ENERGIE NEU DENKEN Brauchen wir eine Energiewende?



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ENERGIE NEU DENKEN Brauchen wir eine Energiewende? Gerhard Faninger 1 Einführung Unsicherheiten bei der Versorgung von Erdgas und die nicht kalkulierbare Entwicklung der Ölpreise aus politischen Gründen und durch Spekulationen am Weltmarkt einerseits und signifikante Signale für einen dramatischen Klimawandel verursacht durch Energiebedingte Treibhausgase andererseits haben der Energiefrage auch in der breiteren Öffentlichkeit eine größere Aufmerksamkeit zuteil werden lassen. Können wir die derzeit gut funktionierende Energieversorgung auch in naher Zukunft noch aufrechterhalten oder müssen neue Wege für eine auch in Zukunft gesicherte Energieversorgung gesucht und letztlich auch eingeschlagen werden? Die in den letzten Jahrzehnten national und international intensivierte Forschung im Energiebereich gibt mit nachvollziehbaren Fakten und Argumenten eine Antwort: Das Fossile Zeitalter neigt sich dem Ende zu und die mit der Verbrennung fossiler Energieträger verursachten Emissionen gefährden unser Klima und damit unseren Lebensraum in einer beängstigenden Form. Ein Ausweg über die in den Vorräten ebenfalls begrenzten nuklearen Energieträger mit dem radioaktiven Gefahrenpotential ist problematisch und so bleiben nur die Möglichkeiten einer verbesserten Energieeffizienz bei Erzeugung und Anwendung und die Rückbesinnung auf lokal verfügbare Energieträger in einer Kreislaufwirtschaft: Erneuerbare Energieträger. Energie Neu Denken ist die Herausforderung zur Gestaltung der Energieversorgung von MORGEN. Die Frage, wie wir zukünftig Energie erzeugen und sinnvoll nutzen können, ohne dabei länger einen nicht wieder gutzumachenden Raubbau am Planeten Erde zu betreiben, muss alle und überall interessieren: Politisch Verantwortliche, Wirtschaftstreibende und jeden einzelnen Menschen, der einen Beitrag zu einer nachhaltigen Energienutzung leisten kann - international, national, regional und lokal. ENERGIENEUDENKEN ENERGIENEUDENKEN Das Weltenergiesystem steht an einem Scheideweg. Die derzeitigen weltweiten Trends von Energieversorgung und Energieverbrauch sind eindeutig nicht zukunftsfähig. Es braucht nichts Geringeres als eine Energierevolution. Internationale Energieagentur, IEA/OECD Energiestrategie Österreich 1 Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Gerhard Faninger, Institut für Interventionsforschung und Kulturelle Nachhaltigkeit, Alpen-Adria Universität Klagenfurt - 1 -

Energiequellen der ERDE Die Grundlage für die Bildung von Energieressourcen am Planeten Erde ist die Wechselwirkung zwischen SONNE und ERDE mit der Strahlungsenergie als Primärenergie. Damit wird unser Lebensraum bestimmt und es werden die für das Leben erforderlichen Energie-Ressourcen gebildet. Neben der Erwärmung der Lufthülle und der Bodenoberfläche, inklusive Flüsse, Grundwasser, Seen und Meere als Grundlage des Lebensraumes ist der vorrangige Prozess die photosynthetische Umwandlung der Strahlungsenergie in Verbindung mit dem Kohlendioxid in der Atmosphäre und Wasser sowie Mineralsstoffen auf der Erdoberfläche in Kohlenwasserstoffe, welche Mensch und Tier als Nahrung dienen. Durch die photosynthetische Bildung von Kohlenwasserstoffen werden fossile und biogene Energie-Ressourcen gebildet. Fossile Energieträger (Kohle, Erdöl und Erdgas) sind Ressourcen aus erdgeschichtlicher Vergangenheit: Gespeicherte Sonnenenergie, aber Nicht-erneuerbar. Erdöl und Erdgas sind in Zwischenräumen von Sedimentgesteinen oder von porösem Gestein in Millionen Jahren aufgesaugte Kohlenwasserstoffe. Entstanden durch Ablagerung von Kleinlebewesen und deren Umwandlung in Faulschlamm und bakterielle Zersetzung. Kohle und Torf sind unter hohem Druck und unter Luftabschluss chemisch umgewandelte Pflanzenreste und Wälder. Biogene Energieträger (Biomasse und Pflanzen) kommen aus einer nachhaltigen Forst- und Landwirtschaft: Gespeicherte Sonnenenergie und Erneuerbar. Von der Sonneneinstrahlung werden weitere Energieträger bzw. Energieformen (Nutzenergie) auf direktem oder indirektem Wege abgeleitet: Wasserkraft, Windenergie, Solarwärme, Solarstrom, Umweltwärme, Gezeiten- und Meeres-Energie. Mit der Entstehungsgeschichte des Planeten ERDE verbunden ist Geothermische Energie aus dem Erdinneren. Zu den natürlichen Energiequellen der Erde kommt noch die Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte Energie aus Materie hinzu (E = m*c²): Energie über Kernspaltung und Kernfusion. Die Energiequellen der ERDE Kernspaltung Primärenergie Primärenergie SONNE SONNE Kernfusion Geothermische Energie Meeresenergie Kernenergie Die Energiequellen der Erde (1) Von der Sonnenstrahlung direkt und indirekt abgeleitete Energieträger (Solarwärme, Solarstrom, biogene und fossile Energie, Wasserkraft, Windenergie, oberflächennahe-geothermie, Gezeiten- und Meeresenergie) (2) Geothermie aus größeren Tiefen (Hochtemperatur-Geothermie) (3) Planetarische Bewegung des Sonnensystems Energie von Gezeiten (4) Kernenergie (Energie über Kernspaltung und Kernfusion) - 2 -

Das Fossile Zeitalter: Ein kritischer Rückblick Stand vor 150 Jahren dem Menschen praktisch nur Holz als erneuerbarer Energieträger zur Verfügung, so wurden mit der Entdeckung von Kohle und später von Erdöl und Erdgas diese fossilen Energieträger zum Aufbau des Technischen Zeitalters eingesetzt. Mit der Verfügbarkeit fossiler Energieträger konnte eine rasche technische Entwicklung vorangetrieben werden. Das Zeitalter der Industriellen Revolution wurde eingeleitet. Energie wurde zur Voraussetzung der wirtschaftlichen (Weiter-) Entwicklung. Wie keine andere Technik hat die Energietechnik die Menschheitsgeschichte von nun an geprägt, Energie steht heute im Mittelpunkt des menschlichen Interesses: Energie wurde zum Welthandelsgut Nummer 1, Energie wurde zum Motor der wirtschaftlichen Entwicklung, Energie ist Voraussetzung für Wohlstand, Energie steht aber auch für Macht und Zerstörung. Die Energieversorgung von heute steht im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft, Umwelt und Bedürfnissen. Länder mit Energieressourcen sind anfällig für politische Krisen. Unser heutiges Energieversorgungssystem ist weltweit aufgebaut mit großen Abhängigkeiten zwischen Energie-Produzenten und Energie-Verbrauchern. Die Instabilität gegenwärtiger Energiesysteme und die weltweit steigende Nachfrage nach Energie stellen ein ständig zunehmendes Potential für internationale Konflikte dar, mit der Gefahr von Verteilungskämpfen um das knapper werdende Gut Energie. Die Entwicklung der Energietechniken im letzten Jahrhundert und damit auch der Energiewirtschaft war auf eine möglichst wirtschaftliche Bereitstellung von Energie durch Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Energieumwandlungssysteme gekennzeichnet. Es wurde nach immer leistungsfähigeren Geräten und Systemen gesucht. Viele Systeme wurden durch kostengünstigere, aber auch energieintensivere Systeme verdrängt. Beispiele hiefür sind im Transportbereich der Ersatz von Segelschiffen bzw. Pferdekutschen durch Dampf- und Motorschiffe bzw. die Eisenbahn. Die für den Einsatz dieser Techniken erforderliche Energie konnte von den traditionellen lokalen und damit auch erneuerbaren Energieträgern der Vergangenheit nicht mehr bereitgestellt werden. Aus diesem Grunde wurden auch die fossilen Energieträger zunächst Kohle, dann Erdöl und später Gas die dominierenden Energieträger. Mit Fossiler Energie ins Industrie-Zeitalter - 3 -

