Strom und Wärme. für mein Haus. Neubau und Modernisierung



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Transkript:

Strom und Wärme für mein Haus Neubau und Modernisierung

STROM UND WÄRME FÜR MEIN HAUS Neubau und Modernisierung Klaus Oberzig

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, das erste Halbjahr 2013 war von heftigen Auseinandersetzungen um die weitere Erzeugung von erneuerbarem Strom geprägt. Für viele Hausbesitzer wurde die Frage, in welche Art der Haustechnik sie nun investieren sollten, zusätzlich unübersichtlich. Dass das Thema höchst aktuell ist, zeigt ein Blick auf die Sanierungsquote in Deutschland. Diese lag zur gleichen Zeit, als die Debatten über eine Strompreisbremse geführt wurden, beim Faktor 0,8. Danach würde es weit über 100 Jahre dauern, bis der gegenwärtige Gebäudebestand einer Modernisierung unterzogen worden wäre. Darüber, dass die Gebäude nicht nur bauphysikalisch saniert werden müssen, sondern auch die Gebäudetechnik einer Modernisierung unter - zogen werden muss, herrscht in allen Lagern Einigkeit. In ihren Beschlüssen zur Energiewende aus dem Jahr 2011 hat die Bundesregierung dafür einen Zeitrahmen bis zum Jahr 2050 vorgesehen. Viele Hausbesitzer halten gegenwärtig ihre Investitionen noch zurück, was vielfältige Gründe hat. Dieses Buch hilft, Einstiegshürden abzubauen, indem es Einblick in die moderne Technik der Strom und Wärmeerzeugung gibt. Es zeigt vor allem auf, dass diese Entwicklung geprägt ist von der Verkleinerung der Anlagen. Diese Tendenz ist natürlich noch längst nicht ausgereizt, aber sie bietet schon heute die Voraussetzungen für eine Dezentralisierung sowohl bei der Strom- wie bei der Wärmeerzeugung. Vor allem aber führt sie zu einer Verknüpfung von Strom und Wärme, die früher so nicht denkbar gewesen wäre und die viele Vorteile mit sich bringt. Dass diese Entwicklung die Anlagen nicht nur hinsichtlich Klima- und Umweltschutz voranbringt, sondern auch wirtschaftlicher werden lässt, mag von manchen Hausbesitzern noch bezweifelt werden. Die Skepsis gegenüber innovativer Technik ist durchaus verständlich, sind doch viele der neuen Anlagen noch sehr jung und wenig bekannt. Es lohnt deshalb, sich mit der neuen Anlagentechnik, mit der die Strom- und Wärmeerzeugung effizienter und wirtschaftlicher gemacht werden kann, zu beschäftigen. Dabei konzentriert sich dieses Buch im Wesentlichen auf kleinere Gebäudeeinheiten. Bezogen auf die Investoren, reicht dies vom Einfamilienhausbesitzer bis zum Amateurvermieter, der ein halbes Dutzend Wohnungen in seinem oftmals selbst mitbewohnten Haus vermietet. Dass und wie Strom und Wärme mit modernster Technik im Haus selbst erzeugt und verbraucht werden und wie dieses schon heute gewinnbringend umgesetzt werden kann, zeigt dieses Buch.

INHALTSVERZEICHNIS 7 EINE FRAGE DER ENERGIEUMWANDLUNG 7 Energie für das 21. Jahrhundert 9 Unterschiedliche Energieformen 11 Formen und Wertigkeiten 15 Das Alternative Kraftwerk kommt ins Haus 20 Strom- und Wärmenetze 27 Modernisierung und Energieeffizienz 31 GEBÄUDETECHNIK FÜR STROM UND WÄRME 31 Überlegungen vor dem Wechsel 34 Verbrennung noch längst nicht aus der Mode 44 Sonnenstrahlen in Strom und Wärme wandeln 47 Solarthermische Heizungsanlagen 55 Strom aus Photovoltaikanlagen 64 Umweltheizung Wärmepumpe 70 Speicher ein zentraler Baustein 77 Die Kraft-Wärme-Kopplung 87 ANLAGEN UND NUTZUNGSKONZEPTE 87 Neue Möglichkeiten erfordern neue Überlegungen 93 Solaranlagen zur Warmwasser - bereitung 99 Kombianlagen zur Trinkwasser - erwärmung und Raumheizung 107 Von der teilsolaren Versorgung zum Aktivhaus 113 Wärmepumpe effizient durch Sonnenenergie 117 Die Strom erzeugende Heizung 121 VERMARKTUNG UND GESCHÄFTSMODELLE 121 Das Spannungsfeld Eigenverbrauch und Vermarktung 129 Zuhause-Kraftwerk das Geschäft mit dem Regelstrom

