5 Typische Bildverarbeitungsaufgaben



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71 Die Bildverarbeitung bietet mannigfaltige und faszinierende Möglichkeiten der Bildverfremdung. Auf die Beschreibung der kreativen Möglichkeiten soll hier allerdings nicht eingegangen werden. Vielmehr sollen die typischen Bildverarbeitungsaufgaben der Druckvorstufe beschrieben werden, bei der normalerweise die Vorlagen nicht verfremdet, sondern im Gegenteil möglichst originalgetreu reproduziert werden. 5.1 Entfernen von Artefakten Das nachträgliche Entfernen von Staub und Kratzern in gescannten Bildern gehört zu den mühsamsten und zeitraubendsten Arbeiten in der Bildretusche. Daher muß beim Scannen bereits pingelig auf Reinlichkeit geachtet werden, insbesondere sollte das Vorlagenglas regelmäßig gereinigt werden. Ebenso sollte man mit den Vorlagen möglichst pfleglich umgehen, um Kratzer oder Fingerabdrücke von vornherein zu vermeiden. Das rigorose Beachten der Reinlichkeit mag lästig sein, doch erspart man sich dadurch insgesamt viel Zeit und Mühe und der Bildbearbeiter wird von langweiliger Pixelretusche verschont. Trotzdem: In der Praxis ist es ein Ding der Unmöglichkeit, einen perfekten Scan ohne»fremdkörper«hundertprozentig zu garantieren. Aus diesem Grund muß in Reprostudios immer noch ein ganz erheblicher Zeitaufwand betrieben werden, um gescannte Bilder auf Unsauberkeiten hin zu überprüfen und gegebenenfalls auszubessern. Wir wollen daher die möglichen Arbeitsweisen zur Entfernung von Schadstellen in Bildern betrachten.

72 5.1.1 Staubentfernung mit dem Stempel-Werkzeug Das»klassische«Werkzeug in Photoshop ist der Stempel, mit dem Pixelinformationen von einer Stelle zu einer anderen kopiert wird. Mit diesem Werkzeug können Figuren aus einem Bild entfernt oder Bildelemente repetiert werden. Die häufigste professionelle Anwendung ist aber die besagte Entfernung von Schadstellen in Bildern. Dazu wird mit Hilfe der Optionstaste zunächst ein Referenzpunkt definiert. Wird nun der Stempel ohne Optionstaste an einer anderen Stelle neu abgesetzt, so wird der Bildinhalt an diese Stelle kopiert. Sowohl der Grauwert wie die Struktur einer benachbarten Bildstelle lassen sich so an die fehlerhafte Stelle übertragen. Um visuell keine auffälligen Bildmuster entstehen zu lassen, sollten möglichst homogene Bildstellen ohne auffällige Texturen kopiert werden. Zudem sollte mit dem Stempel nicht gebrusht, sondern nur geklickt werden: auch hierdurch können auffällige Bildmuster vermieden werden. Ein drucksensitives Tablett kann bei dieser Aufgabe von Nutzen sein. 5.1.2 Der Filter»Staub und Kratzer entfernen«mit dem Filter»Staub und Kratzer entfernen«bietet Photoshop zudem eine weitgehend automatische Möglichkeit, unliebsame Artefakte zu entfernen. Der Filter sucht nach starken Kontrastübergängen und drängt die Umgebungsfarben ins Innere der Kontur. Eingestellt werden kann der Filter über den Pixelradius und den Schwellwert. Der Pixelradius bestimmt, in welcher Breite kontrastreiche Konturen mit den Umgebungsfarben überdeckt werden. Bei einem Radius von 1 Pixel wird nur die äußere Pixelreihe der Kontur übermalt. Je höher der Pixelradius, desto mehr Konturdetails gehen verloren. Der Schwellwert schränkt die Anwendung des Filters auf bestimmte Kontrastunterschiede ein. Erst wenn die Farbdifferenz zwischen einer Kontur und den sie umgebenden Farben einen bestimmten Wert übersteigt, wird der Filter wirksam. Auf diese Weise wird verhindert, daß auch kontrastschwache Bereiche von der Weichzeichnung betroffen sind.

