Leibniz. (G.W.F. Hegel)



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Transkript:

Leibniz 3. Der einzige Gedanke den die Philosophie mitbringt, ist aber der einfache Gedanke der Vernunft, dass die Vernunft die Welt beherrsche, dass es also auch in der Weltgeschichte vernünftig zugegangen sei. (G.W.F. Hegel) Das klingt auf den ersten Blick ja ganz vernünftig. Die Philosophie sagt die Vernunft beherrscht die Welt, denn wenn dem nicht so wäre würden sie ja in einer unvernünftigen Welt vernünftig philosophieren wollen. Und wenn die Vernunft die Welt beherrscht dann muss doch auch das, was in der Welt passiert vernünftig sein. Und wenn das, was in der Welt passiert vernünftig ist, dann muss auch die Weltgeschichte, als Zusammenfassung dessen, was in der Welt passiert vernünftig sein. Doch wenn wir einen kurzen Blick auf die Weltgeschichte werfen erscheint sie, zumindest mir, einmal als nicht sehr vernünftig. Schon von Beginn an ist diese Weltgeschichte geprägt von Kriegen, vom gegenseitigen Töten der Menschen. Man kann zurückgehen bis zu den Anfängen des Homo sapiens und wird Spuren von durch Artgenossen herbeigeführten Wunden finden, die wahrscheinlich bei Revierkämpfen entstanden sind. Später wurden die Reviere größer, die Menschen mehr und die Kämpfe brutaler. Und das obwohl (oder vielleicht auch weil) das Wissen der Menschen auch immer größer wurde, sie also doch eigentlich auch immer vernünftiger werden hätten müssen. Und diese Geschichte voll Kriegen und Kämpfen und dem Töten Anderer soll jetzt vernünftig sein? Oder liegt es daran, dass der sich bekriegende Mensch unvernünftig ist, die Vernunft, die, laut Hegel, die Welt beherrscht aber irgendwie darüber steht und alles schlussendlich doch vernünftig macht? Oder wenn die Weltgeschichte jetzt doch nicht vernünftig ist, ist dann die Welt doch nicht von Vernunft beherrscht und daher der einzige Gedanke, den die Philosophie, laut Hegel, mitbringt falsch? Und wenn das so ist hat die Philosophie dann eigentlich eine Berechtigung oder ist sie dann nicht völlig nichtig? Oder, und damit sind wir bei der, für mich, entscheidenden Frage zu diesem Zitat: Was ist jetzt eigentlich Vernunft, wie ist etwas, wenn es vernünftig ist? Wenn man, wie im Zitat meint, die Vernunft beherrsche die Welt, dann stellt man die Vernunft ja über alles andere. Vielleicht verengt meine persönliche Vorstellung jetzt mein Bild zu sehr und vielleicht bin ich da jetzt zu sehr von einem römisch-katholischem christlichen Umfeld geprägt; aber wenn die Vernunft die Welt beherrscht und als höchste Instanz über allem anderen

steht, dann könnte es doch für alles einen vernünftigen Plan geben und die vernünftige Weltgeschichte wäre diesem unterworfen. Das halte ich allerdings für nicht sehr wahrscheinlich, denn das würde in einem althergebrachten Gottesbild, das ich nicht Teile nur die Vernunft als Gott einsetzen und sonst nicht viel erklären. Es wäre nur eine sehr einfache Möglichkeit zu erklären warum die Weltgeschichte vernünftig sein soll. Eine weit verbreitete Definition von Vernunft ist, das richtige zu tun. Jetzt sei doch vernünftig und mach/lass das, ist hier ein Standardspruch, dem wohl jeder von uns (sowohl aktiv als auch passiv) schon des Öfterern begegnet ist. Wenn man diesen Satz so verwendet versteht man vernünftig handeln als richtig/klug/gut zu handeln. Außerdem impliziert der Sprecher, dass er weiß was richtig/klug/gut eben vernünftig ist. Oft will man mit dem Appell an die Vernunft jemanden abhalten aus bestehenden Normen auszubrechen, weil das, was es bereits gibt, das, was bereits funktioniert ja vernünftig ist. Ich glaube aber, dass vernünftig mehr beinhaltet. Man könnte auch behaupten die Vernunft beherrsche die Welt, weil alles in der Welt vernünftig ist. Wenn nämlich jedes Individuum selbst vernünftig ist und vernünftig handelt, dann ist auch die Summe dieser Handlungen als Weltgeschichte vernünftig. Ich würde vernünftig jetzt am ehesten mit durchdacht oder auch sinnvoll umschreiben. Damit etwas durchdacht sein kann, muss man einmal die Fähigkeit haben zu denken. Ich traue mich von mir zu behaupten, dass ich gerade denke. Nachdem ich denke, gehe ich weiter und sage, dass die Menschen grundsätzlich alle denken können: Ich denke also kann der Mensch denken Dadurch, dass ein Mensch denken kann, ist er also, wie ich es ausdrücken möchte, vernunftbegabt. Ich würde also nicht sagen, dass der Mensch grundsätzlich ein vernünftiges Wesen ist, sondern, dass er die Begabung, die Chance, hat seinen Verstand einzusetzen und so vernünftig zu handeln. Ob das für Tiere oder für Pflanzen auch gilt kann ich als Mensch nicht wirklich beurteilen. Ich habe ja sozusagen gezwungenermaßen ein anthropozentrisches Weltbild, aus dem ich nicht wirklich aus kann. Wenn der Mensch also vernunftbegabt ist, heißt das aber noch nicht, dass er diese Begabung immer und überall einsetzt. Nur weil eine Person außergewöhnlich gut singen kann, heißt das ja auch nicht dass sie es auch immer tut. Der Mensch ist also zu vernünftigem Handeln fähig, setzt diese Fähigkeit aber nicht immer und überall ein. Das schließt für mich eigentlich schon aus, dass die Welt von Vernunft beherrscht sei. Wenn man meint, dass es in der Weltgeschichte nur vernünftig zugegangen sei, lässt man eine Zweite wichtige Komponente, nämlich die Emotion aus dem Spiel. Bei wichtigen