Mit dem Eintritt in das "Fossile Energiezeitalter" vollzog sich eine tief greifende Änderung in der Energieversorgung, welche weg von einer lokalen, auf regenerierbaren Energieströmen aufbauenden Versorgung hin zu einer überregionalen Versorgung mit einem umfangreichen Transport- und Verteilungssystem führte. Damit ist zwangsläufig eine zentrale Energieversorgung verbunden. So sind die heutigen Energieversorgungsstrukturen durch umfangreiche nationale und weltweite Transport- und Verteilungssysteme gekennzeichnet: Die Energieversorgung stellt sich heute als ein arbeitsteiliges, komplexes, weltweites Netzwerk von Gewinnungs- und Umwandlungsanlagen, Transport- und Verteilungs- sowie Speichersystemen dar, dessen zuverlässige Funktion für eine moderne Industriegesellschaft lebensnotwendig geworden ist. Dasweltweite Energiesystem fossiler Energieträger Das weltweite Energiesystem fossiler Energieträger kw Verbraucher- Systeme Endenergie MW Nationale-Systeme Sekundärenergie GW Globales System Primärenergie TW 5-50 km 100 1.000 km 1.000 10.000 km Verbrauch & Verteilung Freileitungen Hochdruck- Pipelines Schiff, Bahn, LKW, Pipelines Kraftwerke Transport, Lagerung Lagerung Raffinerie Raffinerie Kohlefelder Ölfelder Gasfelder Leben wir heute noch in einem Umfeld von einem Überangebot an Energie, so ergeben sich für die zukünftige Energieversorgung eine Reihe von Problemen, welche nicht nur die Technik, Wirtschaft und Umwelt betreffen, sondern auch soziale bzw. gesellschaftspolitische Aspekte beinhalten. Mit dem Übergang von einer Aufbau- zu einer Wohlstandsgesellschaft hat sich eine gesellschafts- und sozialpolitische Entwicklung vollzogen. Ein Wandel der gesamten Bedürfnisstruktur und ein intensiveres Umweltbewusstsein prägen heute diese Entwicklung. Die derzeitige Energieversorgung stößt bereits an Grenzen, insbesondere im Verkehrsbereich. - 4 -

Grenzen unseres derzeitigen Energiekonsums Beispiel: Verkehrsbereich ENERGIE steht aber auch im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen: Bedürfnisse, Umweltschonung sind mit verfügbaren Ressourcen und Industrie nicht immer vereinbar. Kompromisse müssen gefunden werden. Energie im Spannungsfeld Energie im Spannungsfeld - 5 -

Fossile und nukleare Ressourcen sind unterschiedlich verteilt. Länder mit Ressourcen sind anfällig für politische Krisen und die Versorgungssicherheit in den Import-Ländern wird zusätzlich zu unkalkulierbaren Energiepreisen gefährdet. Länder mit Energieressourcen sind anfällig für politische Krisen Mit fossilen Energieressourcen wurde das industrielle Zeitalter eingeleitet, mit allen Vorteilen für Leben und die wirtschaftliche Entwicklung, aber auch mit vielen negativen Folgen für Menschheit und Umwelt. Unsere heutige Energieversorgung basiert zu einem hohen Anteil auf fossilen und nuklearen Energieressourcen in den Vorräten begrenzt und mit negativen Folgen für unsere Umwelt durch Treibhausgas-Emissionen und radioaktives Gefahrenpotential. Vom derzeitigen weltweiten Energieaufkommen entfallen auf fossile Energie 81% (Erdöl 33,2%, Erdgas 21,1%, Kohle 27,0%), auf Kernenergie 6,8% und auf Erneuerbare Energie 12,9%. Auf Erneuerbare Energie entfallen auf nachhaltig genutzte Bioenergie 42%, auf nichtnachhaltig genutzte Bioenergie 39% (Holz durch Rodung ohne Aufforstung und nichterneuerbarer Abfall), auf Wasserkraft 17% und auf Geothermie, Solar und Wind 2%. Holz ist für viele Entwicklungsländer heute noch der einzig verfügbare Energieträger. Dieser kommt jedoch nicht aus einer Kreislaufwirtschaft und trägt damit sowohl zur Abholzung als auch zu klimarelevanten Emissionen bei. - 6 -

Welt-Primärenergie-Aufkommen 2009 Anteile der Energieträger Geothermie, Biogene BiogeneEnergie Geothermie, 10,0% Solar, 10,0% Solar, Wind Wind u.a. u.a. 0,7% 0,7% Wasserkraft Wasserkraft 2,2% Erdöl 2,2% Erdöl 33,2% Kernenergie 33,2% Kernenergie 5,8% 5,8% Beitrag von Erneuerbaren Energieträgern zum weltweiten Energieaufkommen 2009 Geothermie, Geothermie, Solar, Solar, Wind Wind Bio-Energie, Wasserkraft Bio-Energie, 2% Wasserkraft 2% Nicht-nachhaltig* 17% Nicht-nachhaltig* 17% 39% 39% Kohle Kohle 27,0% 27,0% IEA-World EnergyStatistics 2010 IEA-World EnergyStatistics 2010 Erdgas Erdgas 21,1% 21,1% Gesamt 2009: 12.267 Mtoe = 513,58 EJ EJ * * aus aus nicht-nachhaltiger nicht-nachhaltiger Forstwirtschaft Forstwirtschaft Beitrag von von Erneuerbaren Energieträgern zum zum weltweiten Energieaufkommen 2009: 2009: 13% 13% Bio-Energie, Bio-Energie, Nachhaltig Nachhaltig 42% 42% Auch die Verfügbarkeit von Energievorräten konnte die Probleme auf unserer Erde nicht lösen. Mehr als 70% der Energieressourcen werden von nur 30% der Weltbevölkerung in Anspruch genommen. HOLZ: Erneuerbar und Nicht-Erneuerbar Ungelöste Versorgungsprobleme Holz ist ist ist für für für viele Entwicklungsländer der einzig verfügbare Energieträger. Der Der Energieträger Holz kommt jedoch nicht aus aus einer einer Kreislaufwirtschaft : Abholzen/Entwaldung ohne Aufforstung. Auch die Verfügbarkeit von Energievorräten konnte die Probleme auf unserer Erde nicht lösen. Mehr als 70% der Energieressourcen werden von nur 30% der Weltbevölkerung in Anspruch genommen. Der Energieverbrauch bezogen auf die Einwohner zeigt große Unterschiede zwischen industrialisierten Ländern und Entwicklungsländern bzw. Ländern der Dritten Welt. Aber auch zwischen den Industriestaaten bestehen deutliche Unterschiede im Energieverbrauch, bestimmt von Produktion und Infrastruktur im Verkehr (Eisenbahn und/oder Straße). Der auf die Einwohnerzahl bezogene Energieverbrauch lag im Jahre 2003 bei 1,6 toe/einwohner als Welt-Mittelwert, USA weist mit 7,84 toe/einwohner den größten Energieverbrauch auf, gefolgt von den OECD-Ländern mit 4,47 toe/einwohner. Afrika liegt mit 0,66 toe/einwohner am Ende; (toe = Tonnen Öläquivalent). Nahrungsmittel sind ein wesentlicher Energieträger. An diesem zeigt sich das Verteilungsproblem von Ressourcen: Die derzeitige weltweite Nahrungsmittel-Produktion würde für die doppelte Weltbevölkerung ausreichen, aber jede Sekunde stirbt ein Mensch an Unterernährung. - 7 -

