Da mache ich den Mund ein bisschen auf. Und jetzt singt es nicht nur in mir. Jetzt singe ich. Ich summe eine Melodie und finde dazu Worte.

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Transkript:

Natt. Dr. Gisela Ostersonntag, 1. April 2018, Gottesdienst in Bad Emstal-Sand Predigttext 1. Sam 2,1-2.6-8a Und Hanna betete und sprach: Mein Herz ist fröhlich in dem HERRN, mein Haupt ist erhöht in dem HERRN. Mein Mund hat sich weit aufgetan gegen meine Feinde, denn ich freue mich deines Heils. Es ist niemand heilig wie der HERR, außer dir ist keiner, und ist kein Fels, wie unser Gott ist. Der HERR tötet und macht lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder herauf. Der HERR macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht. Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche. Amen. Liebe Gemeinde! Es singt in mir. In leichtem Schritt gehe ich durch meine Wohnung. Ich freue mich. Die Sonne scheint. Ich bin glücklich. Und darum singt es in mir. Ich weiß nicht, wo das Singen her kommt. Ich merke nur, etwas ist in mir drin. Ich habe auch nicht daran gedacht zu singen. Aber jetzt ist es da. Es nimmt mich richtig ein. Erfüllt mich. Noch ist es lautlos. Da mache ich den Mund ein bisschen auf. Und jetzt singt es nicht nur in mir. Jetzt singe ich. Ich summe eine Melodie und finde dazu Worte. Wie gut, dass ich alleine bin. So kann ich es ruhig nach draußen lassen, was mich so mächtig innendrin erfüllt. So singe ich vor mich hin, in der morgendlich stillen Wohnung. Ich freue mich und bin fröhlich. II Summen und Singen sind stärker als reden. Gewiss, ich rede gerne, ich rede ich viel.

Ich versuche, Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen. Mit Worten umzugehen ist mein Beruf. Darum weiß ich, dass es Gefühle gibt, die in keine Worte passen. Sie sind zu groß, zu stark. Sie sind zu mächtig. Darum gibt es für sie keine passenden Worte. Es gibt für sie kein Kleid, in da sie hineinschlüpfen könnten und mit dem sie sich angemessen zeigen könnten. Nein. Manche Gefühle sind einfach zu groß, zu schwer. Sie sind unsagbar. III Hanna hat solche Gefühle. Es sind die Gefühle der Trauer und der Trostlosigkeit. Es ist noch mehr. Es ist Schmerz. Es ist das Gefühl von Endgültigkeit. Denn sie hat bis auf den Tag kein Kind bekommen. Sie muss bis auf den Tag mit ansehen, wie nebenan im Haus die Kinder der anderen toben, lachen, schreien. Sie muss bis auf den Tag erdulden, wie andere auf sie herab schauen: Na, immer noch nicht schwanger! Sie muss bis auf den Tag ertragen, dass das Leben sie vom Leben ausgeschlossen hat. Dass das Leben ihr alles raubt, was doch ihr Lebenswunsch ist, einem Kind das Leben zu schenken. Der Tod ist in ihr Dasein gekrochen. Dafür gibt es keine Worte. Nein, hier reicht kein Wort hin. Darum weint sie. Tränen laufen über ihr Gesicht. Diese stumme Sprache der unsagbaren Traurigkeit. Ach, Gott möge es sehen und hören, dieses Unsagbare. Das sich in Tränen nach außen drängt. IV Es ist kein Wort auf unseren Lippen, das du Herr, nicht schon wüsstest. Ja, Gott, der Herr sieht und weiß, und ER ist an unserer Seite. Auch wenn es dauert, bis wir das erfahren.

