Syrien: Status von palästinensischen Flüchtlingen



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Syrien: Status von palästinensischen Flüchtlingen Auskunft der SFH-Länderanalyse Alexandra Geiser Bern, 7. Oktober 2009

Einleitung Der Anfrage an die SFH-Länderanalyse haben wir folgenden Sachverhalt entnommen: Beim Mandanten handelt es sich um einen palästinensischen Flüchtling, welcher in Syrien aufgewachsen ist und dort als Flüchtling anerkannt ist. Er hat einen syrischen Flüchtlings-Reiseausweis. ( ) Er flüchtete illegal ins Ausland. ( ) Der Mandant fürchtet nun ein Strafverfahren wegen illegaler Ausreise. Der Anfrage haben wir folgende Fragen entnommen: 1. Kann der Mandant wieder in Syrien einreisen, oder verliert er den Flüchtlingsstatus mit länger dauernder Landesabwesenheit? W ird er für eine illegale Ausreise bestraft? 2. Ist mit dem syrischen Flüchtlings-Reiseausweis eine legale Ausreise nach Jordanien möglich? 3. Eine Abklärung der Schweizerischen Botschaft hat ergeben, dass d er Mandant Syrien im Auto Richtung Jordanien verlassen ha t. Der Mandant bestreitet dies. Wie zuverlässig ist das Resultat einer solchen Botschaftsabklärung? Kann auch eine illegale Ausreise registriert worden sein? Die Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH beobachtet die Entwicklungen in Syrien seit mehreren Jahren. 1 Aufgrund von Expertenauskünften und eigenen Recherchen nehmen wir zu den Fragen wie folgt Stellung: Um die Fragen beantworten zu können, wird in einem ersten Teil der Status von regisitrierten palästinensischen Flüchtlingen in Syrien beleuchtet: 1 Status der registrierten palästinensischen Flüchtlinge in Syrien Laut UNRWA (United Nations Relief and Works Agency) gab es im Jahr 2008 in Syrien ungefähr 450 000 registrierte palästinensische Flüchtlinge. Sie werden unter anderem von der General Authority of Palestinian Arab Refugees in Syria (GAPAR), einer Regierungsinstitution, unterstützt. 2 Die GAPAR ist die staatliche Stelle, die mit der Registrierung der Flüchtlinge beauftragt ist, die humanitäre Hilfe leistet und für die Verteilung von Hilfsgeldern zuständig ist. 3 1 2 3 Siehe: www.fluechtlingshilfe.ch/herkunftslaender. US Department of State, Syrian Arab Republic: Country Report on Human Rights Practices 2008, 25. Februar 2009: www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2008/nea/119127.htm. Forced Migration Online, Sherifa Shafie, Palestinian Refugees in Syria, Aug ust 2003: www.forcedmigration.org/guides/fmo017/. Syrien: Status von palästinensischen Flüchtlingen 7. Oktober 2009 Seite 1 von 6

