Der Aufbruch zu neuen Horizonten. Neue Sichtweisen zur europäischen Frühbronzezeit

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Transkript:

Der Aufbruch zu neuen Horizonten. Neue Sichtweisen zur europäischen Frühbronzezeit Abschlusstagung der Forschergruppe FOR55o vom 26. bis 29. November 2o1o in Halle (Saale) Herausgeber Harald Meller und François Bertemes 19 2019 TAGUNGEN DES LANDESMUSEUMS FÜR VORGESCHICHTE HALLE

Karol Schauer, Salzburg

Karol Schauer, Salzburg

Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle Band 19 2019 Der Aufbruch zu neuen Horizonten. Neue Sichtweisen zur europäischen Frühbronzezeit Abschlusstagung der Forschergruppe FOR55o vom 26. bis 29. November 2o1o in Halle (Saale)

Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle Band 19 2019 Der Aufbruch zu neuen Horizonten. Neue Sichtweisen zur europäischen Frühbronzezeit Abschlusstagung der Forschergruppe FOR55o vom 26. bis 29. November 2o1o in Halle (Saale) herausgegeben von Harald Meller und François Bertemes Halle (Saale) 2o19

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar. issn isbn Wissenschaftliche Redaktion Endredaktion Redaktion und Übersetzung der englischen Texte Technische Bearbeitung Zeichnungen Umschlag o863-7679 978-3-948618-o3-2 Nele Lüttmann, Brigitte Schiefer-Kutzschrad Halle (Saale) Manuela Schwarz Nele Lüttmann Susanne Kubenz Halle (Saale), Birte Janzen Karol Schauer Salzburg Für den Inhalt der Arbeiten sind die Autoren eigenverantwortlich. by Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale). Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilm ungen sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Papier Satzschrift Konzept und Gestaltung Layout, Satz und Produktion Druck und Bindung alterungsbeständig nach din/iso 97o6 FF Celeste, News Gothic Carolyn Steinbeck Berlin Susanne Kubenz Halle (Saale) Salzland Druck Staßfurt

Inhalt 11 Uwe Sträter Grußwort 13 Harald Meller und François Bertemes Vorwort der Herausgeber 15 L iteraturverzeichnis der seit 2004 innerhalb der jeweiligen Projektgruppen der FOR550 erschienenen Artikel EINLEITUNG 21 François Bertemes Der Aufbruch zu neuen Horizonten Die Funde von Nebra, Sachsen-Anhalt, und ihre Bedeutung für die Bronzezeit Europas: Die DFG-Forschergruppe FOR55o TRANSDISZIPLINÄRE UNTERSUCHUNGEN ZU HORTFUNDEN 33 Daniel Berger und Christian-Heinrich Wunderlich Oberfläche, Werkspuren, Tauschierung: Ästhetische Metallbearbeitungstechniken der frühen Bronzezeit im Zusammenhang mit dem Hortfund von Nebra 55 Gregor Borg, Ernst Pernicka, Anja Ehser, Nicole Lockhoff, G. Simon Camm, and Courtenay V. Smale From distant lands Provenance studies of natural gold in comparison to the gold of the Sky Disc of Nebra 79 Joachim Lutz und Ernst Pernicka Die Kupferlagerstätten in den Ostalpen: Geochemie und Archäometallurgie 87 Jörg Adam Kriminaltechnische Untersuchung der Erdanhaftungen an der Himmelsscheibe 93 Regine Maraszek Traditionen sakraler Landschaften in Mitteldeutschland vom 2. 1. Jt. v. Chr. 101 Harald Meller Fürsten, Goldwaffen und Armeen. Überlegungen zum Goldfund von Dieskau und dessen möglicher Herkunft aus dem frühbronzezeitlichen Großgrabhügel Bornhöck bei Dieskau, Saalekreis 113 Ralf Schwarz Die Beile aus den Horten von Dieskau III und Halle-Kanena III und die archäologischen Implikationen der chemischen und metallkundlichen Analysen 133 Nicole Lockhoff, Joachim Lutz und Ernst Pernicka Neue isotopengeochemische Methoden zur Untersuchung archäologischer Metallobjekte Eine Fallstudie zur Kupferisotopie an frühbronzezeitlichen Hortfunden aus Mitteldeutschland

145 Harald Meller Zur Farbigkeit der Waffen in der mitteldeutschen Aunjetitzer Kultur und ihrer Interpretation als militärisches Ordnungssystem 159 Christian-Heinrich Wunderlich, Jan-Heinrich Bunnefeld und Harald Meller Buntmetall. Farbigkeit und ästhetische Eigenschaften von Legierungen der Aunjetitzer Kultur 183 Jan-Heinrich Bunnefeld Werkzeuge, Waffen oder Insignien? Zu den sogenannten gerippten»doppeläxten«der Aunjetitzer Kultur 205 Hélène Blitte Bronzezeitliche Hortfunde in Nordwestfrankreich und dem Mittelelbe-Saale-Gebiet. Vergleichende räumliche und statistische Untersuchungen BESTATTUNGEN DER AUNJETITZER KULTUR 215 Carola Metzner-Nebelsick Bestattung als Privileg und soziale Distinktion Bemerkungen zum Bestattungswesen der Aunjetitzer Kultur in Mitteldeutschland 225 Katja Martin Die Metallurgengräber der späten Kupfer- und frühen Bronzezeit Mitteleuropas Der Metallurg und sein Handwerk im archäologischen Befund 245 Harald Meller Das Fürstengrab von Leubingen neu betrachtet Zur Konstruktion von herrschaftlicher Legitimität durch Bezugnahme auf die Vorgängerkulturen 261 Vera Hubensack Individualität bei den Aunjetitzern? Sonderbestattungen der Frühbronzezeit in Mitteldeutschland SIEDLUNGEN DER AUNJETITZER KULTUR 271 Christiane Schmidt Die frühbronzezeitlichen Flachlandsiedlungen und die Hauslandschaft in Mitteldeutschland 281 Peter Ettel Frühbronzezeitliche Siedlungen auf der Höhe in Mitteldeutschland 293 Maik Evers und Matthias Witt Die frühbronzezeitliche Besiedlung der Makroregion um Nebra Siedlungsstrukturelle Untersuchungen und GIS basierte Geofaktorenanalysen 325 Immo Heske Die Zeit des Logos Zum Beobachtungskorridor der Himmelsscheibe von Nebra am Nordharz 333 Andreas Nette Die frühbronzezeitlichen Hausbefunde von Eulau, Burgenlandkreis 345 Dörte Hansen Die frühbronzezeitlichen Siedlungsspuren von Zwenkau-West, Lkr. Leipzig (Sachsen)

