Fachvortrag GDCH-Tagung Berlin 24.02.2011 Energiespeicherung im Stromnetz Energy Storage in the power grid



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Transkript:

Fachvortrag GDCH-Tagung Berlin 24.02.2011 Energiespeicherung im Stromnetz Energy Storage in the power grid 2011-02-19 BASF SE GCI/E M311 Huber, Guenther Tel. 79828 Abstract: Energy storage in the power grid is considered as a prerequisite to a sustainable use of energy in the future. With the present portfolio of power plants, storage is carried out on the level of the primary energy carriers. The power plant fleet is operated so that the power fed into the grid exactly matches consumption. An electricity generation based exclusively on wind and photovoltaic, however, cannot do this. Due to the average degree of utilization of wind and solar being relatively low, nominal overcapacities have to be installed. These have to be used effectively in times of good energy yields in order to fulfill the integral energy balance. Today, pumped hydro storage plants are state of the art for efficient storage of electrical energy. Further development of pumped hydro is limited, however, since there are not enough suitable geological formations. In the course of the talk, different electrochemical redox processes are described, which could be an option for a future storage technology. The development of large energy storing systems requires a well coordinated interdisciplinary cooperation of research and industry. However, it also has to be agreed by society, that energy storage in the power grid is a future prospect for the national economy.

Page 2 Kurzfassung Die Energiespeicherung im Stromnetz wird als eine Voraussetzung für eine zukünftige global nachhaltige Energieversorgung gesehen. Bei dem derzeitigen Portfolio an Kraftwerken erfolgt die Speicherung auf der Ebene der Primärenergieträger. Der Kraftwerkspark wird so betrieben, dass die in das Netz eingespeiste Leistung genau dem Verbrauch entspricht. Eine ausschließlich auf Wind und Photovoltaik basierende Stromerzeugung kann dies jedoch nicht leisten. Der relativ niedrige durchschnittliche Nutzungsgrad von Wind und Photovoltaik bedingt, dass nominal Überkapazitäten installiert werden müssen, die zu Zeiten mit guten Energieerträgen effizient genutzt werden müssen um die integrale Energiebilanz zu erfüllen. Heute sind Pumpspeicherkraftwerke Stand der Technik für die effiziente Speicherung von elektrischer Energie im Netz. Ihr weiterer Ausbau ist jedoch limitiert, da es nicht genug geeignete geologische Formationen gibt. Im Weiteren werden verschiedene elektrochemische Redox-Prozesse mit ihrem derzeitigen Entwicklungsstand beschrieben, welche eine Option für eine zukünftige Speichertechnik sein könnten. Die Entwicklung von großen Speichern mit geringen spezifischen Speicherkosten setzt eine gut abgestimmte interdisziplinäre Zusammenarbeit von Forschung und Industrie voraus. Es bedarf aber auch eines gesellschaftlichen Konsenses, die Energiespeicherung im Stromnetz als eine Zukunftschance für unsere Volkswirtschaft wahrzunehmen.

Page 3 Der Energiemix der weltweiten Stromerzeugung Unsere heutige Energiewirtschaft basiert auf der Ausbeutung von Lagerstätten, die meist von den Verbrauchszentren weit entfernt sind. Wegen der Endlichkeit der Ressourcen und der wachsenden Belastung der Atmosphäre ist dies nicht nachhaltig. Historisch gesehen sind die Zeithorizonte sehr kurz, die für einen Umbau der Energiewirtschaft bleiben. Dabei sehen wir einen global wachsenden Energiebedarf, der auch als Wohlstandsindikator gesehen werden kann. Eine nachhaltige globale Energiebilanz lässt sich aus heutiger Sicht nur mit der Primärenergie solare Strahlung darstellen. Dabei wird die solare Strahlung teils direkt, teils indirekt in Form von Wind oder Biomasse genutzt. Dabei hat die Biomasse den Vorteil, dass sie Energie in chemischer Form gespeichert hat, also lagerfähige Energie enthält. Allerdings ist der energetische Nutzungsgrad unserer Pflanzen zu gering und der energiespezifische Wasserbedarf zu hoch, um damit eine wachsende Weltenergiebilanz schließen zu können. Die globale Energiebilanz der Zukunft wird sich also auf die elektrische Energieerzeugung auf der Basis von Wind, Sonnenwärme und Photovoltaik stützen. Es ist abzusehen, dass in unseren Breiten der Windstrom in naher Zukunft eine wirtschaftliche Energieversorgung ermöglicht.

