellschaft leben, dem Gemeinwohl dienen u.v.m. 4

Was sind Werte? Die grundsätzliche Frage ist: Entstehen Wertungen aus Werten, die uns vorausliegen? Oder sind unsere Werte nur das Ergebnis von kollektiven Wertungen? Beispiel: Die Würde des Menschen Problem: Wenn Werte ohne den Bezug zu dem, was uns voraus liegt, formuliert werden, laufen sie Gefahr nur Ausdruck von kollektivem Egoismus zu sein. Z.B. Leistungsbereitschaft Egozentrischer Ehrgeiz Vaterlandsliebe Nationalismus Gleichberechtigung Genderdebatte ideologisch gefärbt Daher die Frage: Haben wir ein Korrektiv für die Bestimmung von Werten, wenn wir am christlichen Menschenbild den Aspekt ausblenden, dass der Mensch ein erlösungsbedürftiger Sünder ist? 5

Kirche und Jugend Wir erleben seit Jahren eine massive Entfremdungsbewegung vor allem von jungen Menschen gegenüber Glauben und Kirche Vielerlei Ursachen: u.a. Säkularisierung, Pluralisierung, Individualisierung, Wohlstand, Kirchensteuer Digitalisierung, Glaubwürdigkeitsverlust von Kirche (Missbrauch, Finanzen u.a), fehlende Kompetenz, den Glauben heute zu plausibilisieren (z.b. Wissenschaft und Glaube, Sexualität und Glaube, Gewalt und Glaube) 6

Kirche und Jugend Wo ereignet sich heute dennoch Wachstum in Kirche? Wo junge Menschen geistliche Atmosphäre erleben und lebendige Gebetserfahrung machen, wo herausfordernd das Evangelium verkündet wird und keine weichgespülte Version davon, wo wirkliche Gemeinschaft erlebt werden kann, wo soziale oder andere Not wahrgenommen und geholfen wird. 7

Prognosen? Das Verhältnis Staat/Gesellschaft Kirche wird spannungsreicher werden Die innerkirchlichen Auseinandersetzungen werden (deshalb!) auch nicht weniger werden Aber: Gesellschaft und Politik werden eine glaubwürdige, aus dem Evangelium erneuerte Kirche mehr denn je brauchen. Denn die Christen sind es, die in allen Veränderungen den Himmel offen halten und zugleich kritische Instanz für die Frage nach wesentlichen Werten sind, vor allem für solche die unsere Gesellschaft vor Fragmentierung schützen und im Innersten zusammen halten. 8

Weitere Wortmeldungen, Predigten, Videos, Audios und mehr unter: www.stefan-oster.de 9