«Gott mehr gehorchen» - «peiqarcei/n dei/ qew/ ma/llon»



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Transkript:

1 Predigt «Gott mehr gehorchen» - «peiqarcei/n dei/ qew/ ma/llon» Pontifikalamt zum 5-jährigen Pontifikat von Papst Benedikt XVI. in der Pfarrkirche St. Oswald, Marktl am Inn, 18. April 2010, 10.00 Uhr 3. Sonntag in der Osterzeit (Apg 5, 27 b-32. 40 b-41; Joh 21, 1-19) a Bischof Dr. Josef Clemens, Vatikanstadt Lieber Herr Pfarrer (Josef) Kaiser, lieber Herr (Erster) Bürgermeister (Hubert) Gschwendtner, liebe Schwestern und Brüder! In der heutigen Lesung aus der Apostelgeschichte schleudert der Hl. Petrus im Verhör durch den Hohenpriester diesem einen gewaltigen Einspruch - die sogenannte «clausula Petri» - entgegen, der selbst diese höchste religiöse Autorität sprachlos gemacht hat (vgl. Apg 5, 29b): Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen! - («peiqarcei/n dei/ qew/ ma/llon h' avnqrw,poij»). 1 Petrus und die Apostel hatten trotz eines ausdrücklichen Verbots weiter die Lehre Jesu und seine Auferstehung verkündigt (vgl. Apg 4, 18.21) und damit gegen die menschlichen Anordnungen der religiösen Obrigkeit gehandelt. Aber was heißt dies konkret: Gott mehr als den Menschen gehorchen? 2 1 Vgl. R. Pesch, Die Apostelgeschichte (Apg 1-12), in: EKK V/1, 215-224; G. Schneider, Apostelgeschichte 1,1-8,40, in: HThKNT, Apostelgeschichte und Briefe, 393-404. 2 Vgl. Platon, Apologie, 29d.

2 [Zuerst heißt dies ganz allgemein, dass das Wort Gottes und seine Ordnung stets Vorrang vor den Worten und der Ordnung der Menschen besitzen. Keine menschliche Anordnung kann Gottes Gebot außer Kraft setzen. Es klingt hier ein Wort Jesu an (vgl. Mk 12, 13): Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und - ich möchte hier einfügen: zuerst - Gott, was Gottes ist. Dies bedeutet keineswegs, dass es keine Ordnung der Menschen geben solle bzw. keine Gehorsamspflicht ihr gegenüber gäbe, sondern dies heißt, dass diese nicht im Widerspruch zur Ordnung Gottes stehen darf, wenn sie rechtmäßig Gehorsam einfordern will. Die Kirche tritt weder für einen Gottesstaat noch eine Anarchie ein, sondern sie verteidigt den Vorrang des göttlichen Gesetzes vor allen menschlichen Ordnungskompromissen. Jedes menschliche Gesetz muss am göttlichen Gesetz Maß nehmen, vor allem wenn es die Grundlagen eines menschenwürdigen Zusammenlebens regeln will.] 1. Gott zuhören und ihm mehr gehorchen Wir erinnern uns, dass im deutschen Verb gehorchen das Wort «horchen» 3, «hören» 4, «zuhören» verborgen ist. Damit lautet der erste und grundlegende Aufruf des Apostels: Man muss mehr Gott zuhören! Aber wie hört man mehr Gott zu? Wo können wir seine Stimme aus dem allgemeinen Stimmengewirr heraushören? Wir alle wissen, dass wirkliches Zuhören ein Öffnen, ein inneres Offensein voraussetzt. Daher müssen wir zuerst in uns Raum schaffen, uns Gott öffnen! Wir alle sind in diesen Gottesdienst gekommen, um uns für Gott zu öffnen, um sein Wort zu hören. Der Glaube kommt vom Zuhören und wir können hinzufügen: Der Glaube lebt vom Zuhören. Es handelt sich jedoch um ein aktives Hören, um ein Hören, das etwas bewegt, das eine Wirkung erzeugt. Als erste Wirkung dieses aktiven Zuhörens steht das Erwägen, das Abwägen, das Meditieren des Gehörten. In Maria haben wir ein Vorbild dieses aktiven Zuhörens (vgl. Lk 2, 19): Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach. 3 Vgl. die mittelhochdeutsche Wurzel hōrchen, bzw. das spätalthochdeutsche hōrechen. 4 Vgl. das mittelhochdeutsche Verb hoeren und das althochdeutsche hōran.

