Umsetzung des Konzeptes SprachberaterIn im Landkreis Prignitz durch das Berliner Institut für Frühpädagogik e. V. Stand: 31.05.2012 Seite 1 von 7
Präambel In der Forschung (Vgl. Beller u. a. 2006; Beller u. a. 2009; Tietze u. a. 2008, 2010; Wolf u. a. 2011) und der Praxis besteht allgemein Einigkeit darüber, dass durch die alltagsintegrierte, frühe Sprachförderung, die Gestaltung einer sprachanregenden Umwelt und das sprachförderlichen Verhalten pädagogischer Fachkräfte hohe Effekte und nachhaltige Wirkungen in der sprachlichen Bildung von Kindern erzielt werden können. Um eine möglichst hohe Nachhaltigkeit in der Sensibilisierung für Sprachauffälligkeiten und der Verbesserung der alltagsintegrierten Sprachförderung beim pädagogischen Fachpersonal zu erreichen, erscheint es grundsätzlich notwendig, gesamte Teams von Kindertageseinrichtungen im jeweiligen Haus und in Bezug auf die konkrete tägliche Arbeit fortzubilden. Dies sind die besten Bedingungen dafür, dass auf der Arbeitsebene Veränderungsprozesse wirklich getragen und in Angriff genommen werden können (Vgl. Beller u. a. 2006; Beller u. a. 2009; DJI 2011). Weiterhin ermöglicht erst eine individuelle Analyse der jeweiligen Einrichtung mit ihrer konzeptionellen und praktischen pädagogischen Ausrichtung, ihren materiellen und strukturellen Gegebenheiten sowie des Sozialraums eine sinnvolle methodischdidaktische Feinjustierung einer Fortbildung und sichert damit die notwendige Anschlussfähigkeit an die Fortbildungsziele. 1. Das Konzept der SprachberaterIn nach den Vorgaben des Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg (MBJS) Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat in seinem Konzept zur Weiterentwicklung der Sprachförderung in der Kindertagesbetreuung mehrere Vorschläge ausdifferenziert, um zukünftig die alltagsintegrierte Sprachförderung zu stärken und gleichzeitig die kompensatorische Sprachförderung noch weiter mit in den Alltag zu implementieren. Die vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport beauftragte und finanzierte Evaluation der Wirkungen des Sprachförderprogramms wie auch die begleitende Studie von Tietze u. a. zu den Zusammenhängen von Kita-Qualität und Sprachkompetenz der Kinder schaffen die wissenschaftlich fundierte Basis dafür, systematische und begründete Maßnahmen zur Weiterentwicklung und Verbesserung der Sprachförderung in der Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg zu ergreifen. (MBJS 2011). Ein Baustein im Rahmen dieses Konzeptes und der für die nächsten Jahre geplanten Entwicklungen sind die SprachberaterInnen, um regionale Netzwerke zu initiieren, fachlich zu begleiten und die Fachkräfte in der Praxis zu unterstützen, um langfristige Entwicklungen zu stabilisieren. Alle Einrichtungen mit Kindern im Vorschulalter verfügen über mindestens eine für die (kompensatorische) Sprachförderung qualifizierte Fachkraft. Gemeinsam mit diesen Stand: 31.05.2012 Seite 2 von 7
Sprachförderkräften und den zusätzlichen Fachkräften aus dem Bundesprogramm Frühe Chancen sollen die landesseitig ein Jahr geförderten SprachberaterInnen: die bestehenden regionalen Angebote und Maßnahmen zur Verbesserung der sprachlichen Bildung im gesamten Feld der Kindertagesbetreuung (Kitas, Tagespflege, Eltern-Kind-Gruppen, andere Angebote) bündeln, deren Weiterentwicklung anregen sowie den Austausch, die Qualifizierung und den Transfer guter Praxis unterstützen; - Partner, wie z. B. andere Netzwerke (Netzwerke Gesunde Kinder, Bündnisse für Familien) oder Bibliotheken und Volkshochschulen, gewinnen und einzubeziehen sowie - konkrete konzeptionelle und fachliche Beratung von Einrichtungen bzw. anderen Angebotsformen durchführen (Vgl. MBJS 2011). 2. Umsetzung des Konzepts der SprachberaterIn durch das Berliner Institut für Frühpädagogik e. V. Die Idee des Konzeptes der SprachberaterIn im Land Brandenburg lässt sich im Rahmen der vorhandenen Ressourcen und einer Ausgliederung an einen freien Träger der Fort- und Weiterbildung aus Sicht des Berliner Instituts für Frühpädagogik nur bedingt umsetzen. Wir schlagen aus diesem Grunde eine Umsetzung vor, welche im Kern aus einer Kombination von zentralen, regionalen und einrichtungsbezogenen Veranstaltungen besteht und von einem Team erfahrener FortbildnerInnen getragen wird sowie eine Unterstützung der begleiteten Erzieher und Erzieherinnen per Internetforum, Telefon und E-Mail beinhaltet. Stand: 31.05.2012 Seite 3 von 7