359 Dörte Hansen und Lars Kleinsteuber Die frühbronzezeitliche Befestigungsanlage auf dem Schlossberg von Mutzschen, Lkr. Leipzig (Sachsen) Ergebnisse der Grabungskampagne 2oo7 371 Peter Ettel, Karina Grömer, Sebastian Ipach und Florian Schneider Die Ausgrabungen der Friedrich-Schiller-Universität Jena 2oo2 2oo6 in der Salzsiedersiedlung bei Erdeborn, Lkr. Mansfeld-Südharz 395 Miroslav Dobeš und Petr Limbursky Vlíněves (Tschechische Republik) während Äneolithikum und Frühbronzezeit KREISGRABENANLAGEN 405 André Spatzier Pömmelte-Zackmünde A Circular Sanctuary of the Final Neolithic and Early Bronze Age. An Overview of the Research Results 421 André Spatzier The enclosure complex Pömmelte Schönebeck: The dialectic of two circular monuments of the late 3rd to early 2nd millennium BC in Central Germany 445 Wolfhard Schlosser Archäoastronomische Untersuchungen im Rahmen der Forschergruppe 449 Joshua Pollard, Mike Parker Pearson, Paul Garwood, Colin Richards, Julian Thomas, and Kate Welham Stonehenge in the Bronze Age

Kriminaltechnische Untersuchung der Erdanhaftungen an der Himmelsscheibe Jörg Adam Zusammenfassung Summary In einem Ermittlungsverfahren wegen Hehlerei und anderen Straftaten war der Nachweis zu führen, dass die Himmelsscheibe ursprünglich auf dem Mittelberg bei Nebra oder aber an einer anderen, bisher unbekannten Stelle vergraben war. Die vergleichende Untersuchung von Erdanhaftungen an der Himmelsscheibe mit Bodenproben verschiedenen Ursprungs ergab keinerlei Hinweise auf andere mögliche Herkunftsorte als den Mittelberg. During investigation proceedings concerning dealing in stolen goods and other criminal offences, proof had to be provided that the Nebra Sky Disc was originally buried on the Mittelberg near Nebra or in another, previously-unknown place. The comparative examination of soil residues on the sky disc with soil samples of different origins revealed no evidence of any other possible excavation site but the Mittelberg. 1. Einleitung Sp 1: In einem Ermittlungsverfahren wegen Hehlerei und anderen Straftaten gegen mehrere Personen übersandte die Staatsanwaltschaft Halle (Saale) im Juni 2oo3 zusammen mit einem Untersuchungsauftrag eine Bodenprobe vom vermutlichen Fundort der Himmelsscheibe sowie Erdreste, die zuvor im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (LDA) von dieser Scheibe isoliert worden waren, an das Landeskriminalamt Brandenburg. Die Staatsanwaltschaft verfolgte mit der Anordnung der Unter suchung das Ziel, dem zuständigen Gericht objektive Beweise dafür vorlegen zu können, dass die Himmelsscheibe ursprünglich auf dem Mittelberg in der Gemarkung Nebra, Burgenlandkreis, vergraben war oder aber, wenn dieses nicht der Fall sein sollte, Hinweise auf einen mög lichen anderen Ausgrabungsort zu erhalten. Etwas später und nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren stehend, übergab das LDA zwei weitere Bodenproben, die von einem als Beifund deklarierten Schwert und einem Beil stammten. Im Interesse der Übersichtlichkeit erhielten die Proben die in der Kriminaltechnik üblichen Bezeichnungen»Vergleichsmaterial«(VM) und»spur«(sp). Von der Himmelsscheibe isolierte, trockene, sandartige Reste mit einem Nettogewicht von o,113 g, verpackt in einem kleinen Kunststoffröhrchen. Sp 2: Von einem Bronzeschwert isolierte, trockene Erdreste, verpackt in einer kleinen Kunststoffdose, beschriftet mit»schwert II von Spitze«. Das Nettogewicht betrug o,217 g. Sp 3: Von einem Bronzebeil isolierte, trockene Erdreste, verpackt in einem kleinen Kunststoffkästchen, beschriftet mit»zu Beil HK 2oo2:1649 C Schmutzauflage im Schneidenbereich«. Das Nettogewicht betrug o,o49 g. Die Spuren und das Vergleichsmaterial waren getrennt voneinander verpackt, eindeutig gekennzeichnet und für die erforderlichen Analysen geeignet. 2. Untersuchung VM 1: Eine lufttrockene Bodenprobe, entnommen aus ca. 3o 4o cm Tiefe am vermutlichen Fundort der Himmelsscheibe auf dem Mittelberg in der Gemarkung Nebra, verpackt in einem Kunststoffkästchen, beschriftet mit»mittelberg 4c 3o/4o cm u. HOK«. Das Nettogewicht betrug 7o g. TA G U N G E N D E S L A N D E S M U S E U M S F Ü R V O R G E S C H I C H T E H A L L E B A N D 19 2 019 Die Untersuchungen des VM 1 sowie Sp 1 3 erfolgten mit physikalischen Trennverfahren und chemischen Spottests sowie mithilfe mineralogischer und biologischer Mikrostruktur- und Phasenanalysen unter Einsatz von Lichtmikroskopen SZX 9 (OLYMPUS) und AXIOPLAN 2 (CARL ZEISS) im Auf- und Durchlicht (Hellfeld, Dunkelfeld, Phasenkontrast, Polarisation). Der verwendete Vergrößerungsbereich lag zwischen ca. 1o - bis 1ooo -fach. Für weitere Messungen fand ein Bildanalysesystem KS 4oo (ZEISS-VISION) sowie ein Röntgenfluoreszens-Spektrometer ANALYST 77o (KEVEX) Verwendung.