Page 4 Die Energieerzeugung muss dem Verbrauch im Netz folgen Die entwickelten Volkswirtschaften verfügen über ein stufenförmiges über Transportleitungen und Verteilerstationen vernetztes System, welches die überwiegend zentralen Energieerzeuger mit den über die Fläche verteilten Verbrauchern verbindet. Die in das Netz eingespeiste elektrische Leistung muss in Summe genau dem augenblicklichen Verbrauch entsprechen. Dies wird erreicht, indem Kraftwerke mit höheren Gestehungskosten ihre Stromerzeugung dem Lastgang anpassen, während die Kraftwerke mit niedrigen Gestehungskosten die Grundlast bereitstellen. Die Speicherung der Energie erfolgt also auf der Ebene der Primärenergieträger. Der Kraftwerkspark muss genügend Leistungsreserven vorhalten, um den Spitzenbedarf zu decken, was Minderauslastung bedeutet, über das Jahr gerechnet. Solange die Schwankungen regenerativer Stromerzeugung mit konventionellen Kraftwerken kompensiert werden können, braucht man noch (fast) keine Speicher. Der Umbau der Elektrizitätserzeugung in Deutschland Die Leitstudie des Bundesministeriums für Umwelt 2009 zeigt den Umbau der Elektrizitätserzeugung von auf Lagerstätten basierender Primärenergie hin zu den erneuerbaren Energien. Der Anteil an regelbarer Stromerzeugung wird also abnehmen und der Anteil an fluktuierender elektrischer Energie wird im Netz zunehmen. Dabei wird die Windkraft den wesentlichen Beitrag liefern.

Page 5 Erneuerbare Energie erfordert Speicher Wind und Sonneneinstrahlung fluktuieren und damit die Energieernte, die keinesfalls dem Lastgang im Netz folgt. Bei einem Überangebot an regenerativer Leistung können PV oder Windturbinen nicht abgeschaltet werden, weil dann ein wesentlicher Beitrag zur Energiebilanz entfiele. Solange Erdgas verfeuert wird, kann alternativ dazu auch Überschussstrom zur Dampferzeugung verwendet werden. Dabei wird exakt der Energiebetrag des Überschussstromes in Form von erspartem Erdgas gespeichert, indem es dem Erdgasspeicher erst gar nicht entnommen wird. Eine solche Effizienz ist bei der Herstellung von Methan über Elektrolysewasserstoff aus Überschussstrom nicht zu erwarten. Gaskraftwerke, die zur Absicherung der Stromversorgung vorgehalten werden, sind heute Stand der Technik und werden wohl

Page 6 noch einige Jahrzehnte gebraucht werden, es sei denn, das Speichern elektrischer Energie hätte einen Kostenvorteil. Der Ausbau der Übertragungsstrecken ist sicherlich unabdingbar, denn der Strom muss vom Ort der Erzeugung zum Verbraucher transportiert werden. Da sich die Erzeugung verlagert, müssen auch Transportleitungen folgen. Der Ausbau der Netze kann den Bedarf an Speicherkapazität vermindern, nicht aber Speicher ersetzen. Das gilt auch für die Steuerung des Verbrauches. Komplikation der Leistungsspitzen erneuerbarer Energieerzeugung Die thermoelektrischen Kraftwerke haben eine hohe Verfügbarkeit und lassen sich im Fall von Kohle, Gas und Öl gut regeln. Die wegen der hohen Brennstoffkosten weniger genutzten Gaskraftwerke bilden mit den Kohlekraftwerken eine starke Reservekapazität, die unsere Stromversorgung stabilisiert. Würde man in Europa ein Inselnetz aufbauen, das in sich selbst autark sein soll und nur Wind und Sonne zur elektrischen Energieerzeugung nutzt, so wäre dies ohne Elektrizitätsspeicher nicht stabil. In Deutschland bringt eine Windkraftanlage etwa 20% der Nennleistung im Jahresdurchschnitt. Daraus folgt, dass bilanziell gesehen, das Fünffache der Durchschnittsleistung installiert werden müsste. Bei der Photovoltaik sind dies etwa 10% der Nennleistung, was bedeutet, dass das 10-fache der Jahresdurchschnittsleistung installiert werden müsste. Im Jahresverlauf gibt es Situationen in denen die regenerativen Erzeuger aber ihre volle Nennleistung bringen. Wird diese reiche Ernte dann nicht in die Scheune gebracht, dann bedeutet dies, später Mangel zu leiden. Die Jahresenergiebilanz kann auf diese Beträge nicht verzichten. Aus dieser Überle-

