Tiefengeothermie. Ein Beispiel dezentraler Energieversorgung. Gemeinde Unterhaching. Dr. Erwin Knapek



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Transkript:

Tiefengeothermie Ein Beispiel dezentraler Energieversorgung Gemeinde Unterhaching Dr. Erwin Knapek Wieser Zukunftsforum 17.01.2014

Erweiterte Definition Geothermie ist die in Form von Wärme gespeicherte Energie unterhalb der Oberfläche der festen Erde. (VDI 4640) Geothermie umfasst die in der Erde gespeicherte Energie, soweit sie entzogen und genutzt werden kann, und zählt zu den regenerativen Energien. Sie kann sowohl direkt genutzt werden, etwa zum Heizen und Kühlen im Wärmemarkt, als auch zur Erzeugung von elektrischem Strom Geothermie bezeichnet: Ingenieurtechnische Beschäftigung mit der Erdwärme und deren Nutzung und die geowissenschaftliche Untersuchung der thermischen Situation in der Erdkruste Quelle: Wikipedia 2

Tiefe Geothermie Wärme aus dem Erdinneren 99% der Erdkugel sind heißer als 1.000 o C und nur 0,1% ist kälter als 100 o C Die mit heutiger Bohrtechnik (ca. 5 km Tiefe) erschließbare Energiereserve der Tiefen Geothermie wird auf das 30-fache sämtlicher fossilen Reserven geschätzt. Quelle: Häring Geo Project 3

Definition: Oberflächennahe und Tiefe Geothermie Oberflächennahe Geothermie: bis ca. 200-400 m Tiefe Bereitstellung von Wärme / Kälte mittels Wärmepumpen Oberflächennahe Wärme-/ Kältenutzung Direkte Wärmenutzung Hydrothermale Lagerstätten Stromerzeugung Tiefe Tiefe Geothermie: bis ca. 5000 m Tiefe Petrothermale Lagerstätten Quelle: Geoforschungszentrum Potsdam (umgezeichnet) 4

Oberflächengeothermie RWTH Aachen Unterhaching Soultz-sous-Forêt 5

Isothermen Top Malm 7

Wasserwegsamkeiten 8

Fündigkeit Bohrung 1 122,8 C 150 l/s 3350 m vertikal Bohrung 2 133 C >>150 l/s 3680 m vertikal

Erlaubnis und Bewilligungsfelder in der Molasse Quelle: BStMWIVT 10

Überblick zu Geothermieheiz- bzw. kraftwerken in der Metropolregion München Garching 11 6 MW th Aschheim 2009 9 MW th U-schleißheim 03 7 MW th Altdorf Straubing 1999 4 MW th Ismaning U-föhring 2009 8 MW th Poing 2011 8 MW th Erding 1998 10 MW th Waldkraiburg Simbach 2001 7 MW th Mauerstetten Pullach 2005 6 MW th Freiham Grünwald 38 MW th 4 MW el U-haching 07 38 MW th 09 3.4 MW el Taufkirchen 4MW el Geretsried Sauerlach 5 Mw e l Kirchstockach 5 MW el Dürrnhaar 5 MW el Riem 2004 11 MW th Kirchweidach 10 MWel Traunreut 15 Anlagen i. Betrieb: 130 MW th 20 MW el 11 Anlagen im Bau: 110 MW th 40 MW el SWM 11

Die Pionierrolle der Geothermie Unterhaching: Wärme und Strom parallel 3,36 MW Ein Dreiwegeventil steuert die Fließraten für die Wärme und Stromproduktion 123,5 C 38 MW therm 60 C Die Anforderung von Wärme hat Priorität Die Stromproduktion wird präzise im Sekundentakt der alternierenden Fließrate angeglichen Die Vorlauftemperatur für die Fernwärme kann ohne Zuheizung erzeugt werden Es werden stets 100% des Thermalwassers verarbeitet Quelle: Geothermie Unterhaching 12

Kraftwerk mit Kalina Dampfkreislauf und Einsatz von Plattenwärmetauschern Ammoniak : Wasser ca. 85% : 15% Quelle: Geothermie Unterhaching 13

Warte Maschinenhalle - Kühltürme Modell Siemens AG 14

Plattenwärmetauscher evaporator pre-heater condenser district heating Quelle: Geothermie Unterhaching 15

