IV. Werkstoffkunde Aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften von Werkstoffen muss das geeignete Material für jedes Bauteil und Werkzeug so ausgewählt werden, dass es seine Aufgabe optimal erfüllt. Einteilung der Werkstoffe in Werkstoffgruppen Metalle Nichtmetalle Verbundwerkstoffe Eisenwerkstoffe Nichteisenmetalle Stähle Eisen- Guss- Werkstoffe Schwermetalle Leichtmetalle Naturwerkstoffe Künstliche Werkstoffe
Werkstoffe Stähle: wie Baustahl, Werkzeugstahl, Vergütungsstahl Aus ihnen werden vor allem Maschinenteile hergestellt, die Kräfte übertragen: Schrauben, Bohrer und Zahnräder. Eisen- und Gusswerkstoffe: wie Stahlguss, Gusseisen und Temperguss sind gut gießbare Werkstoffe. Schwermetalle (Dichte > 5 kg/dm³): sind z. B. Kupfer, Zinn, Zink, Chrom, Nickel, Blei Besondere Eigenschaften, z. B. Kupfer elektrische Leitfähigkeit, Zink, Chrom und Nickel korrosionsbeständig. Leichtmetalle (Dichte < 5 kg/dm³): sind z. B. Aluminium, Magnesium, Titan Finden vor allem im Fahrzeugbau und in der Luft- und Raumfahrttechnik Verwendung. Naturwerkstoffe: sind in der Natur vorkommende Stoffe wie z. B. Hartgestein oder Holz. Künstliche Werkstoffe: dazu gehören: Kunststoffe, Gläser und Keramiken Sie sind leicht, elektrisch isolierend und elastisch. Verbundwerkstoffe: Sind aus mehreren Werkstoffen zusammengesetzt, z. B. glasfaserverstärkter Kunststoff.
Roheisen-Herstellung Roheisen ist der Ausgangsstoff für die Stahl- und Gusseisenerzeugung. Eisenerze: Magneteisenstein Fe 3 O 4 50 70% Eisenanteil USA, England Roteisenstein Fe 2 O 3 40 60% Eisenanteil USA, England Brauneisenstein 2 Fe 2 O 3 H 2 O 30 50% Eisenanteil USA, D Spateisenstein FeCO 3 30 40% Eisenanteil Österreich Vorgänge im Hochofen: Koks und Möller Winderhitzer Gichtgas 200 C 800 C Ofenschacht 1000 C 1300 C Kaltluft Heißwind 800 bis 1300 C 1600 C Gestell
Erklärung: Ofen wird schichtweise mit Möller und Koks gefüllt. (Möller = Gemisch aus Erz und vor allem Kalk) Die Zuschläge schmelzen zur Schlacke. Die teilweise Verbrennung des Koks liefert die notwendige Aufund Schmelzwärme. Das entstehende Eisen nimmt Kohlenstoff auf. Das Eisen schmilzt und sammelt sich im Gestell und wird durch den Abstich abgelassen. Die Schlacke schwimmt auf dem Roheisen. Roheisen ist ein Zwischenprodukt!!! Es wird für die Stahlherstellung weiterverarbeitet oder ist Ausgangsstoff für Eisen-Gusswerkstoffe! Die Schlacke wird in der Bauindustrie verwendet!
Stahl-Herstellung Roheisen enthält neben etwa 4% Kohlenstoff unerwünschte oder zu hohe Mengen an Eisenbegleitern. Diese müssen verringert werden. Diesen Vorgang nennt man Frischen. Roheisen Schrott Stahlherstellung nach dem LD-Verfahren: Das LD-Verfahren ist in Linz und Donawitz entwickelt worden und ist das weltweit häufigste Verfahren zur Stahlherstellung. Vorgang: Kippbares Stahlgefäß, das feuerfest ausgekleidet ist. Sauerstoff wird durch ein wassergekühltes Rohr mit 10 bar Druck auf das flüssige Eisenbad aufgeblasen. Reaktion des Sauerstoffs mit den Eisenbegleitern Schmelze kocht. Kalk wird zugegeben bindet feste Abbrandprodukte bindet unerwünschte Eisenbegleiter. Nach 15 20 Minuten Blaszeit sind die Begleitelemente des Roheisens auf das gewünschte Maß reduziert aus Roheisen wurde Stahl. Sauerstofflanze Zuschläge Schlackenpfanne Gießpfanne
Weitere Verfahren zur Stahlherstellung Blas-Verfahren LD-Verfahren LD-AC-Verfahren Kaldo-Verfahren OBM-Verfahren Sauerstoff wird mit einer Lanze auf die Eisenschmelze geblasen Vergleiche dazu den Merkstoff Stahl-Herstellung. Weiterentwicklung des LD-Verfahrens. Schlacke wird während des Vorgangs abgegossen und dann wird ein zweites Mal Sauerstoff auf die Eisenschmelze geblasen. Behälter rotiert während des Blasvorgangs. Sauerstoff wird von unten her mit Düsen in die Schmelze eingeblasen. Herdfrisch- Verfahren Siemens-Martin-Verfahren Elektroofen-Verfahren Zur Herstellung von Qualitätsstahl. Die Kosten für dieses Verfahren sind sehr hoch. Daher wird dieses Verfahren kaum angewandt. Frischen in Vakuumanlagen Gießstrahlentgasung Umschmelzen im Vakuum- Lichtbogen Zur Herstellung von Edelstählen. Der notwendige Druck wird durch ein Vakuum erzeugt, dadurch können unerwünschte Begleitstoffe einfach abgepumpt werden. Da der Sauerstoff-Anteil aber hoch ist, muss der Stahl anschließend durch Desoxidation nachbehandelt werden.