Entscheidungen spielen stets die eher kopfgesteuerte Vernunftkomponente und die emotionale Seite zusammen. Und durch Entscheidungen, wie Kriegserklärungen, Aufbrüchen in andere Gebiete oder ähnlichem ist die Geschichte ja geprägt. Alleine das schließt für mich schon aus, dass es in der Weltgeschichte nur vernünftig zugegangen sei Wenn man jetzt aber noch einmal nachliest, sieht man, dass Hegel schreibt dass es auch in der Weltgeschichte vernünftig zugegangen sei. Er schreibt zum Beispiel nicht, dass es in der Weltgeschichte nur vernünftig zugegangen sei. Und, dass nicht alles Geschehene unvernünftig passiert ist da stimme ich auch wieder zu. Wenn man bewusst etwas geschichtsträchtiges macht, dann ist es zumindest in dem Moment für einen selbst vernünftig im Sinne von sinnvoll. Das heißt allerdings auch nicht, dass es für die Allgemeinheit und die Weltgeschichte auch vernünftig sinnvoll ist. Wenn man in der Geschichte zurückblickt, ergeben sich dann oft Zusammenhänge, die den Ereignissen eine Vernunft geben, die den damaligen Protagonisten gar nicht bewusst war. Die Leute zogen zum Beispiel bei den Kreuzzügen ins Heilige Land, weil sie glaubten für Gott kämpfen zu müssen. Für sie schien das sinnvoll, für sie war es grundvernünftig in die Schlacht zu ziehen um dann später in den Himmel zu kommen und ein besseres Leben zu haben. Für uns heute wäre so ein Handeln absolut unvernünftig. Auch die offizielle Kirche hat schon lange die Behauptung verworfen es sei gut für seinen Glauben in den Krieg zu ziehen. Heutige Historiker finden in den Ereignissen damals aber auch noch einen anderen Sinn: In Europa gab es damals eine Art Überbevölkerung. Es gab sehr viele junge Leute und viele davon hatten wenig Chance auf eine Lebensgrundlage. Es konnte von den Feldern einer Bauernfamilie nur diese eine Familie leben und nicht die Familien aller fünf Söhne. Es würden also vier der Söhne leer ausgehen. Es konnte auch nur ein Kind der Adelsfamilie erben, die anderen schauten durch die Finger. All dies hätte wahrscheinlich zu großen Unruhen in der Heimat geführt, wenn nicht diese Leute in der Fremde ihr Glück gesucht und entweder dieses oder den Tod gefunden hätten. Im Nachhinein betrachtet kann man also wieder einen Höheren vernünftigen Sinn in den Ereignissen finden. Um zu den eingangs erwähnten Fragen zurückzukommen: Oder wenn die Weltgeschichte jetzt doch nicht vernünftig ist, ist dann die Welt doch nicht von Vernunft beherrscht und daher der einzige Gedanke, den die Philosophie, laut Hegel, mitbringt falsch? Und wenn das so ist hat die Philosophie dann eigentlich eine Berechtigung oder ist sie dann nicht völlig nichtig? Ich glaube nicht, dass die Vernunft die Welt beherrscht. Ich glaube aber auch nicht, dass das der einzige Gedanke ist, den die Philosophie mitbringt. Im Gegenteil ich wage es hiermit dem