Page 7 gung geht hervor, dass die Energiespeicher der Zukunft für höhere Ladeleistungen als Entladeleistungen ausgelegt sein müssen. Dieses Beispiel macht auch deutlich, dass ein gesteuerter Verbrauch (Smart Metering) oder der Ausbau der Netze nur begrenzt Abhilfe schaffen können. Die Kraftstromspeicherung heute Pumpspeicherkraftwerke sind der heutige Stand der Technik für die elektrische Energiespeicherung im Kraftwerksmaßstab. Sie werden zunehmend gebraucht, um Prog- nose-abweichungen der regenerativen Stromerzeugung auszugleichen. Zum Puffern von temporärem Stromüberangebot pumpen diese Pumpspeicherkraftwerke Wasser aus dem Tal in höher gelegene Wasserspeicher auf dem Berg. Die so gespeicherte Energie wird in einem anderen Zeitfenster genutzt, um damit eine höhere bewertete Nachfrage zu befriedigen. Der Wirkungsgrad liegt bei 80% für einen Speicherzyklus. In den nächsten Jahren noch wird diese Technologie ausgebaut, soweit es die geologischen Bedingungen erlauben, und in Leitungen investiert, um entlegene Speicher an die Netze anzubinden. Die für Pumpspeicherkraftwerke geeigneten geologischen Formationen reichen jedoch nicht aus, den Speicherbedarf einer nachhaltigen Elektrizitätswirtschaft zu decken. Das gleiche gilt für Druckluftspeicher. Elektrochemische Redoxsysteme Somit werden elektrochemische Redox-Systeme im weitesten Sinne gefragt sein, die in ihrer Verfügbarkeit nicht limitiert sind und deren Stoffkosten eine wirtschaftliche Energiespeicherung zulassen. Die Elektrolysereaktoren in Summe müssen im Kraftwerksmaß-

Page 8 stab diese Stoffe unter der Gewinnung oder der Speicherung von elektrischem Strom umsetzen können. Redox-flow-System Beim Redox-flow-System werden in einer geteilten Elektrolysezelle Redoxsalzpaare, meist Vanadiumsalze, in Form ihrer wässrigen Lösungen umgesetzt. Von Vorteil ist die hohe Eigensicherheit des Systems. Damit wird es für dezentrale Anwendungen für Be- triebe, Hotels, Krankenhäuser und Mehrfamilienhäuser interessant. Für Applikationen im Megawatt-Maßstab werden die großen Tankvolumen zum Nachteil und auch die relativ großen Zellen. Der methodische Vorteil einer unbegrenzten Speicherkapazität wird bei dem Vanadium-System durch die Einsatzstoffmengen und kosten relativiert. Derzeit sind die Zellenarchitektur, die Membranen und verbesserte Elektrolytrezepturen Gegenstand von F+E.

