Interkulturelle Mediation



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Transkript:

Interkulturelle Mediation 1. Begriff Interkulturelle Mediation bedeutet eine Konfliktvermittlung zwischen Personen, die aus verschiedenen Kulturkreisen stammen. Ihre kulturelle Zugehörigkeit ist verschieden, was dazu führt, dass oft auch die Wertvorstellungen sehr unterschiedliche sind. Diese unterschiedlichen Wertvorstellungen führen durch eine unterschiedliche Betrachtungsweise ein und derselben Situation zu Konflikten, welche es durch die interkulturelle Mediation zu lösen gilt. Die heutige Gesellschaft ist geprägt von einem Kultur-Mix. Menschen verschiedenster Herkunft und somit auch verschiedenster Kultur leben auf engem Raum neben- und miteinander. Streitigkeiten auf interkultureller Ebene sind somit unvermeidbar. Deshalb gewinnt die interkulturelle Mediation immer mehr an Bedeutung. Die interkulturelle Mediation ist ein sehr neues Thema. Es gibt noch nicht viele Forschungen auf diesem Gebiet. Nachfolgend soll nur eine Möglichkeit dargestellt werden, mit einer solch komplexen Mediation umzugehen. 2. Interkultureller Konflikt Konflikte sind grundsätzlich Meinungsverschiedenheiten, die als beeinträchtigend erlebt werden. Ein interkultureller Konflikt erscheint auf den ersten Blick als eine Meinungsverschiedenheit zwischen Personen verschiedener Herkunft. Aber nicht jeder Konflikt ist ein interkultureller. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Konflikt gerade auf den unterschiedlichen Betrachtungsweisen durch die verschiedenen Wertvorstellungen beruht. Das Thema Kultur erhält in dem Konflikt eine besondere Wichtigkeit und ist ausschlaggebend. Das Problem des Konflikts liegt gerade in der kulturellen Differenz. 1

3. Ziel der Interkulturellen Mediation Das Ziel einer normalen Mediation liegt in der Konfliktlösung. Es wird eine Lösung gefunden, die auf einer gleichen Wertorientierung beruht. Bei der interkulturellen Mediation geht es in erster Linie um eine Verständigung zwischen den Parteien. Die unterschiedlichen Wertvorstellungen macht es den Streitparteien sehr schwer, sich gegenseitig zu verstehen und aufeinander zuzugehen. Genau hier soll vermittelt werden. Wenn verschiedene Kulturen aufeinanderprallen fühlen sich die Parteien oft irritiert, bedroht und desorientiert. Oft reagieren sie hierauf sogar aggressiv. Von vornherein herrschen Vorurteile und Klischees. Ein gegenseitiges Verständnis soll hervorgerufen werden. Damit werden die Vorurteile vermindert und es kann offener aufeinander zugegangen werden. Oft ist auch eine Konfliktlösung nicht möglich und auch nicht erwünscht. Etwa weil sich Bewohner eines Hauses mit neu hinzugezogenen Migranten streiten, weil die kulturellen Unterschiede zu groß sind. Hier liegt das Ziel darin, eine Deeskalation zu erreichen. Eine Förderung der Verständigung soll stattfinden. 4. Auswahl des Mediators Die ersten Schwierigkeiten ergeben sich bei der Auswahl des richtigen Mediators. Jede Partei schlägt wahrscheinlich einen Mediator mit denselben kulturellen Hintergründen vor. Die Parteien gehen davon aus, dass der Mediator mit demselben kulturellen Hintergrund einen selbst besser verstehen kann und somit automatisch auf seiner Seite steht. Wenn der Mediator aber der gegenüberliegenden Kultur angehört, entsteht automatisch das Gefühl, dass der Mediator auf der Seite des anderen steht. Außerdem fühlt man sich unverstanden und befürchtet, dass ein ungerechtes Ergebnis herauskommt. Dies führt dazu, dass der Streitbeteiligte, der sich ungerecht behandelt fühlt, mit einem schlechten Gefühl in die Mediation geht und sich jeglichen Zugeständnissen von vornherein verwehrt. Außerdem fühlt sich der Streitbeteiligte von der Kultur der anderen Partei und des Mediators eher bedroht. 2

