Als die Sonne nicht mehr scheinen wollte



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Transkript:

Als die Sonne nicht mehr scheinen wollte Valentin saß auf seiner Vorgartenmauer und spielte mit seinen Zehen. Da rumste es nebenan richtig doll. Endlich passiert hier mal was, dachte Valentin. Doch es war nur Tante Sofia, die gerade ihre große Mülltonne hinter sich her zog. Hallo, Valentin! Was machst du denn? Mich langweilen, rief Valentin zurück. Schon seit drei Tagen nur Regen, Wind oder Wind mit Regen, nicht einmal kommt die Sonne heraus, nicht einmal, Tante Sofia. Das ist voll fies! rief Valentin ihr entgegen. Tja, sagte Tante Sofia mit einem Grinsen auf dem Gesicht. Dann wird die Sonne wohl verreist sein. Sieht ganz so aus, sagte Valentin und dann sagte er noch schnell und wohin? Was, du kennst nicht die Geschichte von der Sonne, die nicht mehr scheinen wollte? Nein, sagte Valentin und schaute Tante Sofia erwartungsvoll an. Tante Sofia stellte ihre Mülltonne auf dem Bürgersteig ab und setzte sich dann neben Valentin auf die Mauer. Wenn du magst erzähle ich dir die Geschichte. Bist du bereit? Ja! rief Valentin und setzte sich sofort so hin, dass er längere Zeit zuhören konnte. - 1 -

Vor langer, langer Zeit, war es ein wunderschöner Sommertag, die Sonne stand am Himmel. Die Blumen blühten, die Bienen summten und ein sanfter, warmer Wind wehte durch die Lüfte. Und mit dem Wind kamen auch ein paar Wolken, kleine, große, dicke, weiße. Manche sahen sogar aus wie Tiere, die am Himmel miteinander fangen spielten. Alle Wolken hatten etwas gemeinsam. Sie kamen von irgendwo her und zogen irgendwo hin. Einige kamen aus Italien. Oh, wie ist das heiß dort gewesen. Andere Wölkchen kamen aus den Schweizer Bergen. Sie erzählten der Sonne, dass sie Schnee auf den Bergen gesehen hätten, der ganz toll geglitzert hätte. Andere kamen aus Afrika und erzählten der Sonne von Giraffen, die so groß waren wie Bäume. Am Anfang freute sich die Sonne über die vielen Geschichten, denn dann war es ihr nicht mehr so langweilig. Doch mit jeder Geschichte wurde sie nachdenklicher, trauriger und am Schluss wurde sie richtig wütend. Kannst du dir vorstellen warum? - 2 -

Klar, kann ich das! rief Valentin. Der Sonne war es wohl langweilig und ich glaube sie war auch neidisch, weil sie nichts erlebte. Genau so war es. Plötzlich rief die Sonne zornig Mir ist langweilig! Ich habe keine Lust mehr zu scheinen! Und dann klopfte die Sonne mit ihren Strahlen wütend den wolkenkratzerhohen Staub von ihrem alten Reisekoffer, der schon seit Jahrhunderten nicht mehr benutzt worden war, herunter. Sie packte ihre vier Lieblingsstrahlen zusammen und schnaubte Nun schaue ich mir die Welt an! Sie schleppte ihren Koffer zu der größten Wolke, die sie am Himmel finden konnte. Hallo Frau Wolke!, rief die Sonne. Pass gut auf meine anderen Sonnenstrahlen auf, denn ich werde mir nun die Welt einmal genauer ansehen. So viele Jahrhunderte sah ich sie nur von oben. Doch heute will ich sie mir mal von unten ansehen. Frau Wolke plusterte sich richtig auf und sprach dann. Das will ich gerne für dich tun. Ich wünsche dir viel Spaß, aber vergiss uns nicht. Nein, - 3 -

nein, sagte die Sonne. Ich bin schon sehr gespannt, was ich auf der Erde erleben werde. Und dann zog sie sich mit aller Macht zusammen und machte sich so klein wie eine Murmel. Freudig rollte und plumpste sie nun von einer Wolke auf die nächste. Immer weiter nach unten bis sie ganz dicht über einer Blumenwiese war. Dort ließ sie sich herabfallen und landetet gerade auf einer Sonnenblume. Von hier hatte sie einen tollen Ausblick über die ganze Wiese. Verschiedene Blumen, bunte, gelbe, rote, blaue und viele, viele Farben mehr. Eine richtige Blumenfarbkleckswiese, dachte sich die Sonne und öffnete ihren Koffer. Alle Sonnenstrahlen kamen aus dem Koffer heraus und tanzen auf den Blütenblättern und die Sonne schaute dem Tanz genüsslich zu. Da hörte sie plötzlich zwei Blumen streiten. Nein, ich dufte besser als du. Das stimmt doch gar nicht, schrie die andere zurück. Aus meinem Duft macht sich die Hummelkönigin ihr Parfüm. Na und!, fauchte die andere. Dafür macht sich das Marienkäferfräulein aus meinen Blütenblättern eine Picknickdecke. Die beiden Blumen stritten so heftig, dass die Sonnenstrahlen nicht mehr fröhlich weiter tanzen wollten, - 4 -

