Liebe Gemeinde! Demut ist nicht mehr zeitgemäß. Demut passt nicht in unsere aktuelle gesellschaftliche Landschaft.



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Transkript:

Predigt über 1. Petr. 5,5b-11 gehalten am 19. September 2004, den 15. Sonntag nach Trinitatis in der Peterskirche in Heidelberg von Pfarrer Walter Boës (Studienleiter des Morata-Hauses) Liebe Gemeinde! Demut ist ein in Ungnade gefallenes Wort. Denn Demut passt nicht mehr in unsere Zeit, passt nicht mehr zu den Bildern, die wir gerne von uns selbst entwerfen und die wir vorgelebt bekommen. Denn Demut hat den unangenehmen Beigeschmack von Erniedrigung, von Selbstlosigkeit bis zur Selbstverleugnung. Solche Selbstbilder passen nicht in unsere Zeit, in der Selbstverwirklichung ganz oben steht. Ich will ein harmloses Beispiel geben, aber doch ein Beispiel, von dem ich weiß, dass es sehr existentiell erlebt wurde: Setzen Sie sich einmal mit mir in ein religionspädagogisches Hauptseminar. Eine Studentin stellt einen Unterricht vor. Viel Herzblut steckt in dem Unterricht. Es ist ihr erster. Sie ist stolz auf ihren Unterricht. Natürlich, objektiv hat die Stunde Schwächen - aber es ist die erste Stunde. Und die Grundidee ist genial. - Kaum hat sie mit ihrer Vorstellung geendet, fliegen die Finger nach oben, und der Unterrichtsentwurf und mit dem Entwurf die Person werden in der Luft zerrissen. Warum das so ist? Ich vermute, dass die Kommilitonen nicht darauf eingestellt sind, voneinander zu lernen, vom anderen etwas anzunehmen. Es fehlt ihnen an Demut. Die Konkurrenzsituation nötigt sie anscheinend, sich auf Kosten der anderen zu profilieren, anstatt von ihnen zu lernen. Ein anderes Beispiel: Ich höre oft Stimmen aus der Gemeinde, die gegen die alte Einleitung des Bußgebetes im Gottesdienst wettern: Demütigt euch vor Gott, oder: Lasst uns in Demut zum Herrn rufen. Muss ich in meinem Alltag nicht zur Genüge erdulden, dass ich klein gemacht werde? Soll ich das jetzt auch noch im Gottesdienst ertragen. Ich will aufgebaut werden, nicht erniedrigt. Demut ist nicht mehr zeitgemäß. Demut passt nicht in unsere aktuelle gesellschaftliche Landschaft.

Nebenbei: Einer der Gründe für den Untergang der Demut findet sich in kirchlichen Kreisen selbst. Oft wird nämlich Demut als frömmliches Image gepflegt und als christliches Accessoire zur Schau getragen. Hinter der Demut aber verbirgt sich verhohlener Hochmut. Demut - ein in Ungnade gefallenes Wort Viele Pfarrer streichen darum dieses Wort aus der Liturgie und Predigt. Ich denke dagegen, wir können auf dies Wort nicht verzichten, denn es ist ein zentraler Terminus für unseren Glauben. Festhalten können wir aber nur daran, wenn wir es positiv füllen, wenn wir den Vorstellungen und Bildern, die die Demut diskreditiert haben, neue, positive Bilder entgegensetzen. Ich lese nun den Predigttext für heute aus 1. Petr. 5: In ihm fand ich solch eine neue, positive Füllung. Alle umkleidet euch mit Demut füreinander(miteinander haltet fest an der Demut); denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit. Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch (ihr liegt ihm am Herzen). Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Dem widersteht, fest im Glauben, und wißt, daß ebendieselben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen. Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. Das erste, was unser Predigttext zur Neubestimmung von Demut leistet, ist: Er begründet, er gründet Demut. Im letzten Satz ist der Grund für die Demut genannt: Ihm, Gott sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Das ist nicht ein dogmatischer Lehrsatz. Das ist ein Vertrauenssatz. Wenn ich sage: Gott sei die Macht, dann vertraue ich auf Gott. Mitten in den Mächteränken der Politiker, der großen und kleinen Monarchen, der religiösen wie unreligiösen Demagogen, mitten in den Machtspielchen in meinem Privatleben und an meinem Arbeitsplatz, mitten in den