2.1. Auftaktveranstaltung Der einjährige Projektzeitraum wird durch eine Auftaktveranstaltung begonnen, diese ermöglicht es, für das Vorhaben des Landkreises zu sensibilisieren und die jeweilige Umsetzung der Fachöffentlichkeit vorzustellen. Weiterhin ergibt sich so eine Plattform, auf der sich Kindertageseinrichtungen und mögliche NetzwerkpartnerInnen (Netzwerk Kindeswohl, Kindertagespflegepersonen, Bibliotheken, Eltern-Kind-Gruppe) kennen lernen und austauschen können. Die Auftaktveranstaltung wird als kleiner Fachtag gestaltet, an dem auch Einrichtungen und NetzwerkpartnerInnen teilnehmen können, die in der Auswahl des Projektes nicht berücksichtigt werden konnten. Der Fachtag wird in zwei Durchgängen durchgeführt, der erste findet am Vormittag statt, der zweite am Nachmittag. Das Berliner Institut für Frühpädagogik wird diesen Fachtag inhaltlich steuern und moderieren. 2.2 Fortbildungen in den Kindertageseinrichtungen Im Zentrum der Übersetzung des Konzeptes des MBJS steht die Durchführung von vier Fortbildungstagen (drei Module) pro Einrichtung. 1. Modul Das erste Modul (ein Tag): - dient der Analyse der Bedingungen in der Einrichtung, - ermöglicht die Beobachtung der ErzieherInnen während ihrer Arbeit und - schafft den Raum für gemeinsame Zielvereinbarungen. Die Analyse der Einrichtungsbedingungen schließt die (sprachbezogenen) Raum- und Materialangebote ebenso ein, wie die sozialräumliche Verortung und die Tagesstruktur der Einrichtung. Die Beobachtung der Erzieherinnen und Erzieher ermöglicht eine (videographische) Datensammlung zur praktischen sprachlichen Bildungsarbeit in der Kindertageseinrichtung und erlaubt erste Rückschlüsse auf die sprachliche Interaktion zwischen ErzieherIn und Kind. Die hier gewonnenen Beobachtungsergebnisse sind Grundlage für die Entscheidung, welche weitere Ausrichtung die Fortbildung erhalten soll, sie dienen als praktische Referenzen, an denen in der weiteren Fortbildung immer wieder gearbeitet wird und ermöglichen eine Veränderungs-/Zielkontrolle am Ende der Fortbildungsmodule. Das erste Modul endet mit einer ca. zweistündigen gemeinsamen Teamsitzung in der Einrichtung, in der auf der Grundlage des bisher Beobachteten einerseits und aus den Wünschen und Rückmeldungen der ErzieherInnen andererseits eine erste Stand: 31.05.2012 Seite 4 von 7
Zielvereinbarung für die gesamte Fortbildung entwickelt wird. Weiterhin werden erste Praxisaufgaben mit den ErzieherInnen bis zum zweiten Fortbildungsmodul vereinbart. 2. Modul Das zweite Modul (ein zweitägiger Fortbildungsblock) beginnt mit der differenzierten Auswertung der Beobachtungen aus dem ersten Modul. Hieraus leiteten sich neben den erhobenen Wünschen der ErzieherInnen die zu bearbeiteten Themen ab, die im Modul praxisorientiert bearbeitet werden. Inhalte des Moduls sind die vier Themenkomplexe: - Alltagsintegrierte Sprachförderung, - Sprachförderlicher Dialog mit Kindern, - ErzieherIn als Sprachvorbild, - Unterstützung bei der Erarbeitung eines Sprachkonzepts für die Kita. Weitere Inhalte, die je nach Bedarf der Einrichtungen in der Gestaltung der Fortbildung berücksichtigt werden, sind: - Raum- und Materialgestaltung (Raum als 3. Erzieher/Lernlandschaften) - Selbstreflexion, - Beobachtung und Dokumentation (z. B. Portfolio, Bildungs- und Lerngeschichten, Meilensteine der Sprachentwicklung), - Kooperation und Netzwerke aufbauen und erweitern, - MultiplikatorInnenrolle was bedeutet das für mich und das Team. Soweit möglich und sinnvoll, können auch andere Einrichtungen (z. B. Schwerpunktkitas, Bibliotheken) besucht oder mögliche KooperationspartnerInnen (z. B. Netzwerk Kindeswohl) eingeladen werden. Am Ende des zweiten Moduls wird gemeinsam ein Maßnahmekatalog erarbeitet, in dem festgehalten wird, welche Zielvereinbarungen mit der Einrichtung getroffen werden, um die sprachliche Bildungsarbeit in der Kita zu verstärken bzw. zu verbessern. Soweit möglich, stattet das Berliner Institut für Frühpädagogik die Einrichtung leihweise mit einer Videokamera aus, damit die ErzieherInnen ihre Arbeitsprozesse und -ergebnisse dokumentieren können. Wenn es möglich ist, sollte das zweite Modul an zwei aufeinanderfolgenden Tagen (z. B. Freitag/Samstag) stattfinden. Wenn dies in den Einrichtungen nicht möglich ist, werden die zwei Tage an Samstagen stattfinden, wobei nicht länger als vier Wochen zwischen den Terminen liegen sollte und diese dann durch Praxisaufgaben miteinander verbunden werden. Stand: 31.05.2012 Seite 5 von 7