133 FÖRDERN UND FORDERN 133 Gesetzliche Bestimmungen und Regelwerke 141 Das Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG 147 Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz KWKG 153 Fördermöglichkeiten 155 Marktanreizprogramm zur Förderung erneuerbarer Energien 161 Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW 178 SERVICE 178 Glossar 184 Abkürzungsverzeichnis 185 Adressen 187 Literatur zum Weiterlesen 188 Register 192 Impressum 167 BERATUNG, PFLEGE, AMORTISATION 167 Strom- und Wärmeversorgung als Einheit 169 Betriebskontrolle und Wartung 175 Sicherheitsvorschriften 176 Ökobilanz und energetische Amortisation

EINE FRAGE DER 7 ENERGIEUMWANDLUNG Seit über einem Jahrzehnt verändert sich unser Energiesystem. Allein die Zahl der Bürger, die sich an der Erzeugung von regenerativem Strom beteiligen, liegt heute bei über 1,3 Millionen. Floss der Strom früher nur von wenigen Großkraftwerken hin zu den Verbrauchern, ist daraus heute ein dezentrales Netzwerk geworden. Auch die Wärmeerzeugung sucht jenseits des altbekannten Heizkessels neue Technologien, vor allem solche, die sich mit der Stromerzeugung verknüpfen lassen. Und alles kann innerhalb eines Gebäudes stattfinden oder gekoppelt mit einem intelligenten Netz. ENERGIE FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT In der Öffentlichkeit hat sich der Begriff der Energiewende eingebürgert. Doch nicht alle meinen das Gleiche, wenn sie dieses Wort benutzen. In den Medien steht es meistens nur für den Stromsektor. Das mag seinen Grund darin haben, dass mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) die Erzeugung von Strom aus Wasser, Wind, Sonne und Biogas stark zugenommen hat und Dächer mit Solarzellen ebenso wie Windräder das Erscheinungsbild der Landschaften, Städte und Gemeinden prägen. Insofern ist regenerativ erzeugter Strom tatsächlich zum Synonym für die Energiewende geworden. Das, was sich zugleich in der Wärmeerzeugung entwickelt hat, scheint nicht so spektakulär, gerät ins mediale Hintertreffen. Wenn Solarkollektoren auf den Dächern, die Wärme einsammeln, häufig mit stromerzeugenden, photovoltaischen Solarzellen verwechselt werden, passt das durchaus ins Bild. Betrachtet man jedoch die Kennzahlen für den Energieverbrauch in Deutschland, wird schnell klar, welch riesige Bedeutung dem Wärmesektor zukommt. Er verheizt im wahrsten Sinne des Wortes mehr Energie als der Verkehr. Aber auch im einzelnen Haushalt sind die Verhältnisse eindeutig. In der Regel muss für Heizung und Warmwassererzeugung zwei- bis dreimal so viel Geld ausgegeben werden wie für die elektrische Energie. Es reicht also nicht aus, das Thema Energiesparen alleine unter der Überschrift Strompreisbremse zu diskutieren. Darüber hinaus lässt sich die Energiewende nicht auf die Verwendung regene-

8 PKW 32,1% 49,8% Gebäudeheizung 8,3% 6,5% Hauselektrik Warmwasser Der Gesamtenergieverbrauch deutscher Privathaushalte betrug im Jahr 2010 insgesamt 3 803 Peta Joule. Nach wie vor wird am meisten für Heizung und Warmwassererzeugung verbraucht. rativer, sogenannter neuer Energien reduzieren. Auch der Umgang mit den verbleibenden fossilen Brennstoffen muss sparsamer gehandhabt werden. Beides ist verbunden mit einer neuen Rollenverteilung von Produzent und Konsument. Die alternative Stromerzeugung vieler Bürger wurde bereits angesprochen. Die Nutzung neuer technischer Möglichkeiten findet auch im Wärmebereich statt. Besser sollte man sagen, sie findet dort ihre Weiterentwicklung, denn individuelle Wärmeerzeugung war, im Gegensatz zum Strom, schon immer vorherrschend ob im Einfamilienhaus oder im Wohnblock. Neu ist, dass Strom und Wärmeerzeugung nahe zusammenrücken und gekoppelt werden. Sowohl bei den neuen, wie auch den alten, den fossilen Energien findet eine Verkleinerung der Anlagentechnik statt, die dafür die Voraussetzungen schafft. Das ist ein Prozess, der seine Parallelen in der Mikrosystemtechnik oder in der Informa - tions- und Kommunikationstechnik hat. Beim Thema Kraft-Wärme-Kopplung ist nun von der stromerzeugenden Heizung im einzelnen Gebäude die Rede, im Solarbereich von Energiedächern bzw. Solaraktiv-Häusern, welche Strom und Wärme gleichzeitig liefern, eben mit Solarzellen und Solarkollektoren. Auch wenn sich die technischen Konzepte unterscheiden, gibt es einen gemeinsamen Nenner. Der sorglose Umgang mit der Energie macht Konzepten der Energieeffizienz Platz. Seit die Endlichkeit der fossilen Energieträger ins allgemeine Bewusstsein vorgedrungen ist und der Klimawandel als Gefahr für die kommenden Generationen ernst genommen wird, steht der sparsame Umgang mit allen eingesetzten Energieträgern im Vordergrund. Die dafür erforderlichen Technologien sind längst vorhanden. Auch das Gebäude selbst, in dem gewohnt, geheizt und gewirtschaftet wird, muss unter diesem Blickwinkel neu gedacht werden. Wärmedämmung und eine energetisch optimierte Bauweise werden durch den staatlichen Ordnungsrahmen zum Beispiel die Energieeinsparverordnung (EnEV) reglementiert und kontinuierlich verschärft. Hinter all dem steckt der Gedanke, dass Energiesparen Sache des

