Von den Ursprüngen des modernen Yoga THEMA



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Transkript:

Februar/März 13 12 THEMA Von den Ursprüngen des modernen Yoga Die Geschichte des Yoga und der Asana ist lang, komplex und voller Brüche. Der indische Yogameister Sri T. Krishnamacharya hat den modernen Yoga und die meisten heute praktizierten Yogastile geprägt und erneuert wie wohl kein anderer. Einblicke dazu gibt auch der Film «Der Atmende Gott» Anlass, den Spuren dieser grossen Persönlichkeit und seiner Bedeutung für den Yoga von heute wie auch dessen Verbreitung in Ost und West nachzugehen. Text: Catherine Müller*

KRISHNAMACHARYA URSPRÜNGE DES MODERNEN YOGA 13 Der moderne Yoga ist kaum 100 Jahre alt. Die Quellen hingegen reichen über mindestens zweitausend Jahre zurück, von Teilen der Veden über das Yogasutra oder die Bhaghavad Gita bis viel später hin zur Hatha Yoga Pratipika, um einige zu nennen. Dies gilt erst recht für die Geschichte der Asana-Praxis, als dem am meisten praktizierten Übungsteil des heutigen Yoga. Dazu gibt es zwar weit zurückliegende erhaltene Zeichnungen und Erwähnungen. Doch die Form, wie Yoga und Asana heute praktiziert werden, ist jung, wie auch neuere wissenschaftliche Forschungen belegen. Sri T. Krishnamacharya (1888 1989) wurde in Mysore in Südindien in eine Brahmanenfamilie geboren. In seinem langen Leben er wurde 101 Jahre alt war er während sieben Jahrzehnten als Lehrer tätig. Er selber lehnte es ab, Guru oder Yogi genannt zu werden. Doch er wird als Acharya, Weiser und spiritueller Meister, bezeichnet, was bei seinem umfassenden alten Wissen, wie es nach ihm wohl niemand mehr hatte, gerechtfertigt scheint. Bereits als Kind erhielt er Yoga- und Sanskritunterricht von seinem Vater, seine späteren Studien umfassen sowohl die verschiedenen indischen Philosophiesysteme als auch die Veden, Sanskrit, Logik, Grammatik und Ayurveda. Sieben Jahre in Tibet Über sieben Jahre verbrachte er ab 1916 in Tibet im Himalaya bei seinem Lehrer Sri Ramamohan Brahmachari. Dieser hat seinen Lebensweg nachhaltig geprägt, indem er ihm die Aufgabe übertrug, den Yoga zur Heilung und Unterstützung der Menschen zu verbreiten. Zeitlebens sagte Krishnamacharya, alles, was er unterrichte, habe er von seinem Lehrer gelernt, und verneinte eine eigene Autorenschaft. Er konnte viele Texte auswendig rezitieren, Schriften von ihm gibt es nur wenige. So bleibt es schwierig, sein Leben und Wirken sowie die Entwicklung des Yoga durch ihn in seiner Ganzheit abzubilden. Viel zu verdanken ist hier seinem Sohn und engsten Schüler seiner letzten 30 Lebensjahre, T.K.V. Desikachar. Im Buch «Yoga. Heilung von Körper und Geist jenseits des Bekannten» (siehe Rezension auf Seite 58) hat er das Leben und die Lehren seines Vaters nachgezeichnet. Krishnamacharya selbst hat seine Heimat nie verlassen. Trotzdem darf er als Vater des modernen Yoga im Westen, wie darauf folgend auch in Indien selbst, bezeichnet werden. Die «Anfang des 20. Jahrhunderts war der Yoga in Indien fast völlig aus der Kultur verschwunden.»

Februar/März 13 14 THEMA meisten heute praktizierten Yogastile leiten sich aus seiner Tradition und der seiner Schüler ab. Geleitet vom Auftrag seines Lehrers folgte Krishnamacharya dem Ruf des Maharaja von Mysore und führte ab 1933 in dessen Palast die Yogaschule Yogasala. Dabei ist wichtig zu wissen, dass Anfang des 20. Jahrhunderts der Yoga in Indien fast völlig aus der Kultur verschwunden und im Westen noch überhaupt nicht bekannt war, nachdem der Hatha Yoga seine Blütezeit 500 Jahre zuvor erlebt hatte. Auch der Maharaja und seine Familie gehörten damals zu Krishnamacharyas Schülern. Experimente mit Asanas In dieser Zeit entwickelte er auf sehr experimentelle Weise viele neue Asana-Konzepte. Beeinflusst wurde er dabei wie heute als gesichert gilt auch von der damaligen westlichen Gymnastik. Eingeführt durch die englische Kolonialherrschaft, wurde die allgemeine Körperertüchtigung schliesslich zu einem wichtigen Element der antikolonialen Bewegung und entsprechend gefördert. Eindrücklich dazu sind die nachgestellten Szenen im Film «Der Atmende Gott» von Jan Schmidt-Garre, worin Krishnamacharya junge Erwachsene wie Schlangenmenschen akrobatische Übungen vor der Familie des Maharaja vorführen lässt. Auch echtes Archivmaterial von Kindern, einschliesslich seiner eigenen sechs Nachkommen, beim spielerischen Unterricht findet sich im Film reichlich sowie auch beeindruckende Asana-Abfolgen von ihm selber praktiziert. Liebevoll ist, wie seine Töchter «Es war in dieser Zeit der Reife, als Krishnamacharya den Yoga nochmals bedeutend weiter entwickelte.» vom Leben und Unterricht mit ihrem Vater erzählen, und wie der Yoga Teil ihres gelebten Alltags war und es bis heute blieb. In diese Zeit am Palast in Mysore fällt auch der Unterricht von zweien seiner bekanntesten und wichtigen Schüler, obwohl sie in ihrem Wirken und Stil sehr unterschiedlich sind: Pattabhi Jois und B.K.S. Iyengar. Pattabhi Jois (1915-2009) war ab 1927 über lange Jahre einer seiner ersten jungen Schüler in Mysore. Die Entwicklung seiner dynamischen Vinyasa- Flow-Serien, verbunden mit der koordinierten Atmung, wurde sicherlich stark beeinflusst durch die körperbetonte Asana-Arbeit Krishnamacharyas in den Dreissigerjahren an