88 JÖRG ADAM Abb. 1 Bodenprobe vom Mittelberg bei Nebra (VM 1), Sandfraktion mit vorwiegend gut gerundeten farblosen Quarzkörnern und Milchquarz (Stereomikroskop, Auflicht). Abb. 2 Sandfraktion der Bodenanhaftungen von der Himmelsscheibe (Sp 1). Neben farblosem Quarz und Milchquarz liegen grüne Korrosionsprodukte von Kupfer (Malachit) vor (Stereomikroskop, Auflicht). 2.1 Allgemeine Charakterisierung Quarzkörnern (Abb. 1 3). Als Besonderheit ist an vielen dieser gerundeten Körner ein Neuwachstum von Kristallflächen festzustellen. Diese Erscheinung wird als Quarzblastese bezeichnet. Sie ist auf wässerige Lösungen zurückzuführen, die mit Kieselsäure gesättigt im Sediment zirkulieren (Abb. 4 6). Ein weiteres Charakteristikum bilden in allen Proben die mit weniger als 1 % vertretenen, kleinen Gerölle (gerundete Gesteine,»Mikrogerölle«), die sich aus Sandstein bzw. Quarzit und stark hämatitschüssigem Phyllit sowie einigen anderen Gesteinsfragmenten zusammensetzen und insgesamt über ein sehr schmales Artenspektrum verfügen (Abb. 7 8). In VM 1 war darüber hinaus noch sehr vereinzelt Kieselschiefer nachweisbar, dagegen enthielt Sp 3 keinen Phyllit. Die bereits in den Originalproben Sp 1 3 visuell erkennbaren Korrosionsprodukte von Kupfer (Malachit) sind auch in den Sandfraktionen vorhanden. In der Bodenkunde ist es üblich, die Erfassung physikalischchemischer Parameter an Korngrößenfraktionen mit einem Korndurchmesser von weniger als 2,oo mm durchzuführen. Diese Fraktion wird als Feinboden bezeichnet, während alle Bestandteile mit einer Korngröße über 2,oo mm das Bodenskelett bilden. Die entsprechende Aufbereitung des VM 1 sowie der Sp 1 3 mit Mikrosieben der Maschenweite 2,oo mm zeigte, dass alle vier Proben frei von Bodenskelett und somit recht feinkörnig sind. Die Untersuchung der Feinböden ergab, dass es sich bei allen Proben übereinstimmend um Teile humusarmer, kalkfreier, sandhaltiger Böden handelt, die im trockenen Zustand hellbraungrau (1o YR 5-6/2 nach Farbstandard»Munsell Soil Color Charts«), im bodenfeuchten Zustand schwarzockerfarben (1o YR 3-4/2-3) erscheinen. Ihr ph-wert liegt mit 4,o 5,o in einem für derartige Böden durchaus typischen Bereich. Die Spuren weisen gegenüber VM 1 eine Tendenz zu etwas dunkleren, grünstichigen Farbnuancen auf. Die Ursache ist bei allen drei Pro- 2.3 Schlufffraktion ben im Vorhandensein bereits visuell erkennbarer, grüner Korrosionsprodukte des Kupfers (Bestandteil der Bronze Zur Bestimmung der Zusammensetzung der Schlufffraktilegierungen) in Form von Malachit zu suchen. onen wurden Körnerstreupräparate auf Glasobjektträgern An diese Analysen schloss sich eine Auftrennung der Fein- in Immersionsöl mit einem Brechungsindex von n = 1,549 böden in drei Korngrößenklassen (Sand: 2,oo o,o63 mm, hergestellt und mikroskopisch analysiert. Schluff: o,o63 o,oo2 mm und Ton: < o,oo2 mm) durch UltraEntsprechend der erhaltenen Ergebnisse bestehen VM 1 schalldispergierung in destilliertem Wasser und fraktio- und Sp 1 3 in dieser Korngrößenfraktion übereinstimmend nierte Sedimentation in kleinen Zentrifugengläsern an. Die aus mehr als 5o % Quarz vorwiegend granitischer, seltener Grobklassifizierung nach Körnungs- bzw. Bodenarten auf metamorpher Genese, 1 1o % schwach kaolinisiertem AlkaBasis der erhaltenen Analysendaten ergab für VM 1, Sp 1 lifeldspat mit Mikroklingitterung und Zwillings lamellen, und Sp 2»lehmigen Sand«bis»sandigen Lehm«, während 1 1o % Biotit, teilweise mit feinkörnigen Eisenoxidhydrat Sp 3 einen»sandig-lehmigen Schluff«darstellt. einlagerungen, geringen Anteilen Glaukonit, Hämatit und Limonit. Weiterhin treten 1 1o % Schwerminerale (Amphibol, Apatit, Epidot, Granat, Monazit, Rutil, Anatas, Turmalin und Zirkon), sehr vereinzelt Feuersteinsplitter, etwas Holz2.2 Sandfraktion kohle, 1 1o % korrodierte Phytholithe1 sowie einige wenige Die Sandfraktionen aller Proben bestehen zu weit mehr als Bruchstücke von Kieselnadeln des Süßwasserschwammes 9o % aus überwiegend gut gerundeten, meist farblosen Spongilla auf. TA G U N G E N D E S L A N D E S M U S E U M S F Ü R V O R G E S C H I C H T E H A L L E B A N D 19 2 019

