Rechtliche Vorgaben für den Handel mit Gütern, die zur Folter oder Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden könnten

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Rechtliche Vorgaben für den Handel mit Gütern, die zur Folter oder Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden könnten 2017 Deutscher Bundestag

Seite 2 Rechtliche Vorgaben für den Handel mit Gütern, die zur Folter oder Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden könnten Aktenzeichen: Abschluss der Arbeit: 18. Oktober 2017 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen.

Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Regelungen der EU-Anti-Folter-VO im Überblick 4 2.1. Umfassende Verbote für Güter des Anhangs II EU-Anti-Folter-VO 4 2.2. Erfordernis der Ausfuhrgenehmigung für Güter der Anhänge III und IIIa EU-Anti-Folter-VO 5 2.2.1. Ausfuhrgenehmigung für Güter des Anhangs III 6 2.2.2. Ausfuhrgenehmigung für Güter des Anhangs IIIa 6 2.3. Jährlicher Tätigkeitsbericht nach Art. 13 Abs. 3 EU-Anti-Folter-VO 7

Seite 4 1. Einleitung Gefragt ist danach, ob es in Deutschland Unternehmen gibt, die Güter produzieren, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zu Folterzwecken verwendet werden könnten. Weiterhin soll geklärt werden, ob in Deutschland ansässige Unternehmen das Personal militärischer oder polizeilicher Behörden oder sonstiger Sicherheitsunternehmen in Techniken und Fähigkeiten unterweisen, die auch zu Folterzwecken eingesetzt werden können. Letztlich soll die Frage beantwortet werden, welche rechtlichen Vorgaben den Handel mit Gütern regulieren, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zu Folterzwecken verwendet werden könnten. Zur Beantwortung dieser Fragen vermittelt der vorliegende einen Überblick über den Inhalt der Verordnung (EG) Nr. 1236/2005 des Rates vom 27. Juni 2005 betreffend den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten (EU- Anti-Folter-VO) 1, die in Deutschland aufgrund Art. 288 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) 2 allgemeine Geltung besitzt, in allen ihren Teilen verbindlich ist und ohne weiteren nationalstaatlichen Umsetzungsakt unmittelbar gilt. Dem insoweit gleichlautenden Art. 19 EU-Anti-Folter-VO kommt dementsprechend klarstellende Funktion zu. 2. Regelungen der EU-Anti-Folter-VO im Überblick Die EU-Anti-Folter-VO normiert Verbote und Genehmigungspflichten für den Außenwirtschaftsverkehr mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder anderer, grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden können. Welche rechtlichen Vorgaben im Einzelfall gelten, ist dabei insbesondere von den konkreten Gütern abhängig. 2.1. Umfassende Verbote für Güter des Anhangs II EU-Anti-Folter-VO Anhang II EU-Anti-Folter-VO listet auf: - Güter, konstruiert zur Hinrichtung von Menschen (u. a. Galgen, Fallbeile, elektrische Stühle, Gaskammern o. Ä.), - Güter, deren Verwendung durch Strafverfolgungs-/Vollzugsbehörden zur Fesselung von Menschen nicht angemessen ist (u. a. bestimmte Elektroschock-Geräte, Daumenschrauben, Fessel-/Käfig-/Netzbetten), 1 ABl. EG Nr. L 200 vom 30.07.2005. S. 1; zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2016/2134 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.11.2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1236/2005 des Rates betreffend den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten. ABl. EU Nr. L 338 vom 13.12.2016. S. 1. Link (konsolidierte Fassung): http://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/txt/?uri=celex:02005r1236-20161216 (letzter Abruf: 16.10.2017). 2 ABl. EU Nr. C 202 vom 07.06.2016. S. 47.