9 Solarkollektor und Solarmodul werden häufig verwechselt: Solarkollektoren im oberen Dachteil liefern Wärme Solarmodule im unteren produzieren elektrischen Strom. Bürgers ist, dass das Individuum den sparsamen Umgang mit der Energie genauso gut kann wie Vater Staat oder große Unternehmen. Insofern lässt sich sagen: Die Energiewende ist kein Projekt der Institutionen, sondern eine Bürgerbewegung, die Strom und Wärme zunehmend als Ganzes und vor allem als eigene Aufgabe denkt. Oder als neues Geschäftsfeld entdeckt. Erinnert sei an die Wortschöpfung, der Landwirt sei heute auch Energiewirt. Dies gilt eben nicht nur für die Bauern, sie waren lediglich die Ersten, die ihre Chancen erkannt und genutzt haben. Neben den Bürgern, die Strom und Wärme wie bisher beziehen, wird der Prosumer, als Energieproduzent und Konsument, immer mehr an Bedeutung gewinnen. Das Bild von den neuen und alten Energien, die einfach ausgetauscht werden müssten, ist also zu kurz gegriffen, es sollte nicht allein auf die technische Seite reduziert werden. Es steckt viel mehr dahinter. UNTERSCHIEDLICHE ENERGIEFORMEN Da diese Simplifizierung weit verbreitet ist, erscheint ein Blick auf die physikalischen Gegebenheiten angebracht. Alle Energie kommt von der Sonne, diese Erkenntnis gehört zum Grundwissen in unserer technisierten Welt. Auch, dass Energie weder erzeugt noch vernichtet, sondern nur umgewandelt wird, ist aus dem Schulunterricht sicher noch bekannt. Der sogenannte Energieerhaltungssatz, der dies postuliert, klingt einfach, ist aber zugleich abstrakt. Was das mit dem Strom und der Wärme in unserem Haus zu tun hat, erschließt sich nicht sofort. Und vor allem, was bedeutet dies für einen anderen, effizienteren Umgang mit Energie, jetzt und in der Zukunft? Spricht man nicht wie selbstverständlich von Energiegewinnung und von Energieverlusten? Die Erklärung liegt im Begriff der Um-

10 EINE FRAGE DER ENERGIEUMWANDLUNG DER PRIMÄRENERGIEMARKT Die unterschiedlichen Energieformen können für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden. Naturvorkommen Gewinnungsprozess: Bergbau, Erdöl-, Erdgasförderung Primärenergie Fossile Energieträger Kohle, Erdöl, Erdgas Endenergie Energieumwandlungsprozess Kokerei, Raffinerie, Kraftwerk Nichtleitungsgebundene Energie Feste Brennstoffe: Briketts, Koks Flüssige Brennstoffe: Heizöl, Benzin Gasförmige Brennstoffe: Gichtgas, Konvertergas Kernenergie Kernbrennstoff Energieumwandlungsprozess: Auto, Werkzeugmaschine, Lampe, Heizkessel Nutzenergie Fort-, Drehbewegung, Licht, Heizwärme Erneuerbare Energien Solar-, Windenergie, Biomasse, Geothermie Leitungsgebundende Energie elektrischer Strom Erdgas, Fernwärme, Druckluft