Ist ein ungehemmter Energiezuwachs noch möglich? Die nachgewiesenen Vorräte an Erdöl und Erdgas lassen eine langfristige Verfügbarkeit nicht erwarten, die heute genutzten Lagerstätten werden ab 2030 ausgeschöpft sein und neue wahrscheinliche Lagerstätten müssen erschlossen werden. Hohe Investitionen zur Erschließung werden erforderlich sein und die Qualität der neuen Quellen ist noch unbekannt. Aber auch die derzeitige Infrastruktur im Bereich von Erdöl und Erdgas ist sanierungsbedürftig, Leitungen sind veraltet und leckanfällig sowie auch unzureichend für eine gesicherte Versorgung, die Speicher zu klein und die Verarbeitung (Raffinerien) ist zu erweitern bzw. zu erneuern: Auch die Aufrechterhaltung der Energieversorgung auf der Basis noch verfügbarer fossiler Energieträger erfordert hohe Investitionen. Kohle mit noch größeren Reserven hat das Problem der starken CO 2 -Emission. Wenn es nicht gelingen sollte, das CO 2 -Problem bei der Verbrennung von Kohle zu lösen (CO 2 -Abtrennung, -Bindung und -Speicherung), dann könnte eine Renaissance von Kohle als Energieträger aus Umweltgründen scheitern. Dies würde insbesondere die heutigen Schwellenländer China und Indien in der weiteren Entwicklung treffen. Der derzeitige Umgang mit Energieträgern stellt sich aber auch als ein ethisches Problem dar: Die heutigen Energierohstoffe, wie Erdöl, Erdgas, aber auch Kohle und Kernbrennstoffe sind in ihren Ressourcen begrenzt. Es geht hier nicht so sehr um die Frage, ob die Energiereserven fossiler und nuklearer Brennstoffe noch für 50, 100 Jahre oder sogar noch mehrere Jahrhunderte reichen werden, um den Energiebedarf der Menschheit abdecken zu können. Die entscheidende - insbesondere ethische - Frage ist es, ob es unserer Generation - und vielleicht auch einigen noch nachkommenden - vorbehalten sein soll, die Energieschätze der Erde in einer für die Menschheitsgeschichte sehr kurzen Zeitperiode zu verbrauchen oder krasser ausgedrückt, auszubeuten. Kernenergie als Ersatz für fossile Energie? Viele Jahre wurde in den meisten Industriestaaten auf die Nutzung der Kernenergie als Ersatz für fossile Energieträger gesetzt. Die energetische Nutzung der Kernenergie über den Prozess der Kernspaltung stellt aber nur eine kurz- bzw. mittelfristige Lösung dar: Der für die Kernspaltung verwendete Brennstoff (Uran 235) ist im natürlich vorkommenden Uran nur mit 0,7 % enthalten. Die Nutzungsdauer der Brennstoffe für Kernreaktoren hängt in hohem Maße von der angewandten Reaktortechnik ab. Die heutigen Kernkraftwerke, als deren typischer Vertreter der Leichtwasserreaktor als thermischer Konverter anzusehen ist, weisen den größten Bedarf für Brennstoffe auf, selbst dann, wenn eine Aufbereitung der Brennelemente vorgesehen wird. Fortgeschrittene Reaktortypen, wie Schwerwasserreaktor oder Hochtemperaturreaktor, welche noch in Entwicklung sind, sind zwar zukunftssicherer, aber von der Brennstoffbasis her ebenfalls als begrenzt anzusehen. Einen Ausweg bietet der so genannte Brutreaktor. Der Vorteil dieses Reaktortyps liegt darin, dass die gesamten Uranvorräte zur Energiegewinnung herangezogen werden können. Brutreaktoren befinden sich noch in der Phase der Erprobung bzw. Markteinführung, haben aber in den letzten Jahren wegen technischer Probleme und hoher Kosten stark an Interesse verloren. Derzeit sind etwa 450 Kernkraftwerke weltweit in Betrieb. Der Anteil der Kernenergie am Weltenergieverbrauch liegt heute bei etwa 6%. Ein großes, bisher noch nicht gelöstes Problem der Kernenergietechnik stellt die langfristige Entsorgung der Brennelemente sowie auch der Reaktorbauteile nach Ablauf der technischen - 8 -

Lebensdauer dar. Es sind dies nicht nur technische Probleme, sondern auch und insbesondere die fehlende öffentliche Akzeptanz zur Endlagerung radioaktiver Abfallprodukte. Die heute technisch verfügbare Kernspaltung ist nicht unbegrenzt einsetzbar, da die für die Kernspaltung erforderlichen Ressourcen (Kernbrennstoffe) in ihren Vorräten limitiert sind. Eine nach menschlichen Maßstäben unerschöpfliche Nutzung der Kernenergie ist nur über den Prozess der Kernfusion zu erreichen. Dieser Prozess ist auch die Basis für die Entstehung der solaren Strahlungsenergie, erfordert sehr hohe Temperaturen und sehr hohe Drücke, wie diese gleichzeitig auf der Erde noch nicht für eine kontrollierte Kernfusion und damit Energieerzeugung realisiert werden konnten. Es kann heute noch nicht vorausgesagt werden, ob es jemals gelingen wird, die Technik der Kernfusion für eine risikoarme Energieversorgung in absehbarer Zeit zur Verfügung zu haben und es bleibt die Frage offen, inwiefern die Probleme der Radioaktivität, insbesondere auch der Entsorgung zu lösen sein werden. Die großen Probleme bei der Nutzung der Kernenergie hohes technisches und menschliches Risiko, keine erneuerbare Energiequelle und damit keine nachhaltige Energiewirtschaft, keine gesicherte Endlagerung radioaktiver Abfälle sind keine überzeugenden Argumente, auf die Kernenergie als Zukunftsoption zu setzen. Anders wäre es, wenn es gelingen sollte, die Kernfusion zur Energieerzeugung zu realisieren, ein technisch noch nicht gelöstes Problem. Der Kernkraftunfall in Fukushima im Jahre 2011 nach dem Unfall im Jahre 1986 in Tschernobyl - hat wesentlich zum ENERGIE NEU DENKEN beigetragen. Die Anstrengungen in Forschung und Technik konzentrieren sich deshalb zunehmend auf die Nutzung der Sonnenenergie über die vielseitigen Wege der direkten und indirekten Nutzbarmachung. Kernkraftwerk-Unfall (1) Kernkraftwerk-Unfall (2) Tschernobyl, Ukraine: 26 April 1986 Fukushima, Japan: 11. März 2011-9 -