K R I M I N A LT E C H N I S C H E U N T E R S U C H U N G D E R E R D A N H A F T U N G E N A N D E R H I M M E L S S C H E I B E Abb. 3 Bei etwas höherer Vergrößerung ist in den Sandfraktionen, hier am Beispiel der Bodenprobe VM 1 vom Mittelberg, der vorwiegend gute Rundungsgrad der Quarzkörner erkennbar, welcher aus dem Transport älteren abgetragenen Gesteinsmaterials durch Wasser und Wind bis zu seiner Sedimentation im Buntsandstein resultiert (Stereomikroskop, Auflicht). Abb. 4 Einen scheinbaren Widerspruch zum guten Rundungsgrad der Quarze bilden die an einigen der Körner vorhandenen Kristallflächen. Dieses als Quarzblastese bezeichnete Neuwachstum ist besonders für Sedimente des unteren und mittleren Buntsandsteins charakteristisch (VM 1, Stereomikroskop, Auflicht). Abb. 5 Ein Neuwachstum von Kristallflächen an gerundeten Quarzkörnern ist in allen Proben, hier in Sp 2, als Besonderheit anzutreffen (Stereomikroskop, Auflicht). Abb. 6 Mithilfe spezieller lichtmikroskopischer Verfahren (Durchlicht, Dunkelfeld) ist die Quarzblastese auch an kleineren Körnern erkennbar (5o,oo micrometer = o,o5 mm). Bei den geradlinigen Begrenzungen handelt es sich um neu gewachsene Kristallflächen, während der unmittelbar dahinter bogenförmig verlaufende, bräunliche Saum die»alte«, ursprünglich gerundete Oberfläche markiert (Sp 1 [Stereomikroskop, Auflicht]). Sp 3 weicht durch erhöhte Gehalte an Granat und Anatas übereinstimmend Silizium, Aluminium, Kalium, Calcium, sowie geringere Anteile charakteristisch geformter Phytoli- Eisen, Mangan, Titan und einige weitere Elemente in gerinthe etwas von den anderen Proben ab. gerer Konzentration. In Sp 1 3 sind auch hier gegenüber Gegenüber VM 1 sind auch in den Schlufffraktionen der VM 1 die Kupfergehalte deutlich erhöht. Sp 1 3 die bereits makroskopisch erkennbaren Korrosionsprodukte von Kupfer (Malachit) vorhanden. 3. Auswertung 2.4 Tonfraktion Mithilfe der Röntgenfluoreszensanalyse erfolgte an den Tonfraktionen als ergänzende Untersuchung die Bestimmung der chemischen Elemente. Alle Proben enthalten 1 Wasserhaltiges Siliziumdioxid,»Pflanzen opal«aus dem Stützgerüst meist einkeimblättriger Pflanzen. TA G U N G E N D E S L A N D E S M U S E U M S F Ü R V O R G E S C H I C H T E H A L L E B A N D 19 2 019 Geologischen Karten ist zu entnehmen, dass der Mittelberg bei Nebra im Bereich des vermutlichen Fundortes der Himmelsscheibe aus Sedimenten des mittleren Buntsandsteins besteht. 89