Seite 5 - tragbare Geräte, deren Verwendung durch Strafverfolgungs-/Vollzugsbehörden zur Bekämpfung von Ausschreitungen und Unruhen oder zum Selbstschutz nicht angemessen ist (u. a. Schlagstöcke oder Schilde mit Metallstacheln) sowie - bestimmte Peitschen (u. a. neunschwänzige Katze). Die grundsätzlichen rechtlichen Vorgaben in Bezug auf diese Güter, die außer zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zum Zweck der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe keine praktische Verwendung haben, normiert Kapitel II EU- Anti-Folter-VO. In Bezug auf diese Güter ist danach grundsätzlich jede - Ausfuhr 3 (Art. 3 EU-Anti-Folter-VO), - jede Einfuhr 4 (Art. 4 EU-Anti-Folter-VO), - jede Durchfuhr (Art. 4a EU-Anti-Folter-VO), - jede Vermittlungstätigkeit (Art. 4b EU-Anti-Folter-VO), - jede Art von Ausbildungs- und technische Unterstützungsmaßnahme (Art. 3, 4 sowie 4c EU-Anti-Folter-VO), - die Durchführung von Handelsmessen (Art. 4d EU-Anti-Folter-VO) sowie - Werbung (Art. 4e EU-Anti-Folter-VO) verboten. Verstöße gegen diese Verbote werden aufgrund der Regelungen in 18 Abs. 4, 5a Außenwirtschaftsgesetz (AWG) 5 mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet. Weitergehende einzelstaatliche Maßnahmen, um etwa die Beförderung oder die Erbringung von Finanzdienstleistungen (u. a. Versicherung, Rückversicherung) im Zusammenhang mit diesen Gütern zu beschränken, werden ausdrücklich durch Art. 4f EU-Anti-Folter-VO erlaubt. Von den Aus- und Einfuhrverboten sowie vom Verbot der technischen Hilfeleistung sind die Güter des Anhangs II EU-Anti-Folter-VO ausgenommen, die im Bestimmungsland nachweislich aufgrund ihrer historischen Bedeutung ausschließlich zum Zweck der öffentlichen Ausstellung in einem Museum verwendet werden. Entsprechende Einzelgenehmigungen können im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens nach Kapitel IV EU-Anti-Folter-VO erteilt werden. 2.2. Erfordernis der Ausfuhrgenehmigung für Güter der Anhänge III und IIIa EU-Anti-Folter-VO Anhang III EU-Anti-Folter-VO listet auf: - Güter, konstruiert zur Fesselung von Menschen (u. a. Ein-/Mehr-Personen-Fesseln, Einzelschellen, Spuckschutzhauben), 3 Nach Art. 2 lit. d) EU-Anti-Folter-VO ist unter Ausfuhr vor allem jede Verbringung von Gütern aus dem Zollgebiet der Union zu verstehen. 4 Nach Art. 2 lit. e) EU-Anti-Folter-VO ist unter Einfuhr vor allem jede Verbringung von Gütern in das Zollgebiet der Union zu verstehen. 5 Außenwirtschaftsgesetz vom 06.06.2013, BGBl. I S. 1482; zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.07.2017, BGBl. I S. 2789.

