Mediation und Mobbingberatung in Betrieben



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Mediation und Mobbingberatung in Betrieben In diesem Beitrag werde ich das Problem Mobbing kurz umreißen. Das bedeutet aber auch, Prioritäten setzen zu müssen und dadurch das Problemfeld Mobbing nicht in aller Ausführlichkeit behandeln zu können. Schwerpunkte sollen vielmehr Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Mediation und Mobbingberatung sein. Exkurs zur Definition von Mobbing Mobbing hat es schon immer gegeben und wird sich auch in Zukunft, trotz Aufklärung und präventiver Maßnahmen nie gänzlich vermeiden lassen. Mobbing geschieht in Arbeitsteams, im Management oder auch unter Vorständen. Mobbinghandlungen können alle Mitarbeiter treffen, d.h. auf und zwischen allen Hierarchieebenen stattfinden. Als Folge von Mobbing treten bei direkt Betroffenen schwere Störungen ihrer Leistungsfähigkeiten auf. Die Mobbinghandlungen lösen besonderen psychosozialen Stress bei den Betroffenen aus, die zu Krankheiten und in einigen Fällen zum Suizid führen. Merkmale von Mobbing 1 :Konfliktsituationen, die als Mobbing bezeichnet werden können, weisen immer mehrere charakteristische Elemente, wie beispielsweise folgende, auf: Ein Mensch wird aus dem Team ausgesondert. (Es wird kaum noch mit ihm gesprochen, er wird zu kleinen Feiern im Betrieb, wie Geburtstagen u.ä. nicht mehr eingeladen bzw. über das Stattfinden gar nicht mehr informiert etc.) Er wird für die Probleme im Team verantwortlich gemacht. ( Wenn der nicht wäre, hätten wir keine Probleme.... ) Die persönliche Integrität wird verletzt. ( Wie siehst Du denn wieder aus, da kann ich ja gar nicht hingucken..! Oder Mitarbeiter machen vor der Tür des Kollegen Würgegeräusche.) Die berufliche Identität wird angriffen. (Durch z.b. das Erteilen herabwürdigender Arbeitsaufgaben.) Die beruflichen, religiösen, politischen Einstellungen/Werte und Aktivitäten werden angriffen. Wenn darüber hinaus auch noch der Unternehmer; Führungskräfte ebenso wie die Kollegen dem Betroffenen die alleinige Verantwortung für Misserfolg, Stress am Arbeitsplatz und/oder das schlechte Betriebsklima zuschreiben, wird einem Menschen dermaßen viel auf die Schultern geladen, dass er unter der Last zusammenbrechen und krank werden kann. 1 der folgende Exkurs zur Definition von Mobbing ist entnommen aus: v. Eisenhart Rothe, B; Jost, M.; Kapitel Mobbing, was ist das eigentlich? in: v. Eisenhart Rothe, Beate; Böcker, Thomas (Hrsg.) Wenn plötzlich die Chemie nicht mehr stimmt - Mobbing der heimliche Kostenfaktor; RKW-Verlag Nr. 1467; ISBN 3-89644 1

Mobbing verstehen Wir betrachten Mobbing als System-bedingtes Problem in Wirtschafts- und sozialen Unternehmen - und nicht als Problem einzelner Individuen. Demnach verstehen wir unter Mobbing negative, kommunikative Handlungen am Arbeitsplatz, die systematisch und zielgerichtet betrieben werden 2 ) und sich in regelmäßigen oder auch unregelmäßigen Zeitabständen wiederholen. Dabei ist der Angegriffene derjenige, über den persönlich zumeist tieferliegende betriebliche Probleme ausgetragen werden. Mobbinghandlungen geschehen häufig nicht-bewusst. Sie zeigen sich unter anderem darin, dass ein Mitarbeiter, mit dem z.b. in der Zusammenarbeit angeblich die Chemie nicht stimmt wie im Alltag Unstimmigkeiten häufig umschrieben werden - nicht mehr beachtet, aus der Team-Gemeinschaft ausgeschlossen wird und keine Informationen mehr erhält. Das dahinter stehende Motiv hat häufig mit Mobbing nichts zu tun. Einem aus Sicht von Kollegen überlasteten Mitarbeiter werden wohlmeinend und zu dessen Schutz Informationen vorenthalten, obwohl das Kernproblem in einer unstrukturierten Kommunikationspolitik liegt, unter der auch andere leiden.