90 JÖRG ADAM Abb. 7»Mikrogerölle«in der Sandfraktion von VM 1; links: Sandstein bzw. Quarzit; Mitte: Kieselschiefer (?), beides primäre Bestandteile des Buntsandsteins; rechts: stark hämatithaltiger Phyllit und weitere Gesteine, die von Rotliegendsedimenten in der weiteren Nachbarschaft des Mittelberges stammen können und sekundär in den Verwitterungsbereich des Buntsandsteins eingetragen wurden (Stereomikroskop, Auflicht). Diese Angaben werden durch die sowohl in VM 1 als auch in Sp 1 3 gleichermaßen erhobenen Befunde in Form hoher Anteile gut gerundeter Quarzkörner vorwiegend granitischer Genese mit deutlich ausgeprägter Quarzblastese, dem Auftreten von Sandstein bzw. Quarzit bei gleichzeitiger Armut an Geröllen bestätigt. Dies lässt auf eine Herkunft aller Materialien aus Verwitterungsschichten des unteren oder mittleren Buntsandsteins schließen (s. u. 4. Geologie der»germanischen Trias«). Insgesamt ergaben die durchgeführten Untersuchungen weitgehende Übereinstimmungen zwischen der Bodenprobe vom Mittelberg (VM 1) sowie den Bodenanhaftungen von Himmelsscheibe (Sp 1), Schwert (Sp 2) und mit einigen Abstrichen auch vom Beil (Sp 3). Um festzustellen, ob Sp 1 3 nicht vom Mittelberg, sondern eventuell aus vergleichbaren geologischen Bildungen in anderen Gebieten Deutschlands stammen könnten, soll vor den folgenden Untersuchungen kurz auf die Geologie der»germanischen Trias«eingegangen werden. 4. Geologie der»germanischen Trias«Das geologische System Trias mit der Dreiteilung in Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper beschränkt sich in seinem Vorkommen im Wesentlichen auf Mitteleuropa und wird deshalb als»germanische Trias«bezeichnet. Die unterste und damit älteste Einheit ist der Buntsandstein, dessen Entstehung vor etwa 225 Millionen Jahren begann. Durch die Verwitterung großer, vorwiegend granitischer Gebirgsmassive, die sich ungefähr im Gebiet des heutigen Zentralmassivs im Südwesten und des Böhmischen Massivs im Osten bis Süd osten des Germanischen Beckens befanden, wurden gewaltige Mengen von Gesteinsschutt Richtung Norden transportiert. In Abhängigkeit von Transportmedium (Wasser, Wind), Transportgeschwindigkeit und Transportentfernung erfolgte eine immer weitere Zerkleinerung der Gesteinsbruchstücke, sodass sich in den entsprechenden, mehrere Hundert Meter mächtigen Sedimenten sowohl grobe Kiese als auch Abb. 8 Das Geröllspektrum in Sp 1 und Sp 2, hier am Beispiel von Sp 2, entspricht weitestgehend dem der Bodenprobe vom Mittelberg (Stereomikroskop, Auflicht). feinkörnige Sande schichtweise übereinander ablagerten. Dabei kam es mit zunehmender Distanz zu den Liefergebieten gleichzeitig zu einer Anreicherung von Mineralen mit höherer Härte (Quarz) gegenüber den weniger widerstandsfähigen Bestandteilen (Glimmer, Feldspäte). Durch den Druck der eigenen und später folgender Sedimente sowie die Verfestigung z. B. durch Kalk- und Kieselsäurebindemittel entstanden schließlich die heute noch als Felsen und Bänke in der Landschaft erkenn baren Sandsteine und Konglomerate. Gemäß seiner Entstehung unterscheidet sich der Buntsandstein lokal v. a. durch seine Farbe (rötlich und gelblich durch verschiedene Eisenverbindungen oder weiß durch geringere Eisengehalte und Kaolinisierung der Feldspäte) sowie seine unterschiedlichen Korngrößen. Die vorwiegend geringe Geröllführung beschränkt sich in der Hauptsache auf Quarzit bzw. Sandstein, granitische und porphyrische Gesteine sowie vereinzelt Kieselschiefer. Schwerminerale treten ebenfalls in meist geringen Konzentrationen auf und umfassen im Wesentlichen Turmalin, Zirkon, Rutil und Apatit. Der Buntsandstein wurde im Verlauf der Trias von Muschelkalk und Keuper sowie in den folgenden Erdzeit altern mit Sedimenten der Jura, der Kreide und letztlich im Quartär von den Bildungen der Eiszeiten überlagert. Gegenwärtig nimmt Buntsandstein ca. 6 % der an der Oberfläche Deutschlands anstehenden Gesteine ein. Den weitaus größten Teil dieser Fläche bildet dabei nicht der primär entstandene Sandstein, sondern seine Verwitterungsprodukte in Form von Sanden und Sandböden. Während der Buntsandstein über weite Gebiete eine recht homogene Zusammensetzung aufweist, stellen sich die aus ihm entstandenen Böden wesentlich differenzierter dar. Die Ursache besteht darin, dass im Verlauf der physikalischen, chemischen und biologischen Verwitterung sowie durch Eis-, Wasser- und Windtransport eine Vermischung sowohl mit älteren, bereits vorhandenen Ablagerungen (z. B. den zum geologischen System Perm gehörenden Rotliegendsedimenten) als auch mit jüngeren, also später entstandenen Bildungen (z. B. mit Gesteinsschutt des Muschelkalks der Trias, mit basaltita G U N G E N D E S L A N D E S M U S E U M S F Ü R V O R G E S C H I C H T E H A L L E B A N D 19 2 019

