Zukunftsmusik. Programminhalte sind nicht mehr als Werk arrangiert, sondern in einander verschränkt, gehen



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Transkript:

node12 I Technik I 05 Zukunftsmusik Technik Alles fließt. Heraklit Aaaa-hahaaahaaaa. And Everything will flllow. Brett Anderson, Suede Musik ist wie Wasser. Uns so fließend stelle man sich die Zukunft vor: Nicht mehr als einzelnes Stück oder als Album vermarktet wird die Musik der Zukunft sein. Statt dessen ist sie ein konstanter, nach Belieben abrufbarer Unterhaltungsfluss, der sich an den Tagesablauf anschmiegt: Morgens mit der Lieblingsmusik aufstehen und Duschen, weil der persönliche Musikmanager, TasteMate genannt, automatisch ausgibt, was man am liebsten mag. Auf dem Weg zur Arbeit wird das Audiobook weitergehört, während der Geschäftskommunikation via PDA-Nachfolgern und Co. können auch Audio- Daten ausgetauscht werden: Früher schenkte man zu Weihnachten eine Flasche Weinbrand, jetzt eben das brandneue Beatles-Album in der Dolby 9.1 Version für den High End-Heimgenuss. Oder als handliches MP8- Format für den Player im Auto. So geht es dann, man kann die Szenerie fortschreiben, den ganzen Tag weiter, bis Sea of Tranquility von Phil Coulter, Music for Airports von Brian Eno oder ausgewählte, ruhige Chopin-Etüden in den Schlaf säuseln. Dieses für 2015 datierte Szenario entwerfen die beiden Musiker, Zukunftsforscher und Musikindustrie-Kenner David Kusak und Gerd Leonhard für die Vermarktung und den Verkauf von Musik: Per Unterhaltungs-Abonnement wird der Musik-Konsum abgerechnet als Flatrate. Musik auf dem Weg zum öffentlichen Gut? Die Idee mit dem Fluss-Prinzip gibt es auch in der Fernsehtheorie: Fernsehen ist wie ein Wasserhahn, heißt es da. Es fließt. Flow hat der Guru der TV-Theorie, Raymond Williams, das genannt. Programminhalte sind nicht mehr als Werk arrangiert, sondern in einander verschränkt, gehen fließend ineinander über. Programminhalte sind nicht mehr als Werk arrangiert, sondern in einander verschränkt, gehen fließend ineinander über. Zukünftig also auch der Musik-Konsum. Musik, Andreas so Szankay Kusak und Leonhard in ihrem Buch Die Zukunft der Musik, wird immer noch als Einzelstück oder Album vermarktet und vertrieben. Doch die Wahrnehmung der Konsumenten, vor allem der jungen digital natives, die nicht mehr mit der elterlichen Schallplatte, sondern mit dem elterlichen Handyradio aufwachsen, sei eben eine ganz andere, die anderer Vermarktung bedarf. Warum? Musik ist omnipräsent, Muzak : Überall, ob im Internet oder anderen Medienformen, selbst in Computerspielen, werden musikalische Inhalte vorgestellt, angeteasert, streamen durch oder lassen sich kostenfrei selbst programmieren, Last.fm und pandora.com haben Schule gemacht, ilike.com und andere Self-Radios folgten. Die Zugänglichkeit ist viel höher als noch vor zehn, selbst noch vor drei Jahren. Doch die Bereitschaft, [...] eine physische Niederlegung zu erwerben, [...] ist geringer geworden. Fakt ist: Die Zugänglichkeit ist viel höher als noch vor zehn, selbst noch vor drei Jahren. Doch die Bereitschaft,

node12 I Technik I 06 nach diesem Erstzugang eine physische Niederlegung (Friedrich Kittler) zu erwerben, eine CD, Platte oder digitale Downloads, diese Bereitschaft ist geringer geworden. Doch die Branche verhalte sich immer noch wie ein Eismann, der weiterhin Eisblöcke verkaufen will, obschon jedermann einen Kühlschrank sein eigen nennt. Die technischen Umwälzungen, so die Autoren, machen unternehmerisches Umdenken in der störrischen Musikbranche von der Plattenfirma hin zum Musikverlag dringend notwendig. Doch die Branche verhalte sich immer noch wie ein Eismann, der weiterhin Eisblöcke verkaufen will, obschon jedermann einen Kühlschrank sein eigen nennt. Kein Wunder, dass die Blöcke von alleine zu tauen, das Wasser zu fließen beginnt, ob es dem Eismann gefällt oder nicht. Erst wenn es offene Formate gibt, wird es flexible Verkaufsmodelle geben, mit der die Musikindustrie wird arbeiten können, so die Einschätzung Gerd Leonhards. Das heißt: Die Branche wird sich im wahrsten Sinne des Wortes öffnen müssen. Die Existenz weitverbreiteter Filesharing- Systeme ist das direkte Ergebnis des Unvermögens der Verantwortlichen, die neue digitale Realität zu akzeptieren, schreiben die Autoren. Und tatsächlich: Filesharing bedeutet erst einmal: Da ist jemand, den die Musik interessiert, erkannte schon Tim Renner. Live-Erlebnis lässt sich nicht sharen, nicht streamen, nicht rippen: Musik als Gesamtkonzept zu verstehen, als Musikverlag zu vermarkten, ist die Zukunft. Denn das Musikbusiness ist heute immer noch sehr gut in Form. Das Problem sind die Plattenindustrie und die CD-Verkäufe, so Kusek und Leonhard. Erst wenn es offene Formate gibt, wird es flexible Verkaufsmodelle geben, mit der die Musikindustrie wird arbeiten können Gerd Leonhard 1 Musik vom Mobilfunkanbieter? 2 Live-Erlebnis läßt sich nich sharen Wie löst man dieses Problem? Dazu haben wir Gerd Leonhard interviewen können.