ORC Anlage Dürrnhaar Quelle: SGG, Jahrfeld 16

und es funktioniert! Parallelbetrieb Strom/Fernwärme KW 5/2010 450 (Daten geglättet) 400 350 300 m³/h 250 200 150 100 50 0 01.02.10 02.02.10 03.02.10 04.02.10 05.02.10 06.02.10 07.02.10 Volumenstrom Thermalwasser gesamt Volumenstrom an Kalina Volumenstrom an Fernwärme Quelle: Geothermie Unterhaching 17

und es funktioniert auch auf Dauer! Parallelbetrieb Strom/Fernwärme KW 10-22 450,00 (Daten geglättet, ohne Stillstandszeiten) 400,00 350,00 300,00 m³/h 250,00 200,00 150,00 100,00 50,00 0,00 15.03.10 31.05.10 Volumenstrom Thermalwasser gesamt Volumenstrom an Kalina Volumenstrom an Fernwärme Quelle: Geothermie Unterhaching 18

Maximale Jahresproduktion Geothermie Unterhaching MW therm Vertraglich verbriefte Fernwärmeleistung Zusatzleistung Geothermie Grünwald Fernwärme (Winter) tatsächliche Spitzenlast Thermisches Leistungspotenzial für Stromproduktion mit Kalina Technik Fernwärme (Sommer) Grundlast 19

Fernwärmeversorgung 38 km Fernwärmeleitung Invest: 85 Mio. Euro davon 48 Mio. Euro für FW Anschlussleistung 2013: 58,5 MW therm 50% der Haushalte in Uhg Anschlusskosten für Wärmetauscher und 5 m Leitung im Grundstück: 1233,00 Euro (bis Ende 2010) Arbeitspreis: 0,0556 /kwh Kraftwerk Redundanz Thermalwasserleitung Injektion Anschlusskostenpauschale neu: 4.428,57 (KfW: 1800,00 ) 20

Wärmeverbund Grünwald - Unterhaching 21

Preisentwicklung Tiefen Geothermie Wärme 22

Ökonomischer Vorteil des Parallelprozesses Bei idealer Wärmenutzung führt die Stromerzeugung zu einer bedeutenden Zusatzeinnahme zur Abdeckung der Fixkosten (z. B. Lohnkosten) für die Fernwärme Vollständige und sinnvolle Nutzung des Thermalwassers außerhalb der Heizperiode, da die Förderpumpen nur in einer geringen Bandbreite geregelt werden können. 23

Herausforderungen 1 Technisch: Zu geringe Kapazität an Bohrgeräten und Bohrteams (Ausbildung von MA!) und damit zusammenhängend zu hohe Bohrpreise Zuverlässig laufende langlebige Förderpumpen für Thermalwässer mit hoher Temperatur und hohen Volumenströmen (derzeit gibt es F&E Projekte beim BMU/PTJ) Probleme der Ablagerung von störenden Schichten (scaling) und der Korrosion infolge des Chemismus der Thermalwässer an deren Oberflächen von untertägigen wie obertägigen Installationen (F&E Projekt BMU; F&E Projekt GEBO) 24

Potenziale der Geothermie Norddeutsches Becken Oberrheingraben Potenziell hydrothermale Vorkommen Molassebecken Aquifere Stromerzeugung Kristallin Hydrothermale Wärmenutzung 25

Petrothermale Geothermie: EGS Enhanced Geothermal Systems Quelle: soultz.net 26

Stimulation mit Wasser 27

Projekt Basel 28

Basel, ein Erfolg 29

Fazit Basel Das gilt auch für ein prinzipiell einfaches Projekt der Oberflächengeothermie wie in Staufen (Breisgau) 30

Entwicklung der Geothermie Neue Projekte Anzahl neuer Projekte pro Jahr Petrothermale Projekte > 1.000 Projekte > 100 TWh/a Hydrothermale Projekte ~ 100 120 Projekte ~ 4,6 TWh/a Zeit 31

Herausforderungen 2 Rechtlich und politisch: Einbindung der betroffenen Bevölkerung / Akzeptanz F & E Förderung für Demonstartionsvorhaben (Pilotprojekte) Neue Finanzierungsmodelle und Versicherung der Fündigkeit (z.b. Bürgschaften für Kredite durch den Bund oder die Länder, Impulsprogramm Geothermie Bohrungen) 32

Vorteile der Geothermie EEG-Vergütung für Strom für 20 Jahre Potenziell günstige Wärmeversorgung Positiver Standortfaktor CO 2 -emissionsfrei Imagegewinn Konkurrenzfähige Preise Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern Lokale Wertschöpfung Grundlastfähigkeit Preisstabilität Versorgungssicherheit Chance zur Erfüllung gesellschaftlicher und umweltpolitischer Anforderungen 33

Erzeugter Strom pro Fläche und pro Jahr (MWh/m²/a) PV Wind on Wind off Bio liqu Geotherm Biogas von 850 Kühen (9 km²) Pro Jahr entspricht die Methanemission einer Kuh 15 000 PkW - km Quelle: BEE Bericht 2009: www.enertrag.com; www.energieinfo.com; AEE Potenzialatlas Deutschland

Glück auf! Und danke für die Aufmerksamkeit 35