K R I M I N A LT E C H N I S C H E U N T E R S U C H U N G D E R E R D A N H A F T U N G E N A N D E R H I M M E L S S C H E I B E schen Eruptivgesteinen des Tertiärs oder mit dem während der Eiszeiten im Quartär gebildeten Löss) stattfand, die sich besonders auf die Erdoberfläche und somit auf die Prozesse der Bodenbildung auswirkte. Einwehungen aus dem nördlich und nordöstlich des Mittelberges bei Nebra liegenden, sächsisch-thüringischen Lössgürtel sind auch eine Erklärung dafür, dass VM 1 höhere Schluff- und Tongehalte aufweist, als sie den vergleichbaren, nicht lössbeeinflussten verwitterten Buntsandsteinschichten entsprechen. In unmittelbarem Zusammenhang damit ist auch der Gehalt an verschiedenen, für den Buntsandstein primär im Allgemeinen untypischen Schwermineralen wie z. B. Amphibol (Hornblende) oder solchen Bestandteilen wie den Kiesel nadeln von Süßwasserschwämmen zu sehen. Auch die in VM 1 sowie in Sp 1 und Sp 2 vorhandenen Gerölle (hämatitschüssiger Phyllit und andere Metamorphite aus Rotliegendsedimenten) sind als sekundär in den Boden gelangte Gesteine erklärbar, deren potenzielle Liefergebiete sich westlich und nördlich des Mittelberges bei Nebra befinden (Bottendorfer Höhenzug, Hornburger Rücken, Bereich Hettstedt-Mansfeld), während der Sandstein bzw. Quarzit aus dem verwitterten Buntsandstein selbst stammt. Um festzustellen, inwieweit sich diese beschriebenen Verhältnisse in Böden verschiedener Regionen widerspiegeln, in denen Buntsandstein das Ausgangsmaterial oder»substrat«bei der Bodenentstehung bildet, wurden zusätzlich entsprechende Bodenproben aus einer am Landeskriminalamt Brandenburg vorhandenen Sammlung analysiert und Literaturdaten ausgewertet. Alle sechs Proben zeigen gegenüber dem VM 1 und der Spur signifikante Abweichungen in meist mehreren Merkmalen wie z. B. in Farbe und Körnung (VM S-45, VM S-47/2, VM S-58A, VM S-58B), im Kalkgehalt (VM S-47/1, VM S47/2, VM S-58A, VM S-58B), besonders aber auch im Geröllbestand, bei dem z. B. die Anwesenheit von roten und grauen Letten (VM S-58A, VM S-58B), Kalkstein (VM S47/1, VM S-47/2, VM S-58A, VM S-58B) sowie Feuerstein oder Flint (VM S-47/1, VM S-47/2) den sekundären Einflüssen bei der Bodenbildung zuzurechnen sind. VM S-29 fällt durch einen überdurchschnittlich hohen Anteil von Quarzen mit neugebildeten Kristallflächen (Quarzblastesen) auf, der eine Zuordnung zu den Kristallsanden des Buntsandsteins nahe legt. In VM S-45 sind die Quarzkörner mit fest haftenden Krusten von Limonit und Hämatit umgeben, woraus eine kräftige Rotockerfärbung der Gesamtprobe resultiert. Weitere Vergleichsdaten wurden den petrografischen Beschreibungen von Buntsandsteinsedimenten in den»erläuterungen zu den geologischen Karten 1 : 25 ooo der DDR«, Blatt Rudolstadt 5234 (sieben Proben aus dem unteren und mittleren Buntsandstein) sowie Blatt Bürgel 5o36 (zwei Proben aus dem mittleren und oberen Buntsandstein/ Chiroterienbank) entnommen, ergänzt durch ein Vorkommen im Nordschwarzwald. Auch diese Proben weisen eindeutige Unterschiede in ihrer Zusammensetzung gegenüber VM 1 und der Spur auf. 6. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Die durchgeführten physikalischen, chemischen und mineralogischen Untersuchungen ergaben fast vollständige qualitative und weitgehende quantitative Übereinstimmungen Für die erweiterten Untersuchungen fanden Bodenproben zwischen den Bodenproben VM 1 sowie Sp 1 und Sp 2 Verwendung, die aus bereits bearbeiteten Straftaten vergan- (Tab. 1). Der zusätzliche Vergleich mit Analysendaten weitegener Jahre vorliegen und deren Herkunft somit das Prinzip rer Böden, die aus Gebieten stammen, welche der geologider zufälligen Probenentnahme (»Stichproben«) erfüllt. schen Situation an der Entnahmestelle des VM 1 entspreals einziges Auswahlkriterium galt eine mithilfe geolo- chen, ergab keine Hinweise auf eine mögliche andere gischer Karten zweifelsfrei nachweisbare Herkunft aus Herkunft der Sp 1 und Sp 2 als vom Mittelberg bei Nebra in Gebieten, in denen Buntsandstein an der Oberfläche Sachsen-Anhalt. ansteht. Insgesamt ist somit eine Herkunft sowohl der Erdanhaftungen an der Himmelsscheibe (Sp 1) als auch am Schwert Insgesamt handelte es sich um sechs Proben: (Sp 2) von deren vermutlichem Fundort (Entnahmestelle VM S-29 Waldgebiet zwischen Jena und Eisenberg, ca. des VM 1) als sehr wahrscheinlich anzusehen, eine sichere 1 km südlich Hainspitz (Thüringen) Aussage ist jedoch bei Vorliegen nur einer Bodenprobe aus Substrat: mittlerer Buntsandstein dem Fundgebiet nicht möglich. Hierzu wäre eine detailvm S-45 Suhl (Thüringen), ca. 1 km südlich des Bahnlierte Untersuchung der Bodenverhältnisse auf dem Mittelhofs berg bei Nebra mithilfe einer wesentlich größeren Anzahl Substrat: unterer Buntsandstein von Vergleichsproben erforderlich. VM S-47/1 ca. 5 km nordöstlich Hettstedt (SachsenEine Sonderstellung nehmen die Erdreste am Beil (Sp 3) ein. Anhalt) im Bereich der Wipper Ein großer Teil der ermittelten Eigenschaften und Merkmale Substrat: unterer und mittlerer Buntsandstein lassen ebenfalls eine Herkunft dieser Erdanhaftungen vom im Übergang zu Rotliegendem (Perm) Mittelberg als möglich erscheinen, jedoch sind im Vergleich zu VM S-47/2 ca. 1o m von VM S-47/1 entfernt entnommen VM 1, Sp 1 und Sp 2 einige Abweichungen, wie die feinkörnivm S-58A Nordufer des Süßen Sees am Einfluß der gere Ausbildung, das Fehlen von Phyllit, geringere Anteile an Bösen Sieben östlich von Eisleben Phytholithen, erhöhte Gehalte an Granat und Anatas nicht nur Substrat: unterer Buntsandstein mit Lössdurch die geringe Menge des Untersuchungsmaterials (o,o49 g) schleier erklärbar. VM S-58B ca. 1oo m von VM S-58A entnommen 5. Auswertung weiterer Bodenproben TA G U N G E N D E S L A N D E S M U S E U M S F Ü R V O R G E S C H I C H T E H A L L E B A N D 19 2 019 91

