MALEREI UND ZEICHNUNG Bilder erfinden 2 GRIT SAUERBORN
nicht im Fahrwasser.
Grit Sauerborn liebt das Theater. Vielleicht steht sie dort gerade. Hinter den Kulissen auf Seitenbühne links. Von dort aus fällt ihr Blick auf den Bühnenraum. Er ist klein und doch spielt das ganze Leben darauf. Vorhang auf! Sie sieht Kostüme, Bewegung, sie hört Worte, Gesang und Geschrei. In ihren Bildern zeigt sie das, was sich vom Leben den Zuschauern zeigt. Nur anders. Sie zeigt das hinter der Bühne verborgene im Bühnenbild. Darin stellt sie Distanz her zum Leben und holt es doch umso näher heran, malt es ein ins Quadrat und bietet ihm so einen Spielraum. Im kleinen Format 50 mal 50. Reduziert nicht nur in der Fläche, sondern auch in der Form. Nicht zu viele Rosetten und Rüschen. Streng ohne Allüren, klar, linear und doch verspielt, poetisch und leicht. Knapp vor dem Fall. Nicht nur, aber auch hier. Absolut wie das Schwarz und das Weiß, das sie verwendet. Vorhang auf! Voll im Rampenlicht, gleißend hell scheint es auf. Spielen lässt sich nicht nur im Theater, sondern auch in Marthas Küche. Auf dem Tisch mit dem Spielbein. Als Kind spielt sie in Pfützen und Gärten und geht jetzt alte Wege in Bildern. Und in der Wallstraße spielte sie damals Verstecken. Und kleine Quadrate postiert sie auf der Bühne, die sich in Bernhards Spielecke findet. Inzwischen ein Meter mal ein Meter zwanzig das Bild. Und sie zieht den Strich. Gibt Bernhards Bühne den Halt, linker Hand und klassisch ganz streng mit dem Malstock. Vielleicht. Und arbeitet hier nicht mit dem Schwammstück als Stempel. Später setzt sie Bruch, Riss und Schnitt. Erst beim zweiten Blick nimmt man das wahr und dann stellt sich Unruhe ein. Grit Sauerborns Bilder öffnen den Blick in Tiefen und Untiefen hinein, die verdeckt sind und doch ganz offensichtlich. Man sieht sie, ohne sie wirklich zu sehen, ohne sie markieren zu können im Sinne von hier oder da. Bis einem die Augen aufgehen beim Blick in das Bild. Und dann, im Fall, der dem Blick folgt, wird man gehalten. Durch die Linie, das Rechteck, den Kreis. Und hängt irgendwann zwischen Rosenblättern. Vielleicht.
Grit Sauerborns Bilder erzählen Geschichten, deren Geschichte verborgen bleibt und sich zugleich doch auch zeigt. Nicht nur durch den Titel. Der Entzug der im Bild erzählten Geschichte lockt, drückt und sprengt gar zuletzt eine neue Geschichte hervor, die die eigene ist. Das Bild erzählt unvermutet davon und diese zeigt sich nun durch das Bild irritierend, erhellend, verstörend, beglückend ganz neu und ganz fremd. Mit Stachel versehen, mit Bruch, mit Riss und mit Schnitt. Grit Sauerborn nimmt das Leben auf wie ein Schwamm. Den Schwamm benutzt sie später als Stempel, hinterlässt Abdrücke davon auf dem Malgrund und setzt damit Zeichen. Allerdings nicht in der Zeichnung. Diese entsteht, wenn sie die Landschaft durchstreift mit dem Zeichenblock in der Hand. Handwerklicher Übung geht sie dort nach. In der Natur erprobt, präzisiert, profiliert sie die eigene Kunst in Skizzen und auch in Entwürfen, über die dann neue Bilder entstehen. Die freie Zeichnung als biographische Resonanz bleibt häufig Notiz und ist doch zugleich ein eigenständiges Kunstwerk, das in feinen Linien und kräftigen Strichen Kontur gewinnt und zuweilen auch Farbe. Leichtigkeit paart sich mit Strenge. Bei den Streithähnen wie im Balanceakt hoch oben im Licht. Am Eulengrund steht sie derweil und setzt in sieben Schichten Töne in Grün. Der Himmel schaut durch das Oberlicht, bewusst in Perspektive gemalt. Und am unteren Rand der Leinwand geben Quadrate in Reihung dem grünen Beckenrand Halt. Moos auf Kacheln und Kacheln ins Moos. Verdichtet. Gleichermaßen verdichtet sind Kohlestiftlinien, in deren schneller Bewegung ein Gedichtband aufwächst. Und Wimpel im Wind schlagen Kommandos frei in den Wind. Der Wind weht, wo er will, und verweht die Befehle besonders beim Wimpelappell in vielerlei Richtung. Chaos gewinnt Struktur und behält doch seine Freiheit in loser Ordnung. Braun, Blau und Grau brechen die Farben und bringen Ruhe ins Bild.
