Arno Herzig 900 Jahre jüdisches Leben in Schlesien senfkorn
Arno Herzig 900 Jahre jüdisches Leben in Schlesien
Dieses Buch widme ich Małgorzata und Krzysztof Ruchniewicz.
Arno Herzig 900 Jahre jüdisches Leben in Schlesien SENFKORN
Impressum: Arno Herzig 900 Jahre jüdisches Leben in Schlesien Senfkorn Verlag Alfred Theisen, Görlitz, 2018 Grafik, Satz, Layout: Andreas Isak Neumann-Nochten, Görlitz Druck: dimograf Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-935330-44-2
Inhalt Vorwort 1. Kapitel: Die Juden im schlesischen Mittelalter (ca. 1150-1500) Frühe Zeugnisse Das geistliche Zentrum Schweidnitz und die Politik der Bolkonen Das Capistran-Pogrom und Das Ende jüdischer Gemeinden in Schlesien Die antijüdischen Legenden 2. Kapitel: Die Habsburger Epoche (1526-1742) Die schlesischen Juden im Zeitalter der Reformation und des Humanismus Juden im Herzogtum Oels Die Habsburger Judenpolitik in Schlesien Jüdisches Selbstverständnis Die Gemeinden Zülz und Glogau Das Jägerndorfer Privileg Jüdisches Leben im Spannungsfeld der Verbote Das christliche Interesse am Judentum im beginnenden 18. Jahrhundert Der Ausgang der Habsburger Epoche 3. Kapitel: Die friderizianische Epoche (1740-1812) Die neue Gesetzgebung Die Privilegierten Die jüdische Sozialstruktur Das Alltagsleben Die Entwicklung auf dem Lande Das jüdische Zentrum Glogau Die jüdische Gemeinde Zülz Das Zeitalter der Aufklärung 7 9 9 17 24 27 39 40 44 47 48 50 56 57 63 69 73 73 78 82 83 93 97 108 112 5
4. Kapitel: Das Zeitalter der Akkulturation (1812-1918) Die demografische Entwicklung Die Rolle der schlesischen Juden in der Ökonomie Jüdische Bürgerlichkeit Die Auseinandersetzung um die Reform des jüdischen Kultus Die Synagogen Fragwürdige Integration Der Antisemitismus 5. Kapitel Niedergang und Vernichtung der deutschen Juden (1918/19-1945) Krisenbewusstsein und Krisenbewältigung Jüdische Renaissance Politisches Engagement Die jüdische Gemeinde in der Provinz Jüdisches Gemeindeleben Bedrohung durch den Antisemitismus Rechts- und Schutzverlust nach 1933 Die Beraubung der jüdischen Bürger Das Novemberpogrom Der Untergang 6. Kapitel: Nach 1945 Die letzten Entronnenen Ehemalige Breslauer Juden in Israel Die neuen Gemeinden Das Leben in den Gemeinden Neues Leben Hoffnung Anhang Archive, Literaturverzeichnis, Online-Ressourcen Zeitschriften Personenregister Ortsregister Abbildungsnachweis 120 121 123 132 138 145 149 155 160 161 163 166 168 170 171 172 180 182 187 195 195 196 197 198 200 201 204 205 222 223 229 232 6
Vorwort 2014 erschien der von Andreas Brämer, Arno Herzig und Krzysztof Ruchniewicz herausgegebene Band Jüdisches Leben zwischen Ost und West. Neue Beiträge zur jüdischen Geschichte in Schlesien. 1 Er enthält wichtige (Einzel-)Beiträge zur politischen Geschichte der Juden, ihrer Rolle im Wirtschafts-, Kultur- und gesellschaftlichen Leben Schlesiens, vor allem seit dem 18. Jahrhundert, zudem eine ausführliche Bibliographie der bis zu diesem Zeitpunkt erschienenen Untersuchungen zur Geschichte der Juden in Schlesien. 2 Mit Bezug auf diese Einzeluntersuchungen beabsichtigt vorliegende Studie eine Gesamtdarstellung der wechselvollen Geschichte der Juden in Schlesien, die die Zeit vom ausgehenden 12. bis zum 21. Jahrhundert umfasst. Sie analysiert die Beziehungen zwischen Gesamtgesellschaft und jüdischer Minderheit, die nach zahlreichen Konflikten und deren Lösungen, aber auch friedlichen Phasen des Zusammenlebens zur Emanzipation und Integration der Juden in die bürgerliche Gesellschaft im 19. Jahrhundert führte. Das jüdische akkulturierte Bürgertum spielte eine wesentliche Rolle bei der Herausbildung der bürgerlichen Zivilgesellschaft in Schlesien im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Am Ende dieses Prozesses aber steht die Vernichtung der deutsch-jüdischen Kultur und zahlreicher Menschenleben durch die Nationalsozialisten. Damit endete die Geschichte der deutschen, nicht jedoch der Juden in Schlesien. Nach der Shoa entstanden 1945 polnische jüdische Gemeinden in Schlesien. Ihre Mitglieder kamen aus der Sowjetunion, Polen, aber auch den KZ und pflegten eine ausgesprochen jüdische Kultur wie ihre tägliche Kommunikation, ihre Presse, ihr Theater zeigen. Die kurze Blüte nie gab es so viele Juden in Schlesien war jedoch bald zu Ende. Die Meisten von ihnen wanderten nach Westeuropa, in die USA oder aber nach Israel aus. Dennoch gab es auch jetzt noch ein jüdisches Leben in Schlesien. Auch wenn es zunächst zwischen den deutschen Juden in Schlesien und den neu hinzugekommenen polnischen keine direkte Traditionslinie gab, so griff die neue jüdische Gemeinde nach der Wende von 1989 auf die alten Traditionen zurück. Es ist ein weiter Bogen, der sich vom 12. bis zum 21. Jahrhundert spannt, eine lange Zeitspanne, in der es viele Verfol- 1 Brämer, Andreas; Herzig, Arno; Ruchniewicz, Krzysztof (Hg.): Jüdisches Leben zwischen Ost und West. Neue Beiträge zur jüdischen Geschichte in Schlesien, Göttingen 2014. 2 Irgang, Winfried: Historiografie der Forschungen zur Geschichte der Juden im mittelalterlichen Schlesien. In: Brämer; Herzig; Ruchniewicz (Hg.): Jüdisches Leben, S. 503-520; Irgang, Winfried: Neue deutsche Forschungen zur Geschichte der Juden in Schlesien seit den 1990er Jahren. In: Brämer; Herzig; Ruchniewicz (Hg.): Jüdisches Leben, S. 521-545. 7
(Gedenktafel) für Kantor David von 1203 gungen, Vertreibungen und auch Vernichtungen der Juden in Schlesien gab, in der aber dennoch das Judentum nicht untergegangen ist. Der Begriff Jude/Judentum ist in diesen Ausführungen nicht im engen konfessionellen Sinne zu verstehen, sondern schließt auch Persönlichkeiten ein, die durch Austritt oder Konversion nicht mehr zur jüdischen Gemeinde zählten, aber doch in der einen oder anderen Form dem Judentum verbunden blieben. Die vorliegende Darstellung beruht unter anderem auch auf Studien von mir, die bereits publiziert wurden, die hier aber erneut aufgeführt werden, um das Gesamtbild abzurunden. Mein Dank gilt Christine Schatz, Dr. Arkadiusz Danszczyk, der Martin-Opitz-Bibliothek in Herne, dem Verleger Herrn Alfred Theisen, seinen Mitarbeiterinnen und Herrn Andreas Isak Neumann-Nochten. Älteste in Breslau erhaltene Mazewa 8