Nachbehandlung des Stahls Desoxidation: Hohlräume in Gussstücken, die nach der Erstarrung entstehen, nennt man Lunker. Frei werdender Sauerstoff wird durch Zusatz von Ferrosilicium oder Aluminium gebunden, sodass keine Gasblasen entstehen. Der Stahl erstarrt beruhigt. Vakuumbehandlung: Die Entgasung kann auch durch die Vakuumbehandlung erfolgen. Dabei wird der Druck über dem flüssigen Stahl vermindert, die Gasteile entweichen. Umschmelzverfahren: Mit diesem Verfahren werden lunkerfreie und reine Edelstähle erzeugt.
Verwendung der Stähle Baustähle 1) Verwendung: zur Herstellung von Maschinen, Fahrzeugen und Geräten sowie im Stahl- und Behälterbau Werkzeugstähle 1) Verwendung: Schneidwerkzeuge, Hand- und Maschinenwerkzeuge, Spritzgussformen 2) Dazu gehören: Allgemeine Baustähle schweißgeeignete Feinkornbaustähle Automatenstähle Einsatzstähle Nitrierstähle Vergütungsstähle Federstähle Sonderstähle 2) Dazu gehören: Kaltarbeitsstähle Warmarbeitsstähle Schnellarbeitsstähle Hochleistungsschnellstahl (HSS) kobaltlegierter Schnellstahl (HSS-E) pulvermetallurgisch hergestellter Schnellstahl (HSS-E-PM)
Vergießen des Stahls Durch Vergießen erhält der Stahl die Ausgangsform für die Weiterverarbeitung. Pfannendrehturm Gießpfanne Zwischenbehälter Treib-Richtmaschine Kühlkammer wassergekühlte Kokille Schneidemaschine Blockguss: Flüssiger Stahl wird in Kokillen (= Gussform) gegossen. Es entsteht ein Gussblock von ca. 1m Durchmesser. Strangguss: Ziel ist, beim Gießen Hohlräume zu vermeiden. Dies geschieht durch eine kurze, beidseitig offene, wassergekühlte Kupferkokille. Ideal für Schienen, Rohre, Drähte usw.