Und weit und breit ist kein Schrebergarten zu sehen, auf den es Rosenblüten und Kreuze regnet. Zu sehen ist Weiß, das keiner Perspektive erliegt. Grit Sauerborn öffnet im Weiß Imaginationsräume und den Sinn auf etwas ganz Anderes hin, das präsent und entzogen zugleich ist. Der Clown ist noch nicht anwesend. Man wartet und schaut auf den Vorhang, auf weißes Tuch, das durch einen Spalt Perspektive bietet. Und dann, dann geht es einem auf, ganz plötzlich. Und man meint ihn zu sehen, den Clown, dort hinter den Kulissen, vielleicht gar auf Seitenbühne links. Petra Schulz Mai 2012
ALTE WEGE IN BILDERN Bummeln an der Schleuse 100x120 Acryl Kohle Leinwand 2010
100x120 Acryl Kohle Leinwand 2010 Verstecken in der Wallstraße
Wegelagerer 100x100 Acryl Leinwand 2012
Blaue Stunde auf dem Dachboden 100x100 Acryl Leinwand 2012
100x100 Acryl Leinwand 2011 Was wird morgen sein
Spieleabend in Marthas Küche 100x120 Acryl Kohle Leinwand 2010
100x100 Acryl Leinwand 2011 Der Clown ist noch nicht anwesend
Bernhards Spielecke 100x120 Acryl Kohle Leinwand 2011
100x120 Acryl Kohle Leinwand 2010 Wimpelappell
VITA 1964 in Bützow geboren ein Sohn Nach einer Ausbildung in Schrift und Plakatmalerei an der Schule für Gestaltung Schwerin sowie Studien der Malerei und Grafik bei Waldemar Krämer nahm Grit Sauerborn Unterricht an der Kunst und Medien Schule Rostock, um Ihr Wissen und das künstlerische Handwerk in experimenteller Bildgestaltung und in verschiedenen Drucktechniken zu erweitern. Auf diesem künstlerischen Weg konnte sie durch die gestalterische Arbeit am Volkstheater Rostock weitere Erfahrungen sammeln. 2004 wurde Grit Sauerborn in den Künstlerbund MV im BBK aufgenommen und arbeitet seither freischaffend als Malerin und Grafikerin. Außerdem ist sie als Dozentin für Malerei und Grafik an der Kunstschule Rostock, Jugendkunstschule Bad Doberan und der Volkshochschule Rostock tätig. In der Initiativgruppe P. ART entwickelt und realisiert sie, als Kulturarbeiterin, seit vielen Jahren Kunstprojekte. [Kultur Güter Bahnhof, Hermann Hesse Projekt, Produzenten Galerie guckenheim, Frauenkunstfestival, Hausbesuch-Kunst im Bahnhofsviertel] Stipendien 2006 Stipendium der Kunstmühle Schwaan 2007 Stipendium der Hansestadt Rostock im Schleswig-Holstein-Haus Rostock 2008 Reisestipendium nach Japan der Deutsch Japanischen Gesellschaft Otto-Niemeyer-Holstein Stipendium Usedom 2009 Arbeitsstipendium des Landes Mecklenburg- Vorpommern 2011 Reisestipendium nach Litauen des Künstlerhaus Lukas Ahrenshoop gefördert vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern
Zeichnungen Tusche Farbstift Papier 2011
SPIELRAUM IM QUADRAT [1]
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AUSTELLUNGEN Einzelausstellungen 1999 herein und heraus ARBEITEN, Kleine Galerie Kühlungsborn sich drehen, Galerie Kunstoff Rostock 2000 Atelierarbeiten, Kirche Wilhelm-Griesinger-Krankenhaus Berlin 2001 Malerei, Rostocker Bühne 602 2003 Hommage an Hermann Hesse - freie Zeichnungen, Bernsteinhaus Rostock 2005 Foyer für junge Kunst, HypoVereinsbank Rostock 2006 Gewächse, Galerie Roter Pavillon Bad Doberan Malerei, Galerie Künstlerdeck Wieck auf dem Darß 2007 Tastatur, Museum Bützow Krummes Haus 2009 Malerei und Zeichnung, Galerie im Kloster Ribnitz-Damgarten 2010 einnorden Malerei, Galerie Kachelofenfabrik Neustrelitz 2011 RaumReisen Malerei und Zeichnung, Baumhaus Wismar Zwischenbilder, Galerie