LLP/ERASMUS ERFAHRUNGS BERICHT (ausformulierte



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Transkript:

LLP/ERASMUS 2012/13 Zeitraum: ganzes Jahr Gastland: Finnland Gastuniversität: Universität Tampere Programm: Erasmus via Fachbereich 05 studierte Fächer an Gasthochschule: Psychologie Name:* Email:* (* Angaben werden vor Veröffentlichung auf unserer Webseite gelöscht.) Datum: LLP/ERASMUS ERFAHRUNGS BERICHT (ausformulierte Version) Die Ankunft Meine Erasmus-Erfahrung Ich stehe oberkörperfrei vor meiner Sauna im Freien. Es ist kalt. Neben mir ein See, ansonsten Bäume, nichts als Bäume. Ich trinke Wodka mit Bären. Dann landen wir und ich wache auf. Ich steige aus dem Flieger. Das mit dem ersten Eindruck beschließe ich auf später zu verschieben, mit der Hoffnung, dass dieser eher unanschauliche Flughafen ein architektonischer Ausrutscher ist. Diese Entscheidung zahlt sich aus als ich eine halbe Stunde später im lebendigen Stadtkern von Tampere ankomme. Würde ich zu diesem Zeitpunkt schon wissen, welche guten Erfahrungen auf mich warten und dass es mir so gut gefallen wird, dass ich am Ende beschließe zu verlängern, würde ich vermutlich vor Vorfreude einen Luftsprung machen. Besser so, das würde vermutlich albern aussehen. So stehe ich einfach etwas verloren vor dem Bahnhof und warte auf meine Tutorin. Ich bin eine halbe Stunde früher da als geplant. Nach einer Weile sehe ich eine ziemlich kleine, lächelnde Person auf mich zu steuern. Ich scheine wohl leicht zu erkennen zu sein. Das mag an der viel zu warmen Jacke liegen, die ich vorsichtshalber schon einmal angezogen habe, Finnland ist ja schließlich kalt! In Wahrheit ist es momentan, es ist August, nicht viel kälter als in Deutschland. Erst gegen Ende Oktober bekommt man den Unterschied richtig zu spüren. Dann wird es kalt, nass und ziemlich schnell dunkel. Der schlimmste Monat soll laut Finnen der November sein. Herzlich werde ich begrüßt von Sarah, so heißt meine Tutorin. Ich stelle mich auf eine obligatorische Stadtführung und die darauf folgende Frage, ob sie sonst noch etwas für mich tun könne ein und darauf, dass meine

Tutorin sich anschließend in Luft auflöst. Doch diese Erwartungen sollen sich nicht bewahrheiten. Nach der obligatorischen Stadtführung (, nach der wir meine zukünftige Wohnung gefunden haben und ich eine finnische Sim-Karte habe,) werde ich zu einer Party am nächsten Abend eingeladen und habe das Gefühl, gut aufgehoben zu sein. Wie ich später erfahre bin ich kein Glücksfall. Das Tutorenprogramm der Uni Tampere ist sehr gut. Freundlich und gut informiert stehen einem die Tutoren von Anfang bis Ende mit Rat und Tat zur Seite. Im Hostel angekommen falle ich müde auf meine Matratze, die sich in freudiger Erwartung in die Ecke eines Vierbett-Zimmers kauert, das in ein Achtbett-Zimmer umfunktioniert wurde. Kuschelig. Vielleicht kurz ein paar Worte zu meiner Wohnsituation. Schon als ich mich für einen Wohnheimsplatz bewerben wollte, wurde mir mitgeteilt, dass keinerlei Chance mehr bestehe, noch ein Zimmer zu bekommen. Zwar sind relativ viele Zimmer verfügbar für Erasmus-Studenten, doch die Nachfrage ist sehr groß. Man sollte sich also beeilen, wenn man einen Wohnheimsplatz möchte. Es gibt drei Wohnheime für internationale Studenten. Lukonmäki ist ziemlich weit außerhalb. Unter der Woche fährt ein