5.1 Entfernen von Artefakten 73 Abb. 5 1 Der Filter»Staub & Kratzer entfernen«sollte mit einer gewissen Vorsicht angewandt werden. Leider eliminiert der Filter in den meisten Fällen nicht nur Fremdkörper, sondern auch feine Bilddetails und kann dadurch ein Bild vollkommen entwerten. Auf das ganze Bild berechnet, wird der Filter mit fast hundertprozentiger Sicherheit das Bild zerstören, er kann daher höchstens auf eine ausgewählte Bildstelle angewandt werden Vorsicht ist aber auch hier geboten. Der Algorithmus könnte prinzipiell sehr effektiv bei Strichscans eingesetzt werden gerade bei Strichbildern fallen mitgescannte Fremdkörper stark auf. Leider können Photoshop-Filter aber nicht im Strichmodus angewendet werden, das Bild muß daher zunächst in den Graustufenmodus umgewandelt werden und durch die üblicherweise sehr hohe Auflösung von Strichbildern werden bei der Umwandlung zu Graustufen große Datenmengen erreicht. Die Anwendung des Filters wird sich daher leider auf kleinere Logos beschränken. Nach Anwendung des Filters muß das Bild wieder in den Bitmap-Modus zurückverwandelt werden. Dazu ist ein Schwellwert von 50 % empfehlenswert. Nur für ausgewählte Bildteile! Strichbilder 5.1.3 Dusta La Vista von Screen Screen bietet mit»dusta La Vista«ein Programm an, das automatisch nach Staubpartikeln im Scan sucht und sie gegebenenfalls entfernt. Das Programm arbeitet nach Prinzipien der Morphologie (Wissenschaft der Formen und Gestalten). Die Arbeitsweise sieht dabei folgendermaßen aus: Man öffnet den Originalscan in Dusta La Vista und läßt einen Preview der Staubentfernung berechnen. Die gefundenen Partikel werden nun mit einer Kontrastfarbe markiert. Nicht erkannte Defekte lassen sich zusätzlich markieren und Markierungen fälschlich identifizierter Elemente rückgängig machen. Sobald eine zufriedenstellende Einstellung gefunden worden ist, kann die eigentliche Staub-

74 entfernung berechnet werden. Bei kleineren Verschmutzungen erzielt Dusta La Vista gute Ergebnisse, größere Verschmutzungen werden aber oft nicht erkannt. Bei starken Vergrößerungen von Dias ist das Programm daher auch nicht sehr effektiv, da hier auch die Verschmutzungen mit vergrößert werden. Bei größeren Bilddateien gestaltet sich die Berechnung zunehmend schleppender: Wenn große Bilddaten bearbeitet werden, sollte daher auch eine entsprechende Rechnerausstattung vorhanden sein. Das Zusatzprogramm»Batch Detector«ermöglicht die Stapelverarbeitung, mit der im Hintergrund Bilder automatisch retuschiert werden können. Dazu werden Eingangsordner definiert, die vom Batch Detector überwacht werden. Die zu retuschierenden Bilder müssen in diesen Ordner kopiert werden, wobei es sich empfiehlt, getrennte Ordner für Aufsichts-, Diapositiv- und Dianegativvorlagen einzurichten. Die Unterscheidung nach Vorlagenarten ist sinnvoll, da Staub sich je nach Vorlage unterschiedlich bemerkbar macht. Auf Dianegativen zeigt sich der Staub beispielsweise als helle Pixel, bei Aufsichtsvorlagen als dunkle Bildstellen. In der Praxis sollte die automatische Staubentfernung aber nur nach ausführlichen Testläufen durchgeführt werden, da die Gefahr unerwünscht entferner Details doch sehr groß ist obwohl die Resultate weit über dem Niveau des Photoshopfilters»Staub und Kratzer entfernen«liegen. Abb. 5 2 Die Benutzeroberfläche von Dusta La Vista 5.1.4 Weitere Entwicklungen zur Staubentfernung Nachdem lange Zeit keine nennenswerte Entwicklungen zur automatischen Staubvermeidung auf dem Markt waren, nehmen sich vermehrt Scannerhersteller dieses Themas an. Neben Screen hat nun