Möglicherweise ist es empfehlenswert zwei Mediatoren, aus jedem beteiligten Kulturkreis hinzuzuziehen, um das Verständnis zu stärken. Hierbei entsteht jedoch das Gefühl, dass sich die Mediatoren jeweils auf die Seite der Partei stellen, die den gleichen kulturellen Hintergrund hat. Aber der Mediator soll ja gerade eine neutrale Person sein, die vermittelt. Wenn das Gefühl entsteht, die Mediatoren stehen auf Seiten der Parteien ist genau diese für die Mediation sehr wichtige Neutralität in Frage gestellt. Deshalb erscheint es ratsam einen Mediator einer dritten Kultur heranzuziehen. Auch wenn dadurch noch eine weitere Kultur in Spiel kommt und den ganzen Vorgang komplizierter erscheinen lässt, kann dieser doch für die Parteien nicht auf einer Seite stehen. Die Parteien kommen mit einem besseren Gefühl in die Mediation. Sie stehen der Mediation offener und kompromissbereiter gegenüber und fühlen sich nicht bedroht. Laut Karl-Heinz Flechsig muss der internationale Mediator folgende Kompetenzen innehaben: a) Sprachkompetenz Der Mediator sollte die verschiedenen Sprachen beherrschen. Hier erscheint aber auch die Heranziehung eines Dolmetschers durchaus möglich. b) Sachkompetenz Der Mediator sollte Wissen über die verschiedenen Kulturen haben. Hier ist nicht das Wissen über den Streit gemeint. c) Sozialkompetenzen Der Mediator sollte Empathie und Fremdverstehen zeigen können. d) Selbstkompetenzen Der Mediator sollte umfassende Kompetenzen bei der eigenen kulturellen Identität, sowie das Akzeptieren fremder Kulturen durch die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel haben. 5. Vorgehensweise des Mediators 3

Eine interkulturelle Mediation ist nicht einfach mit dem üblichen Handwerkszeug des Mediators zu lösen. Es bedarf weiterer Anforderungen. Franz Liebe entwickelte ein dreistufiges Vorgehen in der internationalen Mediation. a) Kulturwissen Bevor die Mediation beginnt wäre es für den Mediator ratsam, wenn er über die streitbeteiligten Kulturen bereits ein Vorwissen hätte. Dies ist zum einen vorteilhaft um die beteiligten Personen besser zu verstehen. Zum anderen steigert es aber auch die Selbstsicherheit des Mediators. Unwissenheit und Unverständnis fördert die Unsicherheit des Mediators. Mit dem Wissen kann er selbstbewusster auftreten. Außerdem kann er mit dem Wissen bestimmte Aspekte, die für eine Partei als selbstverständlich gesehen wird, hervorgehoben werden, damit eine Erklärung stattfinden kann. Zu Beginn sollte sich der Mediator auch überlegen, wie er die Mediation gestaltet im Hinblick auf die verschiedenen Kulturen. Hierbei sollte er sich fragen - Wie werden verschiedene Formulierungen empfunden? - Werden Emotionen verstärkt oder vermindert zugelassen? - Wird ein schnelles auf den Punkt kommen begrüßt oder erscheint es unhöflich? b) Perspektivenwechsel In einem monokulturellen Streit erscheint es für die Mediation sinnvoll, wenn die Parteien sich in die gegenüberliegende Situation hineinversetzen können. Wenn sie die andere Partei verstehen können, dann gelingt ihnen eine Annäherung besser. Wenn die beteiligten Personen denselben kulturellen Hintergrund und dieselbe Wertvorstellung haben ist es einfacher, sich in den jeweils anderen hineinzuversetzen. 4