KRISHNAMACHARYA URSPRÜNGE DES MODERNEN YOGA 15 Yogademonstration im Palast des Maharaja von Mysore. der Yogaschule des Maharajas. Daraus entwickelte Pattabhi Jois den heute in der ganzen Welt verbreiteten Ashtanga-Yoga, den er selbst 1975 nach Kalifornien brachte. Das Grundprinzip ist, durch Vinyasas den Körper über Bewegung und Atmung auf all seinen Ebenen zu aktivieren und zu stabilisieren, um dadurch den Geist zu konzentrieren. Sowohl Jivamukti-Yoga wie die ganze Poweryoga-Szene haben sich aus dem Ashtanga-Yoga entwickelt. Pattahbi Jois unterrichtete bis zu seinem Tod in Mysore weiter. Der Körper, mein Tempel Anders verlief der Yogaweg von B.K.S. Iyengar (geb. 1918). Als Schwager von Krishnamacharya war er ab 1934 für einige Jahre sein Schüler. Dabei kam er als junger, von vielen Krankheiten gezeichneter schwacher Mann zu ihm, und das Praktizieren von Asanasheilte ihn. So beschreibt er im Filminterview eindrücklich und beseelt, dass die Asanas für ihn Gebete seien, der Körper sein Tempel. Durch die Konzentration auf jede Faser und Zelle seines Köpers erreicht er die völlige Konzentration und damit das Bewusstsein, welches ihn in Verbindung mit dem Göttlichen bringt. Dies erklärt seine Lehre des Praktizierens der Asanas in lang gehaltener Statik. Von fliessenden Abläufen, vinyasas, hält Iyengar nicht viel; sein Yoga wirkt anders. Bereits 1937 verliess er Krishnamacharya auf dessen Geheiss, eröffnete seine eigene Schule in Pune, wo er noch heute lebt. Er entwickelte dort seinen eigenen Yoga, basierend auf den gemachten Erfahrungen, konsequent im Selbststudium weiter. Über seinen bekannten Schüler Yehudi Menuhin kam er wiederholt für Lehrreisen in den Westen, Iyengar- Yogastudios gibt es heute auf der ganzen Welt. Mit der Unabhängigkeit Indiens 1947 endete das Zeitalter der Maharajas; die Schule wurde geschlossen. Krishnamacharya zog 1952 mit seiner Familie ins heutige Chennai, wo er bis zu seinem Tod lebte. Damit begann eine neue Ära. Diese beinahe 40 weiteren Lebens- und Lehrjahre Krishnamacharyas finden sich im Film indes kaum wieder, was ein bedauernswerter Mangel und eine verpasste Chance zugleich ist; eine Einschätzung, der Jan Schmidt-Garre im Gespräch zustimmt. Stimme Desikachars fehlt Der jüngste Sohn, Sribhashyam (geb. 1940), vermag im Film als einziger zumindest ansatzweise etwas aus dieser wichtigen Wirkungszeit einzubringen. Er hat Indien 1970 verlassen und unterrichtet seither in Frankreich, wie er es von seinem Vater bis zu seinem Weggang gelernt hat. Nebst weiteren bedeutenden Schü-

