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Transkript:

Deutscher Bundestag Drucksache 19/229 19. Wahlperiode 11.12.2017 Antrag der Abgeordneten Christian Lindner, Stephan Thomae, Renata Alt, Christine Aschenberg-Dugnus, Dr. Jens Brandenburg (Rhein-Neckar), Dr. Marco Buschmann, Karlheinz Busen, Christian Dürr, Dr. Marcus Faber, Daniel Föst, Otto Fricke, Katrin Helling-Plahr, Manuel Höferlin, Reinhard Houben, Ulla Ihnen, Olaf in der Beek, Gyde Jensen, Dr. Christian Jung, Daniela Kluckert, Pascal Kober, Konstantin Elias Kuhle, Alexander Kulitz, Michael Georg Link, Oliver Luksic, Dr. Martin Neumann, Hagen Reinhold, Frank Sitta, Judith Skudelny, Bettina Stark-Watzinger, Benjamin Strasser, Michael Theurer, Manfred Todtenhausen, Dr. Florian Toncar, Johannes Vogel und die Fraktion der FDP Einsetzung des 1. Untersuchungsausschusses ( Anschlag Breitscheidplatz ) Der Bundestag wolle beschließen: A. Der Deutsche Bundestag stellt fest: Bei dem Anschlag des tunesischen Attentäters Anis Amri auf einen Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 fanden zwölf Menschen den Tod, mindestens 65 wurden verletzt, viele davon schwer. In Respekt vor den Opfern und ihren Angehörigen sowie eingedenk seiner Verantwortung für die Sicherheit der in Deutschland lebenden Menschen ist der Deutsche Bundestag entschlossen, Hintergründe und Versäumnisse vor und nach dem Anschlag rückhaltlos aufzuklären und Schlussfolgerungen für die Zukunft zu ziehen. Die Opfer und ihre Angehörigen, aber auch alle Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch zu erfahren, ob der Anschlag hätte verhindert werden können und wenn die Möglichkeit bestanden hätte warum dies nicht gelang. B. Der Deutsche Bundestag beschließt: I. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses 1. Es wird ein Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 44 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) eingesetzt (zum Untersuchungsauftrag siehe Abschnitt II). 2. Der Untersuchungsausschuss setzt sich aus 18 Mitgliedern des Deutschen Bundestages zusammen, davon sechs Mitgliedern der CDU/CSU-Fraktion, vier Mitgliedern der SPD-Fraktion und je zwei Mitgliedern der AfD-Fraktion, der FDP-

Drucksache 19/229 2 Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE. sowie der gleichen Anzahl stellvertretender Mitglieder. II. Untersuchungsauftrag 1. Der Untersuchungsausschuss soll das Verhalten der Behörden des Bundes und der beteiligten Behörden der Länder im Zusammenhang mit dem terroristischen Anschlag am Breitscheidplatz, der Person des Attentäters Anis Amri sowie seines Umfeldes umfassend aufklären. Hierbei ist der gesamte Zeitraum zwischen der Einreise Amris in die EU im Jahr 2011 und dem Tag der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zu berücksichtigen sowie ggf. spätere Entwicklungen. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, welche Informationen über Anis Amri und sein Umfeld den deutschen Behörden und ihren europäischen und internationalen Partnern wann vorlagen, wie diese bewertet wurden, welche Maßnahmen daraufhin ergriffen wurden oder hätten ergriffen werden können, welche Informationen zusätzlich hätten erlangt werden können und welche Schritte eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden können. Schwerpunkte sind das Handeln und die Rolle der Bundesregierung und ihrer nachgeordneten Behörden (insbesondere Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, Bundeskriminalamt, Generalbundesanwalt, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Bundesministerium des Innern, Bundeskanzleramt) sowie die Zusammenarbeit der Behörden des Bundes mit den zuständigen Landesbehörden (z. B. im Rahmen des gemeinsamen Terrorabwehrzentrums) im Hinblick auf den Austausch von Informationen, deren Bewertung (insbesondere zur Gefährlichkeit von Anis Amri), die Abstimmung des weiteren Vorgehens der beteiligten Behörden untereinander sowie die Klärung der Verantwortlichkeit unter den beteiligten Behörden. Der Untersuchungsausschuss wird die Akten und Berichte der bisherigen sowie zukünftigen Untersuchungsausschüsse der Länder, die einen Bezug zum Untersuchungsgegenstand aufweisen, sowie die Akten und Berichte des Sonderbeauftragten des Senats von Berlin und des Parlamentarischen Kontrollgremiums hinzuziehen und in seine Arbeit einfließen lassen. 2. Der Untersuchungsausschuss soll insbesondere klären: a. Welche Erkenntnisse haben die Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen während der Zeit von der Einreise des Attentäters Anis Amri in den Schengen-Raum im Jahr 2011 bis zu dessen Tod am 23. Dezember 2016 über den Attentäter gewonnen? Welche Behörden waren dies und wann lagen diese Erkenntnisse vor? Lagen die Informationen den zuständigen Behörden zum richtigen Zeitpunkt vor? Dabei sind nicht nur Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie die Nachrichtendienste des Bundes und der Länder einzubeziehen, sondern auch andere Behörden, die mit der Person von Anis Amri Kontakt hatten oder denen Informationen über ihn zur Verfügung standen (z. B. Sozial- und Ausländerbehörden). Welche Konsequenzen wurden aus den vorliegenden Informationen gezogen? Welche Konsequenzen hätten aus den Informationen aus heutiger Sicht gezogen werden können und gezogen werden müssen? b. Wie erfolgte der Informationsaustausch zwischen den beteiligten Behörden? Welche Informationen wurden in dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) des Bundes und der Länder ausgetauscht und wann? Welche Behörden waren an der Diskussion der Gefährlichkeit von Anis Amri beteiligt? Wie wurde eine Gefährlichkeit von den einzelnen Behörden bewertet? Wie verlief die Meinungsbildung in den Erörterungen im GTAZ? Zu welchem Ergebnis kamen diese jeweils? War zwischen den beteiligten

Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode 3 Drucksache 19/229 Behörden klar, welche Maßnahmen von anderen Behörden ergriffen wurden und bei welcher Behörde die Verantwortlichkeit für den Gefährder Anis Amri in jedem Zeitpunkt lag? Wurden die verabredeten Maßnahmen umgesetzt? Welche Informationen enthielten zu welchem Zeitpunkt die verschiedenen Datenbanken der Sicherheitsbehörden zur Person Anis Amri? c. Welche konkreten Maßnahmen haben die Sicherheitsbehörden des Bundes insbesondere die Nachrichtendienste ergriffen, um weitere Erkenntnisse zu Anis Amri und seinen Kontaktpersonen zu gewinnen? Wurden die möglicherweise gewonnenen Erkenntnisse mit anderen Sicherheitsbehörden geteilt? Wenn ja, mit welchen? Welche Möglichkeiten der Erkenntnisgewinnung standen den Bundesbehörden zur Verfügung und wurden aus welchen Gründen nicht genutzt (z. B. eine eigenständige Analyse der Daten des Mobiltelefons Amris durch das Bundeskriminalamt, auf dem ein Bild von Amri mit einer Waffe gespeichert war)? d. Stand den Bundesbehörden ein Selbsteintrittsrecht zu (insbesondere dem Generalbundesanwalt, dem Bundeskriminalamt und dem Bundesamt für Verfassungsschutz)? Hätte davon Gebrauch gemacht werden können? Wenn ja, warum ist dies nicht geschehen? e. Wurden die Bundebehörden von den zuständigen Landesbehörden in die Ermittlungen eingebunden (z. B. bei der Auswertung der Kontakte zu ausländischen Islamisten auf dem Mobiltelefon von Anis Amri)? Haben die Bundesbehörden den zuständigen Landesbehörden aus eigener Initiative ihre Unterstützung angeboten? Haben die Bundesbehörden den zuständigen Landesbehörden sämtliche Erkenntnisse, die ihnen zu Anis Amri und seinen Kontaktpersonen vorlagen ggf. von sich aus, mitgeteilt? f. Wie sind der Attentäter Anis Amri und seine Kontaktpersonen überwacht worden, und welche Erkenntnisse ließen sich vor und nach dem Anschlag und vor und nach dem Tod des Attentäters aus welchen Erkenntnisquellen gewinnen? Welche Informationen hätten über Anis Amri und seine Kontaktpersonen mit den zur Verfügung stehenden Mitteln erlangt werden können? Welche Informationen wurden als nicht belastbar eingestuft (z. B. die Aussage einer Vertrauensperson des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen NRW ( Murat ), Amri plane ein Attentat mittels Schnellfeuergewehren) und aus welchen Gründen? g. Hat das Bundesamt für Verfassungsschutz nach dem Ende der polizeilichen Überwachungsmaßnahmen Anis Amri weiter überwacht? Wenn nein, aus welchem Grund wurde davon abgesehen? h. Hätte Anis Amri abgeschoben werden können? Hat die Bundesregierung dem Land NRW angeboten, es im Rahmen des Passersatzpapierverfahrens mit Tunesien zu unterstützen? Wenn ja, hat das Land NRW dieses Angebot angenommen? Gab es die Möglichkeit, Anis Amri in Abschiebegewahrsam oder Untersuchungshaft zu nehmen? Wenn nein, wer hat entschieden, dies nicht zu tun? Welche zusätzlichen Informationen hätten vorliegen müssen, um dies anordnen zu können? Warum hat das Bundesministerium des Innern von seinem Selbsteintrittsrecht nach 58a Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes nicht Gebrauch gemacht und selbst eine Abschiebungsanordnung mit anschließender Abschiebehaft angeordnet? Warum wurden noch nicht einmal polizeiliche oder aufenthaltsrechtliche Meldeauflagen verhängt? i. Welche Informationen hatten die beteiligten Behörden über die kriminellen Aktivitäten von Amis Amri? Wurden diese Straftaten konsequent verfolgt? Wurde die Möglichkeit erwogen, ihn wegen dieser Straftaten in Haft zu nehmen und so zugleich das Risiko eines Anschlags durch ihn zu vermeiden? Warum wurden die verschiedenen Verfahren zu keinem Sammelverfahren