- ) Durch derartige Handlungen entwickeln sich häufig "Konflikt- Selbstläufer : Der beispielsweise von der Kommunikation ausgeschlossene Mitarbeiter fordert vehement sein Recht auf Information ein und löst wiederum Abwehrreaktionen der Kollegen aus. Denn diese fühlen sich unverstanden, haben sie doch nur zum Wohl des anderen gehandelt. Diese Spirale kann eine destruktive Eigendynamik in Gang setzen. Die Akteure wissen im Nachhinein zumeist nicht mehr, wie alles begann. Bei länger andauernden dynamischen, nicht bewussten Mobbingprozessen besteht die Gefahr, dass sich das Blatt wenden kann und dass vormals unbewusste Handlungen als bewusstes Mobbing eingesetzt werden, um dem destruktiven Spiel, unter dem alle leiden, ein Ende zu setzen. Die Mitarbeiter wiegen sich dabei in dem selbstgerechten Glauben, wenn alle in der Gruppe meinen, der Kollege sei untragbar im Team, käme das einer objektiven Einschätzung gleich. Was sie nicht wissen, ist, dass das Spiel in den meisten Fällen weiter geht, nachdem der Kollege den Arbeitsplatz verlassen hat, denn es stellt sich heraus, dass die Gruppenübereinstimmung ein zeitliches Zweckbündnis war, um den Mitarbeiter los zu werden. Allerdings werden Mobbinghandlungen auch teilweise bewusst von Anfang an initiiert, um Personal auf dem scheinbar einfachen Wege zu reduzieren oder unliebsame Konkurrenten aus dem Rennen zu werfen. Ob nicht-bewusst oder bewusst, allen Mobbinghandlungen ist ihre Zielgerichtetheit gemeinsam. Das nicht-bewusste Stadium ist dadurch gekennzeichnet, dass die Handelnden mögliche bedrohliche Konsequenzen ihres Tuns nicht erkennen bzw. abschätzen können. Handlungen, die auf einem durchaus wohlmeinend Motiv gegründet sind, beispielsweise durch häufiges und harsches Kritisieren einem arrogant auftretenden Mitarbeiter eine Lektion erteilen zu wollen, können letztlich z.b. die Vernichtung des beruflichen Selbstbewusstseins zum (nichtbewussten) Ziel haben. Motiv und Ziele der Handlungen stimmen nicht überein. Dennoch kann von einem zielorientierten Handlungen gesprochen werden. Bewusste Mobbinghandlungen sind zielstrategisch, die Motive eindeutig und die Handlungen sind auf die Motive abgestimmt. Die Unterscheidung in bewusste (zielstrategische) und nicht-bewusste (zielorientierte) Mobbinghandlungen ist insofern wichtig, weil dadurch eher die Erfolgschancen des Konfliktlösungsprozesses eingeschätzt werden können und ob der Arbeitsplatz des Betroffenen noch zu retten ist. Mobbingbetroffene fungieren zumeist als Sünden-, Prellböcke für unterschiedliche, nicht bearbeitete Probleme in einem Team/Betrieb. Zumeist sind die sich bekämpfenden Akteure in 2 (Leymann,Heinz; Mobbing übel mitspielen und wie man sich dagegen wehren kann; Rowohlt Taschenbuch-Verlag 2

diesem Konflikt Symptomträger für die dynamische und betriebliche Systemebene, aber sie sind nicht die Ursache des Problems. So sind auch Mobbingaktionen und -strukturen selber Symptome für zugrundeliegende kommunikative und organisationale Prozesse. Deswegen sprechen wir nicht von Opfer und Täter, denn diese Begrifflichkeiten können erneut in das pathologische Mobbingspiel 3 ) hineinziehen, nur mit vertauschten Rollen; denn schnell wird aus dem mutmaßlichen Mobber derjenige, der den betrieblichen Frieden stört und deshalb zu entfernen ist. Wir nennen deshalb die an der Mobbingsituation beteiligten Personen Mobbingakteure. Mobbing ist die höchste Kunst der destruktiven Konfliktaustragung und weist auf Störungen in der praktizierten Unternehmenskultur hin.. Konfliktlösungswege bei Mobbing Das Leitbild der Mediation entspricht dem der Mobbingberatung, wie z.b.: 1. Lösungsorientiertes Vorgehen durch Verhandeln Es geht um eine Win-Win-Lösung, bei der beide Parteien Kompromisse in Bezug auf die Durchsetzung ihrer jeweiligen Interessen eingehen, dabei aber trotzdem wenig Verluste einstecken. Teilweise gewinnen sie in dem Verhandlungsprozess sogar noch etwas, weil sich unerwartete Lösungsideen entwickeln. 