FORMEN UND WERTIGKEITEN 11 wandlung. Energie lässt sich in verschiedene Formen umwandeln oder zwischen verschiedenen Teilen eines Systems austauschen. Diese Energieformen sind es, die die Illusion erzeugen, es handle sich um verschiedene, eigenständige Energien. So gelangte auch das Missverständnis von den alten und neuen Energien in den Sprachgebrauch und nicht zuletzt auch die Wendung Energieverluste. FORMEN UND WERTIGKEITEN Obwohl alles Energie ist, sind die Erscheinungsformen der Energieformen verwirrend genug: Kohle und Öl kann man schließlich gut auseinanderhalten, das eine ist fest, das andere flüssig, und beide wiederum scheinen, was ihre äußere Form angeht, nichts gemein zu haben mit Sonnenstrahlen. Sie unterscheiden sich jedoch in einem noch viel wesentlicheren Punkt: Sie haben verschiedene Wertig - keiten. Es gibt Energie, die viel kann, und Energie, die weniger kann. Die Umwandlung, man könnte auch sagen, die energetischen Wechselwirkungen von Systemen mit ihrer Umgebung, geschieht dabei prinzipiell auf zwei Arten: in Form von Wärme und Arbeit. Die unterschiedliche Wertigkeit der Energieformen besteht also letztlich in der Arbeitsfähigkeit der jeweiligen Energieform; die numerische Energiemenge hingegen sagt über die Arbeitsfähigkeit wenig aus. DIE PHYSIK BENUTZT DAFÜR DEN BEGRIFF DER EXERGIE Die Physik verwendet für den Teil der Energie, der jeweils verwertbar ist, den Begriff Exergie. Dies drückt numerisch den Wert oder die Qualität einer Energie aus und ist ein Maß für die Fähigkeit von Energie, Arbeit verrichten zu können. Exergie ist im Gegensatz zu Energie keine Erhaltungsgröße, sie wird weniger: Mit einem Tauchsieder lässt sich zum Beispiel eine mit kaltem Wasser gefüllte Badewanne aufheizen, aber mit dem so erwärmten Wasser, in dem nach der Umwandlung die Energie steckt, lässt sich kein Strom mehr zurückgewinnen, um z. B. einen Laptop zu betreiben. Fazit: Das was die elektrische Energie kann, kann erwärmtes Wasser nicht, auch wenn die gleiche Menge Energie drinsteckt. Ein Haus mit Öl zu beheizen ist zwar nicht das Gleiche wie der Betrieb eines Kraftfahrzeuges, aber das Beispiel ist es wert, genauer betrachtet zu werden: Benzin bzw. Diesel ist eine Art von gespeicherter chemischer Energie. Bei der Verbrennung entsteht thermische Energie, also Wärme mit hoher Temperatur, die vom Motor über Zylinder, Kolben, Kurbelwelle, Getriebe etc. in Bewegungsenergie umgesetzt

12 EINE FRAGE DER ENERGIEUMWANDLUNG und an das Fahrzeug weitergegeben wird. Das Auto bewegt sich von der Stelle, verrichtet also Arbeit. Wenn der Tank leer ist, ist es vorbei. Aber die Energie ist nicht verschwunden, sondern wurde bei einer zurückgelegten Entfernung oder einem Höhenunterschied in Lageenergie umgewandelt. Und, nicht zu vergessen, durch die Abwärme des Motors sowie die Reibung an den Reifen, als Wärme an die Umgebung abgegeben. Leider kann diese Umgebungswärme nicht weiter genutzt werden, durch die Autofahrt wurde ein Großteil des nutzbaren Energiegehalts des Diesels in nicht mehr nutzbare Umgebungswärme überführt. So gesehen ist sie verloren. Diese vernichtete oder verlorene Energie ist demnach Energie, die von einer höherwertigen Form in eine niederwertige, meist nicht mehr nutzbare Form umgewandelt wurde. Damit erschließt sich zugleich, dass die Wärme, die als Ergebnis des Verbrennungsprozesses aus der Ölheizung ENERGIEUMWANDLUNG ANDERS DARGESTELLT Die Vielfältigkeit der Energieumwandlung lässt sich in untenstehender Tabelle darstellen: von / zu Mechanik Wärme Strahlung Elektrizität Chemie Mechanik Getriebe, Pumpe, Verdichter Turbulenz, Verformung, Reibung Triboluminiszenz Generator, Piezoeffekt,... Osmose Strahlung Sonnensegel Solarkollektor Prisma, Polarisator, Spiegel Photovoltaik Fotoreaktion Wärme Dampf- und Gasturbine, Verbrennungsmotor, Stirlingmotor Wärmetauscher Strahler Thermo - elemente Thermolyse Reaktionen, Plasma,... Elektrizität Elektromotor, Piezoeffekt, Magnetostriktion Elektroheizung, Peltier- Element, Wirbelstrom,... Lampe, Leuchtdiode, Sender,... Transformator, Umrichter Batterie, Flüssigkeitskristalle, Elektrolyse Chemie Explosion, Motoren Verbrennung von Öl und Gas Elektroluminiszenz Batterie, Brennstoffe Reaktionen

