Psalmen und andere Lob.Gesänge
Am Anfang Am Anfang bei dir war das Wort und am Ende bei ZDF, DRS und CNN im Rattern der Kalaschnikows die endlosen Kettenreaktionen der Wörter Wenn alle Kombinationen eingespeichert sind im Paradise Apple der Erkenntnis ausdruckbar auf Endlospapier kommst du im Sto Sto Stottern der Frau an der Kasse im Supermarkt in Isabels Lachen kommst du ein Windstoß im roten Haar leichthin auf Flügeln der Luft atme ich dich ein [ 36 ]
Psalm a Trotzdem ich gemeint habe das Dunkel würde mich hinunterwürgen kein Tag ginge mir auf und keine freche Hoffnung Trotzdem erhebe ich mich und stelle mich auf die Zehenspitzen um dich zu preisen Du hast den Schrecken weggeblasen das Weltall der Nacht du ziehst das Licht auf leise schleichst du füchsisch durch den Garten und lachst mich an du lässt dich nicht verscheuchen. Ich weiß nicht, wie irgendjemand behaupten kann, dich gebe es nicht jeder Atemzug, das Rieseln des Blutes belehrt mich eines Besseren du bist zum Greifen nahe du bist Einmal wirst du sterben in mir aber du lebst ja durch alle Adern des Universums fließt du hebst mich auf stellst mich auf die Zehenspitzen Ich preise dich! [ 37 ]
Psalm b Immer muss ich mich überreden zu dir wenn das Herz leise wird wenn der Atem stockt wenn die bösen Nachrichten überhandnehmen und die eigene Schwäche zur Schwäche der Welt wird muss ich mich überreden erinnern wie du mir Worte des Lebens gesagt hast und ich konnte wieder atmen wie du mich in den Arm genommen hast und das Herz war leicht Zu dir will ich mir Mut machen die guten Nachrichten die leise gesprochenen will ich hören weitersagen will ich sie und laut singen Preisen will ich dich! [ 38 ]
Was ich lobe Ich lob mir die ungezogenen Kinder die keinen Grießbrei essen und keine Vitamine die auch nicht vorsingen oder Logarithmen ausrechnen ich lob mir diese mittelprächtigen Gören die Zigaretten paffen und die Psychologen zur Verzweiflung bringen sie haben gar keine Ehrfurcht vor uns bloß einen Hunger nach Leben im Leib. Ich lob mir die faulen Hunde die bloß fressen und durch die Gegend streunen die zu nichts nütz sind, nur zum Schwanzwedeln ich lobe mir die unerziehbaren Köter und ihre Absichtslosigkeit. Ich lobe mir den heißen Kaffee und den kühlen Wein ein Bad mit viel Schaum, etwas Parfum und die Spezialitätenküche meines Sohnes ich lob mir die Genüsse und die schönen Namen die ich ihnen geben kann mit den Namen kann ich die Welt verzaubern ich lob mir, dass die Wirklichkeit nicht das letzte Wort hat. Ich lob mir den grauen Himmel der die Wettervorhersagen durchkreuzt man kann sich auf nichts mehr verlassen es zerregnet alle höheren Werte ich lob mir, dass nicht alles berechenbar ist. [ 52 ]
Ich lobe mir Sonne, Mond und Sterne und den zerfallenden Kometen der in den Jupiter fliegt ich lobe die noch unentdeckten Galaxien und mein Hirn, das die Relativitätstheorie noch nicht begriffen hat aber trotzdem weiß dass es Größeres gibt aber nichts Größeres als die Begeisterung ich lob mir das Hin- und Hergerissensein die Liebe und den Verstand und die Rutschbahn in meinem Schwimmbecken. Ich lob mir das Wasser, weil es trägt. [ 53 ]
Leiste dir eine Utopie Zehn Regeln für das Träumen und Tun 1. Was ist, ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Unter Umständen ist es nicht einmal der Weisheit Schluss, sondern der Triumph der Dummheit, der Gier und der schieren Gewalt: Du musst dir das immer vor Augen halten, sonst erliegst du der Verführung, dass das Wirkliche immer auch das Richtige sei. 2. Auf dich kommt es an. Leiste dir eine Utopie. Lass dir nicht einreden, das sei wirklichkeitsfremd. Wirklichkeitsfremd handeln vielmehr die, die meinen, dass an dieser Welt nichts mehr zu ändern ist. 3. Träume! Träume alle möglichen Träume. Träume, wie leidenschaftlich du die Erde liebst, und liebe sie. Träume, dass Frieden möglich ist, und mach Frieden. Bloß träume nicht, dass ein Prinz kommen wird, um dich zu erlösen: Er kommt nicht! 4. Träume nicht, dass irgendwann einmal ein Zeitpunkt kommen wird, wo du für immer im Glück leben wirst. Diesen Zeitpunkt gibt es nicht. Da ist immer noch irgendetwas nicht aufgeräumt, in deiner Stube und in deinen Beziehungen. Aber tröste dich, Chaos und Liebe gehören zusammen! 5. Denk nicht, dass Träumen und Handeln nichts miteinander zu tun haben. Nur wer viel träumt, weiß, dass es immer mehr Möglichkeiten gibt, als sich der Verstand das so ausmalt. Es braucht deinen Einspruch, deine Empörung und deine Liebe, dass das Leben gut und schön werden kann, für dich selbst und für andere. [ 78 ]
6. Deine Geschichte ist meine Geschichte. Deine Geschichte ist unsere Geschichte. 7. Freu dich nicht darüber, dass du verschont geblieben bist, solange es andere Frauen gibt, denen Gewalt geschehen ist. Die Menschenwürde ist unteilbar. Vielmehr: Freu dich, dass dir das Energie gibt, solidarisch zu sein. 8. Versuche nicht, die ganze Welt zu erlösen. Das wird dich mutlos machen und traurig. 9. An einem Ort kriech dem Unrecht unter die Haut, streck deine Hand aus, teil dich mit. Das genügt. Eine Million Frauen, das ist eine Million Mal eine Frau! 10. Halte deine Träume nicht fest, sondern teile sie mit anderen! Versuche sie zu leben. Gemeinsam! Erinnere dich an das Zauberwort der göttlichen Geistkraft und sag es dir immer wieder vor, wenn der Tag grau ist und der Glaube klein: Es ist möglich! [ 79 ]