Sonnenenergie als Ausweg? Sonnenenergie nach Erdöl und Erdgas ist das Ziel, das sich Wissenschaft und Technik gestellt haben. Das Potential der Sonnenenergie ist sehr groß. Die Intensität der Sonnenstrahlung auf der Erdoberfläche ist jedoch relativ gering und außerdem von Tages- und Jahreszeit sowie vom Standort abhängig und erfordert damit Lösungen für Speicherung und Transport. Die Sonnenenergie findet sich in den verschiedensten Formen auf unserer Erde wieder: In chemisch-gespeicherter Form in Rohstoffen, aber auch in so genannter meteorologischer Energie wie Windenergie und Energie aus Fluss- und Speicherwasser. Die Energiequellen Wind- und Wasserkraft sind keineswegs neu. So wurden Windmühlen vor mehr als 4.000 Jahren zum Wasserschöpfen eingesetzt. Die Bedeutung von Windrädern mit der erneuerbaren "Windenergie" ist mit dem Einsatz von Erdöl stark zurückgegangen, erlebt aber heute wieder eine Renaissance. Und auch die Wasserkraft wird schon lange genutzt. Dazu kommen noch Energiequellen aus dem Erdinneren (Geothermie) und Energie vom Meere (Gezeitenenergie, Wellenenergie). Primärenergie SONNE Sonnenenergie wird somit in indirekter Form schon seit langem genutzt. Zählt man die fossilen Energieträger als gespeicherte Sonnenenergie hinzu, dann ist die Sonnenenergie auch heute die primäre Energiequelle unserer Energiewirtschaft. Da Kohle, Erdöl und Erdgas nicht so schnell mit der Sonnenenergie erneuert werden, wie wir heute diese Energieträger verbrauchen, gilt das Interesse der Wissenschaft und Technik der Entwicklung von Techniken, mit denen es möglich ist, die Sonnenenergie in einer Kreislaufwirtschaft nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit zu nutzen: Umwandlung der solaren Strahlungsenergie in direkter Form oder indirekt über erneuerbare Energiequellen, d.h. über nachwachsende biogene Rohstoffe als chemisch gespeicherte Sonnenenergie. Eine Reihe von Techniken, welche diesen Anforderungen gerecht werden, wurden entwickelt, Betriebserfahrungen - 10 -

gesammelt und technische Verbesserungen erreicht. Mehrere Techniken zur Nutzbarmachung erneuerbarer Energiequellen haben eine lange Tradition (Wasserkraft, Windkraft, Geothermie, Biomasse-Nutzung über Brennholz) und wurden in den letzten Jahrzehnten nach höherer Effizienz und verbesserter Umweltverträglichkeit weiterentwickelt, wie z.b. moderne Verbrennungstechniken zur Biomasse-Nutzung. Neue Techniken sind dazugekommen, wie solarthermische und solarelektrische Anlagen sowie Wärmepumpen (mit der erneuerbaren Umweltwärme als Wärmequelle), welche sich gut am Markt einführen konnten. Erneuerbare Energie ist in mehreren Ländern bereits zu einem anerkannten Wirtschaftssektor geworden. Energiesysteme auf der Basis von erneuerbaren Energiequellen besitzen zwar ein praktisch unbegrenztes Angebotspotential, ihre Nutzung in großem Umfang ist jedoch erst dann denkbar, wenn sie im Vergleich zu bereits eingeführten Energiequellen und Umwandlungssystemen auch wirtschaftlich werden. Dies ist heute nur unter bestimmten Randbedingungen gegeben. Die Solartechniken haben ihre technische Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen, sehr groß ist noch ihr Entwicklungspotential. Ein wichtiger Aspekt: Erneuerbare Energie tritt in verschiedenen Formen auf und ist für die Erzeugung aller Formen von Nutzenergie geeignet. Erneuerbare Energieträger und Nutzenergie Erneuerbare Energieträger und Nutzenergie Wärme aus Solarenergie, Geothermie und Biomasse Strom erzeugt aus Solarenergie, Windkraft, Biomasse, Geothermie, Wasserkraft, und Meeres-Energie Bio-Kraftstoffe und Wasserstoff, erzeugt aus erneuerbaren Energieträgern Treibhausproblem und radioaktives Gefahrenpotential Unsere Gesundheit, unserer Lebensraum, das Ökosystem und Klima werden zusätzlich zu den natürlichen Emissionen (mikrobielle Prozesse/Verwesung, vulkanische Tätigkeit, Gewitter, Waldbrände, photochemische Abläufe in der Atmosphäre, Erosion, Pflanzenausdünstung, Viehhaltung) durch Emissionen und Abfall aus der fossilen Energieversorgung (Aufbringung, Verarbeitung, Transport und Speicherung sowie Umwandlung in Nutzenergie) bedroht: Neben den klassischen Schadstoffemissionen des Verbrennungsprozesses wie Kohlenmonoxid, Schwefel- und Stickoxide, unverbrannte Kohlenwasserstoffe und Staub sind insbesondere die Reaktionsprodukte Kohlendioxid und Methan als Spurengase für die globale Erwärmung der Erde über den Treibhauseffekt verantwortlich. - 11 -

Die Entstehung des Treibhaus-Effektes ist darauf zurückzuführen, dass durch die in der Atmosphäre absorbierten CO 2 -Partikel und anderer Treibhausgase ausgedrückt durch das CO 2 -Äquivalent - die eindringende kurzwellige und intensive Sonnenstrahlung zwar nur unwesentlich abgeschwächt, die Abstrahlung der langwelligeren Wärmestrahlung durch Reflexion jedoch reduziert wird und damit zu einer Erderwärmung nach dem Prinzip des Glashaus-Effektes führt. Der Treibhaus-Effekt Der Treibhaus-Effekt Mit dem Treibhauseffekt ist eine globale Temperaturerhöhung verbunden, die um ein Vielfaches schneller erfolgt als im Falle eines natürlichen Überganges von Kaltzeit in Warmzeit. Nach Klimamodellen wäre ein dramatischer Klimawandel zu vermeiden, wenn der globale Temperaturanstieg auf 2 C begrenzt werden könnte. Dies bedeutet, dass die Treibhausgas-Emissionen um mindestens 80% bis 95% gegenüber dem Niveau von 1990 abzusenken sind. Zu erreichen wäre dieses Ziel nur mit einem Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern. Temperaturerhöhung, C 4,5 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0-0,5-1,0 1900 KLIMAWANDEL: Szenarios für globale Erwärmung Durchschnittstemperatur weltweit, Abweichung vom Mittel der Jahre 1980-1999 in C Szenario 1: Einfrieren der Treibhausgas-Emissionen auf Stand 2000 Szenario 2: Weltweite Maßnahmen zur Emissions-Reduktion Szenario 3: Wenig internationale Maßnahmen 1910 1920 1930 1940 UNO-Klimabericht, Januar 2007 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3 2050 2060 Prognose Nach Klima-Studien kann eine Klimakatastrophe (mit Abschmelzen der Polkappen, Auftauen von Permaböden mit Methan-Emission etc.) nur vermieden werden, wenn die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur unter 2 C gehalten werden kann. 2070 2080 2090 2100-12 -