Bus von 4:00 morgens bis Mitternacht. Das Wohnheim ist von Wald umg eben und man zahlt (glaube Die Küche in Toas City ich) ungefähr 200 Euro für ein sehr geräumiges Einzelzimmer in einer Vierer-WG. Lapinkaari liegt ca. 15 Gehminuten vom Stadtzentrum entfernt direkt am See. Dort bekommt man relativ preiswert ein Einzelzimmer mit eigener Dusche. Toas City ist etwas teurer, dafür mitten im Zentrum. Dort gibt es Ein- bis Vier-Bettzimmer. Dort habe ich im zweiten Semester gewohnt und für ein Einzelzimmer 330 Euro bezahlt. Bad und Küche teilt man sich mit ungefähr 30 weiteren Erasmus-Studenten. Nichts für besonders reinliche Menschen, Küchen, Bäder und Flure sehen in den meisten Fällen aus, als hätte kürzlich eine Bombe eingeschlagen, die vor der Detonation noch eine Kochparty mit all ihren Bombenfreunden gefeiert hat. Putzpläne kratzen da auch eher an der Oberfläche, wenn sie überhaupt kratzen. Wenigstens werden Dusche und Bad von Putzfrauen übernommen einmal pro Woche. Toas City wird gerne als Treffpunkt für Pre-Partys, Dinner-Partys oder sonstige Partys genutzt, weil es für Alle gut zu erreichen ist und einen großen Gemeinschaftsraum besitzt. Und man muss danach nicht aufräumen, sieht ja eh aus wie Sau. Man lernt dort die meisten Leute kennen und man findet jederzeit jemanden zum Reden, Trinken oder Feiern. Im ersten Semester habe ich über Forenom eine Wohnmöglichkeit gefunden, ein privater Wohnungsvermittler für Studenten. Die Wohnung war sehr schön, die Küche war voll ausgestattet, es gab eine Waschmaschine und ein riesiges Wohnzimmer mit Flatscreen. Da nimmt man doch gerne mal in Kauf, dass man sich sein Zimmer teilt und das versprochene Internet zwei Wochen auf sich warten lässt. Ich teilte die Wohnung mit drei anderen Erasmus-Studenten. Das Zusammenleben klappte wirklich gut, vor allem dafür, dass wir zu zweit in einem Zimmer wohnten und sich somit unsere Privatsphäre auf ein Minimum beschränkte. Das größte Manko war der Preis: Wir zahlten pro Person 450 Euro Miete pro Monat! Forenom ist deshalb nur für den Notfall zu empfehlen.

Die erste Woche ist eine Einführungswoche. Sehr detailliert wird uns alles erzählt, was wir wissen müssen. Alle Fragezeichen, die sich seit der Anmeldung in Deutschland angestaut haben, geben nach und nach meine Hirnwindungen wieder frei. Wir werden sogar in einzelne Fachbereiche aufgeteilt, als es zur Kurswahl kommt. Nebenbei bietet die Einführungswoche viele Möglichkeiten die Anderen kennen zu lernen. ESN, das Erasmus Student Network, gibt sich alle Mühe zu zeigen, was es bietet. Eine Welcoming-Sauna, ein Picknick, die erste Erasmus-Party und eine Stadtrallye sind erst der Anfang. Fast jede Woche veranstaltet ESN Events, die einem die finnische Kultur näherbringen oder auch einfach Spaß machen. Wer möchte, kann sich auch bei ESN engagieren und bei der Organisation helfen. So lernt man leicht Leute kennen. Und wer weiß, vielleicht springt ja der ein oder andere Vorteil für einen raus.. ESN bietet im Laufe des Semesters auch viele Reisen an. Ich selbst war mit ESN in Lappland, St. Petersburg und auf einem Hüttenwochenende. Weiter werden Trips nach Stockholm, Tallinn und bekommen. Außerdem ist man mit einer Horde von Erasmus-Leuten unterwegs. Es ist allerdings etwas teurer als wenn man es selbst organisiert und man hat weniger