Drucksache 19/229 4 Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode zusammengeführt? Führten die kriminellen Aktivitäten von Amri dazu, dass das terroristische Gefahrenpotential, das von ihm ausging, als geringer eingestuft wurde? j. Wurde Anis Amri mittelbar oder unmittelbar als Informationsquelle genutzt? Wenn ja, hatte dies Auswirkungen auf die Entscheidung, ihn nicht in Abschiebe- oder Untersuchungshaft zu nehmen? Hatte Anis Amri Kontakt zu Vertrauenspersonen deutscher Sicherheitsbehörden? Haben diese seine Neigung beeinflusst, einen terroristischen Anschlag zu begehen? k. Warum wurde gegen Anis Amri trotz seiner Kontakte zu lybischen Islamisten kein Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ( 129a, 129b des Strafgesetzbuchs StGB) oder der Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ( 89b StGB) angestrengt, falls er sich tatsächlich mit dem Ziel an sie wandte, eine Anleitung oder Anweisungen für einen Anschlag zu erhalten? l. Welche Informationen haben die Behörden von ausländischen Stellen (z. B. vom marokkanischen Nachrichtendienst DGST) erhalten, wann lagen diese vor und wem? Welche Schlüsse wurden daraus gezogen? Wie und wann wurden diese Informationen mit anderen Behörden geteilt bzw. warum wurde davon abgesehen? Welche Maßnahmen wurden eingeleitet? Haben deutsche Behörden von ausländischen Stellen selbst Informationen über Anis Amri oder seine Kontakte (z. B. seine Chatpartner, die durch Auswertung seines Mobiltelefons bekannt waren) eingeholt? Welche Informationen haben deutsche Behörden an ausländische Stellen übermittelt? m. Unter welchen Identitäten war der Attentäter Anis Amri bei deutschen Behörden gespeichert, und weshalb ist es nicht gelungen, diese Identitäten der Person des Attentäters zuzuordnen? n. Warum konnte der Anschlag nicht verhindert werden? Ist die Ursache hierfür auf mangelhafte gesetzliche Befugnisse der Sicherheitsbehörden, auf Defizite der personellen, technischen oder finanziellen Ausstattung der Sicherheitsbehörden oder auf eine fehlende Qualifikation oder Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter zurückzuführen? o. Wie konnte dem Attentäter Anis Amri nach dem begangenen Anschlag vom 19. Dezember 2016 die Flucht vom Anschlagsort aus Deutschland durch mehrere europäische Länder bis nach Italien gelingen? Welche Maßnahmen sind zu seiner Ergreifung eingeleitet worden, und warum wurde er erst nach vier Tagen in Mailand gestellt? p. Wie sind die Behörden mit den bei ihnen vorhandenen Daten in Bezug auf den Attentäter Anis Amri, dessen Kontaktpersonen und den Anschlag vom 19. Dezember 2016 seit dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz verfahren? q. In welchen Szenen und in welchen Gruppen bewegte sich der Attentäter Anis Amri während seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland, mit welchen Personen im Inland und im Ausland stand er im regelmäßigen oder gelegentlichen Kontakt? Wurden und werden diese Szenen, Gruppen und Personen überwacht, und welche Maßnahmen wurden und werden zwischenzeitlich gegen diese Personen und gegen Mitglieder dieser Szenen und Gruppen ergriffen? r. Wie haben sich die Behörden nach dem Attentat auf dem Breitscheidplatz in Berlin am 19. Dezember 2016 gegenüber den überlebenden Opfern und den Angehörigen der Opfer verhalten? Haben sie aus damaliger und heutiger Sicht ausreichend Hilfe erhalten?

Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode 5 Drucksache 19/229 s. Haben die Bundesregierung und ihre nachgeordneten Behörden den Deutschen Bundestag und die Öffentlichkeit immer rechtzeitig, vollständig und zutreffend über alle Sachverhalte, die den Untersuchungsgegenstand betreffen, sowie ihre Aufarbeitung unterrichtet? 3. Der Untersuchungsausschuss soll Empfehlungen zu folgenden Fragen aussprechen: a. Welche gesetzgeberischen Maßnahmen sind nach den durch den Untersuchungsausschuss gewonnen Erkenntnissen zu ergreifen? b. Sind Konsequenzen für die innere Organisation der Sicherheitsbehörden des Bundes, der Länder und Kommunen und für die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden der Länder untereinander und zwischen dem Bund, den Ländern und Kommunen nach den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses zu ziehen, insbesondere für das GTAZ, und ggf. welche? c. Sind im Bereich der Sicherheitsbehörden Konsequenzen für die Kooperation und den Informationsaustausch auf internationaler insbesondere europäischer Ebene zu ziehen und ggf. welche? d. Welche aufenthaltsrechtlichen Änderungen sind erforderlich? e. Sind Konsequenzen zur besseren Betreuung der Opfer von Terroranschlägen zu ziehen, seien es Überlebende, seien es Angehörige von Opfern, und ggf. welche? Berlin, den 11. Dezember 2017 Christian Lindner und Fraktion

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