Das niederländische Aussenministerium erstellte einen ausführlichen Bericht zur Situation der Palästinenser in Syrien im Jahr 2002. 4 Verschiedene andere Quellen bestätigen die Informationen. 5 Das Gesetz No. 260 vom 7. Oktober 1956 zum rechtlichen Status der registrierten palästinensischen Flüchtlingen besagt, dass Palästinenser, die zum Zeitpunkt des Gesetzeserlasses auf syrischem Gebiet wohnhaft sind, im Hinblick auf das Recht auf Arbeit, Handel, Militärdienst wie als Syrer zu betrachten sind, doch sie behalten ihre ursprüngliche Nationalität. 6 In diesem Gesetz werden die Themen Bildung, Reisen, Besitz- und Eigentumsrechte oder Pensionen nicht behandelt. 7 Obwohl registrierte palästinensische Flüchtlinge in vielen Belangen den Syrer n gleichgestellt sind, gibt es verschiedene Ausnahmen: Palästinensische Flüchtlinge haben weder das Recht zu wählen, noch können sie als Kandidaten zur Wahl aufgestellt werden. Sie dürfen kein Agrarland kaufen und nicht mehr als ein Haus besitzen. 8 Im Vergleich zu anderen Ländern müssen sie in Syrien Militärdienst leisten. Als im Jahr 1964 die Palestinian Liberation Army (PLA) gegründet wurde, hatten die palästinensischen Flüchtlinge die Möglichkeit zu wählen, ob sie der PLA oder der syr i- schen Armee beitreten wollen. Heute sind sie einem palästinensisches Bataillon innerhalb der syrischen Armee zugeordnet. 9 Da einer möglichen Repatriierung in der Zukunft nichts im Wege stehen soll, können palästinensische Flüchtlinge nicht die syrische Staatsbürgerschaft erhalten. In der Praxis soll es öfters vorgekommen, dass palästinensische Frauen mit der Heirat eines Syrers die syrische Staatsbürgerschaft angenommen haben. Der umgekehrte Fall, dass palästinensische Männer bei der Heirat einer syrischen Frau, die syrische Staatsbürgerschaft erhalten, ist nicht möglich. Problematisch ist sodann auch die Frage der Nationalität der Kinder aus einer solchen gemischten Beziehung, da die Frau ihre syrische Nationalität nicht auf ihre Kinder übertragen kann. 10 4 22. März 2002: www.unhcr.org/refworld/docid/467006c22.html. 5 Vgl. Danish Immigration Service, Report on fact-finding mission to Syria and Lebanon: Conditions for Kurds and stateless Palestinians in Syria etc. (17. 27. September 2001), 1. October 2001: www.unhcr.org/refworld/docid/3df0f7c80.html; Forced Migration Online, Sherifa Shafie, Palestinian Refugees in Syria, August 2003: www.forcedmigration.org/guides/fmo017/; Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation, Aufenthaltsrecht für palästinensische Flüchtlinge, Sonderbestimmungen für PLO-Funktionäre; Studium für Palästinenser; Reisevorschriften für PNA/PLO Funktionäre, 19. Juni 2007: www.ecoi.net/file_upload/response_de_76822.html. 6 7 «Palestinians residing in Syria as of the date of the publication of this law are to be considered as originally Syrian in all things covered by the law and legally valid regulations connected with the right to employment, commerce, and national service, while preserving their original nationality.» 8 9 10 Ebd. Syrien: Status von palästinensischen Flüchtlingen 7. Oktober 2009 Seite 2 von 6

Dokumente 11 Syrisch-Palästinensische Flüchtlingspapiere. Die meisten Palästinenser sind bei GAPAR registriert. Sie erhalten eine individuelle syrische Registrierungsnummer aus den Geburts-, Todes- und Heiratsregistern, die von GAPAR unterhalten werden. Diese Nummer ist auf den syrisch-palästinensischen Flüchtlingspapieren vermerkt. Die Dokumente werden von der Palästinischen Abteilung des syrischen Innenmini s- teriums ausgestellt und bei GAPAR registriert. Die Registrationsnummer n können von GAPAR nachverfolgt werden. Bis im Alter von 15 Jahren sind Palästinenser auf den Dokumenten ihrer Elte rn registriert. Sie können dann ihre eigenen Dokumente, das heisst einen Flüchtlingsausweis, beantragen. Dieser Flüchtlingsausweis ist fünf Jahre gültig. Während die Registrierung bei UNRWA freiwillig ist, ist die Registrierung bei GAPAR obligat o- risch. Es ist nicht bekannt, ob Strafen ausgesprochen werden, wenn die Registri e- rung nicht gemacht wird. Personen, die nicht bei GAPAR registriert sind, erhalten kein Exit-Visum. UNRWA-ID-Karte. Der grösste Teil der Palästinenser ist auch bei UNRWA registriert und hat dort eine ID-Karte, die mit der Registrationsnummer von GAPAR korrespondiert. Syrisch-palästinensische Reisepapiere 12 Palästinenser, die bei GAPAR registriert sind, können ein spezielles Reisedokument beantragen. Der Antrag wird bei der Immigration and Passport Division des Innenministeriums in der palästinensischen Abteilung beantragt. Beim Antrag muss ein Passfoto, ein Auszug aus dem GAPAR-Register und ein Zertifikat, in dem bestätigt ist, dass die Person nicht verurteilt ist, eingereicht werden. Erwachsene Männer müssen beweisen, dass sie ihren Militärdienst absolviert haben oder davon befreit sind. Verheiratete Frauen können entweder in die Dokumente des Mannes eingetragen werden oder ein eigenes Dokument beantragen. Exit-Visa 13 Grundsätzlich dürfen Besitzer eines syrisch-palästinensischen Flüchtlingsausweises Syrien nur verlassen, wenn sie nicht vom Migrationsdienst des Innenministeriums oder den verschiedenen Geheimdiensten gesucht werden. Seit 1983 müssen palä s- tinensische Flüchtlinge die Genehmigung der palästinensischen Abteilung des Mil i- tärgeheimdienstes für jede Reise ausserhalb des Landes haben. Vorausgesetzt, sie erhalten unter diesen Bedingung ein Exit-Visum, können sie das Land legal verlassen und wieder nach Syrien zurückkehren. Gemäss Artikel 10 des Gesetzes No 1311 vom 2 Oktober 1963 können Palästinenser, die bei GAPAR registriert sind, ohne Einreisevisum wieder nach Syrien zurückkehren. Auch Palästinenser können, wie syrische Staatsangehörige, ihre Dokumente auf den syrischen diplomatischen Vertretungen erneuern. 11 Ebd. 12 Ebd. 13 Syrien: Status von palästinensischen Flüchtlingen 7. Oktober 2009 Seite 3 von 6

