Titelthema Aufsatz Elektrotechnik/Elektronik, CAE (Computer Aided Engineering), Energieeffizienz Wassergekühltes On-Board-Ladegerät mit optimiertem Kühlkanal S. Bolte, A. Zibart, C. Henkenius, J. Böcker, E. Kenig, H. Figge Für On-Board-Ladegeräte sind brückenlose netzfreundliche Gleich - richter in Kombination mit einem Resonanzkonverter empfehlenswert. Auf diese Weise lassen sich Verluste minimieren und es wird eine hohe Leistungsdichte erreicht. Darüber hinaus wurde der Kühlungskreislauf des Ladegeräts durch CFD (Computational Fluid Dynamics, rechnergestützte Flüssigkeitsdynamik)-Simulationen des Kühlkanals optimiert, um einen bestmöglichen Wärmeübergang bei geringem Druckabfall zu erzielen. Dipl.-Ing. Sven Bolte, M. Sc. Carsten Henkenius, Prof. Dr.-Ing. Joachim Böcker Fachgebiet für Leistungselektronik und Elektrische Antriebstechnik (LEA) Universität Paderborn Warburger Str. 100, D-33095 Paderborn Tel. +49 (0)5251 / 60-2159, - 5487 oder -2209 Fax +49 (0)5251 / 60-3443 E-Mail: {bolte, henkenius, boecker}@lea.uni-paderborn.de Internet: wwwlea.uni-paderborn.de M. Sc. Alexander Zibart, Prof. Dr.-Ing. Eugeny Kenig Lehrstuhl für Fluidverfahrenstechnik (FVT) Universität Paderborn Warburger Str. 100, D-33095 Paderborn Tel. +49 (0)5251 / 60-2160 oder - 2408 Fax +49 (0)5251 / 60-2183 E-Mail: {alexander.zibart, eugeny.kenig}@uni-paderborn.de Internet: http://mb.uni-paderborn.de/fluidverfahrenstechnik Dr.-Ing. Heiko Figge Delta Energy Systems (Germany) GmbH Coester Weg 45, D-59494 Soest Tel. +49 (0)2921 / 987451, Fax +49 (0)2921 / 987397 E-Mail: heiko.figge@deltaww.com Internet: deltaww.com Danksagung Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Clusterquerschnitts - projektes Energieeffizienz in intelligenten technischen Systemen und des Clusterinnovationsprojektes Effiziente selbsteinstellende Lader für Elektrofahrzeuge. Diese beiden Forschungs- und Entwicklungsprojekte werden mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Spitzenclusters Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe (it s OWL) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegen bei den Autoren. Water-cooled on-board charger with optimized cooling channel Bridgeless boost rectifiers and resonant converters facilitate onboard chargers with minimized losses. Besides efficiency, also high power density is obligatory. Therefore, water cooling is used for maximized heat transfer. In order to achieve low pressure loss, the profile of the cooling channel is optimized by means of computa - tional fluid dynamics. 1 Einleitung On-Board-Ladegeräte sind wichtige Komponenten elektrischer Fahrzeuge. Um kurze Ladezeiten zu erreichen, wird das Ladegerät üblicherweise mit maximaler Leistung betrieben, bis die Ladeschlussspannung der Batterie erreicht ist. Aufgrund des begrenzten Einbauraums in einem Kraftfahrzeug ist eine kompakte Bauform, also eine hohe Leistungsdichte obligatorisch. Neben dem Reduzieren der Verluste kann die Leistungsdichte durch aktive Kühlung gesteigert werden, weshalb eine Wasserkühlung mit optimiertem Wärmeübergang verwendet wird. Für den weltweiten Einsatz muss das Ladegerät einen weiten Eingangsspannungsbereich akzeptieren und die Oberschwingungsgrenzwerte nach Normen wie der EN61000-3-2 einhalten, die den Erhalt einer hohen Netzqualität sicherstellen. Daher wird ein PFC (Power Factor Correction, Leistungsfaktorkorrektur)-Gleichrichter benötigt [1], der sich durch geringe Oberschwingungen und einen guten Leistungsfaktor auszeichnet. Mit einem PFC-Gleichrichter in sogenannter brückenloser Totem-Pole-Struktur lassen sich die Durchlassverluste aufgrund einer verkleinerten Anzahl an Halbleitern im Strompfad reduzieren [2]. Als Halbleiter-Schalter