92 JÖRG ADAM In Tab. 1 sind diese Ergebnisse in Form einer numerischen Auswertung ohne Gewichtung der Merkmale dargestellt. Geringe quantitative Differenzen oder kleinere Unterschiede z. B. im Farbton (erklärbar durch den Malachitgehalt der Spuren) gehen dadurch gleichberechtigt mit gravierenderen Ab- weichungen wie z. B. dem vollständigen Fehlen von Bestandteilen in die Rechnung ein. Die Gewichtung der Eigenschaften und Merkmale erhöht zwar die numerische Übereinstimmung um einige Prozent, ist aber nur bedingt in objektive Zahlenwerte zu fassen. Anzahl der Merkmale Anzahl der Übereinstimmungen VM 1 Sp 1 Sp 2 Sp 3 Fundort Himmelsscheibe von Nebra Himmelsscheibe von Nebra Schwert II Bronzebeil 1. Allgemeine Charakteristik 5 5 4 5 2. Chemische Analysen 7 4 4 4 3. Korngröße 1 1 0 0 4. Sandfraktion 31 30 29 24 5. Schlufffraktion 81 79 76 68 Summe 125 119 113 101 Übereinstimmung % 100 95 90 81 Tab. 1 Prozentuale Übereinstimmung von VM1 mit Sp1, Sp2 und Sp3 auf Basis aller Analysendaten. Literaturverzeichnis Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 1993 Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (Hrsg.), Geologische Karte der Bundesrepublik Deutschland 1:1 ooo ooo - Grundkarte (Hannover 1993). Deubel 1964 F. Deubel, Erläuterungen zur Geologischen Karte der DDR 1:25 ooo, Blatt 5o36 Bürgel (Berlin 1964). Ehlers 1994 J. Ehlers, Allgemeine und historische Quartärgeologie (Stuttgart 1994). Geyer/Gwinner 1991 O. F. Geyer/M. P. Gwinner, Geologie von Baden-Württemberg4 (Stuttgart 1991). Hohl 1981 R. Hohl (Hrsg.), Die Entwicklungsgeschichte der Erde: Brockhaus Nachschlagewerke Geologie5 (Leipzig 1981). Hoppe/Seidel 1974 W. Hoppe/G. Seidel (Hrsg.), Geologie von Thüringen (Gotha, Leipzig 1974). Lieberoth 1982 I. Lieberoth, Bodenkunde: Aufbau, Entstehung, Kennzeichnung und Eigenschaften der landwirtschaftlich genutzten Böden der DDR3 (Berlin 1982). Pfeiffer u. a. 1981 L. Pfeiffer/M. Kurze/G. Mathé, Einführung in die Petrologie (Berlin 1981). Puff 1963 P. Puff, Erläuterungen zur geologischen Spezialkarte der Deutschen Demokratischen Republik 1:25 ooo, Blatt 5234 Rudolstadt (Berlin 1963). Scheffer/Schachtschabel 1992 F. Scheffer/P. Schachtschabel, Lehrbuch der Bodenkunde (Stuttgart 1992). Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie 1954 Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (Hrsg.), Geologische Übersichtskarten 1:1oo ooo (nach A. Watznauer), Blatt Merseburg (russisch) (Leipzig 1954). Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie 1957 Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (Hrsg.), Geologische Übersichtskarten 1:1oo ooo (nach A. Watznauer), Blatt Sondershausen (Leipzig 1957). Wurm 1961 A. Wurm, Geologie von Bayern (Berlin 1961). Abbildungsnachweis 1 8 Tab. 1 Verf. Verf. Anschrift Dipl.-Mineraloge Dr. Jörg Adam Sachverständiger für forensische Chemie Landeskriminalamt Brandenburg Forensische Chemie Tramper Chaussee 1 16225 Eberswalde Deutschland k-j.adam@kabelmail.de TA G U N G E N D E S L A N D E S M U S E U M S F Ü R V O R G E S C H I C H T E H A L L E B A N D 19 2 019

Bislang erschienene Bände in der Reihe»Tagungsbände des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle«Die Reihe der Tagungsbände des Landesmuseums wurde 2oo8 ins Leben gerufen. Anlass dazu war die Konferenz»Luthers Lebenswelten«, die im Jahr 2oo7 in Halle ausgerichtet wurde. Bereits der zweite Tagungsband widmete sich mit dem Thema»Schlachtfeldarchäologie«dem Mitteldeutschen Archäologentag, der seit 2oo8 jährlich vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie SachsenAnhalt veranstaltet und zeitnah publiziert wird. Dem großen Anteil internationaler Autorinnen und Autoren entsprechend, erscheinen viele Beiträge dieser Reihe in englischer Sprache mit deutscher Zusammenfassung. Mit dem bislang zuletzt erschienenen Tagungsband konnten die Vorträge und Posterpräsentationen der internationalen Tagung»Ringe der Macht«in zahlreichen Artikeln renommierter Forscher verschiedenster Fachdisziplinen vorgelegt werden. Siedlungsarchäologie des Endneolithikums und der frühen Bronzezeit Late Neolithic and Early Bronze Age Settlement Archaeology 11. Mitteldeutscher Archäologentag vom 18. bis 2o. Oktober 2o18 in Halle (Saale) Herausgeber Harald Meller, Susanne Friederich, Roberto Risch, Mario Küßner und Harald Stäuble 20/I Band 18 2019 TAGUNGEN DES LANDESMUSEUMS FÜR VORGESCHICHTE HALLE Band 20 Band 1/2oo8 Harald Meller/Stefan Rhein/Hans-Georg Stephan (Hrsg.), Luthers Lebenswelten. Tagung vom 25. bis 27. September 2oo7 in Halle (Saale). ISBN 978-3-939414-22-3, 19,oo Band 21 Band 4/2o1o Harald Meller/Regine Maraszek (Hrsg.), Masken der Vorzeit in Europa I. Internationale Tagung vom 2o. bis 22. November 2oo9 in Halle (Saale). ISBN 978-3-939414-54-4, 19,oo Band 2/2oo9 Harald Meller (Hrsg.), Schlachtfeldarchäologie. Battlefield Archaeology. 1. Mitteldeutscher Archäologentag vom o9. bis 11. Oktober 2oo8 in Halle (Saale). ISBN 978-3-939414-41-4, 35,oo Band 5 I II/2o11 Harald Meller/François Bertemes (Hrsg.), Der Griff nach den Sternen. Wie Europas Eliten zu Macht und Reichtum kamen. Internationales Symposium in Halle (Saale) 16. 21. Februar 2oo5. ISBN 978-3-939414-28-5, 89,oo Band 3/2o1o Harald Meller/Kurt W. Alt (Hrsg.), Anthropologie, Isotopie und DNA biografische Annäherung an namenlose vorgeschichtliche Skelette? 2. Mitteldeutscher Archäologentag vom o8. bis 1o. Oktober 2oo9 in Halle (Saale). ISBN 978-3-939414-53-7, 19,oo Band 6/2o11 Hans-Rudolf Bork/Harald Meller/ Renate Gerlach (Hrsg.), Umweltarchäologie Naturkatastrophen und Umweltwandel im archäologischen Befund. 3. Mitteldeutscher Archäologentag vom o7. bis o9. Oktober 2o1o in Halle (Saale). ISBN 978-3-939414-64-3, 32,oo TA G U N G E N D E S L A N D E S M U S E U M S F Ü R V O R G E S C H I C H T E H A L L E B A N D 19 2 019