In interkulturellen Streiten ist dieses Hineinversetzen in den anderen sehr schwierig. Die Parteien verstehen sich gegenseitig nicht. Hier bedarf es einer Menge Arbeit des Mediators um dieses Verständnis hervorzurufen. Es muss viel über die jeweiligen Kulturen gesprochen werden und erklärt werden. Die Unterschiede und auch Gemeinsamkeiten der verschiedenen Kulturen gilt es als herauszufinden. Es muss aber auch das Nicht-Verstehen einzelner Aspekte der gegenüberliegenden Kultur muss akzeptiert werden. Nicht jeder Punkt kann erklärt oder verstanden werden. Hieraus sollen aber keine Abneigungen oder Ängste entstehen. Deshalb soll den Parteien aufgezeigt werden, dass auch das Nicht-Verstehen normal ist und einfach akzeptiert werden soll. Es soll eine gegenseitige Empathie geschaffen werden. Die Parteien sollen sich nicht von der anderen Kultur bedroht fühlen. Außerdem soll von dem Willen zu gewinnen um die eigene Würde oder Ehre zu erhalten abgewendet werden. Es kann aber auch vorkommen, dass der Mediator mit verschiedenen Kommunikationsstilen konfrontiert wird. Wenn die Streitparteien auf unterschiedliche Art und Weise kommunizieren kann es für den Mediator ratsam sein, zunächst Einzelgespräche anzubieten. Danach muss eine Lösung gefunden werden, wie die Parteien in Zukunft miteinander sprechen werden. c) Konstruktion einer gemeinsamen Kultur Die festgestellten Unterschiede und Gemeinsamkeiten lassen sich als Grundlagen für den nächsten Schritt heranziehen der Konstruktion einer gemeinsamen Kultur. Es wird eine nur temporäre neue Kultur herausgearbeitet, die als Grundlage für das Aushandeln genommen werden kann. Dies befreit zunächst von der eigenen Kultur. Jede Kultur musste gerade in Zeiten der Einwanderung Eingeständnisse machen. Sie mussten sich flexibel an ihre Umwelt anpassen. Daran sieht man, dass die Kulturen selbst nicht ihre alten Wertvorstellungen beibehalten haben, sondern auf eigene Kosten Zugeständnisse machen mussten, um dem Wandel Rechnung zu tragen. 5

Diese Veränderungsbereitschaft der Kulturen soll den Beteiligten Personen das Gefühl geben, Zugeständnisse machen zu können, ohne entgegen ihrer Kultur zu handeln. Die Zugeständnisse sind dann zwar nicht deckungsgleich mit der eigenen Kultur, aber auch nicht etwas völlig neues, was die Kultur verändern würde. Eine gemeinsame Wertvorstellung zwischen den Streitbeteiligten zu erschaffen ist sehr schwierig und störungsanfällig. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Wenn diese Grundlage aber geschaffen ist, kann ein Aushandeln zwischen den Parteien stattfinden. 6. Sprachliche Probleme Durch die Interkulturalität bestehen Kommunikationsschwierigkeiten. Die Parteien sprechen nicht die gleiche Sprache. Hierbei ist eine Übersetzung in der Mediation unentbehrlich. Doch hier ist Vorsicht geboten. Viele Wörter haben eine andere oder weitreichendere Bedeutung als ihre Übersetzung. Deshalb ist es nicht sinnvoll, eine Wort-wörtliche Übersetzung machen zu lassen. Vielmehr muss der Sinn genau verstanden und weitergegeben werden. Dafür ist ein Dolmetscher von Nöten, der sinngerecht übersetzt. 7. Sonstige Probleme Vorurteile können die Mediation erschweren oder gar verhindern. Der Mediator sollte vorurteilsfrei in die Mediation gehen, da es für ihn sonst schwer wird, neutral zu bleiben. Wenn der Mediator aber Vorurteile hat, kann er sie natürlich nicht einfach abschalten. Er muss sich dann im Klaren über seine eigenen Vorurteile sein. Dann fällt es ihm leichter, damit umzugehen und sie nicht zu zeigen. Außerdem ist es für die Parteien schwer offen und kompromissbereit aufeinander zuzugehen wenn Vorurteile im Spiel sind. Am Anfang der Mediation kann vereinbart werden, vorurteilsfrei zu sein. Jedoch ist es kaum möglich, bestehende Vorurteile anderen Kulturkreisen gegenüber gänzlich abzulegen. 6