Page 9 Natrium-Schwefel Die Natrium-Schwefelbatterie, ursprünglich von ABB in Heidelberg für das Auto entwickelt, wurde von dem japanischen Unternehmen NGK-Insulators zur Marktreife gebracht und ist zurzeit Stand der Technik für die elektrochemische Speicherung von Netzstrom. Die Zellspannung ist 2,06 Volt, der AC/AC-Wirkungsgrad für einen Lade-Entladezyklus ist 75%. In speziellen Anwendungen mit Leistungen von 1 bis 50 MW findet diese Batterie ihren wachsenden Markt, vor allem in Japan und im Nahen Osten (Abu Dhabi) aber immer mehr auch weltweit. In Deutschland finden Sie eine Testinstallation mit 1 MW Leistung, hier in Berlin-Adlershof bei der Firma YOUNICOS. Die Betriebstemperatur von 300 C ist in dieser Leistungsklasse eher von Vorteil, weil es bei höherer Temperatur einfacher wird, die Verlustleistung abzugeben. Ein weiterer Vorteil der hohen Temperatur ist die Minimierung von Überspannungen. Die flüssigen Elektroden Natrium und Schwefel sind unempfindlich gegen morphologische Strukturveränderungen, wie wir sie von festen Elektroden kennen. Der Solid State Elektrolyt ist beta/beta -Aluminiumoxid, meist in Form einseitig geschlossener Rohre eingesetzt. Die Batterien sind wartungsfrei und haben eine Lebenserwartung von 15 Jahren. Der derzeitige Nachteil ist der hohe Marktpreis, der mit spezifischen Investitionskosten von 4000 /kw eine breite Anwendung ausschließt. Die Einsatzstoffe Natrium-Schwefel und auch der keramische Elektrolyt erlauben grundsätzlich eine kostengünstige Energiespeicherung und mehrtägige Reichweiten. Damit präferiert sich dieses System für einen breiten Einsatz in der Zukunft. Es ist ein kostenoptimiertes Zellendesign erforderlich wobei die Leistung und die Kapazität unabhängig voneinander variiert werden sollten. Es gibt Hinweise, dass in China und Korea an diesem

Page 10 System entwickelt wird. NGK hat eine neue Baureihe und eine Preissenkung angekündigt. Natrium-Nickelchlorid Die ZEBRA-Batterie ist der Natrium-Schwefelbatterie ähnlich. Der Name ist nicht eindeutig, weist aber darauf hin, dass das System von einem Arbeitskreis um Johan Coetzer in Südafrika entwickelt wurde. Wie die Natrium-Schwefelbatterie nutzt auch das ZEBRASystem einen keramischen Elektrolyten und hat Natrium als Reduktionsmittel. Bei der ZEBRA-Batterie wird Ni/NiCl2/NaCl auf der positiven Seite eingesetzt. Der Vorteil ist die Eigensicherheit des Systems und eine Zellspannung von 2,58 V. Dafür sind die Materialkosten höher. Auch die ZEBRA-Batterie wurde für das Batterieauto entwickelt. Das System hat mit einem entsprechenden Design das Potential für eine stationäre Energiespeicherung, besonders für kleinere dezentrale Anwendungen wie Betriebe, Hotels, Krankenhäuser und Mehrfamilienhäuser. General Electric (GE) baut zurzeit eine Fabrik zur Herstellung von ZEBRA-Zellen in Niskayuna, N.Y.(USA). Daneben gibt es den aus M.E.S-DEA hervorgegangenen Hersteller FZ SONICK S.A. in Stabio (Schweiz). Lithiumionenbatterie Der relativ hohe Preis von Lithiumionenbatterien lässt eine wirtschaftliche Anwendung nur dort erwarten, wo hohe Leistungen für kurze Zeit gebraucht werden. Ein offener Punkt ist auch die Langzeitstabilität und die Sicherheit. Vielleicht wird in Zukunft die Lithium-Schwefelbatterie oder Lithium-Luftbatterie zu einer Option für kleinere dezentrale Anwendungen.