5.1 Entfernen von Artefakten 75 auch Scitex mit dem Programm»Final Touch«ein Programm zur Staubentfernung entwickelt. Final Touch kann direkt bei der Digitalisierung in Zusammenhang mit Scitex-Scannern angewandt werden, daneben können auch bereits digitalisierte Bilder über ein Photoshop- Plug-In nachträglich ausgebessert werden. Die kleine US-amerikanische Firma Applied Science Fiction hat zudem ein Verfahren entwickelt, das speziell bei Diascannern Anwendung findet. Dabei werden während des Scanvorgangs physikalisch Oberflächendefekte erkannt und aus den Scandaten entfernt. Um das Verfahren einsetzen zu können, müssen die Scannerhersteller zusätzlich zur normalen RGB-Abtastung eine vierte Abtasteinheit mit Infrarotlicht einsetzen. Dadurch können dreidimensionale Veränderungen des Dias erkannt werden, und diese wiederum lassen auf Schmutz schließen. Falls solche Unregelmäßigkeiten auftreten, werden die Daten der betreffenden Stelle durch die umgebenden Bilddaten ersetzt. Das Verfahren kommt bereits beim Diascanner Super Coolscan LS-2000 von Nikon zum Einsatz. Auch Kodak hat in seiner Software zur Photo-CD-Produktion bereits eine Halbautomatik eingebaut. Per Mausklick wählt der Operator beispielsweise einen mitgescannten Fussel an, der anschließend von der Software mit Pixeln aus dem Umfeld überdeckt wird. 5.1.5 Generelle Einschränkungen bei der automatischen Stauberkennung Größere Artefakte werden von der automatischen Erkennung oft nicht erfaßt. In Bildern mit körnigen Texturen wird der Staub als Teil des Bildes erfaßt und daher nicht entfernt. Bei sehr hellen Rändern vor einem dunklen Hintergrund treten sehr große Dichteunterschiede auf. Diese Ränder werden hier manchmal fälschlicherweise als Staub angesehen. Staub an Bildrändern mit hohen Dichteunterschieden kann nicht als solcher erkannt werden.

76 Abb. 5 3 Große Schadstellen in digitalen Bildern werden oft von der automatischen Stauberkennung nicht als solche erfaßt. Abb. 5 4 Vor körnigem Hintergrund kann der Staub als Teil des Bildes betrachtet werden und wird daher nicht entfernt. Abb. 5 5 An den Konturen von Spitzlichtern treten sehr hohe Helligkeitssprünge auf, daher können hier fälschlicherweise Details entfernt werden. 5.2 Freistellen von Bildteilen Sehr oft wird von digitalen Bildern lediglich das Bildmotiv ohne den Hintergrund verwendet. Dazu muß das entsprechende Bild maskiert werden, man spricht vom»freistellen«eines Objekts. Häufig wird das freigestellte Bild daraufhin vor einen anderen Hintergrund gestellt oder in einem Layout ausgeschnitten plaziert. Daneben werden Frei-