2. Transformation Mediation geht davon aus, dass eine Konfliktlösung auch immer einen Lernprozess für beide Parteien mit sich bringt. Stärke und Chance dieses Prozesses liegen in der Veränderung des Dialoges, der Weiterentwicklung des sozialen Lernens und in der Aufrechterhaltung der Arbeitsbeziehungen. Grundsatz: Es sind die Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen beide Parteien ihr Gesicht wahren können. Die Mediation rechnet mit der freiwilligen, aktiven und vernünftigen Mitarbeit der Konfliktbeteiligten an einer Lösung mögen sie dabei noch so emotional bewegt sein.... Die Mediation zählt auf Konfliktgegner, die sich mit ihrer Position schon identifizieren und die als im Empfinden, Reden und Handeln identische Personen mit anderen identischen Personen verhandeln können. 4 Allerdings sind diese Voraussetzungen bei Mobbing größtenteils nicht gegeben. Auch bei großen Vermittlungsbemühungen des Konfliktberaters gelingt es ihm häufig nicht, die andere Seite, die oft so genannte Täterseite, von einer Mediation zu überzeugen. An dieser Stelle kann eine Mediator sagen: Wenn das so ist, sind die Konfliktparteien nicht bereit. Damit wird man allerdings dem Mobbingbetroffenen, der die Mediation wünscht, weil er seinen Arbeitsplatz erhalten will, nicht gerecht. Und die Gegenpartei, die sich vollkommen im Recht fühlt, sich als Sieger wähnt, braucht sich auch weiterhin um keine Konfliktlösung zu bemühen, weil sie ihrer Meinung nach ja auch keine Probleme hat. 3 (Neuberger,Oswald; Mobbing übel mitspielen in Organisationen; Rainer- Hamp-Verlag 4 Wittschier, Bernd M; Konfliktzünder Zeit, Wirtschaftsmediation in der Praxis; Wiesbaden 2000; S. 103 und 104 3

Der Mobbingprozess hat absolut ungleiche Konfliktpartner hervorgebracht. Zumindest ist eine Seite aufgrund der Unterdrückung durch die Kontrahenten, bedingt durch das dynamisch entstandene Machtgefälle so geschädigt, dass von einer - scheinbar unüberwindbaren - Ungleichheit ausgegangen werden kann. Der Betroffene leidet an dem Verlust seiner beruflichen Identität und Handlungsunfähigkeit, denn alles was er tut, wird negativ kommentiert oder abgemahnt. Sein persönliches Wertesystem ist durcheinander geraten. Einige Betroffene befinden sich in einer akuten traumatisierten Krisensituation, ausgelöst durch die Mobbingbedingten psychosozialen Stressoren. Die Handlungsunfähigkeit, die teilweise mit Verhaltensveränderungen des Betroffenen einhergehen, werden wiederum in den allermeisten Fällen als psychische Störungen dem Betroffenen angelastet, womit dann im Nachhinein auch die Eskalation des Konfliktes begründet wird. Beratungsziele Die Ziele der Mobbingberatung stimmen mit denjenigen der Mediation überein, werden allerdings den Entstehungsbedingungen von Mobbing und dem daraus resultierenden Lösungsweg angepasst, wie im Folgenden dargestellt wird: Ziele der Mediation Machtgleichgewichtes als Vorbereitung der Konfliktbearbeitung schaffen zu einem gleichwertigen Platz in der sozialen Struktur und Dynamik des Unternehmen hinführen Machtgleichgewicht durch gewaltfreie Mittel herstellen Sieg-Niederlage-Entscheidungen verhindern Unrecht, Gewalt und Konflikte aktiv angehen, nicht mehr weiter passiv hinnehmen Weitere Ziele für die Mobbingberatung: relevante Faktoren der betrieblichen Mobbingsituation, wie z.b. Arbeitsorganisation und kommunikation Unternehmenskultur/Betriebsklima und verdeckte Strukturen (Machtspiele und soziale Strukturen hinter den Kulissen) analysieren individuelle Diagnosen der Mobbingakteure erstellen Entwicklungswege und Veränderungsbereitschaft der Akteure, eingeschlossen der verantwortlichen Führungsriege in Bezug auf mediative Lösungswege klären. Die Vorbereitung des mediativen Weges nimmt of viel Zeit in Anspruch. Des Öfteren beginnt dieser Weg mit einer Anordnung der Personalabteilung und wird mit einem entsprechenden Vertrag zwischen Berater und Betrieb abgesichert. Denn häufig ist die Art der Konfliktlösung ein Novum, und die Beratung benötigt einen gewissen Entwicklungsraum. Im Folgenden wird idealtypisch ein Weg von der individuellen Mobbingberatung bis zur Konfliktlösung beschrieben. 4