Eisen- und Gusswerkstoffe Einteilung der Eisen-Gusswerkstoffe: 1) Grauguss: im Grauguss ist ein Großteil des Kohlenstoffs (C) in Form von blättchenförmigem Grafit eingelagert. Verwendung: Schlitten für Werkzeugmaschinen, Getriebe- und Kurbelgehäuse 2) Hartguss: ist hart und druckfest, aber sehr spröde. Verwendung: Verschleißteile von Putz- und Gießereimaschinen 3) Sphäroguss: dem Sphäroguss ist kugelförmiges Grafit eingelagert hohe Festigkeit. Verwendung: Zahnräder, Kurbelwellen, Rohrleitungen 4) Temperguss: die Werkstücke aus Temperguss werden nach dem Gießen lange geglüht (=getempert) lässt sich gut schmieden. Verwendung: Fahrzeugbau (z. B.Pleuelstangen, Lenksäulen) 5) Stahlguss: ist in Formen gegossener Stahl. Verwendung: mechanisch hoch belastete Werkstücke, z. B. Gehäuse von Turbinen, Schaufelräder
Wärmebehandlungsverfahren Glühen: Durch die Glühbehandlung können innere Spannungen, die durch Walzen und Schmieden entstanden sind, beseitigt werden. Wärmebehandlung: Langsames Erwärmen, Halten auf Glühtemperatur, langsames Abkühlen. Härten: Dient dazu, Stahlwerkstücke hart und verschleißfest zu machen. Wärmebehandlung: Erwärmen, Halten auf Härtetemperatur, Abschrecken und Anlassen. 1) Erwärmen auf Härtetemperatur 2) Halten auf Härtetemperatur 3) Abschrecken 4) Anlassen: Erwärmen auf Anlasstemperatur
Weitere Verfahren der Wärmebehandlung: Vergüten: Das Werkstück erhält eine große Festigkeit und Zähigkeit. Verwendung: Wellen, Zahnräder und Schrauben. Randschichthärten: Werkstück rasch Erwärmen und sofort Abschrecken. Tiefer liegende Werkstückbereiche bleiben ungehärtet. Verwendung: Wellen und Bolzen. Einsatzhärten: Kohlenstoffarmer Stahl wird an der Randschicht mit C angereichert, und ergibt einen zähen Kern und eine gehärtete Randschicht. Verwendung: Wellen, Zahnräder, Bolzen, Zapfen. Nitrieren: Anreicherung mit Stickstoff zur Härtesteigerung und Erhöhung der Verschleißfestigkeit. Verwendung: Wellen, Zahnräder, Bolzen, Zapfen.
Legierungs- und Begleitelemente Als Legierung bezeichnet man die Vereinigung eines Metalls (=Grundmetall) mit einem oder mehreren metallischen oder nichtmetallischen Elementen. Verbesserung bestimmter Eigenschaften des Grundmetalls! Legierungselemente sind absichtlich zugesetzte Elemente, unerwünschte Elemente (=Verunreinigungen) nennt man Begleitelemente. Wir unterscheiden zwischen Legierungen mit Nichtmetallen (z. B. mit Kohlenstoff, Stickstoff, Schwefel oder Phosphor ) Legierungen mit Nichteisenmetallen (z. B. mit Aluminium, Kupfer, Magnesium ).
Nichteisenlegierungen Durch Legieren lassen sich die Eigenschaften des Grundmetalls gezielt verbessern bzw. man erzielt neue Eigenschaften. Einteilung der Nichteisenmetall-Legierungen: Gusslegierungen Knetlegierungen Chemische Symbole: Metalle: Al Aluminium Cu Kupfer Mg Magnesium Ni Nickel Pb Blei Sn Zinn Zn Zink Edelmetalle: Ag Silber Au Gold Pt Platin Legierungsmetalle: Wolfram (W), Kobalt (Co), Chrom (Cr), Cadmium (Cd)... Umwelt! Schwermetalle, wie Cadmium, Blei und Quecksilber gefährden die Gesundheit der Menschen, wenn sie in feinstofflicher Form in die Luft, den Boden oder in das Wasser gelangen!
Aluminium
Kupfer
Titan
Magnesium
Korrosionsarten 1) Definition: a) Korrosion = Angriff und Zerstörung metallischer Werkstoffe b) korrosive Mittel sind Stoffe, die die Korrosion begünstigen, z. B. Wasser, Chemikalien, Raumluft 2) Arten: a) Elektrochemische Korrosion Elektrochemische Korrosion feuchter Stahloberflächen: In feuchten Räumen oder bei feuchter Witterung wird die Oberfläche von Metallbauteilen mit einem Film überzogen. Die ganze Stahloberfläche wird dadurch zerfressen. Elektrochemische Korrosion an Korrosionselementen: Die Korrosion beruht auf denselben Vorgängen, die in einem galvanischen Element ablaufen: Besteht aus zwei Elektroden mit unterschiedlichen Metallen, die sich in einer elektrisch-leitenden Flüssigkeit (=Elektrolyt) befinden. Das unedlere Metall löst sich und wird korrodiert. Es herrscht eine kleine Spannung, die von der Größe des Werkstoffes abhängt. Mg Al Mn Zn Cr Fe Cd Co Ni Sn Pb Cu unedel edel
b) Chemische Korrosion Bei der chemischen Korrosion reagiert der Werkstoff direkt mit dem angreifenden Stoff, ohne Mitwirkung von Wasser. Hochtemperaturkorrosion: Diese Korrosion tritt z. B. beim Schmieden, beim Glühen und beim Härten von Werkstücken auf.