sondern einer nach dem anderen wieder im Koffer der Sonne verschwanden. Und die Kälte kam zurück. Die Blumen schlossen ihre Köpfchen und zitterten. Doch aufhören zu streiten, das wollten die beiden Blumen immer noch nicht. Du hast die Sonne vertrieben, rief die eine. Nun kommen wegen dir keine Bienen mehr zu mir, um von meinem köstlichen Nektar zu naschen. So köstlich ist dein Nektar gar nicht, fauchte die andere Blume und schloss ihre Blütenblätter noch fester zusammen, denn es wurde immer kälter und kälter. Und die Sonne? So hatte sie sich ihren Ausflug nicht vorgestellt. Da lag sie nun auf einer wunderschönen Blume, deren Blätter ein gelbes Dach bildeten und hörte den Blumen beim Streiten zu. Plötzlich summte es draußen, es war eine kleine Biene, die dringend Nektar für ihre kranke Königin sammeln sollte. Bitte, bitte liebe Blume, flehte die kleine Biene. Öffne deine wunder-schönen Blütenblätter, damit ich von deinem köstlichen Nektar sammeln kann, denn meine Königin ist sehr krank. Da rief die Blume: Es geht nicht kleine Biene. Ich kann meine Blütenblätter nur öffnen, wenn die Sonne scheint. Doch die Sonne ist fortgegangen und niemand weiß wohin. Es ist so dunkel und so kalt geworden. - 5 -

Ich würde auch nie wieder streiten, wenn nur die Sonne wiederkäme. Das hörte die kleine Sonne und sie hatte Mitleid mit der kleinen Biene, die nur helfen wollte, der kranken Bienenkönigin und der Blume, die nie mehr streiten wollte. Und so ließ sie einen Sonnenstrahl nach dem anderen aus ihrem Koffer. Einer nach dem anderen huschte durch den schmalen Blütenspalt hindurch hinauf in den Himmel. Als der letzte Sonnenstrahl am Himmel stand, kitzelte dieser Frau Wolke an der Nase. Und so erwachte die große Wolke und rief alle Sonnenstrahlen der Sonne zusammen. Gemeinsam bauten sie eine breite Lichtstraße und konnten so die kleine Sonne wieder nach oben rollen. Je näher sie dem Himmel kam, umso größer wurde sie und als sie schließlich neben Frau Wolke ankam, war sie groß, schön, leuchtend und sehr, sehr warm. Na, meine Liebe. Hast du viel erlebt?, frage die dicke Wolke neugierig. Ja, sagte die Sonne. - 6 -

Auf der Erde gab es einen furchtbaren Streit. Ich hatte gar keine Lust mehr für die eingebildeten Blumen zu scheinen. Doch dann kam eine kleine Biene, die ihrer kranken Königin helfen wollte. Und da musste ich doch wieder scheinen. Ich kann doch nicht eine kleine hilfsbereite Biene und eine kranke Königin mit Sonnenentzug bestrafen nur weil sich zwei Blumen streiten. Du bist eine gute Sonne, sagte die Wolke, der schon sehr heiß geworden war, neben der Sonne. Denn weißt du, Gott lässt dich scheinen über jeden, weil Gott alle Menschen liebt, auch wenn sie sich streiten. Du liebe Sonne hattest Mitleid mit den Tieren, die dich brauchen. Du hast ein gutes Herz, Frau Sonne. Und dann zog Frau Wolke wieder weiter und ließ Frau Sonne mit ihrem guten Herzen am Himmel zurück. Die Sonne aber war wieder froh am Himmel zu sein und freute sich über die vielen neuen Geschichten, die die Wolken ihr von weit her mitbrachten. Und was noch wichtiger war, sie hatte ihre Freude wieder gefunden und war an dem Platz, an den sie Gott gesetzt hatte. Und nun wusste sie auch warum. Das war eine schöne Geschichte, sagte Valentin. Und als er zum Himmel aufschaute sah er, dass die Sonne wieder ein klein wenig zu sehen war. - 7 -