kommen in anderen Anwendungen favorisierte Silizium-MOSFETs trotz ihres geringen Durchlasswiderstandes leider nicht in Frage, da das Rückstromverhalten der Inversdiode beim Abschaltvorgang den Einsatz im Totem-Pole-PFC-Gleichrichter unmöglich macht, falls der Gleichrichter mit lückfreiem Strom betrieben wird. Daher werden im beschriebenen Ladegerät trotz etwas ungünstigerem Durchlassverhalten schnelle IGBTs (insulated-gate bipolar transistor, Bipolartransistor mit isolierter Gate-Elektrode) als Schalter eingesetzt. Der PFC-Gleichrichter speist den gleichgerichteten Strom in einen Zwischenkreiskondensator mit konstanter Spannung, während die Spannung der Batterie abhängig vom Ladegrad während des Ladens langsam steigt. Somit muss das Span- Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf wt Werkstattstechnik online Jahrgang 107 (2017) H. 5 381
Bild 1. Elektrische Struktur des Ladegeräts mit Wasserkühlung LEA, Universität Paderborn nungsverhältnis durch einen weiteren DC-DC-Konverter angepasst werden (Bild 1). Außerdem wird aus Sicherheitsgründen eine Potentialtrennung benötigt. Ein sogenannter LLC-Resonanzkonverter erfüllt diese Anforderungen mittels eines bei circa 200 khz betriebenen Transformators und erlaubt zusätzlich ein weiches Schalten der Halbleiter in einem weiten Arbeitsbereich: Dank Einschalten bei Nullspannung können in diesem Konverter großflächige MOSFETs mit kleinem Kanalwiderstand eingesetzt werden, was zur Reduzierung der Durchlassverluste beiträgt. Bild 1 zeigt die elektrische Struktur des On-Board-Ladegerätes. Um die Wärmeübertragung zwischen den Komponenten und dem Kühlwasser zu maximieren, ist das Aluminiumgehäuse mit einem Kühlkanal ausgestattet. Dieses Konzept ist unter der Bezeichnung Liquid Cold Plate [3] bekannt. Bei einem Gehäusevolumen von 7 l werden 10 kw Ausgangsleistung erzielt; das entspricht einer Leistungsdichte von 1,4 kw/l. Die wichtigsten Wärmequellen im Ladegerät sind die Netzgleichrichterdioden, die Drosselspulen des PFC-Gleichrichters, die Halbleiter-Schalter der Konverter mit den Dioden im Ausgangsgleichrichter und der Transformator des Resonanzkonverters (Bild 2). 2 Bestimmen der Verluste im Ladegerät Für die Bestimmung der Verluste im Ladegerät wurde ein Berechnungsmodell entwickelt, das zwischen vier Verlustarten unterscheidet: Durchlass- und Schaltverluste in den Leistungshalbleitern sowie Kern- und Wicklungsverluste in den magnetischen Komponenten. Während die Durchlassverluste in den Leistungshalbleitern aus Datenblattangeben bestimmt werden können, ist es erforderlich, die Schaltverluste unter den individuellen Bedingungen der Schaltung zu vermessen. Zu den Einflussgrößen zählen Schalterspannung und -strom, die Temperatur sowie die Kommutierungsinduktivität der Schaltmasche. Die Schaltverluste wurden mit dem Doppelpulsversuch in allen relevanten Arbeitspunkten vermessen. Für die Berechnung der Bild 2. Mechanische Struktur des Ladegeräts mit Wasserkühlung LEA, Universität Paderborn, Delta Energy Systems GmbH 382 wt Werkstattstechnik online Jahrgang 107 (2017) H. 5 Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf
Bild 3. Normalisierter Eingangsstrom des PFC-Gleichrichters LEA, Universität Paderborn Schaltverluste ist es erforderlich, den Strom durch die Halbleiter-Schalter bei jedem Schaltvorgang zu bestimmen, um sie anschließend über eine komplette Periode der Netzspannung aufzusummieren (Bild 3). Die frequenzabhängigen Wicklungswiderstände der PFC- Drosseln und des Transformators wurden mit einem Impedanzmessgerät aufgenommen. Anhand der Spektren der Komponentenströme können die Wicklungsverluste berechnet werden. Zum Ermitteln der Kernverluste muss der zeitliche Verlauf der magnetischen Flussdichte zunächst in rampenförmige Abschnitte zerlegt werden. Diese Abschnitte entsprechen Subzyklen in der Magnetisierungskurve des Kernmaterials. Die Kernverluste werden dann mit der erweiterten Steinmetzgleichung [4] berechnet. In Tabelle 1 sind die berechneten Verluste für einen Betrieb an der Netzspannung V in = 230 V bei Volllast P out = 10 kw angegeben. Der Wirkungsgrad erreicht in diesem Arbeitspunkt h = 96,5 %. 