Stadien des individuellen Beratungsprozesses 1. Die individuelle Beratung hat die Aufgabe, dem Betroffenen die systemischen Zusammenhänge und das Mobbing-Spiel im Betrieb begreiflich zu machen, ihm zu helfen, wie er sich aus der Schuldfalle erlösen" und seine Selbstbezichtigungen aufgeben kann. Den Weg aus dem Mobbing sehen und gehen bedeutet, die eigenen (nicht) bewussten Anteile in dem teuflischen Spiel" zu erkennen und zu verändern. Denn das Dilemma des Betroffenen ist, in einem ihn vernichtenden Spiel mit zu spielen, ohne es zu wissen. Der nächste Schritt kann der Wunsch nach einer Mediation sein, weil der Betroffene seinen Arbeitsplatz erhalten will. 2. Wir gehen davon aus, dass der Betroffene seine Rolle in dem Spiel reflektiert hat und bereit ist, trotz vergangener Demütigungen auf den oder die Kontrahenten zuzugehen, allerdings als gleichberechtigter Kollege. Wenn nicht schon vorher, aber spätestens zu diesem Zeitpunkt beginnt die Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit des Managements, sich für einen Konfliktlösungsprozess zu entscheiden. Die Erfolgsaussichten sind um so größer, je kürzer der Mobbingprozess angedauert hat und arbeitsrechtliche Maßnahmen bis dahin nicht übersptarpaziert wurden.. Oberstes Gebot ist dafür zu sorgen, dass alle Verantwortlichen für die Konfliktlösung ihr Gesicht wahren können, ( z.b. die Schuldfrage nicht zur Diskussion steht) gerade auch dann, wenn arbeitsrechtliche Schritte bereits vorgenommen wurden. Das Management, die Personalabteilung davon zu überzeugen, dass eine Mediation positive Wirkung auf die Kultur des Betriebes hat und eine Investition in die Zukunft ist, während Arbeitsgerichtsprozesse den Angstpegel und das Konfliktpotential im Betrieb eher erhöhen, ist eine schwierige Aufgabe und gelingt auch in einigen Fällen. 3. Ist die Führung bzw. sind die Personalverantwortlichen im Betrieb offen für eine Mediation, passiert es häufig, dass die sogenannten Täter nicht bereit sind, eine Mediation in Anspruch zu nehmen. Die Mobbingberatung schlägt dann sog. Akteurgespräche vor, die nicht freiwillig sind, sondern bei durch die Führung eingesehener Notwendigkeit von dieser angeordnet" werden können. Wie anders können mobbende Mitarbeiter sonst lernen, dass sie die Verantwortung für die Entstehung und Lösung des Konfliktes mittragen. Das wohl wichtigste Argument für das Ergreifen des Mittels der Anordnung ist, dass Mobbing die materielle und psychisch/physische Existenz eines Mitarbeiters bedroht. Damit ist zusätzlich die Verantwortung der Führung angesprochen, dafür Sorge zu tragen, dass Konflikte gelöst werden. Die Akteurgespräche haben mediativen Charakter. Die Vorbereitung erfolgt durch Einzelberatung der beiden Parteien. Der sogenannten Täterpartei wird genauso ihre Zeit (Lern)zeit gegeben, wie der Betroffenenpartei, um sich ihre Chancen bei einer Konfliktlösung zu erarbeiten. 5

Ausgangssituation betriebliche Mobbingberatung und Mediation Wird der Berater vom Betrieb angefragt, eine Mobbingsituation zu lösen, so werden die Akteurgespräche ebenfalls angeboten. Aus Erfahrungen kann davon ausgegangen werden, wenn die Personalabteilung eines Betriebes um Beratung bittet, dass die Mobbingsituation fortgeschritten ist. Um sich nicht in den systemisch dynamischen Fallen, die bei Mobbing immer vorausgesetzt werden können, zu verfangen, ist eine systemische Analyse der Situation unumgänglich. Denn Mobbing betrifft in den seltensten Fällen nur zwei Parteien. Hinter den Kulissen werden eifrig die Fäden gezogen. Wenn davon auszugehen ist, dass Mobbing, Symptom für tieferliegende Probleme im Unternehmen ist, kann der heimliche Auftrag für den Berater auch schon mal sein: Beweise, dass der Betroffene nicht integrierbar ist. Ein Beispiel dazu: Ein Betroffener und seine Kontrahentin haben sich für eine Mediation entschieden. In der ersten gemeinsamen Sitzung berichten beide von ihren Problemen und schildern ihre jeweilige Sichtweise der Dinge. Beide Parteien einigen