3 Aus dem Erwägen erwächst durch das Verstehen und durch die Zustimmung des Willens der Gehorsam, d.h. ich habe das gehörte Wort auf der «Waage des Ewigen» abgewogen und es mir zu Eigen gemacht, es ist ein bestimmender Teil meiner Existenz geworden. Im rechten Gewissen besitzen wir sozusagen ein «Depot» der Ordnung Gottes, das von seinem Wort «erfüllt» ist, das von ihm geformt worden ist. Mit einem Wort gesagt: Gehorsam ist die Annahme des göttlichen Wortes bzw. die Übernahme seines Willens in mein Leben. Sein Wille verändert mich im Innersten, er bildet mein Gewissen, und bestimmt mein Denken und mein Tun. Ganz in diesem Sinne sagt der Hl. Paulus im Galaterbrief (Gal 2, 20): Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Wir machen alle die Erfahrung, dass Gottes Wort und sein Wille nicht unangefochten meine Existenz bestimmen können, sondern es treten immer wieder - mitunter viel lautere - einschränkende oder warnende Worte der Menschen dazwischen. Diese Einwürfe sagen uns offen oder verdeckt: Gottes Wort verlangt zu viel in der heutigen Zeit, es ist heute nicht (mehr) lebbar! Oder: Es gibt Wichtigeres und Dringenderes zu tun, als auf das Wort Gottes zu hören! Oder auch: Das Wort Gottes ist in der heutigen Meinungs- und Religionsvielfalt nur ein Wort unter vielen, es müssen auch Worte der anderen Religionen gehört werden! Das deutlichste Gegenwort zu Gottes Wort bildet der Atheismus bzw. der Agnostizismus, die das Wort Gottes ablehnen bzw. es für unmöglich halten. Auch diese Art des Dazwischenredens verunsichert viele Menschen, sie lassen sich in ihrem Hören und in ihren Entscheidungen beeinflussen. In der Folge verdrängen oder überhören sie Gottes Wort! 2. Jesus Christus - Gottes Wort und Beispiel Dennoch gilt festzuhalten: Nur derjenige, der Gott und seinem Wort gehorcht bzw. zu gehorchen versucht, der geht Gottes Wege. Diese Wege Gottes sind uns in Jesus Christus vorgezeichnet, er ist sie uns vorausgegangen. Das heißt: Es ist uns in ihm nicht nur Gottes Wort geschenkt (vgl. Joh 1, 14), sondern auch Gottes Beispiel! Jesus Christus ist das Fleisch und Beispiel gewordene Wort Gottes!

4 Die heutige Lesung aus der Apostelgeschichte zeigt uns, dass Jesu Wort und Beispiel bereits am Anfang der Kirche angefochten und unterdrückt wurden. So warf die religiöse Autorität den Aposteln vor (vgl. Apg 5, 28): Wir haben euch streng verboten, in diesem Namen zu lehren Sie wollten nicht, dass das entscheidende und letzte Wort Gottes von den Menschen gehört wurde. Ebensolches geschieht heute, offen und direkt, aber auch versteckt und indirekt. Es wird immer mehr deutlich, dass neben einer offenen Unterdrückung oder direkten Verfolgung, wie gegenwärtig in einigen Teilen des Nahen und Fernen Ostens, auch bei uns Gottes Wort aus dem öffentlichen Raum verschwinden soll. Es soll - bis auf weiteres? - nur noch «privat» in Kirchen und Sakristeien zu hören sein. 3. Der gehorsame Petrus Liebe Schwestern und Brüder! Wir haben im heutigen Evangelium gehört, wie Petrus auf das Wort Jesu gehört hat, wie er ihm sofort gehorcht hat (vgl. Joh 21, 6). 5 Aber Petrus selbst ist einen inneren Weg vom Protest, wie bei der Ersten Leidensankündigung Jesu (vgl. Mk 8, 32b) und vom Leugnen, wie im Hof des Hohenpriesters (vgl. Joh 18, 17 f.), zum uneingeschränkten Hören und Gehorchen gegangen. Sein Einwand gegenüber den Ankündigungen Jesu hat ihm seine harsche Kritik eingebracht (vgl. Mk 8, 33): Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen. Und heute befiehlt - der noch unerkannte - Jesus Petrus und den anderen Jüngern (vgl. Joh 21, 6): Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus, und ihr werdet etwas fangen. Und Petrus hört und gehorcht sofort! Und in der Folge dieses Gehorchens macht er den «wunderbaren Fischfang» mit 153 großen Fischen. Und so erhält Petrus die höchste Hirtenaufgabe, die Jesus vergeben will: Weide meine Lämmer! - Weide meine Schafe! Er tritt an die Stelle Jesu, er wird von ihm selbst als «Vicarius Christi», als stellvertretender oberster Hirte eingesetzt. 5 Vgl. zum Ganzen: R. Schnackenburg, Das Johannesevangelium 13-21, in: HThKNT IV/3, 417-438.