Freiheiten. Tallinn, Stockholm, Helsinki und einige Städte in Finnland habe ich mir unabhängig von ESN angeschaut. Tallinn ist leicht und preiswert selbst organisierbar und wirklich zu empfehlen. Die Altstadt ist wunderschön und man kann sehr gut und billig Wer mit ESN nach Lappland geht, sollte den Trip ans Nordpolarmeer nicht verpassen! feiern. Die Fähre nach Estland ist billig und fährt oft, viele Finnen fahren nur für einen Tag hin, um billigen Alkohol einzukaufen. Meine Highlights waren St. Petersburg, Stockholm und Lappland. Wer nach Russland möchte, darf seinen Reisepass nicht vergessen! Die wenigen offenen Fragen, die nach der Einführungswoche noch Bestand haben, werden von den Tutoren beseitigt. Da wäre zum Beispiel der Transport. Für Studenten, die nicht in Toas City wohnen, ist eine Buskarte sinnvoll. Man muss dafür einmal anstehen um sie zu bekommen, dauert ungefähr 7000 Stunden, und dann kann man sie an jedem Kiosk aufladen. Vorteil: Wenn man mit der Buskarte fährt, zahlt man nur die Hälfte der sonst 2,50 Euro pro Fahrt. Einen besonderen Studentenrabatt gibt es nicht. Wer eine Monatskarte möchte, kann sich diese für 30 Euro auch auf die Karte laden lassen. Was richtig gut ist: Studenten bekommen 50% Rabatt auf alle Zugverbindungen. So kann man für 30 Euro nach Helsinki und zurück. Vorher buchen muss man nicht, man gibt am Automaten einfach an, dass man Student ist. Alles Organisatorische und den Einzug in die Wohnung habe ich mehr oder weniger stressfrei hinter mich gebracht. Meine Mitbewohner sind cool und zusammen erkunden wir den Erasmus-Kosmos. Um das Leute-Kennenlernen muss man sich keine Gedanken machen. Fast schon zu schnell habe ich das Gefühl, dass ich meinen Platz in einer Gruppe gefunden habe. Da Tampere nicht sehr groß ist und das Studentenleben sich auf den Stadtkern konzentriert, läuft man sich auch immer wieder über den Weg. Es erweckt fast den Anschein dass eine Horde internationaler Ameisen von einem Tag auf den nächsten die ganze Stadt eingenommen hat. Vielleicht auch weil zwischen den eher zurückhaltenden, etwas schüchternen Finnen die lauten Erasmusstudenten besonders auffallen.

Obwohl Tampere überschaubar ist, hat es viele Ausgehmöglichkeiten zu bieten. In den kleinen Clubs wird die nordische Affinität zu Rock-Musik spürbar, während die größeren Clubs sich eher an den Charts orientieren. Die berüchtigten Alkoholpreise können geschickt umgangen werden, wenn man unter der Woche weggeht. Meine Lielblingsclubs sind Doris und Klubi. Der Dienstag entwickelt sich schnell zum Doris-Tag, fast jede Woche trifft man sich dort zu billigem Bier und alternativer Musik. Klubi ist mittwochs und donnerstags gut, am Wochenende sind die Getränke ziemlich teuer. Dort treffen sich Hipster genauso wie Indie/Alternative-Fans. Oft sind dort auch gute Konzerte. In Doris und Klubi findet man auch leicht Kontakt zu Einheimischen. Wer lieber unter Erasmus-Leuten bleiben will, kann sich an die ESN-Partys halten. Dort gibt es für Erasmus-Studenten meist auch gute Ermäßigungen. Nun wird es Zeit sich auch den Ernsten Dingen zuzuwenden, dem Studium. Ich muss meine Kurse belegen. Da alle Psychologie-Kurse in Finnisch sind und die Sprache nicht gerade intuitiv ist, bin ich auf die Hilfe der Dozenten angewiesen. Die sind zum Glück sehr hilfsbereit und können alle relativ gut Englisch. Es