Lieferbar sind folgende Bände: Band 7/2o12 Harald Meller/Regine Maraszek (Hrsg.), Masken der Vorzeit in Europa II. Internationale Tagung vom 19. bis 21. November 2o1o in Halle (Saale). ISBN 978-3-939414-9o -2, 32,oo Band 8/2o12 François Bertemes/Harald Meller (Hrsg.), Neolithische Kreisgabenanlagen in Europa. Neolithic Circular Enclosures in Europe. Internationale Arbeitstagung 7. bis 9. Mai 2oo4 in Goseck (Sachsen-Anhalt). ISBN 978-3-939414-33-9, 59,oo Band 9/2o13 Harald Meller/François Bertemes/ Hans-Rudolf Bork/Roberto Risch (Hrsg.), 16oo Kultureller Umbruch im Schatten des TheraAusbruchs? 16oo Cultural change in the shadow of the Thera-Eruption? 4. Mitteldeutscher Archäologentag vom 14. bis 16. Oktober 2o11 in Halle (Saale). ISBN 978-3-9445o7- oo -2, 69,oo Band 1o/2o13 Harald Meller/Christian-Heinrich Wunderlich/ Franziska Knoll (Hrsg.), Rot die Archäologie bekennt Farbe. 5. Mitteldeutscher Archäologentag vom o4. bis o6. Oktober 2o12 in Halle (Saale). ISBN 978-3-9445o7- o1-9, 49,oo Band 11 I II/2o14 Harald Meller/Roberto Risch/ Ernst Pernicka (Hrsg.), Metalle der Macht Frühes Gold und Silber. Metals of power Early gold and silber. 6. Mitteldeutscher Archäologentag vom 17. bis 19. Oktober 2o13 in Halle (Saale). ISBN 978-3-9445o7-13-2, 119,oo Band 12 I II/2o15 Harald Meller/Helge Wolfgang Arz/ Reinhard Jung/Roberto Risch (Hrsg.), 22oo BC Ein Klimasturz als Ursache für den Zerfall der Alten Welt? 22oo BC A climatic breakdown as a cause for the collapse of the old world? 7. Mitteldeutscher Archäologentag vom 23. bis 26. Oktober 2o14 in Halle (Saale). ISBN 978-3-9445o7-29-3, 1o9,oo Band 13 I II/2o16 Judith M. Grünberg/Bernhard Gramsch/ Lars Larsson/Jörg Orschiedt/Harald Meller (Hrsg.), Mesolithic burials Rites, symbols and social organisation of early postglacial communities. Mesolithische Bestattungen Riten, Symbole und soziale Organisation früher postglazialer Gemeinschaften International Conference Halle (Saale), 18th 21st September 2o13. ISBN 978-3-9445o7-43-9, 81,oo Band 14 I II/2o16 Harald Meller/Hans Peter Hahn/ Reinhard Jung/Roberto Risch (Hrsg.), A rm und Reich Zur Ressourcenverteilung in prähistorischen Gesellschaften Rich and Poor Competing for resources in prehistoric societies. 8. Mitteldeutscher Archäologentag vom 22. bis 24. Oktober 2o15 in Halle (Saale). ISBN 978-3-9445o7-45-3, 89,oo Band 15/2o16 Harald Meller/Alfred Reichenberger/ Christian-Heinrich Wunderlich (Hrsg.), A lchemie und Wissenschaft des 16. Jahrhunderts. Fallstudien aus Wittenberg und vergleichbare Befunde. Internationale Tagung vom 3. bis 4. Juli 2o15 in Halle (Saale). ISBN 978-3-9445o7-48-4, 49,oo Band 16/2o17 Harald Meller/Susanne Friederich (Hrsg.), Salzmünde Regel oder Ausnahme? Salzmünde rule or exception? Internationale Tagung vom 18. bis 2o. Oktober 2o12 in Halle (Saale). ISBN 978-3-9445o7-11-8, 75,oo Band 17/2o17 Harald Meller/Falko Daim/Johannes Krause/ Roberto Risch (Hrsg.), Migration und Integration von der Urgeschichte bis zum Mittelalter. Migration and Integration from Prehistory to the Middle Ages. 9. Mitteldeutscher Archäologentag vom 2o. bis 22. Oktober 2o16 in Halle (Saale). ISBN 978-3-9445o7-61-3, 49,oo Band 18/2o18 Harald Meller/Detlef Gronenborn/Roberto Risch (Hrsg.), Ü berschuss ohne Staat Politische Formen in der Vorgeschichte. Surplus without the State Political Forms in Prehistory. 1o. Mitteldeutscher Archäologentag vom 19. bis 21. Oktober 2o17 in Halle (Saale). ISBN 978-3-9445o7-83-5, 69,oo Band 2o I II/2o18 Harald Meller/Susanne Friederich/ Mario Küßner/Harald Stäuble/Roberto Risch (Hrsg.) Siedlungsarchäologie des Endneolithikums und der frühen Bronzezeit. Late Neolithic and Early Bronze Age Settlement Archaeology. 11. Mitteldeutscher Archäologentag vom 18. bis 2o. Oktober 2o18 in Halle (Saale). ISBN 978-3-9445o7-94-1, 149,oo Band 21 I II/2o18 Harald Meller/Susanne Kimmig-Völkner/ Alfred Reichenberger (Hrsg.), R inge der Macht. Rings of Power. Internationale Tagung vom o9. bis 1o. November 2o18 in Halle (Saale). ISBN 978-3-9445o7-97-2, 79,oo Erhältlich im Buchhandel oder direkt beim Verlag Beier & Beran Thomas-Müntzer-Straße 1o3 o8134 Langenweißbach Deutschland Tel. o376o3/36 88 verlag@beier-beran.de TA G U N G E N D E S L A N D E S M U S E U M S F Ü R V O R G E S C H I C H T E H A L L E B A N D 19 2 019