Es ist auch schwer, bestehende kulturelle Ansichten oder Verhaltensweisen genau zu hinterfragen. Es besteht die große Gefahr, bestimmte Dinge einfach als Gegeben anzusehen. Indem es typisch für die jeweilige Kultur ist, wird es oft einfach akzeptiert. Als Beispiel hierfür lässt sich die Ehre der Familie für muslimische Menschen nennen. Dass die Muslime hierauf einen besonders großen Wert legen ist typisch für diese Kultur. Auch wenn das der Mediator weiß, muss er trotzdem in dem speziellen Fall hinterfragen, erfahren was denn dahinter steckt. Das Hinterfragen ist besonders wichtig, um den anderen Kulturkreis besser zu verstehen, was zur Konfliktlösung beiträgt. Das Thema Kultur sollte auch nicht missbräuchlich ausgenutzt werden. Indem die Streitparteien ihr Verhalten mit ihrer Kultur begründen müssen sie trotzdem eine dahinterstehende Begründung abgeben. Sie sollen sich nicht hinter ihrer Kultur verstecken. Die Parteien kennen anfangs die andere Kultur nicht. Dadurch entstehen Ängste und Unsicherheiten darüber, wie sich die andere Partei in der Mediation verhalten wird. Deshalb ist es sehr wichtig, dass anfangs klare Regeln und ein klares Ablaufschema bestimmt werden. Dies gibt den Parteien Struktur und nimmt ihnen etwas der Unsicherheit. Fraglich ist nur, welche Regeln der Mediator am Anfang festlegen soll. Die Mediation kommt ursprünglich aus Amerika und hat einen westlichen Charakter. In anderen Kulturkreisen werden manche Dinge aber anders gehandhabt. Zum Beispiel sind viele Kulturen stark geprägt von Familien- und Gruppenzugehörigkeit, bestimmten Gewohnheiten und Zuneigungen. Diese andere Betrachtungsweise muss auch in den Regeln Berücksichtigung finden. Deshalb ist es möglich, die Parteien selbst über die Regeln bestimmten zu lassen. 8. Beispiel An einer Konstanzer Realschule sind viele Kinder mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen. Viele Kulturen sind vertreten, doch die meisten Kinder sind deutsch und christlich. Bisher gab es nie Schwierigkeiten bis der 16- Jährige muslimische Sinan plötzlich anfängt, auf dem Schulhof in der Pause in Richtung Mekka zu beten. Dies ist dem Schulleiter, Herr Müller zwar aufgefallen, er schritt aber nicht ein, da er sehr tolerant gegenüber anderen 7

Kulturen ist. Andere Kinder, vor allem jüngere, fingen an, Sinan genau zu beobachten. Mit der Zeit schlossen sich andere Kinder Sinan an und beteten mit ihm. Dies waren überwiegend auch muslimische Kinder. Als aber immer mehr Kinder anderer Kulturen Sinans Beispiel folgten und auch begannen zu beten, war Herr Müller besorgt. Mittlerweile beteten schon 20 Kinder, davon 7 nicht-muslimische in der Schulpause. Herr Müller schritt dagegen ein und hat das öffentliche Beten in der Schulpause verboten. Herr Müller bekam große Angst vor Beschwerden von Eltern nicht-muslimischen Kindern. Der Schulleiter ging davon aus, dass die Kinder nur mit beten, weil sie in dem coolen Sinan ein Vorbild sehen und dadurch in eine Religion gedrängt werden, der sie eigentlich nicht zugehören möchten. Sinan hingegen war sehr enttäuscht. Er findet solch ein Verhalten intolerant und fasst es als Beleidigung gegen alle Muslime auf. 9. Materialien -Interkulturelle Mediation von Alexandra Mietusch -Interkulturelle Mediation von Dominic Busch -Trainingshandbuch Interkulturelle Mediation und Konfliktlösung von Claude- Hélène Mayer -Interkulturelle Mediation- Eine Methode zur konstruktiven Konfliktbearbeitung? Von Barbara Grotz 8