Seite 6 - Waffen und Geräte, konstruiert zur Bekämpfung von Ausschreitungen und Unruhen oder zum Selbstschutz (u. a. tragbare/fest montierte oder montierbare Elektroimpulswaffen), - Waffen und Ausrüstungen zur Ausbringung handlungsunfähig machender oder reizender chemischer Substanzen zur Bekämpfung von Ausschreitungen und Unruhen oder zum Selbstschutz sowie bestimmte zugehörige Substanzen (u. a. chemische Substanzen wie Pelargonsäurevanillylamid (PAVA), Oleoresin Capsicum (OC)). Anhang IIIa EU-Anti-Folter-VO listet auf: - Güter, die zur Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden könnten (u. a. Erzeugnisse, die zur Hinrichtung von Menschen durch tödliche Injektionen eingesetzt werden können wie bestimmte Barbiturate). Die Einfuhr dieser Güter unterliegt keinen Beschränkungen. Die Durchfuhr ist grundsätzlich ebenfalls nicht genehmigungspflichtig. Allerdings ist sie nach Art. 6a sowie 7d EU-Anti-Folter- VO verboten, wenn den entsprechenden Akteuren bekannt ist, dass Teile der Lieferung solcher Güter dazu bestimmt sind, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe oder zur Vollstreckung der Todesstrafe in einem Drittland verwendet zu werden. 2.2.1. Ausfuhrgenehmigung für Güter des Anhangs III Nach Art. 5 EU-Anti-Folter-VO ist für jede Ausfuhr von in Anhang III genannten Gütern eine Genehmigung erforderlich. Die Kriterien für die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen normiert Art. 6 EU-Anti-Folter-VO. So ist die Ausfuhrgenehmigung etwa dann zu versagen, wenn hinreichender Grund zu der Annahme besteht, dass die Güter, auf die sich der Antrag bezieht, zum Zwecke der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten. Im Hinblick auf das Genehmigungsverfahren sind die Regelungen des Kapitels IV EU-Anti-Folter-VO von Bedeutung. Abweichend vom Grundsatz, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen die Ausfuhr von Gütern des Anhangs III genehmigt werden kann, können die Mitgliedstaaten nach Art. 7 EU-Anti-Folter- VO weitergehende Aus- und Einfuhrverbote für bestimmte Güter des Anhangs III beschließen o- der aufrechterhalten. Deutschland hat keine entsprechenden Regelungen im AWG oder der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) 6 verankert. 2.2.2. Ausfuhrgenehmigung für Güter des Anhangs IIIa Das Erfordernis einer Genehmigung für die Ausfuhr von Gütern des Anhangs IIIa normiert Art. 7b EU-Anti-Folter-VO. Die Kriterien für deren Erteilung enthält Art. 7c EU-Anti-Folter-VO. So ist eine Genehmigung zu versagen, wenn hinreichender Grund zu der Annahme besteht, dass die Güter, auf die sich der Antrag bezieht, zur Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden könnten. 6 Außenwirtschaftsverordnung vom 02.08.2013, BGBl. I S. 2865; zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.09.2017, BAnz AT 28.09.2017 V1.

Seite 7 2.3. Jährlicher Tätigkeitsbericht nach Art. 13 Abs. 3 EU-Anti-Folter-VO Nach Art. 13 Abs. 3 EU-Anti-Folter-VO erstellen die Mitgliedstaaten jährlich einen öffentlichen Tätigkeitsbericht mit Informationen über die Zahl der eingegangenen Anträge, die von den Anträgen betroffenen Güter und Länder sowie über die in Bezug auf diese Anträge getroffenen Entscheidungen. Die Tätigkeitsberichte Deutschlands sind auf der Internetseite des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) abrufbar. 7 So ergibt sich aus dem 10. Tätigkeitsbericht, dass im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 die folgenden Genehmigungen und Ablehnungen ergangen sind: - Fesseln, einschließlich Mehr-Personen-Fesseln: 10 Genehmigungen für zwei Länder (USA, Schweiz), - tragbare Waffen und Ausrüstungen, die handlungsunfähig machende oder reizende chemische Substanzen abgeben: 43 Genehmigungen für 16 Länder (u. a. Georgien, Japan, Montenegro, Schweiz, Serbien, Ukraine) und eine Ablehnung (Bolivien), - PAVA/OC/Mischungen mit PAVA oder OC: 53 Genehmigungen für 18 Länder (u. a. Australien, Brasilien, Israel, Russland, USA, Tunesien, China), - für die Ausbringung handlungsunfähig machender oder reizender chemischer Stoffe bestimmte, fest montierte oder montierbare Ausrüstungen mit großem räumlichen Einsatzbereich: eine Genehmigung (Oman), - Erzeugnisse, die zur Hinrichtung von Menschen durch tödliche Injektionen eigesetzt werden könnten: 45 Genehmigungen für 25 Länder (u. a. Ägypten, Chile, Iran, Japan, Kuba, Saudi-Arabien, Uganda). Diese Daten betreffen die nach den Vorgaben der EU-Anti-Folter-VO legalen Ausfuhren bzw. die entsprechenden Genehmigungen. Darüber hinausgehende Informationen etwa zu Produktion und/oder Ausfuhr von Gütern des Anhangs II EU-Anti-Folter-VO liegen nicht vor. * * * 7 Link: http://www.bafa.de/de/aussenwirtschaft/ausfuhrkontrolle/antragsarten/anti_folter_verordnung/anti_folter_node.html (letzter Abruf: 16.10.2017).