vielen Situationen meiner Ohnmacht, meines Ausgeliefertseins an andere Mächte - mitten in diese Situation, mitten in dieses mein Leben hinein vertraue ich und glaube: Dir Gott, sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Über mich - über meine Seele kann kein amerikanischer Präsident, auch nicht der Professor, der mich prüft, auch nicht die Sparkommission, die meine Stelle kürzt, auch nicht ich selbst verfügen - auch nicht ich selbst. Allein, ich bin in Gottes Hand. Das ist Demut. Und darum ist Demut Gottvertrauen. Und damit sind wir im Zentrum unseres Textes. Dort steht: Alle eure Sorge werft auf ihn; denn ihr liegt ihm am Herzen: Nach Luther: Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. Demut ist demnach nicht nur Anspruch an uns, nicht nur Verhaltensregel und - Maßstab. Im Gegenteil: Demut ist ein Zuspruch. Demut ist ein Geschenk. Wo ich mit meinen Mitteln, mit meiner Macht an meine Grenzen gerate, da kann ich abgeben, meine Sorgen auf Gott werfen. Denn er sorgt für mich. Solche Demut kann mir zur Kraft werden, meine Not, auch dunkelste Stunden hinzunehmen, zu tragen. Denn ich weiß, dass auch gerade dann Gott für mich sorgt. Für mich! Für mich, der ich gerade ganz ohne Macht dem Leben und seinen Mächten ausgesetzt bin. Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. Solche Demut ist kein leichtes Geschenk. Denn sie macht mich auch sehr klein. Sie kündigt mir meine Selbständigkeit und Freiheit. Nicht ich habe mein Leben und meine Seele in der Hand, sondern Gott allein. Solche Demut macht mich aber auch frei: Sie befreit mich von der irrigen Ansicht, selbst alles leisten zu müssen. Sie löst meinen Blick von mir selbst und eröffnet neue Perspektiven, neue Wahrnehmung der Welt unter dem Vorzeichen der Macht Gottes. Sie schafft mir Raum für Gottes Wirken, für Gottes Wirklichkeit. So betrachtet finde in der Demut eine ganz neue Formulierung der Rechtfertigungsbotschaft - zumal dann, wenn ich darauf sehe, dass der allmächtige Gott, Grund aller Demut, selbst demütig am Kreuz trug, was wir nicht tragen können. Liebe Gemeinde! Im 1. Petrus ist noch von einer anderen Demut die Rede. Gleich zu Anfang heißt es: umkleidet euch mit Demut füreinander. Demut füreinander. Ich denke, es ist nicht zufällig, dass hier die Demut gegenüber meinem Mitmenschen so nah an die Demut Gott gegenüber gerückt ist. Beide, Demut gegenüber Mensch und

Demut gegenüber Gott, hängen direkt miteinander zusammen. Sie gehören zusammen, genauso wie zur Gottesliebe die Nächstenliebe gehört. Denn wie sollte ich, wenn ich doch Gott alles zutraue, wie sollte ich dann nicht Gottes Wirken auch durch meinen Nächsten erwarten? Demut bedeutet somit eben auch: offen sein, Raum geben für mein Gegenüber, denn in ihm kann ich Gott begegnen. Um auf die vorhin beschriebene Situation zurückzukommen: Demut heißt, vom Unterrichtsentwurf meiner Kommilitonin etwas zu erhoffen, das mich verändert, das mir etwas gibt, was ich mir selbst nicht hätte geben können. Demut heißt dort, dem anderen Raum zur Entfaltung geben, ihn ins Zentrum meiner Überlegung zu stellen - und zwar nicht um ihn zu zerstören, sondern um ihn aufzubauen. Demut wird so, schafft so Selbstbewusstsein(!), Selbstbewusstsein, das in unserer Zeit so wichtig ist. Birgt solche Demut nicht die Gefahr, dass ich mich über das Bemühen um den anderen selbst verliere, dass ich unkritisch werde, dass ich Ausnutzung meiner selbst, Ungerechtigkeit und fremde Macht einfach demütig-passiv hinnehme? Noch einmal der Petrusbrief: Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Dem widersteht, fest im Glauben. Nein, Demut ist eben nicht Herdenmenschenmentalität. Demut heißt nicht alles passiv hinzunehmen. Im Gegenteil: Demut ist aktiv, Demut ist widerständig. Demut ist streitbar. Denn Demut ist eben unter die Macht Gottes gestellt und nicht unter menschliche Macht. Ihm sei die Macht! Und diese Macht widersteht den Hochmütigen und gibt den Demütigen Gnade. So der Petrusbrief. Und als solche bleibt Demut nüchtern. Berauscht sich nicht an der göttlichen Macht. Berauscht sich weder, um sich selbst bierselig zum Hochmut aufzuschwingen, noch lässt sie sich von anderen Mächten berauschen und täuschen, so dass sie sich ihnen unterordnen würde. Demut ist nüchterne, ist kritische Demut. Zugegeben: es ist nicht immer leicht, recht zu unterscheiden zwischen den Mächten. Zugegeben, es ist auch nicht immer leicht, zu bemerken, wo sich meine Demut längst in Hochmut verwandelt hat. Wo ich meinen Willen zu gestalten, meinen Willen zur Macht verwechselt habe mit der kritischen Funktion der Demut. Aber, so paradox es klingt, gerade die Demut kann da kritisches Korrektiv sein: Nämlich wenn ich von anderen Menschen Korrekturen meiner selbst erwarte. Wenn ich von

Lehrern oder Freunden Kritik an mir zulasse. Wenn ich der Schrift, wenn ich Gottes Wort in der Bibel zutraue, mich zu verändern und zu korrigieren. Dann hat meine Demut die Chance, nüchtern zu bleiben. Dann hat meine Demut die Chance, dass ich anderen Raum gebe, dass ich Gott Raum gebe, dass ich mich dadurch selbst verwandeln und trösten lasse. Diese Demut wünsche ich uns und unserer Kirche und unserer Welt. Liebe Gemeinde Eingangs stellte ich fest, Demut sei ein in Ungnade gefallenes Wort. Der 1. Petrusbrief sagt: Demut ist sola gratia. Demut ist reine Gnade Amen.