5 Papst Benedikt XVI. hat sich in seiner Predigt bei der Amtseinführung (24. April 2005) in diese Dynamik von Hören, Gehorchen und Führen lassen eingefügt. Er sagte vor fünf Jahren auf dem Petersplatz: Das eigentliche Regierungsprogramm aber ist, nicht meinen Willen zu tun, nicht meine Ideen durchzusetzen, sondern gemeinsam mit der ganzen Kirche auf Wort und Wille des Herrn zu lauschen und mich von ihm führen zu lassen, damit er selbst die Kirche führe in dieser Stunde unserer Geschichte. 6 Der Hl. Vater folgt damit ganz der Forderung des Hl. Petrus, auf Gott mehr zu hören, ihm mehr zu gehorchen. Und der Papst hebt hervor, dass dieses gehorsame Hören bewirkt, dass Gott selbst seine Kirche in dieser Zeit führen kann. Papst Benedikt XVI. deutete das Pallium, das weiße Band aus Schafswolle mit den roten Kreuzen, das ihm bei der Amtsübernahme über die Schultern gelegt wurde, als äußeres Zeichen des Gehorsams gegenüber dem Willen Gottes. So sagte er: Und dieser Wille (Gottes) ist für uns nicht eine fremde Last, die uns drückt und die uns unfrei macht. Der Wille Gottes entfremdet uns nicht, er reinigt uns - und das kann weh tun -, aber so bringt er uns zu uns selber, und so dienen wir nicht nur ihm, sondern dem Heil der ganzen Welt, der ganzen Geschichte. 7 Der Wille Gottes ist keine Fremdbestimmung, sondern er führt uns zu uns selbst, er reinigt uns von allem Überflüssigen, er bewirkt ein wahres und erfülltes Menschsein und lässt unser Leben zu einem Dienst für die anderen werden. Daher versinnbildlicht das päpstliche Pallium keine untragbare Last, sondern es weist auf den hin, der uns alle letztlich trägt und der uns auffordert, einander zu tragen. 8 Liebe Schwestern und Brüder! Gerade die letzten Wochen haben gezeigt, welch schwere Last Papst Benedikt XVI. auf die Schultern gelegt worden ist. Nach den Worten Jesu selbst sind mit 6 Benedikt XVI., Predigt zur Amtseinführung mit Übergabe des Palliums und des Fischerrings, 24. April 2005, in: Der Anfang. Papst Benedikt XVI./Joseph Ratzinger, Reihe: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 168, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 30-36, 32. 7 Ebenda. 8 Vgl. Benedikt XVI., Predigt zur Amtseinführung 33.

6 dem Petrusamt besondere Prüfungen und Leiden verbunden (vgl. Joh 21, 18), die Papst Benedikt XVI. gegenwärtig zu bestehen hat. Der Hl. Vater erträgt diese Anfeindungen im Bewusstsein, dass er auch in dieser aufgewühlten Zeit vom Guten Hirten geführt und getragen wird. Wir wollen in diesem Gottesdienst zum fünfjährigen Pontifikat hier an seinem Geburtsort und in seiner Taufkirche für unseren Hl. Vater beten, dass der Herr der Kirche ihn weiterhin führe und ihm in seinem schweren Amt mit seiner Kraft beistehe. Wir wollen für uns selbst beten, da wir alle Glieder der Kirche sind und für die Verkündigung der Frohen Botschaft Verantwortung tragen. Wir alle sollen Gott mehr gehorchen als den Menschen! Dies setzt voraus, dass wir selbst auf sein Wort hören, es verinnerlichen und annehmen, um es in unserem Leben wirksam werden zu lassen. Dies bedeutet auch, dass wir das Wort Gottes gegenüber den Worten der Menschen verteidigen, und es nicht schutzlos dem allgemeinen Stimmengewirr aussetzen! Vergessen wir nicht, dass die Worte der Menschen oft aus «Luft» bestehen bzw. aus «Papier» gefertigt sind. Menschliche Worte sind oftmals sehr kurzlebig und stellen sich schnell als Hohlworte heraus, das jedoch in Stein gemeißelte Wort Gottes hat in Ewigkeit Bestand (vgl. Ps 119)! Ich möchte diese Betrachtung mit den Worten abschließen, die Papst Benedikt XVI. in seiner Predigt vor fünf Jahren der Welt zugerufen hat und die uns zeigen, worin die tiefste Erfüllung unserer eigenen Berufung besteht: In der Tat: Dazu sind wir da, den Menschen Gott zu zeigen. Und erst wo Gott gesehen wird, beginnt das Leben richtig. Erst wo wir dem lebendigen Gott in Christus begegnen, lernen wir, was Leben ist Es gibt nichts Schöneres, als vom Evangelium, von Christus gefunden zu werden. Es gibt nichts Schöneres, als ihn zu kennen und anderen die Freundschaft mit ihm zu schenken. 9 Amen. 9 Benedikt XVI., Predigt zur Amtseinführung 35 f.