5.2 Freistellen von Bildteilen 77 steller auch benutzt, um Retuschen auf einzelne Bildpartien zu begrenzen. So kann z.b. eine Person im Vordergrund maskiert (freigestellt) werden, um eine Retusche nur auf diese Person und nicht auf den Hintergrund anzuwenden. Je nach Bild kann sich das Freistellen als äußerst knifflige und langwierige Aufgabe erweisen. Das Anlegen von Freistellern und Pfaden wird insbesondere zu einer zähen Geduldsprobe, wenn der Umriß des Motivs aus vielen kleinen Details besteht. Das Erstellen von guten das heißt möglichst natürlich wirkenden Freistellern braucht also Zeit. Daher trennt sich gerade in puncto Qualität der freigestellten Bilder die Spreu vom Weizen: Bei billigeren Produktionen wird meist der Aufwand gescheut und die freigestellte Personen wirken hier häufig wie mit der Schere ausgeschnitten. Ein weiteres Manko bei solchen Produktionen: Hatte das freigestellte Bild beispielsweise einen roten Hintergrund und steht nun vor Weiß, leuchtet ein roter Kranz um die Haare. Geduldprobe: Freistellen Das Freistellen kann sich relativ einfach gestalten, wenn das zu maskierende Objekt vor einem homogenen Hintergrund steht. Daher ist es bei der Studiofotografie hilfreich, das Motiv vor einem einfarbigen Fond zu stellen oder eventuell aufwendige Bluescreen-Techniken einzusetzen. Solche Bilder stellen den Idealfall für spätere Freisteller dar, aber das richtige Leben ist natürlich nicht ideal: Der weitaus größte Teil der zu bearbeitenden Bilder sind Aufnahmen, bei denen der Vorder- und Hintergrund nicht klar zu trennen ist. 5.2.1 Automatisches Freistellen Bildverarbeitungsprogramme bieten mehr oder minder automatische Funktionen, die gleichfarbige Bildteile innerhalb einer zu definierenden Toleranz maskieren. Generell ist es dabei oft einfacher, den meist homogeneren Hintergrund automatisch zu maskieren und danach die Auswahl umzukehren, als direkt den Vordergrund zu maskieren. In Photoshop können automatische Freisteller mit dem Zauberstab und der Funktion»Farbbereich auswählen«erstellt werden. Der Zauberstab nimmt durch Picken einer Referenzfarbe alle benachbarten Pixel mit ähnlichen Werten in die Auswahl auf. Ein Freistellen mit Hilfe des Zauberstabs ist aber nur möglich, wenn sich Vorder- und Hintergrund deutlich unterscheiden. Oft ist es hilfreich, den Zauberstab nur auf einen einzelnen Kanal zu berechnen, da hier häufig größere Tonwertabstufungen als im Composite-Bild auftreten. Dazu wird Kanal für Kanal angezeigt und visuell entschieden, welcher Kanal die Zauberstab

78 potentiell besten Resultate bringen wird. Es kann dabei auch äußerst hilfreich sein, den Kontrast der Hell-Dunkel-Verteilung im Bild zu erhöhen. Da dies natürlich das Bild ruinieren würde, sollte das Bild vorher in eine neue Ebene kopiert werden, um es schadfrei bearbeiten zu können.»farbbereich auswählen«etwas geeigneter ist die Funktion»Farbbereich auswählen«: Hauptvorteile zum Zauberstab sind dabei, daß über eine Vorschau direkt die Auswirkung der Toleranz beurteilt werden kann und im Gegensatz zum Zauberstab kann sich der Farbbereich-Befehl auch auf eine aktuelle Auswahl beziehen. Über zwei Pipetten lassen sich Auswahlfarben addieren (über die Pipette mit dem»plus«-zeichen) oder subtrahieren (über die Pipette mit dem»minus«-zeichen). Abb. 5 6 Die Funktion»Farbbereich auswählen«bietet einen Preview und kann auf die aktive Auswahl begrenzt werden. Perfekte Freisteller erhält man mit den automatischen Freistellfunktionen von Photoshop nur im Ausnahmefall. Hinderlich ist insbesondere, daß Ausreißer in einer Fläche hervorgerufen durch das Korn des Films oder das digitale Rauschen des Scanners nicht automatisch erkannt und geschlossen werden können. Es ist daher oft ratsam, die Auswahl zur Weiterverarbeitung in einen neuen Kanal zu kopieren. Versehentlich ausgewählte Partien können hier mit einem Airbrush gelöscht oder schwer freizustellende Partien manuell nachgezeichnet werden.