3 Optimierung der Wärmeübertragung Elektrofahrzeuge stellen dynamische Systeme dar, sodass zur Steigerung der Reichweite eine Reduzierung der Fahrzeugmasse angestrebt wird. Zudem ist der verfügbare Bauraum in Elektrofahrzeugen deutlich limitiert, da ein Großteil des verfügbaren Raums von der Batterie eingenommen wird. Aus diesem Grund wird hinsichtlich des Designs von On-Board-Ladegeräten eine möglichst kompakte und leichte Konstruktion angestrebt, was auch für das Kühlsystem gilt. Derzeit werden Kühlsysteme für elektrotechnische Komponenten jedoch meist auf Basis von Erfahrungswerten der Entwickler ausgelegt. Um den zuvor genannten Anforderungen gerecht zu werden, müssen im Entwicklungsprozess jedoch genauere Berechnungsmethoden Anwendung finden, um eine optimale Auslegung des Kühlsystems zu ermöglichen. Hierzu zählen die thermische Analyse mittels Wärmequellennetzwerk (WQN), die FEA (Finite Elemente Analyse) sowie CFD (Computational Fluid Dynamics)- Berechnungen [5], welche in dieser Arbeit zur Anwendung kam. Als Kühlmethode wurde die einphasige Flüssigkeitskühlung mit erzwungener Konvektion vorgesehen, um die Verlustleistung der elektrischen Komponenten effizient abzuführen. Nach dem elektrischen Layout wurde daher ein Kühlkanal derart gestaltet, dass eine möglichst gute Ankopplung der größten Wärmequellen gewährleistet ist, indem Wärmeleitwege kurz gehalten werden. Mittels CFD-Untersuchungen erfolgte zudem eine Optimierung der Krümmerradien, um den durch Formwiderstand hervorgerufenen Druckverlust und damit auch die notwendige Pumpleistung zu reduzieren, wobei jedoch ein Kompromiss hinsichtlich des benötigten Bauraums gefunden werden musste. Durch die partielle Strukturierung der Kühlkanalwand ließen sich durch die daraus folgende Intensivierung des Wärmetransports Hotspots abbauen. Um den globalen Druckabfall infolge der Wandstrukturierung gering zu halten, wurde diese nur in Bereichen mit großem Wärmeeintrag vorgesehen. Zur Auswahl einer geeigneten Wandstrukturierung wurden mithilfe der CFD mehrere in der Literatur vorgeschlagene Strukturierungsarten untersucht. Die Ergebnisse waren jedoch aufgrund des zu großen Tabelle 1. Verluste bei Volllast P out = 10 kw Beschreibung Bauteil Wert Bauteil Nr. (siehe Bild 5) Netzgleichrichterdioden 40 W 1 PFC-Drosseln 2 x 20 W 2, 3 PFC-Gleichrichter IGBT 2 x 65 W 4, 5 LLC-Resonanzkonverter MOSFET 96 W 6 LLC-Resonanzkonverter Transformator 72 W 7 Ausgangsgleichrichterdioden 44 W 8 Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf wt Werkstattstechnik online Jahrgang 107 (2017) H. 5 383
Bild 4. Schematische Darstellung der neuentwickelten Sägezahnrippe FVT, Universität Paderborn Druckabfalls durchweg nicht zufriedenstellend. Daher wurde eine neue Wandstrukturierung mit sägezahnähnlicher Gestalt entwickelt (Bild 4). 