großen Philosophen zu widersprechen, denn ich behaupte, wenn die Vernunft die Welt beherrschen würde, dann bräuchte es eigentlich die Philosophie nicht mehr. Ich sehe die Philosophie als Versuch Vernunft in die Welt zu bringen. Als Anbieten von Ideen über die Welt, bei denen die vernunftbegabten Menschen dann selber entscheiden können ob sie ihnen folgen oder wiedersprechen, ob sie, zum Beispiel in Bezug auf die Ethik Vorschlägen folgen oder nicht oder und auch das muss zulässig sein ob ihnen die Philosophen und ihre Gedanken einfach egal sind. Würde die Vernunft die Welt beherrschen, wäre all dies Streben überflüssig. Man müsste keine Vernunft mehr in die Welt bringen, die von dieser schon beherrscht wird, man müsste keine Erklärungen mehr finden für Sachen, die sowieso schon vernünftig sind. Wie man wohl schon bemerkt hat hängt sich mein ganzer Text irgendwie mit meinem Problem mit der Definition von Vernunft auf. Aber ich habe mit diesem Zitat grundsätzlich ein Problem, weshalb ich mich näher damit beschäftigen wollte. Denn sieht man Vernunft im Sinne von sinnvoll, dann hieße es die Weltgeschichte hätte in sich einen Sinn, was dann auch hieße, dass sie ein Ziel hätte und das kann ich mir nicht wirklich vorstellen. Definiert man sie als durchdacht müssten alle wichtigen Ereignisse der Geschichte irgendwie genau geplant und gewollt sein und, dass dem nicht so ist, da bin ich mir ganz sicher. Und wenn man sie jetzt als richtig/klug/gut beschreibt, dann passt das mit meinen Erfahrungen auch nicht wirklich zusammen. Denn dann wäre die Weltgeschichte nicht so voll von traurigen Ereignissen, von Leiden, von Schmerz. Und selbst wenn man behauptet die jeweiligen Mächtigen hätten nur für sich selbst richtig und gut gehandelt, will ich das so nicht stehenlassen. Die Weltgeschichte ist, meiner Meinung nach so komplex, lang und vielschichtig, dass sie mit einem menschlichen Gehirn nicht als Ganzes erfasst und verstanden werden kann. Ich glaube zumindest, dass sie nicht nur mir in ihrer Gesamtheit als Thema zu groß ist. Zum Glück ist es in der Weltgeschichte auch vernünftig zugegangen, denn wäre es das gar nicht, wäre meine Verzweiflung noch größer. Man kann die Geschichte ja zumindest in vernünftige Schemata pressen, kann verständliche Zusammenhänge herstellen und sich so zumindest grob ein Bild machen. Doch gleichzeitig muss auch nicht alles was passiert unbedingt einen Grund oder einen begründbaren Sinn haben. Man sagt ja auch gerne, dass alles, was passiert, irgendwie zusammenhängt. Ich glaube, dass das nicht grundsätzlich stimmt. Gerade am Anfang der Menschheitsgeschichte als kleine, voneinander mehr oder weniger isolierte Populationen in den verschiedenen Teilen der Erde lebten konnte nicht alles zusammenhängen. Nur durch die sich entwickelnde weltweite Vernetzung dieser Populationen wurden auch die geschichtlichen Zusammenhänge mehr. Dass zum Beispiel die Europäer im 15. Jahrhundert ganz gute Schiffe und Waffen entwickelten bekamen dann die Amerikaner zu spüren. Die Idee einen anderen

Seeweg nach Indien zu finden, war für viele damals in Amerika lebende Völker ein Todesurteil, obwohl die Betroffenen und die, die diese Idee verfolgten davon überhaupt keine Ahnung hatten. Und heute kann ein kleiner Kurswechsel auf der Börse, dazu führen, dass Leute, die davon keine Ahnung haben deswegen verhungern werden, oder das Teilen eines Videos auf einer Internetseite dazu, dass ein anderer zum Millionär wird. Dass die Weltgeschichte grundsätzlich vernünftig ist glaube ich also nicht. Doch die Philosophie bringt zu Glück so viel mehr Gedanken als diesen mit und hat so viele Gedanken aufgebracht, dass ich sie dennoch nicht aus diesem Grund als nichtig bezeichnen will.