sich auf weitere Sitzungen, weil sie zu einer Lösung kommen wollen, um wieder besser mit einander arbeiten zu können. Am Abend nach der ersten Mediationssitzung meldet sich bei dem Betroffenen einer aus der gegnerischen Machtzentrale" per Telefon und droht mit gewaltigen Konsequenzen, falls der Betroffene weiterhin in der Mediation Lügen verbreite. Der Betroffene hat die Mediation abgebrochen. Deswegen bedarf es, wenn der betriebliche Auftrag keine Analyse der Mobbingsituation vorsieht, mit den verschiedenen Parteien einer Vorbereitungszeit, die beide Seiten zu einer Mediation befähigen, wie sie die Akteurgespräche vorsehen. Zusätzlich sollte es ein regelmäßiges Reflexionsgespräch mit der Führung ggfls auch Interessenvertretungen und Gleichstellungsbeauftragte geben. Denn es können zu guter letzt noch, durch spezifische Interventionen aus den jeweiligen unterschiedlichen Interessen verursachten Perspektiven, Lösungen verhindert werden. Die Rolle des Beraters/ Mediators Ausgangssituation: individuelle Beratung Der Mobbing-Berater verhält sich in der individuellen Beratung parteilich, seine Berater- Perspektive ist allparteilich, um den Konflikt zu begreifen. Das wichtigste ist, den Betroffenen ernst zu nehmen, indem was er sagt und fühlt sowie die Mobbinggeschehnisse zu verstehen. Das Herstellen von Vertrauen und die dem Betroffenen gezeigte Achtung seiner Persönlichkeit ist ein erster Schritt im Gesundwerdungsprozess. Von den durch den Betroffenen formulierten Zielen, die seinen Weg aus der Mobbingsituation bestimmen, hängt die weitere Rolle des Beraters ab. Entscheidet sich der Betroffene für eine Konfliktlösung/Mediation hat der Berater die Aufgabe, seine dadurch veränderte Rolle zu erklären. Er ist nicht mehr der Privatberater" des Betroffenen, sondern er interessiert sich in gleicher Weise wie für den Betroffenen auch für die andere Seite. Er nimmt eine allparteiliche Position ein. Auftraggeber ist dann auch nicht mehr der Betroffene, sondern der Betrieb. Dadurch wird zwischen dem Betroffenen und dem Berater die Beziehung und somit auch die Beraterrolle neu definiert und damit auch transparent. Trotzdem macht es die Beratung nicht unbedingt einfacher, weil die Betroffenen zwar rational die Rollenveränderung einsehen, sie aber emotional nicht immer nachvollziehen können, sich verraten fühlen. Deswegen ist es sicherlich sinnvoll, vor allem nach längerer andauernder individueller Beratung eines Betroffenen einen zweiten Berater für die Akteurgespräche hinzuzuziehen. Dadurch werden die Rollen auch für alle Akteure klarer. Nur lassen sich diese Bedingungen nicht immer herstellen. 6

Die Frage bleibt offen, ob ein Lösungsprozess dann abgebrochen werden sollte, wenn der Betrieb sich zwar für Akteurgespräche entscheidet, aber nicht für eine zweite BeraterIn? Wie kann dann weiter gearbeitet werden? Sollte der Lösungsprozess abgebrochen werden? Von den vorauszusetzenden professionellen Fähigkeiten ist der Berater in der Lage eine allparteiliche Rolle einzunehmen. Häufig ist auch nicht der Rollen-Balanceakt das Problem, sondern die kurze vertraglich zugebilligte Beratungszeit, die den notwendigen Lern- und Entwicklungsprozessen der Akteure häufig entgegensteht. Zumindest braucht die BerateIn eien Coach/SupervisorIn. Solange Konfliktmanagement in den Betrieben wenig umgesetzt wird, und das Leitbild der Mediation noch keinen Eingang in die praktizierte Unternehmenskultur gefunden hat, geht es vielfach darum, den Boden für entsprechende Veränderungen zu bereiten und kreativ mit Konfliktlösungsinstrumenten umzugehen. Das bedeutet, jede Situation neu einzuschätzen und entsprechende Lösungswege mit allen direkt und indirekt am Konflikt beteiligten Akteuren zu erarbeiten. Vortrag für den Jahreskongress 2003 in Frankfurt/Main des Bundesverbandes Mediation e.v., zu finden in der Dokumentation Vitamin M gesellschaftliche Relevanz von Mediation, Jahreskongress 2003, S. 41 ff. Beate v. Eisenhart Rothe 7