Die weltweiten CO 2 -Emissionen nehmen derzeit mit 1,8 % pro Jahr zu und werden bei diesem Trend 38 Milliarden Tonnen im Jahr 2030 erreichen 70% über dem Kyoto-Ziel. Auch in Österreich sind die CO 2 -Emissionen weiter im Ansteigen und dies trotz der internationalen Vereinbarung zur Reduktion der CO 2 -Emissionen ( Kyoto-Protokoll ). Entwicklung der energiebedingten und umweltrelevanten Treibhausgasemissionen in Österreich THG-Emission, Mio Tonnen/Jahr 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 CO2, Mio Tonnen/Jahr CO2-Äquivalent, Mio Tonnen/Jahr 68,8 85,2, Kyoto-Ziel 2008 0 1955 1957 1959 1961 1963 1965 1967 1969 1971 1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 Die bei der Verbrennung von fossilen und biogenen Energieträgern entstehenden CO 2 - Emissionen sind bei Kohle und Biomasse am höchsten, im Falle von nachwachsender Biomasse aus einer nachhaltigen Forstwirtschaft - ergibt sich ein CO 2 -Kreislauf, so dass die CO 2 -Emission als umweltneutral und damit als nicht klimarelevant eingestuft wird. Spezifische Spezifische Kohlendioxidemission, kg CO2/kWh Kohlendioxidemission bei der Verbrennung fossiler Energieträger und Biomasse kg CO2/kWh 0,40 0,40 0,35 0,35 0,30 0,30 0,25 0,25 0,20 0,20 0,15 0,15 0,10 0,10 0,05 0,05 0,00 0,00 ERDÖL ERDÖL 0,29 0,29 0,29 Heizöl, schwer Heizöl, schwer Heizöl, leicht Heizöl, leicht 0,26 0,26 KOHLE KOHLE 0,35 Braunkohle Braunkohle 0,40 Steinkohle Steinkohle 0,33 0,33 ERDGAS ERDGAS 0,19 0,19 BIOMASSE BIOMASSE 0,39 Die CO 22 -Emission von biogenen Brennstoffen aus einer Nachhaltigen Forstwirtschaft wird als als Umweltneutral eingestuft - 13 -

Weltweit wird nach technischen Lösungen gesucht, das bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entstehende CO 2 einzufangen (z.b. chemisch zu binden) und zu speichern. Als geeignete Speicher für CO 2 bieten sich aufgelassene Erdöl-, Erdgas- und Kohle-Lagerstätten an. Auch der Meeresboden wird in die Überlegungen mit eingebunden. Die möglichen Folgen einer raschen Klimaänderung ohne Chance auf eine Anpassung des Menschen an einen neuen Lebensraum sind vielfältig: Extreme Änderungen im Wettergeschehen, Zunahme der Intensität von Unwetter-Katastrophen, Rückgang der Gletscher mit Zunahme der Gefahren in den Alpen, Abschmelzen der Polkappen mit Anstieg der Meeresoberfläche, noch unvorhersagbare Auswirkungen auf Flora und Fauna: Auftauen von Perma-Frostboden, Dürre und Brände, Sintfluten und Stürme, Artenverlust, Ausdehnung der Wüsten. Eine ernstzunehmende, aber auch noch offene Frage ist: Wie wird unser Planet ERDE reagieren? Die Signale für eine rasche Klimaänderung mit einem hohen Gefahrenpotential für deutliche Veränderungen im Lebensraum und verbunden mit hohen volkswirtschaftlichen Schäden erfordern möglichst rasche und zielorientierte Maßnahmen. Es ist erforderlich, die heutige Energieversorgung im Hinblick auf den Treibhauseffekt grundlegend zu überdenken und Möglichkeiten bzw. Realisierungswege zu finden, um die negativen Folgewirkungen von Emissionen für Mensch und Natur zu minimieren oder zu beseitigen. Nur fundierte und wirksame, langfristig angelegte Handlungsstrategien auf nationaler und internationaler Ebene können zur Lösung dieses Problems beitragen. Das Gefahrenpotential von Kernkraftwerken beruht auf der Radioaktivität bei Kernkraftunfällen und bei der Zwischen- und Endlagerung von verstrahltem Kernmaterial (Brennstoffe, Kraftwerksbeuteile). Treibhausproblem und radioaktives Gefahrenpotential sind starke Argumente für eine Energiewende. Wie wird der Planet Erde auf eine Klimaänderung reagieren? - 14 -

Signale für eine Klimaänderung Vision für ein Energiesystem der Zukunft Die Aufgabe, bereits in den nächsten Jahrzehnten eine Substitution der fossilen Energieträger zu erreichen und nicht auf nukleare Energieträger zurückgreifen zu müssen, ist derart gewaltig, dass nur fundierte und wirksame Langfriststrategien auf nationaler und internationaler Ebene mit entsprechenden Umsetzungsstrategien zur Lösung dieses Problems beitragen können. Insbesondere wird es darauf ankommen, Erdöl und Erdgas als Hauptenergieträger zu ersetzen, zumal diese Energieträger auch politischen Faktoren ausgesetzt sind, die von uns nicht beeinflusst werden können. Die Weltwirtschaft und die weltweit organisierte Energiewirtschaft von HEUTE erfüllen nicht die Anforderungen an die Prinzipien des Nachhaltigen Wirtschaften und haben deshalb keine Zukunftsperspektiven. Neue Wege in der Energieaufbringung und im Energieeinsatz müssen gefunden werden. Eine Energie-Strategie für ein Energiesystem der Zukunft wird auf erneuerbare Energie nicht verzichten können, es ist aber auch festzuhalten, dass für die zukünftige Energieversorgung ein einziger Energieträger nicht ausreichen wird, vielmehr wird der Energiebedarf aus einem Mix von weitgehend erneuerbaren Energieträgern abzudecken sein. Um dieses Ziel zu erreichen, bleibt zu hoffen, dass noch möglichst lange die fossilen Energieträger zur Verfügung stehen werden, um die unausweichliche Umstrukturierung unserer derzeitigen Energiewirtschaft auch bewältigen zu können. - 15 -

