Die Wand. Roman in Einfacher Sprache

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Transkript:

Die Wand Roman in Einfacher Sprache

Spaß am Lesen Verlag www.einfachebuecher.de Diese Ausgabe ist eine Bearbeitung des Buches Die Wand von Marlen Haushofer. Copyright 2004 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Copyright 1968 by Claassen Verlag, Hamburg und Düsseldorf Erschienen im Claassen Verlag Text Originalfassung: Marlen Haushofer Text in Einfacher Sprache: Eva Dix Redaktion und Gestaltung: Spaß am Lesen Verlag 2018 Spaß am Lesen Verlag, Münster. Alle Rechte vorbehalten. Nichts aus dieser Ausgabe darf ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Herausgebers vervielfältigt, in einer automatisierten Datenbank gespeichert oder in irgendeiner Weise elektronisch, mechanisch, in Form von Fotokopien, Aufnahmen oder auf andere Art veröffentlicht werden. ISBN 978-3-947185-55-9

Marlen Haushofer Die Wand Roman in Einfacher Sprache

Schwierige Wörter oder Ausdrücke sind unterstrichen. Die Erklärungen stehen in der Wörterliste am Ende des Buches.

Inhalt Mein Bericht 7 Vor zwei Jahren am 30. April 9 Wir fahren ins Jagdhaus 11 Die Wand 15 Auf der Suche nach Leben 20 Die Kuh 23 Ein Stall für Bella 29 Tod und Verzweiflung 31 Hugos Vorräte 36 Gewohnheiten 38 Überleben 40 Die Katze 43 Alltag kehrt ein 48 Ausflug ins Nachbar-Tal 51 Perle 59 Glocken läuten 63 Die Zyklamen blühen 65 Ernte-Zeit 68 Perles Tod 70 November 74 Weihnachten 77 Die Geburt 81 Frühling 86 Aufbruch zur Alm 87 Sommer auf der Alm 89 In der großen Stille 91 Eine große Arbeit wird getan 94 Das Gewitter 96 Sonne, Mond und Sterne 99 Zurück im Jagdhaus 102 Was ich vermisse 105 Der erste Schnee 107 Das dritte Jahr 110 Ich werde krank 111 Zeit der Genesung 115 Rückkehr auf die Alm 117 Abschied 122 Die weiße Krähe 127 Wörter-Liste 131

Mein Bericht Hugo und Luise hatten mich eingeladen, mit ihnen ins Jagdhaus zu fahren. Wenn sie mich nicht eingeladen hätten, wer weiß... Dann wäre ich jetzt wahrscheinlich tot. So aber bin ich am Leben. Ich lebe, und ich schreibe. Heute, am 5. November, habe ich damit angefangen. Ich schreibe alles auf, was passiert ist. Alles aus diesen zweieinhalb Jahren. Alles aus der Zeit, seit es die Wand gibt. Alles, was mir jeden Tag im Kopf herumgeht. Was mich nachts beschäftigt und ängstigt. Kein Mensch wird meinen Bericht jemals lesen. Niemand wird ihn jemals finden. Denn es ist niemand mehr da, der ihn lesen kann. Es ist überhaupt niemand mehr da. Aber ich schreibe nicht für andere. Ich schreibe nur für mich. Ich schreibe, um die Angst auszuhalten. Die Angst, die von allen Seiten auf mich zukriecht. Ich schreibe, um nicht verrückt zu werden. Ich schreibe, um den langen, dunklen Winter zu überstehen. 7

Es sind nicht die Tage, vor denen ich mich fürchte. Es sind die Abende. Die langen, dunklen Abende. Niemand ist da, der mit mir spricht. Niemand sorgt für mich. Ich bin allein. Allein mit meinen Gedanken und meiner Erinnerung. 8

Vor zwei Jahren am 30. April Mein Bericht beginnt am 30. April vor zwei Jahren. An diesem Tag sind wir zusammen ins Jagdhaus gefahren: Hugo, Luise und ich. Ich hatte mich auf den Ausflug in die Berge gefreut. Mein Mann war zu jener Zeit schon fast zwei Jahre tot. Und meine Töchter waren fast erwachsen. Ich musste auf niemanden mehr Rücksicht nehmen. Diese Freiheit habe ich selten genutzt. Ich bin immer am liebsten zu Hause gewesen. Doch zum Jagdhaus bin ich gern mitgefahren. Hugos Jagdhaus in den Bergen. Das Haus, in dem ich heute lebe. Hugo war der Mann von meiner Kusine Luise. Er war groß und dick und immer müde, aber auch immer ruhelos und gehetzt. Hugo hatte eine Fabrik und war ziemlich reich. Seine Arbeit muss ihn sehr angestrengt haben. Sobald er irgendwo saß, ist er eingeschlafen. Das Jagdhaus hatte er für seine Gäste. Hugo selbst ging nicht auf die Jagd. Ins Jagdhaus hat er Freunde und Geschäfts-Partner eingeladen. Es war Luise, die mit den Gästen auf die Jagd ging. Sie liebte die Jagd. 9

Hugo hat meistens nur vor dem Haus in der Sonne gesessen. Er hatte keine Freude daran, unschuldige Rehe zu töten. Ich konnte Hugo gut leiden und war immer gern mit ihm im Jagdhaus. Wir liebten beide den Wald und die Ruhe. Hugo verdanke ich, dass ich heute noch lebe. Meine Kusine war eine lebenslustige Person und immer in Bewegung. Für den Haushalt hat sie sich überhaupt nicht interessiert. Sie war froh, wenn ich mich ums Haus und um Hugo gekümmert habe. Hugo hatte gern Ordnung um sich. Er war ziemlich ängstlich. Damals sorgten sich alle, dass es einen Atom-Krieg geben könnte. Hugo brachte bei jedem Besuch Lebensmittel und andere wichtige Dinge ins Jagdhaus. Er legte einen richtigen Vorrat an. Luise fand das völlig übertrieben. Ich bin heute sehr froh darüber. Ohne Hugos Vorräte könnte ich nicht überleben. Aber ich will alles der Reihe nach erzählen. 10