Grußwort: Heute braun morgen Krebs: Sonne(n) mit Verstand am 28. Juli 2008 in München von Dr. med. Max Kaplan, Vizepräsident der Bayerischen Landesärztekammer Es gilt das gesprochene Wort. Seite 1 von 5
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Eltern, liebe Kinder, ich freue mich sehr, dass die wichtige Aktion Sonnenschutz auch in diesem Jahr wieder durchgeführt wird. Gerne haben wir uns in der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) dafür entschieden, uns wieder an dieser Aktion zu beteiligen. Ganz besonders freut mich, dass auch Herr Staatsminister Dr. Bernhard heute hier ist und dadurch die Bedeutung dieser Aktion unterstützt. Ich möchte anhand eines kleinen Beispiels die Problematik aufzeigen: In der Dominikanischen Republik liegt die kleine Insel Saona. Die Überfahrt mit einem Boot zur Insel dauert ca. 40 Minuten. Wenn man bei der kurzen Schifffahrt die Einheimischen beobachtet, dann fällt einem auf, dass diese trotz einer schon leicht gebräunten Haut bis zu sechsmal zur Sonnencreme greifen und sich sorgfältig Gesicht, Arme und Beine eincremen. An den Stränden der Dominikanischen Republik liegen die Touristen wie Sardinen und lassen sich von der Mittagssonne häufig auch ohne ausreichenden Sonnenschutz brutzeln. Und warum tun Sie das? Hier sind wir beim Problem: Schönheitsideale treiben die unterschiedlichsten Blüten hervor. Für Dominikaner gibt es nichts Edleres als eine weiße Hautfarbe. Wer weiß ist, gehört dort zur Oberschicht, ist reich und hat es nicht nötig, auf den Zuckerrohrfeldern unter der sengenden Sonne zu arbeiten. Bei uns in Deutschland hält sich dagegen immer noch hartnäckig das Seite 2 von 5
Ideal von der gesunden Bräune. Dabei wird unsere Haut nicht braun, damit wir schön sind. Bräunen ist vielmehr ein Schutzmechanismus, eine Abwehrreaktion der Haut. Unter UV-Strahlung laufen unter der Haut verschiedene biochemische Reaktionen ab, unter anderem wird ein Pigment, das Melanom, gebildet. Wir kämpfen also mit einem aus ärztlicher Sicht falschem Schönheitsideal: Wer braungebrannt ist, ist gesund. Und unterschwellig schwingt mit: wer braungebrannt ist, kann sich einen entsprechenden Urlaub leisten. Bis sich ein Schönheitsideal in einer Gesellschaft ändert, braucht es viele Jahrzehnte. Deshalb müssen wir zumindest erreichen, dass die Menschen für die Gefahren der Sonnenstrahlung immer wieder sensibilisiert werden. Aber es scheint, als habe es sich noch nicht genug herumgesprochen, dass zu viel Sonnenbaden die Haut schädigt, die Faltenbildung beschleunigt und mitunter Krebs verursacht. Mit viel Geld und Mühe wird dann im Alter versucht, die entstandenen Hautschäden wieder zu reparieren. Reihenweise schlucken die Menschen dann Vitamine und cremen sich mit teuren Salben ein. Einfacher wäre es, sich in den Schatten zu legen zumindest in der ärgsten Mittagshitze, wenn die UV-Strahlen am kräftigsten sind. In unseren Wartezimmern sitzen immer mehr Patienten, die an Hautkrebs erkrankt sind. Basalzell-Krebs und Stachelzell-Krebs machen etwa 15 Prozent der jährlichen Krebsneuerkrankungen in Deutschland aus. Diese Krebsarten lassen sich in der Regel gut behandeln. Schlimmer sind jedoch die rund 8.000 jährlichen Neuer- Seite 3 von 5
krankungen an Melanomen, dem schwarzen Hautkrebs der sich im Körper ausbreiten kann. Bei etwa 20 bis 25 Prozent der Patienten bildet der Krebs Metastasen und führt in der Regel zum Tod. Der Anteil dieses gefährlichen Typs steigt bei der Zahl der Neuerkrankungen jährlich um sechs bis sieben Prozent. Erklärbar ist diese Zunahme durch die erhöhte UV-Exposition, weil sich die Menschen in ihrer Freizeit heute häufiger direkt den Sonnenstrahlen aussetzen. Notorische Anhänger der Tiefenbräune brutzeln stundenlang schlecht oder ungeschützt in der Sonne. Viele Urlauber unterschätzen die stärkere Sonne und das reflektierende Licht am Meer. Im Gegensatz zu den Tieren, die sich durch ihr Fell, ihre Federn, Schuppen oder ihr Gehäuse vor dem Licht schützen, gibt es beim Menschen nur wenige Schutzmechanismen vor dem Sonnenlicht. Ein Sonnenbrand zeigt bereits eindeutig eine Hautschädigung an. Zellkerne sind durch die UV-Strahlung zerstört oder verändert. Im Nachhinein bemüht sich die Haut selbst, das geschädigte Erbgut durch komplizierte Mechanismen wieder zu reparieren. Das gelingt jedoch nicht immer und schon gar nicht vollständig. Die meisten Urlauber vergessen ihren Sonnenbrand recht schnell, wenn die Haut nicht mehr rot ist und nicht mehr weh tut. Ganz anders unsere Haut: Sie vergisst nicht einen einzigen Sonnenbrand. Denn die UV- Strahlen schädigen die Erbinformationen in der Haut. Deshalb: kein Sonnenbad und nur geschützt an die Sonne gehen. Machen Sie es wie die Australier: Slip, slap, slop! Slip in a shirt, slap on sunscreen and slop on a hat. Seite 4 von 5
Zu Deutsch: Schlüpf in ein T-Shirt, trage Sonnencreme auf und setze einen Hut auf. Ganz besonders bei Kindern sollten diese Ratschläge beherzigt werden. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass mit der Anzahl der Sonnenbrände besonders im Kindesalter das Risiko steigt, in älteren Jahren an Hautkrebs zu erkranken. Jede Haut braucht Sonnenschutz und ganz besonders wichtig ist das bei Kindern. Unterstützen Sie die Kampagne Sonne(n) mit Verstand und beherzigen Sie den Ratschlag: Slip, slap, slop! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und ich wünsche Ihnen einen sonnenbrandfreien Urlaub. Seite 5 von 5