ENERGIE: Gestern, Heute und MORGEN? Mit erneuerbaren Energieträgern wird das Gefahrenpotential für eine dramatische Klimaänderung reduziert. Mit zunehmender Marktdurchdringung werden Techniken zur Nutzung erneuerbarer Energieträger effizienter und in der Investition billiger. Mit zunehmendem Erfolg am Markt wird die Bereitschaft der Konsumenten zum Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger verbessert. Erneuerbare Energieträger haben Vorteile in dezentralen Energiesystemen. Diese bringen aber auch eine höhere Versorgungssicherheit. Ein Energiesystem der Zukunft wird eine Kombination von zentralen und dezentralen Versorgungssystemen sein: Intelligentes Energiesystem. Das intelligente Energiesystem Das intelligente Energiesystem Erzeugung Übertragungsnetz Verteilernetz Solare und Biogene Wärme und Strom, Windstrom Erzeugung Endverbraucher Zentral + Erzeugung Dezentral - 16 -

Ein nachhaltiges Energiesystem der Zukunft wird das Ergebnis von technischen Innovationen in Verbindung mit einer Reihe von zum Teil drastischen Änderungen in Energiewirtschaft und Gesellschaft sein. Eine langfristig wirksame nachhaltige Wirtschaftsentwicklung erfordert: Reduktion des Energiebedarfes durch energiesparende Maßnahmen, verstärkte Nutzung erneuerbarer lokal anfallender Energieträger und Kombination von Energieeffizienz und Erneuerbare Energieträger. Wesentliche Argumente für einen verstärkten Einsatz erneuerbarer Energieträger sind die Vorteile einer Verbesserung der Versorgungssicherheit, langfristige Verfügbarkeit, lokale und regionale Wertschöpfung, und Beitrag zur Emissionsreduktion und damit Umweltschonung. Forschung, Entwicklung und Demonstration sind erforderlich, um adäquate Lösungen zu finden. Der Aufbau eines neuen Weltenergiesystems scheint unausweichlich. Die erforderlichen Investitionen werden allerdings gigantisch sein und einen bedeutenden Teil der nationalen Produkte sowohl in den Industrieländern als auch in den Entwicklungsländern fordern. Energieversorgungssysteme werden in Zukunft nicht nur nach technischen und wirtschaftlichen, sondern auch nach ökologischen Kriterien zu werten sein. Eine ökologische Bewertung muss stets die gesamte Energie-Umwandlungskette berücksichtigen, d.h., es müssen auch die Einflüsse auf die Umwelt bei Herstellung und Entsorgung der eingesetzten Technik Berücksichtigung finden. Im Zusammenhang mit einer Bewertung von Energieversorgungsoptionen sind Einschränkungen im Hinblick auf die Umweltbelastung und auch auf Sicherheitsanforderungen denkbar. Sollte die globale Anreicherung von Kohlendioxid in der Atmosphäre und anderer energiebedingter Spurengase wie prognostiziert schwerwiegende klimatische Veränderungen bis zur Mitte dieses Jahrhunderts bewirken, so wäre damit eine weitere Zunahme des Verbrauchs von insbesondere kohlenstoffhaltigen Energieträgern auszuschließen. Eine weitere Nutzung der Kernenergie setzt die Lösung der Wiederaufbereitung und Entsorgung sowie der Haftungsfrage für Schadensfälle (etwa durch Erdbeben, technische Störungen, aber insbesondere auch durch menschliche Eingriffe) voraus. Darüber hinaus bringt eine weltweite Nuklear-Wirtschaft immense Gefahren für die Menschheit. Schwer lösbare Probleme, die immer stärker die Nutzung erneuerbarer Energiequellen als sinnvollere Lösung zur Diskussion stellt. Wenn auch erneuerbare Energiequellen die fossilen Energieträger in absehbarer Zeit nicht ersetzen können, ist ihr verstärkter Einsatz geeignet, die Vorräte konventioneller Energiequellen zu strecken, die Umwelt zu entlasten und eine Umstrukturierung der Energiewirtschaft in eine nachhaltige Energieversorgung zu ermöglichen. Ein ernstzunehmendes Problem beim Aufbau eines neuen Energiesystems stellt die längere Markteinführungszeit neuer Energieträger/Energietechniken dar. Von der Umstellung von Holz auf Kohle und später auf Erdöl und Erdgas weiß man, dass für die Markteinführung neuer Energieträger bzw. neuer Energiesysteme längere Zeitperioden erforderlich sind: Um beispielsweise 10% Anteil eines neuen Energieträgers am Markt zu erreichen waren bisher 30 bis 50 Jahre erforderlich. Der Aufbau eines neuen Energiesystems erfordert aber auch einen hohen Kapitalbedarf. Neue Investitionen betreffen den Ausbau erneuerbarer Energieträger und Technologien, mit denen CO 2 aufgefangen und gespeichert werden kann. - 17 -

Sicherstellung der zukünftigen Energieversorgung: Die Herausforderung Die effiziente, umweltschonende und sichere Versorgung mit Energie stellt eine Grundvoraussetzung für Wirtschaftswachstum und Wohlstand dar. Es ist von besonderer Bedeutung, Chancen und Risiken für die Energieversorgung frühzeitig zu erkennen. Deshalb sind Entwicklungspfade mit möglichst geringen Risiken und gleichzeitig größtmöglichen Chancen zu identifizieren und anwendungsnahe Systeme zu verifizieren. Vorrangiges Ziel einer zukünftigen Energieversorgung ist es, eine umfassende Optimierung des gesamten Energiesystems mit der Vielfalt von Energieträgern und ihren zum Teil sehr spezifischen Charakteristika in einer Welt globaler Märkte zu bewerten. Die Sicherstellung der zukünftigen Energieversorgung stellt eine große Herausforderung für die Menschheit dar: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind in gleicher Weise gefordert. Zur Realisierung eines Nachhaltigen Energiesystems der Zukunft sind aber auch große Anstrengungen in Forschung, Entwicklung und Marktumsetzung erforderlich. Der Aufbau eines neuen Energiesystems, welches die derzeit nach den Regeln des freien Marktes funktionierende Energiewirtschaft ablösen soll und dies in einer relativ kurzen Zeitperiode ist ohne energiepolitische Rahmenbedingungen nicht zu erreichen. Die Forderung nach mehr Energie-Effizienz, Substitution fossiler Energieträger, Ergänzung zentraler Energiesysteme mit dezentralen Einheiten, verbessertes Energiemanagement, höhere Umweltverträglichkeit u.a. bedeuten wesentliche Eingriffe in die derzeitige Energie-Infrastruktur und in die Kosten der Energieversorgung. Diese vielseitigen Forderungen erfordern eine langfristige Planung mit konsequenter Umsetzung. Die Sicherstellung der Energieversorgung liegt im Verantwortungsbereich der Regierungen. Die Energiepolitik kann durch Rahmenbedingungen in Verbindung mit politischen Maßnahmen wie Verordnungen, Vorschriften, Steuern und Förderungen die Weiterentwicklung der Energiewirtschaft im Sinne der energiepolitischen Ziele beeinflussen. Staatliche Energieforschung und Förderungsmaßnahmen stellen wesentliche Instrumente zur Umsetzung energiepolitischer Ziele dar. Staatliche Energieforschung bezieht sich vorrangig auf Grundsatzfragen der Energieversorgung und soll innovative Lösungen entwickeln. Innovative Lösungen im Energiebereich fördern Entwicklungen in der Industrie und erleichtern private Investitionen in neue Techniken. Nationale und internationale Energieforschungsprojekte beziehen sich auf technologische Entwicklungen (inklusive Materialien, Lebensdauer, Sicherheit), Verbesserung der Energie-Infrastruktur und Förderung der Markteinführung zukunftsorientierter ( nachhaltiger ) Energiesysteme unter besonderer Berücksichtigung ökonomischer, sicherheitstechnischer, umweltbezogener und sozialer Aspekte. Forschungsschwerpunkte nationaler und internationaler Energie-Forschungsprogramme (Internationale Energieagentur, IEA/OECD, und EU-Forschungsprogramm) sind derzeit: Energie-Effizienz, Kernfusion, erneuerbare Energie, Nachhaltige Energiesysteme, CO 2 - Separation und -Speicherung ( Aktives CO 2 -Management), Wasserstoff als Sekundärenergieträger, Brennstoffzellen. Weiters gefördert werden Projekte zur Kostenreduktion bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern (Ökostrom-Anlagen), zur Weiterentwicklung und Kostenreduktion bei der Erzeugung von umweltneutralen Treibstoffen (Bio- Treibstoffe und Wasserstoff), zum Strom-Management von dezentralen Stromerzeugungsanlagen (Windkraft, Photovoltaik). Für die Markteinführung innovativer Produkte und Lösungen zur Energie-Aufbringung und Energie-Anwendung sind staatliche Initiativen (Legistische Maßnahmen und Förderungen) - 18 -