Page 11 Unter dem Namen LESSY demonstriert zur Zeit Evonik in einem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt die technisch-wirtschaftliche Machbarkeit von großformatigen Li- thium-ionenbatteriespeichern für stationäre Anwendungen. Die Entwicklung fokussiert die Netzstabilisierung und die Optimierung eines Kraftwerkbetriebes und weniger die Massenspeicherung. Die Reichweite einer Batterieladung beträgt 42 Minuten bei einer Leistung von 1MW. Die Batterie wird im Evonik-Kraftwerk Fenne im Saarland aufgebaut und getestet. Bleibatterie Während des kalten Krieges speicherte Westberlin elektrische Energie im MW-Maßstab mit Bleibatterien. Für eine Notreserve ist es auch heute die kostengünstigste Batterie. Wird die Kapazität regelmäßig genutzt, dann leidet die Standzeit wegen der ungenügenden Zyklenstabilität des Elektrodensystems. Die Bildung von Knallgas als Nebenreaktion führt zu besonderem Aufwand für die Wahl des Aufstellungsortes, für die Lüftung und für die Überwachung. Es gibt Ansätze, die Bleibatterie zu verbessern. Ihr Potential bei den unterbrechungsfreien Stromversorgungen (Notstrom) kann damit sicherlich stabilisiert werden, auch bei den traditionellen Starterbatterien. Im Rahmen der IHRES 2010 berichtete die japanische Firma Shin-Kobe Electric Machinery über eine für Netzspeicher geeignete Entwicklung. So sei die Anzahl der Zyklen von 500 auf 4500 gesteigert worden. Somit sollte man den guten alten Bleiakku nicht aus den Augen verlieren. Wird er wirklich zyklenfest, dann hat er im Energienetz ein großes Potential.

Page 12 Zn-Luft-Batterie Aus thermodynamischer Sicht und hinsichtlich der Verfügbarkeit ist Zn-Luft sehr attraktiv. Für das System spricht auch die Eigensicherheit wässriger Systeme. Die aktuelle Forschung zielt darauf ab, die Zn-Auflösung und Abscheidung zyklenstabil und über sehr große Flächen gleichmäßig zu halten. Ein weiteres Problem ist die relativ hohe Ladespannung, die aus der Sauerstoffüberspannung resultiert. Deshalb ist ihr Wirkungsgrad (ca. 50%) heute noch zu niedrig für Netzspeicher. Wegen des hohen wirtschaftlichen Potentials dieses Batterietyps sollte hier eine gewisse Forschungsaktivität gehalten werden, auch wenn die Ergebnisse nicht so ermutigend sind. Energiespeicher ein Markt der Zukunft Der Markt für elektrochemische Energiespeicher wird dem Umbau des Energiesys- tems folgen, denn nur mit Speichertechnik wird die regenerative Energiegewinnung effizient und quantitativ darstellbar. Pumpspeicher und Druckluftspeicher können den Bedarf nicht decken. Es ist zu erwarten, dass unterschiedliche Märkte entstehen und jeder Markt sein eigenes Anforderungsprofil hinsichtlich Speicherzeit und Dimensionierung hat. Ein Markt, der zum Beispiel in einem Entwicklungsland die Integration ausschließlich erneuerbarer Stromquellen zum Ziel hat, wird Langzeitspeicher brauchen. In den mit Kraftwerken saturierten Märkten werden zuerst Kurzzeitspeicher gebraucht, um Regelenergie bereitzustellen, was schon mit dem heutigen Stand der Technik wirtschaftlich darstellbar sein könnte. Wenn Engpässe im Netz den Markt bestimmen, hängt die Dimension des Speichers von der bestehenden Infrastruktur und der Position des Speichers im Netz ab.

Page 13 Letztendlich werden sich die Systeme mit den geringsten Speicherkosten auf dem Weltmarkt durchsetzen. Chance und Herausforderung für F+E Die Entwicklung von großen Speichern setzt eine gut abgestimmte interdisziplinäre Zu- sammenarbeit von Öffentlichkeitsarbeit, Chemikaliensicherheit, Materialwissenschaft, Elektrochemie, Verfahrenstechnik, Sonderapparatebau, Automatisierungstechnik, Energieanlagenbau, Leistungselektronik, Energienetztechnik, Prozessleittechnik, Recycling und...? voraus. Wird das Ziel rechtzeitig erreicht, so erschließen sich nachhaltige Geschäftsfelder auf dem globalen Markt und nicht zuletzt wird eines der wichtigsten Probleme unserer Zeit angegangen. Eine große Herausforderung ist es heute, die Forschung auf die dringendsten Fragestellungen zu fokussieren, dabei aber auch zu parallelisieren. Es ist schwer, die Komponenten für Speichersysteme zu entwickeln, vor dem Hintergrund, dass es zurzeit nur wenig praktische Erfahrungen mit Energiespeichern in Stromnetzen gibt und sich der Energiemix der Stromerzeugung gerade im Umbruch befindet. Danke!