FORMEN UND WERTIGKEITEN 13 kommt, eine niederwertige Energieform darstellt. Dies gilt ebenso für Kohle- und Erdgaskessel. Ihre Verwendung ist beim Stand der Dinge Verschwendung. Für die Wärme im Haus eignen sich zum Beispiel solarthermische Anlagen oder Pelletkessel besser. Sie liefern keine hohen Temperaturen, sind für die Heizung und Warmwassererwärmung aber völlig ausreichend. Es wäre sinnvoll, Häuser nicht nur besser zu dämmen, sondern sie konsequent mit Heizsystemen auszustatten, die vorzugsweise die Umgebungs- und Strahlungswärme nutzen. Anders sieht es bei einer Photovoltaik - anlage aus. Sie wandelt Sonnenstrahlung direkt in die hochwertige elektrische Energie um. Zwar wird auch hier davon gesprochen, dass die Solarzellen Energie erzeugen. Genau genommen überführt sie aber eine für uns schlecht nutzbare Energieform, die Solarstrahlung, in eine höherwertige Energieform, den Strom. Unbestritten sind Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Geothermie die Energien der Zukunft. Ihre Verfügbarkeit ist nicht begrenzt und weder von Verknappung oder Preissteigerungen bedroht. Trotzdem sollte man sich genau überlegen, für welchen Zweck man welche Form einsetzt. Das gilt umso mehr für die fossilen Energieträger, deren Ressourcen begrenzt sind. Sie sollten nicht verschleudert werden, nur bei vernünftigem, sprich sparsamem Umgang halten sie länger vor. Zuletzt ein Blick auf die Geschichte im Zusammenhang mit der physikalischen Betrachtung: Das, was die Natur in Hunderten von Millionen Jahren mithilfe der Sonnenenergie an fossilen Energieträgern hervorgebracht hat, wurde von der Menschheit in einer kurzen Zeitspanne im Schnelldurchlauf verheizt. Auch wenn die Ressourcen der fossilen Brennstoffe noch ein bis zwei Generationen hinreichen mögen, ändert das nichts an diesem Tatbestand. Dafür kann man die Menschheit verurteilen oder der Leichtfertigkeit zeihen. Man sollte aber auch die Frage stellen, wie dieser Prozess vonstatten ging, was er gebracht hat und welche Lehren für die Zukunft daraus zu ziehen sind. Kohle, Öl und Erdgas haben eines gemeinsam. Sie verfügen über eine hohe Energiedichte, sind transport- und lager - fähig und mit ihnen lassen sich alle erforderlichen Umwandlungsprozesse durchführen. Nur mit ihnen konnten industrielle Fertigungsprozesse, wie etwa in der Stahlindustrie oder der Chemie, überhaupt entwickelt werden. Das Gleiche gilt für den Mobilitätssektor. Die fossilen Brennstoffe waren die Grundlage für die Industrialisierung überhaupt, gleichgültig ob, um beim Beispiel Stahlindustrie zu bleiben, die Wärme direkt eingesetzt wurde oder über den Weg des elektrischen Stromes. So gesehen lässt sich sagen, die Menschheit hat, nachdem sie Jahrtausende zwar das Feuer kannte, damit aber keine hohen Arbeitsleistungen erzielte, die Chancen, die in Kohle, Öl und Erdgas steckten, konsequent genutzt. Inzwischen ist es jedoch Zeit, umzudenken.

14 EINE FRAGE DER ENERGIEUMWANDLUNG INFO Was ist Energieeffizienz? Spricht man allgemein, also jenseits der einzelnen Energieformen, von Energieumwandlung, so kann man zwischen Primärenergie, Endenergie und Nutzenergie unterscheiden. Primärenergie ist die in der Natur vorkommende Energie in Form von Erdgas, Erdöl, Kohle sowie Sonnenstrahlung oder Erdwärme. Endenergie entsteht bei der Umwandlung von Primärenergie in eine direkt verbrauchbare Form, also in Heizöl, Benzin, Gas, Strom oder Fernwärme. Diese Umwandlung ist mit Verlusten verbunden. (Früher wurde auch von Sekundärenergie gesprochen.) Nutzenergie ist diejenige Energie, die nach der letzten Umwandlung dem Verbraucher zur Verfügung steht. Das kann Bewegungsenergie (nicht nur beim Auto, sondern z.b. auch in einer Küchenmaschine) oder Raumwärme und Warmwasser sein. Energieeffizienz betrifft zwar beide Stufen der Umwandlung. Aus Sicht des Anlagenbetreibers geht es aber um die letzte Stufe. Also: Wie viel Raumwärme (oder warmes Wasser) kann aus der gekauften Endenergie Erdgas (oder Heizöl, Pellet usw.) herausgeholt werden? Mit welchem Wirkungsgrad (in Prozent ausgedrückt) arbeitet der Gasoder Ölkessel? Der Betreiber einer Heizungsanlage kann aus seiner Erdgasrechnung lediglich ersehen, wie viel Kubikmeter respektive Kilowattstunden Erdgas (oder Liter Heizöl) durch seine Leitung geflossen sind und von ihm bezahlt wurden. Ob seine Anlage gute oder schlechte Verbrauchswerte aufweist, oder anders ausgedrückt, welche Performance sie hat, erschließt sich dem Verbraucher erst über einen Wärmemengenzähler. Auch bei Haushaltsgeräten weiß er es nicht genau, hat aber über das Effizienzlabel einen Anhaltspunkt.