zur Überwindung der Marktbarrieren erforderlich: Wettbewerbsfähigkeit und Vertrauen in neue Techniken. Als geeignete Maßnahmen haben sich in den letzten Jahrzehnten einerseits Förderungsmaßnahmen als auch gesetzliche Rahmenbedingungen für Energie-Effizienz und erneuerbare Energieträger, insbesondere im Wohnbereich (über die Wohnbauförderung) bewährt. Neuorientierung der Europäischen und nationalen Energiepolitik Mit neuen Zielsetzungen in der Energiepolitik (EU und national) sollen die Rahmenbedingungen für eine Änderung im Bereich der Energieversorgung initiiert und unterstützt werden. Als Folge einer Neuorientierung der Europäischen Energiepolitik soll die Versorgungssicherheit bei der Erdgasversorgung in Europa durch Kapazitätserweiterung bei den bestehenden Erdgasleitungen, neuen Erdgasspeichern, neuen Transportrouten und Versorgung mit verflüssigtem Erdgas erhöht werden. Aber auch ENERGIE NEU DENKEN hat sich nunmehr auch in der Energiepolitik niedergeschlagen. In der Europäischen Union (Rat der Europäischen Union Klimakonferenz Kopenhagen 2009 ) wurde als Energiepolitisches Ziel definiert, bis zum Jahre 2050 die Treibhausgas-Emissionen um mindestens 80% bis 95% gegenüber dem Niveau von 1990 abzusenken, um den globalen Temperaturanstieg auf Grund des Klimawandels auf 2 C zu begrenzen. Dies impliziert den Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern. Dieses Ziel verfolgt auch die Energiestrategie der Österreichischen Bundesregierung: bis zum Jahre 2050 soll die Energieversorgung ohne fossile und nukleare Energieträger auskommen: Energieautarkie. Maßnahmen der EU-Politik betreffen die Erhöhung der Effizienz bei der Energiebereitstellung und Energieanwendung, die Unterstützung eines verstärkten Einsatzes von erneuerbaren Energieträgern (unter besonderer Berücksichtigung der Randbedingungen für hohe Effizienz). Mit EU- und nationalen Richtlinien/Verordnungen sollen die Energieeffizienz-Potentiale in Industrie, Verkehr, Haushalten, Gewerbe ausgenutzt bzw. umgesetzt werden: Verdoppelung der derzeitigen jährlichen Zunahme der Energieeffizienz von 1,5% auf 3%. Mit einer Erhöhung des Beitrages erneuerbarer Energieträger zur Energieaufbringung von derzeit 6% im EU-Durchschnitt auf 20% im Jahre 2020 soll die weitere Zunahme an Brennstoffen reduziert werden. Mit dieser EU-Energiestrategie sollen in den EU-Mitgliedsstaaten bis zum Jahre 2020 die energierelevanten (umweltwirksamen) CO 2 - Emissionen von 3.700 Milliarden im Jahre 2000 auf unter 2.500 Milliarden im Jahre 2020 reduziert werden: Reduktion um 20% von 2000 auf 2020. Energiepolitischen Zielvorgaben in in der EU 2000 2020 Verbesserung der Energie-Effizienz Verstärkter Einsatz Erneuerbare Energie Reduktion der energiebedingten umweltrelevanten CO 2 -Emission + 20% + 20% - 20% 20 / 20 / 20-19 -

Eine Umstrukturierung unserer Energieversorgung mit den Prioritäten Energieeffizienz und Erneuerbare Energie könnte ein Ausweg aus einer zukünftigen ungesicherten Energieversorgung sein, verbunden mit katastrophalen Auswirkungen auf Wirtschaft und Umwelt und damit für die Weiterentwicklung der Menschheit. Ein großes Energie-Potential liegt im Bereich Energie-Effizienz und Energie-Sparen. Eine Energieeinsparung über Energieeffizienz von bis zu 50% wäre in der EU bis 2050 zu realisieren. Energie-Einsparpotentiale in Europa werden für die Einsatzbereiche wie folgt abgeschätzt (mit derzeit verfügbarer Technik): Transport-Sektor 20% bis 30%, Gebäude- Sektor über 60% und Industriesektor 40% bis 60%. Das von der EU angestrebte Ziel zur Reduktion energiebedingter Treibhausgas-Emissionen um 20% bis zum Jahre 2020 im Vergleich zum Wert von 1990 ist hochgesteckt. Das ist aber nur der erste Schritt. Mittelfristig bis 2050 soll ein Energiesystem etabliert sein, dessen Emissionen nur 20% des Wertes von 1990 betragen. Ohne staatliche Lenkungsmaßnahmen und ohne Umdenken in unserem Umgang mit Energie wird dieses Ziel nicht erreichbar sein. Energieszenarien: Grenzen und Aussagen Entscheidende Faktoren für die zukünftige Energieversorgung sind nicht abgesichert: Entwicklung der Weltbevölkerung, Verfügbarkeit von Energieträgern, Zuverlässigkeit der Versorgung, Entwicklung der Energiepreise, Umweltauswirkungen bei Erzeugung und Einsatz von Energieträgern, zusätzlicher Energiebedarf in Entwicklungsländern zum Zwecke der wirtschaftlichen Entwicklung (Nachholbedarf), tatsächlich erreichbare Reduktion des Energiebedarfes in Industrieländern durch verbesserte Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energieträger. Eine Prognose zum Welt-Energieverbrauch (-Energieaufkommen) wird insbesondere durch den nicht vorhersehbaren Bevölkerungswachstum in Entwicklungsländern, den großen Nachholbedarf an Nutzenergie in den noch nicht entwickelten Ländern sowie durch das rasante Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern (z.b. in China und Asien) erschwert. Für die Entwicklung des zukünftigen Energiebedarfes gibt es somit keine klaren Antworten: Damit können Energieszenarien nur Anhaltspunkte für eine mögliche Entwicklung des Energiemarktes und für Möglichkeiten/Probleme bei der Abdeckung des zukünftigen Energiebedarfes geben. Wird die Entwicklung des bisherigen Weltenergieaufkommens bis zum Jahre 2050 weitergeführt ( Business as Usual ), dann würde sich der Anteil erneuerbarer Energieträger am Energieverbrauch von 13,5 % im Jahre 2002 auf 14,4% im Jahre 2050 erhöhen. In diesem Szenario wird von einem mittleren Jahreszuwachs im Energieaufkommen von 1,7%/Jahr und im Aufkommen von erneuerbarer Energie von 3%/Jahr ausgegangen, ausgehend von den Ausgangsdaten im Jahre 2002. Die Jahreskapazität für erneuerbare Energie lag im Jahre 2002 bei 0,91 PJ/Jahr. In einem Energieszenario mit Priorität Energie-Effizienz und einem verstärkten Einsatz erneuerbarer Energieträger - mittlerer Jahreszuwachs im Aufkommen an erneuerbare Energie von 5% der Jahreskapazität - würde der Anteil erneuerbarer Energie im Jahre 2050 bei 55,9% im Falle eines mittleren Jahreszuwachses im Energieverbrauch von 1%, und bei 35,1% im Falle eines mittleren Jahreszuwachses im Energieverbrauch von 2% betragen. - 20 -