Die Reise in andere arabische Staaten ist für Inhaber syrisch-palästinensischer Flüchtlingsausweise oft problematisch und hängt in der Praxis von den momentanen politischen Beziehungen zwischen Syrien und den betreffenden Ländern a b. So war es im Jahr 2002 zum Beispiel schwierig, von Syrien in den Libanon zu reisen, es brauchte eine Einladung, und es konnte Monate dauern, bis die Dokumente ausgestellt werden. Reisen nach Jordanien und Ägypten können unter Umständen auch schwierig sein. Wiedereinreise 14 Palästinensische Flüchtlinge, die bei GAPAR registriert sind, können in Syrien wieder einreisen. Personen, die im Besitz eines syrisch-palästinensischen Flüchtlingsausweises sind, können nicht wieder einreisen. Palästinensische Flüchtlinge, die verdächtigt werden, die Westbank und Gaza besucht zu haben, können Problem e bei der Wiedereinreise haben. Dasselbe gilt für Palästinenser, die das Land ohne Exit-Visum in ihren syrisch-palästinensischen Flüchtlingsdokumenten verlassen haben. Es ist möglich, dass eine Person ohne Exit-Visum in Syrien wieder einreisen kann. In diesem Fall muss die betroffene Person damit rechnen, dass sie von den Sicherheitsdiensten bei der Ankunft befragt wird. Gemäss dem US Department of State hatten palästinensische Flüchtlinge mit syrischen Reisedokumenten und den notwendigen Exit-Visa im Jahr 2008 meistens keine Probleme ein- beziehungsweise auszureisen. 15 2 Zu den Fragen 1. Kann der Mandant wieder in Syrien einreisen, oder verliert er den Flüchtlingsstatus mit länger dauernder Landesabwesenheit? Wird er für eine illegale Ausreise bestraft? Wie oben beschrieben, wird der Mandant, wenn er den Status eines registrierten Flüchtlings hat, wieder in Syrien einreisen können. 16 Da er illegal 17 ausgereist ist, muss er bei der Wiedereinreise mit einer Haftstrafe rechnen. Verschiedene Auskunftspersonen vor Ort, darunter ein Mitarbeiter von UNRWA, bestätigen dies. 18 Ein syrischer Anwalt 19 geht davon aus, dass er ein bis drei Monate inhaftiert wird, eine andere Auskunftsperson geht von einer sechsmonatigen Haftstrafe aus. Zudem 14 Ebd. 15 US Department of State, Syrian Arab Republic: Country Report on Human Rights Practices 2008, 25. Februar 2009: www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2008/nea/119127.htm. 16 E-Mail-Auskunft an die SFH von einem syrischen Menschenrechtsaktivisten, 14. September 2009. 17 Im Fall einer legalen Ausreise sind die Dokumente sechs Jahre gültig: E -Mail-Auskunft an die SFH von UNWRA, 25. August 2009. 18 E-Mail-Auskunft an die SFH von UNRWA, 25. August 2009. 19 E-Mail-Auskunft an die SFH von einem syrischen Menschenrechtsaktivisten, 15. September 2009. Syrien: Status von palästinensischen Flüchtlingen 7. Oktober 2009 Seite 4 von 6