5.2 Freistellen von Bildteilen 79 5.2.2 Manuelles Freistellen mit Vektorpfaden Bei schwierig freizustellenden Motiven, in denen sich Hintergrund und Vordergrund farblich kaum unterscheiden, hat man mit den automatisch Freistellfunktionen kaum eine Chance, daher muß der Freisteller hier manuell erzeugt werden. Objekte mit scharfen Kanten können am einfachsten durch Nachzeichnen des Umrisses mit dem Pfadwerkzeug erstellt werden. Dabei ist es ratsam, den Pfad etwas innerhalb des Objektes zu führen. Bei Freistellern, die genau an der Objektkante liegen, besteht die große Gefahr, daß einzelne Pixel des Hintergrunds herausblitzen. Zum Gelingen eines guten Freistellers bedarf es auch hier vor allem einiger Geduld und im Zweifelsfall sollten Strukturen der Objektkante eher verstärkt als übergangen werden. 5.2.3 Alphamasken Bei Objekten mit ausfließenden Konturen können Pfadwerkzeuge nicht angewandt werden, insbesondere bei Objekten, die fließend in den Hintergrund übergehen. Zudem sind detailreiche Objekte wie beispielsweise Haare oder Fahrradspeichen mit Pfaden nicht in guter Qualität freistellbar. Für solche weich auslaufenden Freisteller stehen die Alphamasken zur Verfügung. Alphamasken sind ebenso wie Farbkanäle mit 8 Bit kodiert, es können daher 2 8 = 256 Werte abgespeichert werden. In Alphamasken kann also in der gleichen Weise wie in Farbkanälen gearbeitet werden, fast sämtliche Retusche-Werkzeuge stehen zur Verfügung. Dies ermöglicht es, Masken abzuschwächen, transparent zu generieren oder eine verlaufende Maske zu erstellen. Abb. 5 7 Eine Alphamaske erscheint als zusätzlicher Kanal und kann wie jeder Farbkanal 256 Tonwertstufen beinhalten.

80 Das Problem ist allerdings, daß Alphamasken zwar mit abgespeichert werden, aber leider in den meisten Layoutprogrammen (abgesehen von manchen High-End-Programmen wie das bereits vorgestellte LiTHO von Dalim) nicht aufgerufen werden können (siehe auch Kapitel»Bildformate«). Weiche Masken müssen daher direkt in das Bild gerechnet werden es ist dabei ratsam, das Originalbild nicht zu überschreiben, sondern das freigestellte Bild als neue Datei abzuspeichern. Beim Anlegen der Alphamaske können die Deckkraft und die Farbdarstellung der Maske gewählt werden. Es empfiehlt sich, die Deckkraft der Maske auf dem Standardwert 50 % zu belassen. Mit dieser Deckkraft liegt die Alphamaske transparent über dem Bild und es kann einfacher überprüft werden, ob die Maske richtig angelegt ist. Die Maskenfarbe dient lediglich zur Bildschirmdarstellung Alphamasken besitzen in diesem Sinn keine Farbe, sondern lediglich unterschiedliche Tonwertstufen. Die gewählte Maskenfarbe sollte sich deutlich von den nicht maskierten Bildbereichen abheben: Die rote Standardfarbe kann bei Bildern mit Rottönen nur schwer vom Bild unterschieden werden. In diesem Fall sollte eine gut unterscheidbare Farbe beispielsweise Grün gewählt werden. Abb. 5 8 Beim Anlegen des Alphakanals können die Deckkraft und Farbe der Maske bestimmt werden. Diese Einstellungen beeinflussen nur die Bildschirmdarstellung. 5.2.4 Exportieren der Freisteller In einem Bild lassen sich zwar beliebig viele Pfade zeichnen und speichern, aber nur ein bestimmter Pfad kann als Freisteller definiert werden. In Photoshop geschieht dies über die Funktion»Beschneidungspfad«in der Pfadpalette.

5.2 Freistellen von Bildteilen 81 Abb. 5 9 Durch die Funktion»Beschneidungspfad«wird ein Pfad als Freisteller bestimmt. Bei mit Beschneidungspfaden abgespeicherten Bildern werden alle Bildteile, die außerhalb des Pfades liegen, in der weiteren Verarbeitung transparent. Ein mit einem Freisteller exportiertes Bild erscheint in Layout- oder Grafikprogrammen automatisch maskiert. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß im ausgewählten Bildformat Beschneidungspfade mit abgespeichert werden. Bilder mit Freistellern müssen daher im TIFF- oder EPS-Format exportiert werden. In anderen Formaten wie beispielsweise JPEG können Freisteller nicht exportiert werden. Sie gehen daher schlichtweg verloren. Eine weitere Voraussetzung ist, daß das Layoutprogramm auch die Freisteller-Information interpretiert, was insbesondere beim TIFF-Format häufig nicht gegeben ist. Deswegen ist es grundsätzlich empfehlenswert, Freisteller im EPS-Format zu exportieren. Fast alle gängigen DTP-Programme erkennen Freisteller in EPS-Bildern. Pfadexport bevorzugt in EPS Abb. 5 10 Vektorpfade können als Beschneidungspfade definiert und in EPS- oder TIFF-Bildern gespeichert werden. Ein solches Bild im erscheint im Layoutprogramm freigestellt.