3. Modul Der Schwerpunkt des dritten Moduls (ein Tag) liegt vorrangig in der Reflexion der gemeinsam getroffenen Zielvereinbarungen. Dabei soll besonders in den Blick genommen werden, welche Faktoren zum Gelingen bzw. Scheitern beigetragen haben und welche Konsequenzen sich daraus für die weitere Arbeit ergeben. Soweit möglich können einzelne Inhalte vertieft werden. Die Veranstaltung endet mit dem Blick auf konkrete Themen und Ziele, die in Zukunft in der Kindertageseinrichtung er- und bearbeitet werden sollen. Alle Veranstaltungen können durch das Berliner Institut für Frühpädagogik e. V. voll umfänglich durchgeführt werden. 2.3. Regionale Vernetzungstreffen Um die Vernetzung regional zu unterstützen, werden max. drei Vernetzungstreffen im Landkreis initiiert, in denen sich Interessierte austauschen und gemeinsame Strategien zur sprachlichen Bildungsarbeit entwickeln können. Mögliche Inhalte dieser Arbeitstreffen können sein: - Besprechung von Fallbeispielen aus der eigenen Arbeit, - Vorstellung neuer Materialien, - Gemeinsame Netzwerkentwicklung (wenn es in Modul zwei organisatorisch oder zeitlich nicht möglich ist). Die regionalen Vernetzungstreffen werden durch das Berliner Institut für Frühpädagogik e. V. moderiert und fachlich begleitet. 2.4 Begleitung per Forum, E-Mail und Telefon Über die Veranstaltungen in den Kitas hinaus steht das Berliner Institut für Frühpädagogik während der Projektzeit den Kitas für telefonische Beratung und Unterstützung zur Verfügung. Auf den Internetseiten des Berliner Instituts für Frühpädagogik wird ein geschlossenes Forum speziell für die ErzieherInnen, die an dem Projekt teilnehmen und weitere interessierte ErzieherInnen aus der Prignitz eingerichtet. Ebenfalls Zugang zu diesem Forum hat die Praxisberaterin des Landkreises sowie die DozentInnen der Fortbildung. Bereits in anderen Projekten wurden gute Erfahrungen damit gemacht, da sich die Gruppe der ErzieherInnen allmählich das Medium Computer und Internet als Arbeitsinstrument erschließt. Über das Forum kann zum einen der kollegiale Austausch gefördert werden, zum anderen können auch Fragen beantwortet werden. Die Möglichkeit, sich als Gast in das Forum einzuloggen, bietet eine anonyme Form der Fragestellung, die es manchmal erleichtern kann, auch schwierige Themen anzusprechen Stand: 31.05.2012 Seite 6 von 7
und zu diskutieren. Weiterhin kann in dem Forum eine Art Materialcontainer eingerichtet werden, über den Methoden und fachliche Handouts oder Artikel zum download bereit gestellt werden können. Selbstverständlich ist die Kontaktaufnahme auch per E-Mail für die ErzieherInnen möglich, hierzu wird eine eigene E-Mail Adresse zur Verfügung gestellt (z. B: Sprachberatung@biff.eu). Sowohl die telefonische Beratung, als auch das Forum und der E-Mail Kontakt verstärken das Praxisunterstützungssystem, sind den ErzieherInnen bereits bekannt und haben in anderen Projekten eine hohe positive Resonanz erfahren. Quellen Beller, K. u. a.: Erzieherqualifizierung zur Erhöhung des sprachlichen Anregungsniveaus in Tageseinrichtungen für Kinder - eine Interventionsstudie. Berlin 2006. Beller, K. u. a.: Systematische sprachliche Anregung im Kindergartenalltag zur Erhöhung der Bildungschancen 4- und 5jähriger Kinder aus sozial schwachen und Migrantenfamilien - ein Modell der pädagogischen Intervention. Berlin 2009. Deutsches Jugendinstitut (Hrsg.): Frühe Bildung Bedeutung und Aufgaben der pädagogischen Fachkraft. Grundlagen für die kompetenzorientierte Weiterbildung. München 2011. Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg: Konzept zur Weiterentwicklung der Sprachförderung in der Kindertagesbetreuung. Potsdam 2011. Tietze, W. u. a.: Zum Zusammenhang von pädagogischer Qualität in Kindertageseinrichtungen und Familien und dem Sprachstand von Kindern. Berlin 2008 und 2010. Wolf, K.; Stanat, P.; Wendt, W.: EkoS - Evaluation der kompensatorischen Sprachförderung. Abschlussbericht. Berlin 2011. http://www.stmas.bayern.de/kinderbetreuung/bep/sprachberatung/ (Stand 29.03.2012) Stand: 31.05.2012 Seite 7 von 7