im Kulturzentrum Klaipeda [Litauen] 2012 Orte Innen Außen Stipendiaten des Künstlerhaus Lukas Ahrenshoop Sparkasse Ribnitz Damgarten mit Neues Kunsthaus Ahrenshoop Nebenarme-Malerei und Zeichnung, Sankt Paulus Kirche Schwaan Ausstellungsbeteiligungen [Auswahl] 1996 Kunstmeile Galerie im Portcenter Rostock 2000 Farbige Arbeiten und Zeichnungen Ein Sommernachtstraum, Volkstheater Rostock 2001 Flurstücke Atelierarbeiten, KulturGüterBahnhof Rostock 2002 ReaktionsBild, Eröffnung des Hesse-Jahres 2002, Landratsamt Calw 2003 Im Wandel der Jahreszeiten, Galerie Künstlerdeck Wieck auf dem Darß 2004 Ein Atelier zwei Ansichten, Hochschule für Musik und Theater Rostock Kreuzweg, Kunsthaus Rehna Annäherungen, Galerie im Historischen U Pasewalk Klong, Galerie am Alten Markt Rostock 2005 Zusammen_Leben, 6. KunstKreuz Berlin Kontraste, Kunstforum Rheinhessen Essenheim 2006 Begegnung der Generationen, Künstlerhaus Schloss Plüschow Das Feuer bewahren, Galerie drei Dresden Große Kunstausstellung, Kunsthalle Villa Kobe Halle [Saale] 2007 Ansichten, Galerie Pakhuset Nykøbing Sj. [Dänemark] Farbmuffel, Schleswig-Holstein-Haus Schwerin Landschaften, 17. Landesweite Kunstschau, Kunsthalle Rostock x positionen,
Kunstmühle Schwaan 2008 Malerei und Fotografie mit Heidi Schneekloth, Kunstverein zu Rostock Kunst², Projekt der 18. Landesweiten Kunstschau Schwerin Arbeiten, Galerie der Seikei University of Art and Design Kyoto [Japan] Garten Stücke, Bricks- Museum Maizuru [Japan] 2009 Japan, Galerie Pur-Pur Bad Doberan Die Große Fahrt, Künstlerhaus Schloss Plüschow Pleinair, Nida [Litauen] 2010 Malerei, Zeichnung und Skulptur mit Klaus Joachim Albert, Kunstraum Testorf 2011 Licht und Schatten, Galerie Kunstverein zu Rostock FrühlingsLicht, Galerie Klosterformat Rostock Kunst aus Mecklenburg, Galerie Kunstverein Schloss Wiligrad Galerie hinter dem Rathaus, Wismar mit Petra Benndorf 2012 Malerei und Gebaute Keramik mit Elke Steckhan, Galerie Dornenhaus Ahrenshoop Ein Grüner Tag, Galerie Rothener Mühle Auch Du bist schön - Malerei und Fotografie mit Janet Zeugner, Heinrich Böll Stiftung Rostock Brücken, Galerie W2 Vilnius [Litauen] Brücken II, Haus Russischer Maler Moskau [Russland] Malerei - Mecklenburg-Vorpommern, Kunsthaus Bützow Übergang, Galerie Remise Gedser [Dänemark] Werke befinden sich in Privatbesitz sowie in Öffentlichem Raum
SOMMEREDITION Fracht 100x130 Acryl Farbstift Leinwand 2012
100x120 Acryl Leinwand 2011 Boddenblick
Waldlicht 100x80 Acryl Leinwand 2009
50x70 Acryl Leinwand 2012 Herr und Frau Fischer
VERDICHTUNG 100x100 Acryl Tusche Leinwand 2012 Amselschlag
Harfenwettbewerb in Warschawa 120x100 Acryl Kohle Leinwand 2012
120x100 Acryl Farbstift Leinwand 2012 Rasenstück
130x100 Acryl Tusche Graphitstift Leinwand 2012 Wortreich Fang arm Erdreich
100x120 Acryl Leinwand 2012 Beckenrand im Eulengrund
Gedichtband 100x120 Acryl Kohle Leinwand 2012
120x100 Acryl Leinwand 2012 Kein Schrebergarten
SPIELRAUM IM QUADRAT - REGISTER [1] Rampenlicht [2] Vorsprechen [3] Monolog [4] Souffleur [5] Malsaal [6] Mädchenchor [7] Seitenbühne links [8] Gastspiel [9] Intrige [10] Spielzeit 50x50 Acryl Leinwand 2009
IMPRESSUM UND KONTAKT EINFÜHRENDER TEXT GESTALTUNG FOTOGRAFIEN DRUCK PD Dr. Petra Schulz Benjamin Breutel Dr. Christa Geisser Sascha Sauerborn Kayscan Rostock Grit Sauerborn 2012 Grit Sauerborn Malerei und Grafik greto.grau@gmx.de www.gritsauerborn.de
Nebenarme.