node12 I Interview I 07 Wasser marsch? Interview Wohin die Musik fließen wird node hat den Autor des Buches Die Zukunft der Musik, Gerd Leonhard, am Telefon in Tel Aviv interviewen können. node: Herr Leonhard, Plattenfirmen arbeiten ja immer noch nach der Devise: Wenn ich ein gutes, lukratives Album rausbringe, einen Künstler als cash cow aufbaue, dann kann ich damit die 90% Flops, die ich hinnehmen muss, gegenfinanzieren und Erträge erzielen. Warum sollte sich das ändern, damit, wie Sie schreiben, aus Plattenfirmen Musikverlage werden? Leonhard: Selbst das Modell funktioniert nicht mehr. Die CD schmiert überall ab: In den letzten Jahren sind die Verkäufe in den meisten Ländern um ein Viertel zurückgegangen. Nur wer blöd genug ist zu bezahlen, der bezahlt den Preis, der aktuell für Musik auf CD verlangt wird. Aber auch die aktuellen Downloadzahlen sind nicht berauschend, was auch am Abspielformat und dem Digital Rights Management liegt. Ich kann die Dateien nicht auf den Player laden, warum also legal downloaden? Die nötigen Änderungen sind also schon jetzt akut. Die Leute wollen Service und dazu einen billigen Preis für die Musik. node: Welchen Preis schlagen Sie denn für eine Musik- Flatrate vor? Leonhard: In Deutschland? Drei bis vier Euro. node: Das ist nicht sehr hoch. Lohnt sich das überhaupt für die Anbieter? Leonhard: Nur günstig kann eine flat fee funktionieren. Das ist wie aktuell der Flatrate-Preis für Handys: Jahrelang haben die Mobilfunkanbieter ihre Kunden ausgebeutet mit teuren Tarifen. Nationale Flatrates gibt es nun schon, und in der Schweiz bezahlt man im Monat 30 Franken pauschal für sein Blackberry. Eine Flatrate für internationales Roaming ist der nächste Schritt. Und es lohnt sich: Es ist sinnvoller, 90 % aller User mit einem Angebot zu erreichen bei Musik wäre das nur mit so einem Preis zu schaffen statt 20 % der heavy user. Die sind nämlich auch smarter geworden und würden eine teure Flatrate nicht hinnehmen. Bei diesem Preis aber werden alle Kids sagen: Okay, ich bin bereit, das zu bezahlen. Es könnte sogar so sein, dass dieser Tarif von den Handyanbietern übernommen wird, wenn man einen Vertrag mit ihnen abschließt. Oder der Provider. node: Dann bräuchte man nicht mehr zeitaufwändig und illegal downloaden, sondern würde also indirekt über seinen Kommunikationsanbieter Musik beziehen. Nur um es richtig zu verstehen: das wäre dann Teil des Leistungsbündels, das ich mit meinem Handy nutzen kann?