Februar/März 13 16 THEMA lern aus dieser Zeit wie Indra Devi und A.G. Mohan wird sein Sohn und wichtigster Schüler der letzten drei Jahrzehnte, T.K.V. Desikachar, hingegen nur in einem Nebensatz erwähnt. WEITERFÜHRENDE QUELLEN: Jan Schmidt-Garre: Der Atmende Gott; DVD mit Bonusmaterial T.K.V. Desikachar. Yoga. Heilung von Körper und Geist jenseits des Bekannten. Leben und Lehren Krishnamacharyas. (s. S. 58) T.K.V. Desikachar: Yoga Tradition und Erfahrung A.G. Mohan: Krishnamacharya, His Life and Teachings T.K. Sribhashyam: Emergence du Yoga Mark Singleton: Yoga Body, The Origins Of Modern Posture Practice Viveka, Hefte für Yoga Nr. 49: Zur Geschichte der modernen Asanapraxis Yoga Journal (Schweiz. Yogaverband) Nr. 33: Die Geschichte des modernen Körperyogas Krishnamacharya: Leben und Lehren Aufgrund dessen bei Beginn der Dreharbeiten bereits fortgeschrittener Demenzerkrankung war es dem Regisseur nicht mehr möglich, Desikachar in den Film aktiv einzubeziehen. Es war jedoch in dieser Zeit der Reife, als Krishnamacharya den Yoga nochmals bedeutend weiter entwickelte und an eben diesen Sohn weitergab. Dazu gehören das Prinzip von «vinyasa krama», des sinnvollen Aufbaus einer Asana-Praxis, ebenso wie das bekannte und vielverbreitete Konzept des «Viniyoga», das auf jede Person individuell angepasste Üben einer Praxis, womit der therapeutische Ansatz insbesondere durch Einzelunterricht entwickelt und verbreitet wurde. Desikachar unternahm, auch im Auftrag seines Vaters, viele Lehrreisen in den Westen und gründete 1976 das Krishnamacharya Yoga Mandiram in Chennai, welches nach seinem Rückzug gerade in jüngster Zeit wieder bemüht ist, die Lehren seines Vaters und seine eigenen in eine nachhaltige Zukunft zu tragen. Spuren nachgezeichnet Der Film mit seinem ausführlichen Bonusmaterial auf der DVD ist ein wertvolles, wenn auch fragmenthaftes Zeitdokument über Krishnamacharya und den modernen Yoga geworden. Es mangelt ihm an Vollständigkeit in zeitlicher wie inhaltlicher Hinsicht, womit er die Frage nach dem Ursprung des heutigen Yoga nicht endgültig zu beantworten vermag. Jan Schmidt-Garre hat es mit der Neugier eines engagierten und einfühlsamen Filmemachers jedoch in verdankenswerter Weise geschafft, mit sehr aufwendigen Recherchen, Reisen durch Indien, Archivmaterial sowie ehrlichen und berührenden Erzählungen von allesamt bereits bejahrten Zeitzeugen einige Spuren nachzuzeichnen, bevor sie durch die Zeit gänzlich verwischt sind.

KRISHNAMACHARYA URSPRÜNGE DES MODERNEN YOGA 17 Krishnamacharya praktiziert Asanas und Pranayama. Zusammen mit den weiteren existierenden Dokumenten, insbesondere von T.K.V. Desikachar sowie den jüngsten wissenschaftlichen Forschungen, ergänzt der Film das Bild über das Leben und Wirken des grossen Acharya T. Krishnamacharya und seiner Bedeutung für den Yoga von heute in West und Ost auf bereichernde Weise. Das Fazit des Regisseurs ist, dass es ohne Krishnamacharya wohl kaum zum heute existierenden Yoga-Boom in Ost und West gekommen wäre wie auch immer seine Relevanz schlussendlich eingestuft wird. Als eigentliche Essenz des Films bringen alle Protagonisten, einschliesslich des Filmemachers selbst, etwas klar zum Ausdruck: Praktizie- «Praktizieren von Asanas verbunden mit der Atmung und Konzentration ist Yoga.» ren von Asanas verbunden mit der Atmung und Konzentration ist Yoga. Denn so wird der Geist erreicht und ruhig gemacht und Meditation geschieht, ohne es im Film zu benennen. Jan Schmidt-Garre nennt dies zum Schluss, nachdem er eine Yoga-Praxis nach Krishnamacharya, eine sogenannte «Life Saving Yoga Session», mit Asana, Pranayama und Meditation geübt hat, «den Atmenden Gott praktizieren» dies mit Blick auf den Yogi im Lotussitz. Eine weitere Erkenntnis von Schmidt-Garre ist, dass das dynamische Üben in Verbindung mit dem Atem eines der grossen Vermächtnisse des Yogameisters sei, obwohl die Statik in seinem Unterricht über all die Jahrzehnte immer seine wichtige Funktion behalten hat, auch im Viniyoga. Wegweisend war auch die Erkenntnis, dass jeder Mensch Yoga praktizieren kann vorausgesetzt die Praxis wird angepasst. Dies zum Wirken von Krishnamacharya für die Yoga-Praxis von heute. Mindestens ebenso wichtig für den ganzheitlichen Yoga sind seine tiefgreifenden Lehren und Erläuterungen zu einem modernen Verständnis der zeitlosen Philosophie im Yogasutra. Dieses Wissen, als eigentliches Tor zum Yoga, auch im Westen, wird in der Tradition von Krishnamacharya und seinen Schülern weitergetragen. Das ist gelebter Yoga und ebenso Vermächtnis dieses Yogameisters und faszinierenden Persönlichkeit. * Die Autorin ist Yogalehrerin YS/EYU, Rechtsanwältin und im Medien-, Kultur- und Eventmanagement tätig; catmueller@catmueller.ch, www.yogaraum-olten.ch.