Der mögliche Beitrag erneuerbarer Energieträger zum Energieaufkommen in den EU- Mitgliedsstaaten (EU-25) wird unter den folgenden Annahmen abgeschätzt: Jährliche Zunahme im Primärenergie-Aufkommen: 1%, 3%, 5% und 10%. (In den letzten Jahren betrug der mittlere jährliche Zuwachs an erneuerbaren Energieträgern am Primärenergieaufkommen 1,1%). Unter Annahme eines mittleren jährlichen Zuwachses an erneuerbaren Energieträgern von 3%, 5% und 10% würde der Anteil der erneuerbaren Energieträger am Primärenergieaufkommen im Jahre 2050 betragen: 14% bzw. 21% bzw. 37%. Für Österreich werden die folgenden Beiträge erneuerbarer Energie beim Energieaufkommen in Jahre 2050 ergeben: Bei einem mittleren Jahreszuwachs im Aufkommen erneuerbarer Energie von 5% der Jahreskapazität würde der Anteil erneuerbarer Energie im Jahre 2050 bei 90% im Falle eines mittleren Jahreszuwachses im Energieverbrauch von 1%, und bei 77% im Falle eines mittleren Jahreszuwachses im Energieverbrauch von 2% betragen. Wird der Energieverbrauch durch Energieeffizienz um zumindest 20% gegenüber 2010 reduziert, dann wäre ein vollständiger Umstieg von fossilen und nuklearen Brennstoffen auf Erneuerbare Energie bis zum Jahre 2050 realisierbar. Zukunftsvision zur Wärmeversorgung von Gebäuden in Österreich im Jahre 2050 Mit den Annahmen zur Reduktion des Wärmebedarfes von Gebäuden durch Energieeffizienz- Maßnahmen am Baukörper und bei der Energieversorgung (Wärme und Strom) von zumindest 20% - bezogen auf das Jahr 2010, einem weiteren Ausbau solarthermischer Anlagen und Wärmepumpen um durchschnittlich 3% Jahreszuwachs der Jahreskapazität, einer Umstellung von Elektroheizungen sowie Elektroboiler für Warmwasserbereitung auf thermische Solaranlagen und Wärmepumpen, Ausschöpfung des Strom-Einsparpotentials bei Haushaltsgeräten, Beleuchtung und Umwälzpumpen im Heizungssystem, und Ausbau von im Gebäude integrierten PV-Anlagen erscheint das für 2050 angestrebte Ziel zur Wärmeversorgung von Gebäuden ausschließlich über Erneuerbare Energie realisierbar; eigene Berechnungen. Wärmeversorgung von Gebäuden in Österreich IST-Zustand 2009 Energieautarkie 2050 350 317 PJ - 20% Endenergie, PJ 300 250 200 150 100 34,39 103 86 4,97 6,85 254 PJ 31,58 78,69 58,69 Strom Umweltwärme Solarwärme Biomasse (Brennholz und für Wärmenetze) Erdgas Heizöl 50 82 85 0 2009 2050-21 -

Resümee: Zukunftsoptionen Eine nachhaltige Energieversorgung ist Voraussetzung für eine nachhaltige wirtschaftliche (Weiter)-Entwicklung. Die derzeitige Energiewirtschaft erfüllt nicht die Kriterien an eine nachhaltige und damit zukunftsorientierte Energieversorgung. Eine zukunftsorientierte Energieversorgung erfordert deshalb eine Umstrukturierung unserer derzeitigen Energiewirtschaft mit dem Ziel einer höheren Effizienz und einem verstärkten Einsatz nachhaltiger und umweltschonender Energieträger. Eine langfristige Lösung des Energieproblems wäre möglich, wenn es gelingt, erneuerbare Energieträger insbesondere mit Schwankungen im saisonalen Angebot speicherbar und transportierbar zu machen. Wasserstoff, erzeugt über erneuerbare Energieträger, wäre das Wunschziel: Wunsch-Szenario. Wasserstoff als Sekundär-Energieträger weist sowohl energetische als auch ökologische Qualitäten auf: Er verbrennt ohne CO 2 -Emission auch in Kombination mit Sauerstoff in einer Brennstoffzelle. Ist das Szenario Erneuerbare Energie und Wasserstoff ein Wunsch-Szenario, so ist ein Katastrophen-Szenario nicht auszuschließen, wenn (1) fossile Energiequellen den zukünftigen Energiebedarf nicht mehr decken können, (2) die globale Klimabedrohung eine weitere Verwendung fossiler Energiequellen nicht mehr zulässt, (3) der weitere Ausbau der Atomkraft aufgrund von Kraftwerksunfällen und/oder Terrorattacken eingestellt wird, (4) die Technik der Kernfusion nicht realisierbar ist und (5) die Weiterentwicklung von Techniken zur Nutzung erneuerbarer Energieträger nicht in dem Ausmaß stattgefunden hat, dass ein wesentlicher Beitrag zum Energieaufkommen geleistet werden kann. Folge dieses Katastrophen-Szenario wäre, dass eine wirtschaftliche Weiterentwicklung nicht mehr möglich ist. Die Folgen für die Menschheit sind vorhersehbar. Ob es gelingen wird, die Energieversorgung auch in fernerer Zukunft sicherzustellen, bleibt offen. Ohne rasches Handeln bleibt ein Energiesystem der Zukunft allerdings eine Vision. Energie-Perspektiven - 22 -