node12 I Interview I 08 Leonhard: Ja! Natürlich ist es auch hier wieder entscheidend, dass eine kritische Masse erreicht wird, sehr viele User das haben und bezahlen wollen, damit z.b. ein Mobilfunkanbieter daraus ein Geschäftsmodell machen kann. Technisch ist das bald kein Problem mehr mit Terrabyte-Speichern im Handy wird jeder wirklich genug Musik auf sein Handy laden und mobil hören können. Es ist sinnvoller, 90 % aller User mit einem Angebot zu erreichen bei Musik wäre das nur mit so einem Preis zu schaffen statt 20 % der heavy user. node: Wie sollte man denn so eine kritische Masse erreichen? Leonhard: Da muss noch etwas on top angeboten werden. Ein Recommendation-System zum Beispiel, social networking, die Möglichkeit, dass die User untereinander über das Handy schnell und einfach Playlisten austauschen können. node: Wenn wir uns mal in diese Flatrate-Musik-Zukunft hineindenken, scheint das ja ohnehin ein neuralgischer Punkt zu sein: Ich habe mit meinem Abo oder Handyvertrag quasi für alles schon bezahlt, jetzt muss ich nur noch Musik hören. Aber woher weiß ich denn noch, was ich mag oder woher weiß jemand das für mich? node: Kann das auch das Musikfernsehen anbieten? Leonhard: Bei Vertrauen und Kontext in Sachen Musikfernsehen denken die User aktuell eher an YouTube als an MTV. Das zeigt ganz deutlich: Partizipation ist enorm wichtig, die User müssen selbst mitentscheiden können, was gute Musik ist was sie mögen! node: Was muss das klassische Musikfernsehen daraus lernen? Leonhard: Ein Sender wie MTV wird viele verschiedene Kanäle aufbauen müssen, die von den Usern mitprogrammiert werden können, die ihren Kontext und ihre Playlists in die Programme einbringen können. Als verlängerten Arm der Plattenfirmen werden viele Musikfernsehen nicht mehr hinnehmen. node: Was passiert denn mit den Charts? Und was mit der Hit-Kultur? Leonhard: Das Kontext-Marketing wird das Massenmarketing natürlich auf den Kopf stellen. Einzelne Verkaufszahlen sinken, Hits werden weniger, statt des Radioplays, was jetzt vor allem für die Charts relevant ist, wird Netplay Bemessungsgrundlage sein. Von den enormen rechtlichen Problemen, die das Ganze 1-2 Gerd Leonhard Leonhard: Relevance ist das Stichwort. Es muss relevant sein für mich, sonst habe ich bei derzeit rund 62 Millionen veröffentlichten Songs keine Chance, das zu hören, was ich mag. Durch Empfehlungssysteme wird diese Relevanz schon heute erzeugt. Was heute Internetplattformen machen, kann morgen mobil funktionieren: Nicht Songs, sondern Playlists werden die Kids in Zukunft in der U-Bahn oder auf dem Schulhof austauschen. Nicht ein Jingle oder einen Klingelton, sondern tags und bookmarks rüberschieben. Und das bedeutet: Der Kontext wird die Grundlage für die Vermarktung von Musik. Nicht Songs, sondern Playlists werden die Kids in Zukunft in der U-Bahn oder auf dem Schulhof austauschen. node: Wäre dieses Kontext-Wissen nicht auch ein Vermarktungsmodell? Leonhard: Sicher. Wer von sich sagen kann, ich kenne die Musikwelt, dem wird hier Vertrauen geschenkt. So, wie man der BBC als Broadcaster Vertrauen schenkt. Aber Broadcasting ist vorbei, Medien werden in Zukunft Plattformen sein. Hier spielt der Service eine wichtige Rolle, die Fähigkeit, diesen Kontext anzubieten.

node12 I Interview I 09 noch mit sich bringen wird, mal abgesehen: Es wird auf technischer Ebene per clicktrail genau erfasst werden können, welcher Track wie oft aufgerufen wurde. Es entstehen unzählige Nischenmärkte, in denen sich dann eher die Konkurrenz abspielt als in dem, was jetzt die Charts sind. Das heißt: Der Deutsche New Age-Musiker wird mit dem rumänischen New Age-Musiker um die Platzierung im relevanten Markt buhlen. Ein Shirt kann man nicht downloaden. Eminem...statt des Radioplays, was jetzt vor allem für die Charts relevant ist, wird Netplay Bemessungsgrundlage sein. node: MySpace als Visitenkarte, Long Tail als Vermarktungsansatz, jetzt also die Musik-Flatrate mit ihren radikalen Veränderungen: Das klingt ja so, als sei die Zukunft für kleine, unbekannte Musiker ziemlich rosig. Aber um auch Geld damit zu verdienen: Muss ein Künstler also zukünftig mehr können, live besser sein und anderen added value bieten, um sich abzugrenzen? Leonhard: Tendenziell wird es für den Künstler besser, klar. Bisher ist er eher in einer CD-Kopie vermarktet, als Produkt. Erfolgreich ist in Zukunft der Künstler, der zu einem brand wird, der gute Live-Gigs spielt, die ja auch vertrieben werden können, das richtige Merchandising hat, der vor allem seine Fans mit Direktmarketing anspricht. Indies verkaufen schon heute über 50% durch Direktmarketing, Majors nur 10 %! Hier wird genau das greifen, was den Unterschied zwischen gegenwärtigen Plattenfirmen und zukünftigen Musikverlagen ausmacht: Musik muss als Dienstleistung verstanden werden, mit mehr Präsenz des Künstlers durch Auftritte, digitale Performances, weniger standardisierten Angeboten. Statt des bisherigen Plattenvertrags muss der zukünftige. Musik muss als Dienstleistung verstanden werden, mit mehr Präsenz des Künstlers durch Auftritte, digitale Performances, 1 Eminem Musikverlag allen seinen Musikern faire Konditionen bieten statt des üblichen 80/20-Modells zwischen Label und Act dann 50/50 für alle. Wir sind uns sicher: Mit dem flatrate-prinzip wird die Musikindustrie auch zukünftig gutes Geld verdienen können. Das jetzige Modell hat ausgedient. node: Vielen Dank für das Interview! David Kusek / Gerd Leonhard: Die Zukunft der Musik. Warum die Digitale Revolution die Musikindustrie retten wird. Erschienen im Musikmarkt Verlag 2 Context is key: Der Tauschwert von Playlists wird steigen