darf er das Land nicht mehr verlassen, da d ie Reisedokumente mit einer Reisesperre gestempelt ist. Sollte er später wieder ausreisen wollen, muss er neue Dokumente beantragen. 20 Das US Department of State berichtet fürs Jahr 2008, dass Syrer ohne bestimmte politische Zugehörigkeit bei ihrer Rückkehr nach Syrien verhaftet wurden. Das Gesetz sieht eine Strafe für Personen vor, die sich der syrischen Justiz entziehen und im Ausland Schutz suchen. Personen, die im Ausland erfolglos Asyl beantragt und vermutete Verbindungen zur Muslimbruderschaft haben, wurden bei ihrer Rückkehr in Syrien strafrechtlich verfolgt. Die Regierung verhaftete im Jahr 2008 regelmässig Dissidenten und Syrer ohne politische Zugehörigkeit bei ihr er Rückkehr aus dem zuweilen jahrelangen Exil. 21 Auch die syrische Menschenrechtskommission beschreibt im Jahresbericht 2008, dass Besucher und Rückkehrer riskieren, verhaftet, befragt und gefoltert zu werden. Zudem seien Rückkehrer oft einfache Opfer von korrupten Sicherheitsbeamten, welche Rückkehrer finanziell erpressen. 22 Die Verhältnisse in den Gefängnissen sind schlecht und entsprechen nicht den i n- ternationalen Standards. Sicherheitskräfte verlangen Bestechungsgelder, der Z u- gang zu medizinscher Versorgung ist eingeschränkt oder überhaupt nicht vorha n- den, und die Ernährung ist mangelhaft. 23 Obwohl per Gesetz Folter verboten ist, werden gemäss verschiedenen Berichten weiterhin Verhaftete vor allem von den Sicherheitsdiensten gefoltert und zu G e- ständnissen gezwungen. Menschenrechtsgruppen dokumentieren die Fälle, wobei von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden muss. 24 2. Ist mit dem syrischen Flüchtlings-Reiseausweis eine legale Ausreise nach Jordanien möglich? Eine legale Ausreise nach Jordanien ist möglich, wenn die dazu benötigten Papiere, die von GAPAR ausgestellt werden, vorhanden sind. 25 Ein syrischer Menschenrechtsanwalt wies zusätzlich darauf hin, dass von Jordanien eine Einreiseerlaubnis benötigt wird. 26 20 E-Mail-Auskunft an die SFH von UNRWA, 25. August 2009. 21 US Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2008 Syria, 25. Februar 2009: www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2008/nea/119127.htm. 22 Human Rights in Syria 2008 The report covers the period from June 2006 to December 2007, Januar 2008: www.shrc.org/data/pdf/annualreport2008.pdf. 23 US Department of State, 2007 Country Reports on Human Rights Practices Syria, 11. März 2008: www.unhcr.org/cgi-bin/texis/vtx/refworld/rwmain?docid=47d92c5ac8. 24 Ebd. 25 Siehe oben: Dokumente, Ein- und Ausreise. 26 E-Mail-Auskunft an die SFH von einem syrischen Menschenrechtsaktivisten, 14. September 2009. Syrien: Status von palästinensischen Flüchtlingen 7. Oktober 2009 Seite 5 von 6

3. Eine Abklärung der Schweizerischen Botschaft hat ergeben, dass der Mandant Syrien im Auto Richtung Jordanien verlassen haben. D er Mandanten bestreitet dies. Wie zuverlässig ist das Resultat einer solchen Botschaftsabklärung? Kann auch eine illegale Ausreise registriert wo r- den sein? Die uns zur Verfügung gestellten Informationen erlauben keinen Rückschluss darauf, wie es der Schweizer Botschaft gelungen ist, die Abreise der Mandanten mit dem Auto Richtung Jordanien festzustellen. Falls bei den von der Botschaft getätigten Ermittlungen der Mandant namentlich erwähnt wurde oder die Kontaktperson der Botschaft mit einem oder mehreren G e- heimdiensten in Verbindung steht, ist die ganze Abklärung problematisch und ein neues Verfolgungsrisiko könnte geschaffen werden. SFH-Publikationen zu Syrien und anderen Herkunftsländern von Flüchtlingen finden Sie unter www.fluechtlingshilfe.ch/herkunftslaender Der SFH-Newsletter informiert Sie über aktuelle Publikationen. Anmeldung unter www.fluechtlingshilfe.ch/news/newsletter Syrien: Status von palästinensischen Flüchtlingen 7. Oktober 2009 Seite 6 von 6