DAS ALTERNATIVE KRAFTWERK KOMMT INS HAUS 15 DAS ALTERNATIVE KRAFTWERK KOMMT INS HAUS Die Alternativen zur herkömmlichen Hausund Heizungstechnik sind ausgereift und in jahrzehntelangem Einsatz erprobt. Sie sind alltags- und massentauglich, aber sie setzen sich erst langsam gegen das Althergebrachte durch. Technologische Umwälzungen dieses Kalibers lassen sich nicht per Knopfdruck herbeiführen, dies erweist sich als Aufgabe ganzer Generationen. Es dauert eben, bis sie in voller Breite, vor allem im Gebäudebestand, eingezogen sind. Nicht zufällig orientiert auch der Zeitrahmen der Bundesregierung für die Energiewende bis zum Jahr 2050. Diese jetzige Zeitspanne muss als Übergangsphase verstanden werden. In ihr existiert technisch wie organisatorisch Altes und Neues nebeneinander. Es wird in Hybridsystemen miteinander verknüpft und ergänzt sich. Man kennt diesen Begriff bereits aus der Automobilwelt, wo Hybridfahrzeuge seit Jahren erfolgreich auf dem Markt sind. Die Strom- und Wärmeerzeugung entfernt sich von den großen zentralen Erzeugern, Lieferanten und Energiemonopolen. Sie wird zu einer dezentralen Energieversorgung mit kleineren, leichter und schneller zu regelnden Einheiten und hält Einzug bis hin ins Einfamilienhaus. Experten nennen das auch Downsizing, also Verkleinern. Kraftwerks - technik wird so Teil der Gebäudetechnik. Und, wenn man sie wiederum miteinander verknüpft, Bestandteil von regionalen Strom- und Nahwärmenetzen, die gleichfalls Elemente einer Dezentralisierung ENERGIEPOLITISCHE ZIELE DER BUNDESREGIERUNG Die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung haben ihren Ursprung in der Meseberger Beratung vom September 2010, die dann im Juni 2011 zum Kabinettsbeschluss über die Energiewende und einer Reihe von Gesetzesinitiativen führte. Verminderung der Treibhausgasemissionen (bezogen auf 1990) Senkung des Primärenergieverbrauchs (bezogen auf 2008) Senkung des Stromverbrauchs Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch Etappenziel bis 2020 40 % 20 % 20 % 35 % 18 % Ziel bis 2050 80 bis 95 % 50 % 50 % 80 % 60 %

16 sind. Hier spielt übrigens der Windstrom, der ansonsten in diesem Buch nicht vorkommt, da er in eine kleinteilige Gebäudetechnik nicht hineinpasst, eine größere Rolle. Moderne Windräder sind im Vergleich zum Einzelhaus zu mächtig und liefern einfach zu viel Strom. Aber auch das könnte sich ändern. Die Entwicklung einer kleineren und zugleich digital gesteuerten Kraftwerks - technik ermöglicht die private und auf den eigenen Bedarf bezogene Erzeugung von Strom und Wärme. In kleinen smarten Netzen ermöglicht sie darüber hinaus den Betreibern ein Engagement auf nachbarschaftlicher, kommunaler oder genossenschaftlicher Ebene. Die Anzahl der technischen Kombinationsmöglichkeiten wie auch der Geschäftsmodelle ist beträchtlich, sie hat ihre volle Entfaltung dabei aber erst noch vor sich. Allerdings wird eine schnelle Ablösung der fossilen Brennstoffe weder abrupt noch zeitgleich vor sich gehen. Abgesehen davon, dass der Ausstieg aus der atomaren Stromproduktion in Deutschland beschlossene Sache ist, wird die Nutzung von Kohle, Öl und Erdgas nur in dem Maße zurückgedrängt werden, wie diese ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber den neu auftrumpfenden Regenerativen einbüßen. Ein solcher Break-Even- Point lässt sich weder allgemein noch für die einzelnen fossilen Energieträger vorhersagen. Das ist ein Prozess, der längst im Gange ist. Bestimmt wird seine Dauer unter anderem auch davon, wie sparsam mit den Fossilen in dieser Übergangsphase umgegangen wird. Nicht nur Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit, sondern auch der Wettbewerb zwischen den Energieträgern sind hier die bestimmenden Faktoren der weiteren Entwicklung. Technik für das Einzelgebäude Ein kurzer Abriss der Veränderungen der Gebäudetechnik und deren Installationen während der letzten Dekade: Im herkömmlichen System wird die Wärmeerzeugung hauptsächlich mittels klassischer Verbrennung in einem Kessel durchgeführt. Dafür musste bzw. muss der Eigentümer Öl oder Gas als Brennstoff einkaufen, auch Scheitholz oder Pellets finden Verwendung, Kohle hingegen immer weniger. Die herkömmliche Verbrennung ist auf alle Fälle noch der millionenfach vorhandene Standard. Der elektrische Strom