82 Ausgabeprobleme Die Beschneidungspfade werden in den Bildern im PostScript-Code mit abgespeichert und vom RIP des Ausgabegeräts interpretiert. Dabei sollten die Beschneidungspfade nicht zu komplex angelegt werden, um nachträgliche Probleme bei der Weiterverarbeitung auszuschließen. Insbesondere ältere Level-1-PostScript-Ausgabegeräte können nur eine begrenzte Anzahl von Punkten in einem einzelnen Pfad verarbeiten. Die Obergrenze ist hier 1500 Punkte. Wenn Vektorpfade mehr Punkte besitzen, wird der Drucker einen»limitcheck«fehler anzeigen und das Bild nicht belichten. PostScript-Level-1-Belichter sind zwar technisch veraltet, aber durchaus noch auf dem Markt vorhanden. Bei neueren PostScript-Ausgabegeräten nach Level 2 oder Level 3 können zwar normalerweise auch sehr komplexe Pfade ausgegeben werden, dafür wird aber die Belichtungszeit drastisch erhöht. Zu beachten ist auch, daß in Photoshop Kurvenpunkte immer als sogenannte Bézierpfade errechnet werden. Ein einzelner Kurvenpunkt besteht hier immer aus drei Einzelpunkten (einem Anker- und zwei Tangentenpunkten), der RIP ist daher bei der Berechnung solcher Kurven gefordert. Pfade mit sehr vielen Einzelpunkten treten insbesondere bei automatisch erzeugten Freistellpfaden auf. Dabei kann in Photoshop an zwei Stellen die Genauigkeit der berechneten Pfade beeinflußt werden. Der Zauberstab oder die Funktion»Farbbereich auswählen«errechnen zunächst eine Auswahl, die wiederum als Pfad umgerechnet werden muß: Bei der Umrechnung kann die Genauigkeit über einen Toleranzwert definiert werden. Die Toleranz sollte dabei zwischen 1 und 3 liegen, jeder darüberliegende Wert erzeugt einen viel zu ungenauen und daher unbrauchbaren Pfad. Abb. 5 11 Die Toleranz bei der Berechnung eines Arbeitspfades sollte zwischen 1und 3 liegen. Generell erzeugt Photoshop bei der Umwandlung einer Auswahl in einen Pfad unnötig viele Punkte. Der Umweg über die Auswahl sollte daher wenn möglich vermieden werden. Schon aus diesem Grund sind in vielen Fällen manuell gezeichnete Freisteller den automatisch von Photoshop erzeugten Pfaden vorzuziehen.

5.2 Freistellen von Bildteilen 83 Auch bei der Definition des Beschneidungspfades kann die Genauigkeit des Pfades über den Kurvennäherungswert bestimmt werden. Je geringer der Wert desto genauer der erzeugte Pfad, aber auch desto mehr Ankerpunkte werden errechnet. Der geeignete Kurvennäherungswert hängt vom Ausgabegerät ab: Bei Laserduckern von 300 oder 600 dpi sollte ein Wert von 1 bis 3 eingegeben werden, bei höherauflösenden Filmbelichtern kann der Flatness-Wert eventuell auf 6 bis 8 erhöht werden. Es lohnt sich auf jeden Fall, eine Testreihe an einem für die Produktion typischen Bild mit unterschiedlichen Toleranzwerten durchzuführen. Durch Erhöhen des Toleranzwertes kann unter Umständen viel Belichtungszeit eingespart werden, ohne daß visuelle Qualitätseinbußen hingenommen werden müssen. Abb. 5 12 Der geeignete Kurvennäherungswert bei der Berechnung des Beschneidungspfads hängt vom Ausgabegerät ab. 5.2.5 MaskPro von Extensis Wie gesehen, sind die Freistellfunktionen in Photoshop nicht optimal gelöst: Für Anwender, die regelmäßig komplizierte Freisteller generieren müssen, können daher dezidierte Freistellprogramme eine ernstzunehmende Alternative sein. Am verbreitetsten ist dabei derzeit das Photoshop-Plug-In MaskPro von Extensis, das nach der Installation im Filtermenü von Photoshop erscheint. MaskPro bietet mehrere Funktionen und Werkzeuge zur Freistellung, über die Photoshop in dieser Form nicht verfügt. Die Arbeitsweise von MaskPro sieht folgendermaßen aus: Vor Aufruf des Plug-Ins muß zunächst ein Alphakanal oder eine Ebenenmaske angelegt werden, auf der das Arbeitsergebnis des Plug-Ins in Photoshop übernommen werden kann. Mittels Pipette werden dann in zwei Paletten diejenigen Farben aufgenommen, die geschützt beziehungsweise freigestellt werden sollen. Es lassen sich dabei beliebig viele Farbtöne aufnehmen und als Einzelwerte ablegen (wenn einfarbige Farbflächen auszuwählen sind) oder als Gruppenwert sammeln (um eine Farbfläche mit vielen Farbschattierungen zu bearbeiten). Die