4 Ergebnisse der CFD-Untersuchungen Alle CFD-Untersuchungen wurden mit der kommerziellen Software STAR-CCM+ von CD-adapco durchgeführt. Um den Einfluss der Geometrieparameter auf das thermohydraulische Verhalten der verschiedenen untersuchten Wandstrukturierungsarten zeiteffizient untersuchen zu können, wurde das Simulationsgebiet stets auf ein periodisches Element reduziert (Bild 4). Die neuentwickelte sägezahnähnliche Strukturierung zeigte bei diesen Untersuchungen verglichen mit der besten Strukturierungsart, welche in der Literatur gefunden wurde einen um 5 % besseren Wärmeübergang bei gleichzeitig 30 % geringerem Druckverlust, weshalb sie schließlich für die Strukturierung der Kühlkanalwand ausgewählt wurde. Im nächsten Schritt wurden gekoppelte Wärmetransportsimulationen (gekoppelte Simulation der Konvektion im Kühlkanal sowie der Wärmeleitung im Wandmaterial des Ladegeräts, siehe [6]) für das gesamte Ladegerät durchgeführt. Hierbei wurde stets vom Worst-Case-Szenario ausgegangen, bei welchem die äußeren Wandflächen des Ladegeräts adiabat sind und somit die gesamte Verlustleistung der elektrischen Komponenten über das Kühlmedium (Wasser-Glykol-Gemisch, 50/50-Massenprozentmischung) abgeführt werden muss. Die Simulationen zeigten, dass die maximale Übertemperatur (definiert als Differenz zwischen der maximalen auf der Gehäuse-Innenfläche auftretenden Temperatur und der Umge- Bild 5. a) Vorgenommene Vereinfachungen für die CFD-Untersuchungen, b) Temperatur - verteilung im Fall einer unstrukturierten Kühlkanalwand, c) Temperaturverteilung im Fall einer partiell strukturierten Kühlkanalwand (Sägezahnform) FVT, Universität Paderborn, Delta Energy Systems GmbH 384 wt Werkstattstechnik online Jahrgang 107 (2017) H. 5 Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf
bungstemperatur) um circa 15 % gesenkt werden kann (Bild 5), wenn die beiden zentralen Kanalschenkel mit einer sägezahnförmigen Strukturierung versehen werden. 5 Zusammenfassung Ein wassergekühltes On-Board-Ladegerät wurde entwickelt. Aufgrund des brückenlosen, hartschaltenden PFC-Gleichrichters in Totem-Pole-Struktur und des weichschaltenden LLC-Resonanzkonverters wurde ein maximaler Wirkungsgrad von h = 96,5 % erreicht. Die Form des Kühlkanals wurde mithilfe von CFD-Simulationen optimiert. Die hierbei entwickelte neue Wandstrukturierung weist im Vergleich zu bereits in der Literatur beschriebenen Varianten eine verbesserte thermohydraulische Effizienz auf, sodass sich eine Intensivierung des Wärmeübergangs mit geringerem Druckverlust und damit geringerer Erhöhung der Pumpleistung erzielen lässt. Durch die partielle sägezahnförmige Strukturierung der Kühlkanalwand mit dieser Geometrie ließen sich lokale Hotspots beseitigen. So zeigten die CFD-Untersuchungen eine Senkung der maximalen Übertemperatur um 15 %, falls zwei Segmente des Kühlkanals strukturiert ausgeführt werden. Die verringerten Schaltungsverluste und die verbesserte Wärmeübertragung resultieren in einer gesteigerten Leistungsdichte von etwa 1,4 kw/l. Literatur [1] Rossetto, L.: Control Techniques for Power Factor Correction Converters. 13. Power Electronics and Motion Control (PEMC), Warschau/Polen, 1994 [2] Huber, L.; Jang, Y.; Jovanovic, M.: Performance Evaluation of Bridgeless PFC Boost Rectifiers. 23. IEEE Transactions on Power Electronics, New York/USA, 2008 [3] Schulz-Harder, J.: Review on Highly Integrated Solutions for Power Electronic Devices. 5. International Conference on Integrated Power Systems (CIPS), Nürnberg, 2008 [4] Mühlethaler, J.; Kolar, J.; Ecklebe, A: Loss modeling of inductive components employed in power electronic systems. Power Electronics and ECCE Asia (ICPE ECCE), Jeju/Südkorea, 2011 [5] Boglietti, A.; Cavagnino, A.; Staton, D.; Shanel, M.; Mueller, M.; Mejuto, C.: Evolution and Modern Approaches for Thermal Analysis of Electrical Machines. 56. IEEE Transaction on Industrial Electronics, 2009, pp. 871 882 [6] Perelman, T.L.: On conjugated problems of heat transfer. 3. International Journal of Heat and Mass Transfer 3 (1961), pp. 293-303 Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf wt Werkstattstechnik online Jahrgang 107 (2017) H. 5 385