DAS ALTERNATIVE KRAFTWERK KOMMT INS HAUS 17 kommt dagegen aus dem großen Netz, also von einem externen Erzeuger bzw. Anbieter. Gegenüber beiden Lieferanten befindet sich der Hausbesitzer als Konsument in einer schwachen Position, er muss die jeweiligen Marktpreise bezahlen. Anbieterwechsel beim Strom oder Erdgas und kluges Einkaufsverhalten beim Öl mögen eine gewisse Entlastung bringen, die starken Energiepreissteigerungen des letzten Jahrzehnts rund acht Prozent jährlich konnten sie nicht ausgleichen. Auch da, wo die Gelegenheit bestand, sich an ein bestehendes Fernwärmenetz anzuschließen, änderte das wenig an den Abhängigkeiten und am Preisanstieg, die Anbieter sind zumeist eh die gleichen. Solartechnik Einen ersten bedeutsamen Schritt aus diesem System heraus markierten die Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Sie waren entsprechend dem Erneuerbare-Energien- Gesetz (EEG) auf die Einspeisung in das Netz ausgerichtet. Dafür gibt es seit rund einem Jahrzehnt die gesetzlich abgesicherte Einspeisevergütung, die dem Eigner bzw. Betreiber eine attraktive Rendite bringt. Am Strombezug aus dem großen Netz änderte dies vorerst nichts, auch wenn Eigenverbrauch technisch schon längst möglich gewesen wäre. Solarthermische Anlagen sind die zweite solare Anlagentechnik, die nahezu zeitgleich in die Phalanx der Fossilen eingebrochen ist. Die Solarkollektoren auf dem Dach wandeln die Sonnenstrahlung in Wärme um. Ihr Einsatz findet nicht alleine (monovalent), sondern in Kombination mit einer weiteren wärmeerzeugenden Anlage (bivalent), in der Regel einem Öl-, Erdgas- oder Pelletkessel, statt. Zunehmend findet sich auch die Kombination mit einer Wärmepumpe oder mit Fernwärme. Die Sonnenwärme wird nicht zwecks Erzielung einer Rendite eingesetzt, sondern zur Verminderung der Ausgaben für den jeweiligen fossilen Brennstoff. Als Fazit lässt sich sagen, die Umwandlung der Sonnenstrahlen in zwei unterschiedliche UNTERSCHEIDUNG VON SONNENSTROM UND SONNENWÄRME Was wird erzeugt? Auf dem Dach... Wirkungsgrad Energieernte pro m² und Jahr Sonnenstrom / Photovoltaik Strom / Elektrizität Photovoltaik-Module Module etwa 14 18 % 70 120 kwh / m² a Sonnenwärme / Solarthermie Wärme für Heizung und Dusche Sonnenkollektoren Kollektoren etwa 75 85 % 200 600 kwh / m² a

18 Wärmepumpen Energieformen begegnet uns momentan auch ökonomisch auf zwei getrennten Ebenen, einmal als Geldanlage und im anderen Fall als Einspartechnik. Dieser Tatbestand verändert sich erst dann, wenn die Photovoltaikanlage, zumindest teilweise, dem Eigenverbrauch dient und nur noch Teile des erzeugten Stroms ins Netz fließen und nach EEG vergütet werden. Wirtschaftlich war diese Eigennutzung so lange uninteressant, wie Photovoltaikanlagen zu teuer waren, als dass ihr Output mit den Strompreisen aus dem Netz hätte konkurrieren können. Dieser Punkt ist bei Anlagen der jüngsten Generation erreicht. Wie in folgenden Kapiteln klar wird, ist dies aber erst einmal ein theoretischer Wert, der seine volle Wirksamkeit nur im Zusammenhang mit anderen Technologien, wie etwa Elektrospeichern, entfalten kann (Seite 70, 102). Der Grund ist einfach, die Sonne liefert nur tagsüber und wetterabhängig und der häusliche Bedarf entspricht dem zeitlich nicht. Deshalb spricht man von fluktuierenden Energien. Am Abend nützen die Stromüberschüsse der Mittagszeit nichts. Elektrische Geräte brauchen auch nach Sonnenuntergang Strom und in nicht wenigen Haushalten steigt der Verbrauch nach Feierabend erst richtig an. Das gilt ebenso für die solarthermischen Anlagen. Vor allem im Winter, wenn die Sonne seltener und mit geringerer Intensität scheint, ist der Wärmebedarf am größten. Solarthermische Heizungsanlagen werden vielfach heizungsunterstützend in den saisonalen Übergangszeiten eingesetzt, jedenfalls da, wo sie über keine Langzeitspeicher verfügen. Ansonsten sind sie auf eine zweite, meist noch konventionelle, Heizungsanlage als Back-up angewiesen. Für neue Anlagen ist der Begriff Hybridanlage angebracht, da solche bivalenten Systeme über eine einheitliche intelligente Steuerung verfügen und zu einer Einheit verschmelzen. Wärmepumpe Jenseits der klassischen Verbrennung markiert die Wärmepumpe eine zweite Lösung. Auch sie ist keine Neuentwicklung. Das Arbeitsprinzip der Wärmepumpe, Wärme mithilfe eines thermodynamischen Kreisprozesses auf ein höheres Temperaturniveau zu pumpen, ist seit