84 gewünschten Farbbereiche in den Paletten werden danach aktiviert, wodurch sie wie Masken wirken. Effektiv ist dies insbesondere im Zusammenhang mit dem sogenannten»magischen Pinsel«. Dieser arbeitet nur auf der definierten Maske und erzeugt beim Abfahren der Konturen des freizustellenden Objektes automatisch eine Auswahl. Das Plug-In schließt eine Lücke in den Funktionalitäten von Photoshop, da im Gegensatz zu Photoshop nicht rigoros zwischen Auswahl und Maske unterschieden. Pinselgröße und -form lassen sich dabei dem Motiv anpassen. Abb. 5 13 Mit dem»magischen Pinsel«können auch Konturen ohne flagrante Farbunterschiede in MaskPro freigestellt werden. Daneben steht ein Zauberstab zur Verfügung, der ebenfalls auf die vom Anwender definierten Farbpaletten zugreift. Im Gegensatz zum Photoshop-Zauberstab können hierbei in zwei Platten zu schützende und freizustellende Farben definiert werden, wodurch die Freistellung exakter vorbereitet werden kann. Leider kann die Darstellung der Maske nicht frei bestimmt werden, MaskPro zeigt den maskierten Hintergrund immer in dem von Photoshop her bekannten grauen Schachbrettmuster an. So kann oft erst nach Beendigung der Arbeit

5.3 Tonwertkorrektur 85 entschieden werden, ob der Freisteller mit dem gewünschten Hintergrund korrespondiert oder nicht. Die von MaskPro generierten Pfade bestehen aus geraden Pfadsegmenten Photoshop erstellt im Gegensatz hierzu Kurvenpunkte. Wie oben beschrieben, ist es die Berechnung eben dieser Bézierkurven, die den Druckprozeß verlangsamt oder ihn auf Level-1-RIPs sogar verhindert. Die von MaskPro erzeugten Pfade sind daher zumindest theoretisch etwas problemloser auszugeben. Nach Freistellung der Kontur des Objektes kann im Kontrollmodus die erstellte Maske visuell überprüft werden. Kleine Löcher in der Maske lassen sich mit dem sogenannten magischen Fülleimer schließen, allerdings deckt dieser auch bei maximaler Toleranz nur sehr kleine Löcher ab. Meist muß daher doch die Kontur noch manuell nachbearbeitet werden. Nach der Fertigstellung des Freistellers in MaskPro kann die erstellte Maske in das Bild eingerechnet werden. Dabei kann der Freisteller optional als transparenter Bereich oder als Pfad eingesetzt werden. 5.3 Tonwertkorrektur Ein Bild sollte den gesamten Tonwertumfang von Papierweiß bis zum Vollton ausnutzen. Ausnahmen wie High- oder Low-Key-Aufnahmen bestätigen auch hier die Regel. Ob ein gescanntes Bild das Kriterium des guten Tonwertumfangs erfüllt, kann in Photoshop am leichtesten mit der Funktion»Tonwertkorrektur«überprüft und eventuell geändert werden. In diesem Fenster wird die Tonwertverteilung anhand eines Histogramms dargestellt. Durch die Höhe der einzelnen Balken werden die Häufigkeiten aller Tonwerte des Bildes zwischen Weiß und Schwarz dargestellt.