Korrosionsschutz Gezielte Werkstoffauswahl: Unlegierte Stähle, niedriglegierte Stähle Nichtrostender Stahl Aluminium, Aluminiumlegierungen Kupfer, Cu-Legierugen wenig korrosionsbeständig, ohne Schutz nur in trockenen Räumen beständig im Allgemeinen korrosionsbeständig, Gefahr nur durch aggressive Chemi-kalien im Allgemeinen gut korrosionsbeständig, Ausnahme: Cu-haltige Al-Legierungen sehr gut beständig, besonders Nihaltige Cu-Legierungen korrosionsschutzgerechte Konstruktion: Vermeidung von Kontaktkorrosionsstellen durch gleiche Werkstoffe in einer Bauteilgruppe, andernfalls durch Isolierzwischenschichten. Vermeidung von Spalten z. B. durch Verwendung Schweißverbindungen statt Schraubverbindungen Schaffung möglichst glatter Oberflächen durch Abschleifen oder Polieren. Ausschluss von Spannungsspitzen im Bauteil durch Vermeidung von scharfkantigen Kerben oder schroffen Übergängen.
Korrosionsschutz während der spanenden Fertigung: Gleich nach der Fertigung muss das mit dem Kühlschmierstoff dem Werkstoff anhaftende Wasser entfernt werden. Dies geschieht durch Tauchen in Korrosionsschutzöl. Korrosionsschutz auf Eisen-Werkstoffen: Je nach den erforderlichen Eigenschaften der zu schützenden Werkstückoberflächen und den angreifenden korrosiven Stoffen kommen unterschiedliche Beschichtungen zum Einsatz: Korrosionsschutz blanker Stahlteile: Geschliffene oder polierte Flächen werden eingeölt oder eingefettet (Korrosionsschutzöl oder Korrosionsschutzfett), wie z. B. bei Gleitbahnen, Spindeln, Zahnräder, aber auch Messwerkzeugen. Korrosionsschutz durch chemische Oberflächenbehandlung: Beim Brünieren entstehen durch Tauchen in heiße Salzbäder tiefschwarze Eisenoxidschichten, die anschließend mit Korrosionsschutzöl behandelt werden (Anwendung z. B. bei Werkzeugen. Zum Phosphatieren wird das Stahlbauteil in ein heißes Zinkphosphat-Bad getaucht. Dadurch entsteht nicht nur ein Korrosionsschutz, sondern auch ein korrosionsmindernder Haftgrund für Anstriche, wie z. B. bei PKW-Karosserien. Korrosionsschutzanstriche: Korrosionsschutzanstriche werden z. B. auf Maschinengehäusen, Blechverkleidungen oder Stahlkonstruktionen angebracht. Die zusammenhängende Schicht schützt das Bauteil meist für viele Jahre vor dem Kontakt mit der Umgebung. Das Aufbringen des Schutzanstriches kann durch Streichen, Spritzen oder Tauchen erfolgen.
Korrosionsschutz auf Aluminium-Werkstoffen: Die natürliche Korrosionsbeständigkeit des Aluminiums kann durch anodische Oxidation zusätzlich verbessert werden. Dazu wird das Bauteil als Anode in ein Schwefelsäure-Elektrolyse-Bad gehängt. Auf dem Aluminium bildet sich eine harte, korrosionsbeständige, fest haftende Oxidationsschicht aus Al 2 0 3. Diese ungefähr 20 µm (Nanometer) dicke Eloxalschicht ist durchscheinend, sodass das Aluminium seinen ursprünglichen Glanz behält.
Kunststoffe Kunststoffe sind synthetisch erzeugte, organische Werkstoffe (aus Rohstoffen wie z. B. Erdöl). Eigenschaften: Günstige Eigenschaften: geringe Dichte elektrisch isolierend wärmedämmend gut umformbar und bearbeitbar einfärbbar korrosionsbeständig Ungünstige Eigenschaften: keine hohe Festigkeit z. T. unbeständig gegen Lösungsmittel geringe Wärmebeständigkeit z. T. brennbar Problemmüll, da nur teilweise wiederverwertbar (Recycling) Einteilung der Kunststoffe: 1) Thermoplaste: Sie sind warm umformbar und schweißbar Polyethylen Polypropylen Polystrol Polyvinylchlorid (PE) (PP) (PS) (PVC) 2) Duroplaste: Sie sind unschmelzbar, nicht schweißbar, nicht verformbar, unlösbar Phenolharz Melaminharz Harnstoffharz ungesättigte Polyesterharze Epoxitharze Silikonharze (PF) (MF) (UF) (UP) (EP) (SI) 3) Elastomere: Sind gummiartige Kunststoffe, z. B. für Fahrzeugreifen, Schläuche, Gummifedern... Synthesekautschuk