Auch wenn es lange dauert, quälend lange dauern kann wie bei Hanna. Aber dann erfährt sie es- Sie spürt es in sich drin. In diesen leisen Regungen, den kleinen Veränderungen des Körpers. Leben, noch nicht sichtbar, aber schon da. Neues Leben! Dieses neue Leben meint nicht nur das Kind, das in ihr ist, sondern meint auch sie selbst. Es wird nicht mehr lange dauern. Dann hält sie das Kind in ihren Händen. Und sie selbst ist neu geboren, aus dem Tod in das Leben. Das ist mehr ist, als sich je sagen lässt. V Wieder versagen sich die Worte. Nicht eines der vielen Wörter, die wir haben, passt. Jedes Wort für sich: zu klein, zu schwach, zu unbedeutend. Nichtssagend. Wie soll sie kund tun, was sie bewegt? Wie soll sie dieser unfassbaren Freude Ausdruck geben? Da fängt es an, in ihr zu singen. Sie summt. Sie summt die Melodie in ihrem Kopf. Und aus dem Herzen purzeln die Töne und purzeln die Worte. Jetzt singt es in ihr. Und Hanna singt und singt das Loblied ihrer großen Freude: Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn, und mein Mund hat sich weit aufgetan, denn ich freue mich meines Heils. Niemand ist heilig wie der Herr außer dir ist keiner, und ist kein Fels, wie unser Gott ist..... Der Herr tötet und macht lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder herauf. Der Herr macht arm und macht reich;

er erniedrigt und erhöht. Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen der Asche Sie singt, sie betet. Ihr Lied fängt alles ein, was sie erlebt hat: Tod und Leben. Es fängt alles ein, was Menschen je begegnet: Staub sein und erhöht werden. Unfruchtbar sein und Kinder bekommen, hungern und gesättigt werden. Tod und Leben. Die Freude über das Kind wird zur Freude über Gott. Die Freude, dass Gott sie angesehen hat in ihrem Leid, wird zur Erfahrung, die sich aller Sprache widersetzt und doch erzählt werden muss. Nicht in Worten, sondern im Singen. In Ihrem Lobgesang. VI Maria aus Magdala und die andere Maria, sie gehen einen schweren Gang. Trauer erfüllt ihr ganzes Herz. Unbarmherzig ist der Tod. Er hat Jesus getötet. Der Tod nimmt einfach, was ihm nicht gehört. Er nimmt das Leben. Und er kriecht in ihr Dasein und bemächtigt sich ihrer. Er macht die Lebenden zu Toten. Dafür gibt es keine Worte. Darum weinen sie. Mühsam schleppen die Frauen sich zum Grab. Sie suchen ihren Herrn. Sie suchen Jesus, den, mit dessen Tod ihr eigenes Leben auslöscht wurde. Und dann? Dann diese Begegnung mit dem Auferstanden. Er steht vor ihnen. Er ist da und spricht zu ihnen.

Er, Jesus, lebt! Das sprengt alle ihre Vorstellungskraft und übersteigt jeden Horizont. Und doch ist es wahr: ER begegnet ihnen. Und seine Worte kommen zu ihnen, holen sie ein, kehren zu ihnen zurück. Gehen in sie ein und erfüllen ihr Herz. Jetzt ist das Leben wieder da! Ganz neu wieder da. Wie kann man davon überhaupt reden! Wie kann man das erzählen! Dafür gibt es keine Worte. Und doch muss es kund werden. Es muss hinaus gerufen werden in alle Welt. Gott lebt. ER ist da. ER begegnet dir! Und die Frauen laufen los und sie fangen an zu singen, singen ihr Lied und singen es allen, singen es in die Welt hinaus: ER führt zu den Toten und führt wieder hinauf. Er verwandelt die Tränen in Lachen, und begegnet mit Liebe dem Hass. Er setzt der Verwundung das Heil entgegen und der Verzweiflung die Hoffnung. Er vergibt alle Schuld. Er lässt von den Toten auferstehen. ER ist größer als alles. Und ER ist für uns da. VII ER ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden! Das ist zu groß und zu viel für alle Worte dieser Welt. Aber wir erfahren es, seine ganze Wahrheit. Und darum singt es in mir, singen wir: Heute an Ostern, und an all den Tagen, wo er uns begegnet: Christus, das Leben, Gott. Und das Lied singt von der großen Kraft. Es ist in uns als Hoffnung mitten im Leid. Es ist da als Liebe mitten im Hass Es ist da als Vergebung mitten in der Schuld. Es ist da und macht, dass wir fröhlich werden und vom neuen Leben singen. Singen, einfach nur singen. Unseren Lobgesang. Amen.