19 Moderne BHKW passen in praktisch jeden Keller 1824 bekannt. Die ersten Anwendungen zur Gebäudeheizung erfolgten dann in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Erst in den letzten Jahren entwickelte sich mit dem Anstieg der Brennstoffpreise ein regelrechter Wärmepumpenboom in ganz Europa. Ihre Energie bezieht sie aus der Umwelt, also aus Erde, Luft oder Wasser. Dabei verbraucht sie elektrischen Strom. Sie ist gewissermaßen eine Anwendung des Prinzips Kühlschrank, nur dass sie in umgekehrter Richtung funktioniert. Während dieser die Wärme aus seinem Innenraum nach außen abführt, entzieht eine Wärmepumpe die Energie der Umwelt, um sie ins Gebäude zu leiten. Obwohl Wärmepumpen die vergleichsweise teure und hochwertige Energieform des elektrischen Stroms zum Betrieb benötigen, arbeiten sie effizient, denn sie erzeugen mehr von der Nutzenergie Wärme, als sie für ihren Betrieb benötigen. Ihre Wirtschaftlichkeit begrenzt sich zwar auf relativ niedrige Temperaturen, diese entsprechen aber dem Niveau, das zur Gebäudeheizung erforderlich ist. Als Niedertemperaturheizung ist die Wärmepumpe für den Heizbedarf in unseren Häusern also vorzüglich geeignet. Allen Wärmepumpen ist gemein, dass ihre Effektivität deutlich sinkt, sobald man ihnen ein höheres Temperaturniveau abverlangt. Dies macht sich schon bei den höheren Werten, die für die zentrale Warmwassererzeugung gefordert werden, bemerkbar. Das schränkt ihre Einsatzmöglichkeiten einerseits ein, andererseits macht es sie zum interessanten Kombipartner in Hybridsystemen mit Solarstrom oder Solarwärme oder eben mit beiden (Seite 113). BHKW die Strom erzeugende Heizung Jenseits der Solar- und Umwelttechnik existiert eine dritte Lösung, die sich zwar nicht von der Verbrennungstechnik löst, diese aber völlig anders und sehr energieeffizient handhabt. Im System der konventionellen Energieversorgung wird Strom und Wärme in der Regel getrennt voneinander und mit niedrigen Wirkungsgraden, sprich hohen Verlusten, erzeugt. Diese Verluste können über die sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), die zumindest einen Teil der Abwärme als Fernwärme nutzt, gemildert werden. Nachdem diese Technologie in Großkraftwerken er-

20 EINE FRAGE DER ENERGIEUMWANDLUNG folgreich eingesetzt wurde, entwickelte man kleinere Anlagen, die Blockheizkraftwerke oder BHKW genannt werden. Sie erzeugen Wärme und Strom in einer Maschine. Dabei hat sich das sogenannte Motor-BHKW durchgesetzt. Ein herkömmlicher Motor also mit übergroßer Lichtmaschine, um im Jargon der Automobiltechnik zu sprechen, gekoppelt mit einem ebenfalls leistungsfähigen Wärmetauscher. In größeren Einheiten, die zum Beispiel Krankenhäuser oder Hotels versorgen, sind Motor-BHKW schon seit mehr als einem Jahrzehnt etabliert. Deren Motorleistung beläuft sich oft auf mehrere hundert Megawatt (MW), ähnlich etwa einem Schiffsdiesel. Mit über 90 Prozent erreichen diese Anlagen einen sehr hohen Gesamtwirkungsgrad. Das führt zu deutlichen Einsparungen bei den Brennstoffen und bei den klimaschädlichen CO 2 -Emissionen. Als Mini-BHKW oder stromerzeugende Heizung halten sie jetzt Einzug bis in die Ein- und Zweifamilienhäuser. Neben der vollständigen Raumwärme und dem Warmwasser können sie einen Großteil des Strombedarfs bereitstellen. Bei der physikalischen Betrachtung wurde deutlich, wie wichtig es ist, mit dem Arbeitspotenzial von Energie bewusster umzugehen und nicht hochwertige Energie für Prozesse zu verschwenden, in denen auch niederwertige Energie hätte eingesetzt werden können. Da der Einsatz fossiler Brennstoffe nicht sofort vermieden werden kann, wird durch den gekoppelten Prozess der BKWK die Effizienz der eingesetzten Primärenergie deutlich gesteigert. Um die gleiche Menge an Wärme und Strom zu erzeugen, muss im Vergleich zur konventionellen Lösung Heizwärme im Haus, Strombezug aus dem Netz bis zu einem Drittel weniger Primärenergie aufgewendet werden. STROM- UND WÄRMENETZE Die Diskussion um die Energiewende wird oftmals auf die Forderung nach großen Stromautobahnen reduziert. Die Stromund Wärmeerzeugung im eigenen Haus scheint da keine Existenzberechtigung zu haben. Es entsteht der Eindruck, als existiere ein Patentrezept nach Art der Gleichung Windstrom + Hochspannungsnetze = Energiewende. Als Ausgangspunkt für diese Argumentation werden die großen Windparks in der Nordsee genommen, welche die großen Energieversorger bauen und deren Strom nach Süddeutschland transportiert werden müsste. Deshalb sollen die großen Übertragungsleitungen des bundesweiten Stromverbundes im Hochspannungsbereich von 380 kv durch neue Leitungen noch ergänzt werden. Es ist durchaus schlüssig, dass die Befürworter dieser Lösung, die auf den