wird mir ermöglicht, die Module, die ich für meine Heim-Uni brauche, als Essay zu absolvieren. Das ist praktisch, aber auch etwas schade, weil ich so nur schwer andere Psychologie- Studenten kennen lernen werde. Ansonsten belege ich noch Politik-, Kultur- und Sprachkurse. Einen Vorteil haben Wirtschaftsstudenten, für die werden hier sehr viele Kurse auf Englisch angeboten. Nach ein paar Wochen fällt mir auf, dass Studieren hier viel zeitaufwändiger ist als in Deutschland. Man bekommt Hausaufgaben und muss Learning-Diaries schreiben. Das bin ich von Deutschland nicht gewohnt. Aber der Aufwand lohnt sich, es ist relativ leicht, gute Noten zu bekommen, wenn man sich die Zeit nimmt. Die Uni Tampere ist sehr modern. Es gibt zahlreiche Computerräume und die Bibliothek bietet reichlich Platz zum Lernen. Eine Sache fällt mir direkt anfangs auf. Finnland ist nicht so teuer wie erwartet. Gut, die meisten Nahrungsmittel sind ein paar Cent teurer, aber nicht so drastisch wie gedacht. Erst nach ein paar Wochen fällt einem auf, dass sich das summiert. Aber in der Mensa gibt es eine gute Auswahl an Hauptgerichten. Ein Menü kostet 2,70 Euro und beinhaltet eine Hauptspeise, einen Salat, Brot und ein Getränk. Man kann sich preiswert ernähren, wenn man jeden Tag in der Uni ist. Selbst kochen ist auf jeden Fall teurer. Definitiv teurer ist der Alkohol! Bier kostet ungefähr das Doppelte. Eine 0,33er Dose gibt es im Supermarkt ab ca. einem Euro. Vermutlich ist es hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass meine Lebenshaltungskosten in Finnland die in Deutschland um einiges übersteigen. Fazit Meine Zeit in Tampere war wirklich der Hammer. Besonders gut hat mir ausgelassene Lebensstil gefallen, der von so gut wie allen Erasmus-Studenten praktiziert wird. Ich habe sehr viel interkulturelle Erfahrung gesammelt. Ein Leben in einem anderen Land zu führen, hilft einem alles in einem anderen Lich zu sehen. Viele Dinge, die man hier als selbstverständlich erachtet, sind im Ausland ganz anders geregelt. Oft sind es kleine Alltagsabläufe, die einen das merken lassen. Das zweite Semester hat aus Tampere mehr ein zweites Zuhause werden lassen. Ein Semester ist wahnsinnig schnell vorbei und wenn man gerade das Gefühl hat, angekommen zu sein, muss man auch schon wieder seine Sachen packen. Natürlich gab es auch Dinge, die nicht so toll waren. Und der berüchtigte finnische Winter bildet einen Teil davon. Ich würde von mir behaupten, ein Wintermensch zu sein. Und wenn es kalt ist, finde ich das nicht sonderlich schlimm. Es gibt ja passende Kleidung. Gut, -25 C sind kalt, aber man

muss ja auch nicht so lang draußen sein. Das größere Problem ist die Dunkelheit. Im Dezember und Januar ist es ca. 4 Stunden Tag und meistens ist es dann auch noch bewölkt. Wenn die Sonne mal scheint, kommt es einem vor wie im Winter-Wunderland, aber wie gesagt, das kommt selten vor. Ein weiterer Kritikpunkt ist schlussendlich auch der finanzielle Aufwand. Das Erasmus-Stipendium reicht nicht mal für die Miete und Arbeiten während des Semesters ist schwer. Nicht mal die Finnen tun das, die arbeiten während der Sommerferien. Man sollte also ein gewisses finanzielles Polster mitbringen. Trotzdem kann ich Tampere jedem nur wärmstens ans Herz legen. Dort zu leben und zu studieren war eine der besten Erfahrungen meines Lebens.