Pragmatisch paradiesisch



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Transkript:

Was hinter dieser Gewächshausfassade in Winterthur schimmert, macht neugierig. Pragmatisch paradiesisch Industrieareale verlieren bei einer Neunutzung meist ihren Charakter. Der Umbau der Halle 181 auf dem Winterthurer Lagerplatz zeigt, dass es auch anders geht. Ein Hase in Gold. Text: Axel Simon Fotos: Pit Brunner Die Glasfassade fällt auf, wenn man im Zug auf den Bahnhof Winterthur zurollt. Was wächst dahinter? Auffällig ist jedoch ein Prädikat, das zu diesem Projekt nicht passen will. Obwohl mehr als doppelt so hoch wie vor der Aufstockung, bettet sich der Lateralbau der Halle 181 in das alte Industrieareal, als stünde er schon immer dort. Jede seiner Seiten kommuniziert mit der Umgebung: Verhalten repräsentativ zeigt sich die eine Kopffassade am zentralen Platz, streckt ihren gegliederten Beton nach oben. An der hinteren Längsseite antworten graue Eternitschindeln der Dachlandschaft der alten Halle und vorn der verzinkte Stahl der Glasfassade den Masten der Bahnstrecke eine Camouflage mit Anspruch. Das Innere hält, was das Äussere verspricht. Auch hier geht es rau zu und her. In den offenen Räumen breiten sich Ateliers und Büros aus, Hörsäle der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und Werkstätten. Die drei aufgestockten Etagen stehen als Holzkonstruktion auf den vorhandenen Stützen aus Beton und Stahl. Das Neue übernahm vom Alten die Pragmatik: Auf geschliffenem Zementboden geht man an groben Mauern aus Zementsteinen vorüber. Wo nötig, umschliessen Brandschutz platten die Holzstützen, unverspachtelt. Nichts ist glatt und geschönt. Doch dort, wo es der Raum braucht, zeichneten die Architekten Kilga Popp die Fensterrahmen fein, liessen Lüftungsrohre auf Mass fertigen, Holz betongrau lasieren oder petrolgrün streichen. Das Auffällige an der Glasfassade wächst dahinter: Schon in der hohen Eingangshalle schiesst der Eukalyptus und schlingt der Jasmin. In hohen Räumen arbeiten die Landschaftsarchitekten Rotzler Krebs unter alten Kranbah nen. In der Gewächshausschicht davor betreiben sie ihr botanisches Labor. Und auch das Feuerwerk aus mehreren Dutzend Pflanzenarten aus aller Welt, die vor den anderen vier Etagen blühen, stammt von ihnen. Die Nutzer der Büros erweitern es mit ihren Tomaten und Kräutern, automatisch regenbewässert und durch Sensoren und Klappfenster vor Überhitzung geschützt. Lowtech. Dieses Paradies lässt vergessen, dass die gläserne Raumschicht vor allem Lärm und Kälte von den Büros abhalten soll. Die Jury beeindruckte dieses ebenso pragmatische wie feinsinnige Weiterbauen eines Industriezeugen. Sie würdigt auch den Willen der Bauherrschaft, das zwischengenutzte Areal behutsam und nachhaltig in eine neue Zeit zu führen. Der Umbau und die Erweiterung der Halle 181 sind der beste Beweis dafür, dass so etwas möglich ist. 16 Hochparterre 12 / 14 Architektur Hase in Gold

Das Gebäude kurz vor dem Bahnhof Winterthur ist grösstenteils neu und doch vertraut. Hochparterre 12 / 14 Architektur Hase in Gold 17

Umgebaute Halle 181 auf dem Lagerplatz in Winterthur: Eine neue Schicht dient als Schall- und Kältepuffer, aber auch als Aufenthaltsraum und botanisches Labor. 18 Hochparterre 12 / 14 Architektur Hase in Gold

Hochparterre 12 / 14 Architektur Hase in Gold 19

Der Gang im 2. Obergeschoss ist knapp über dem alten Hallendach abgehängt. Verhalten repräsentativ: der Haupteingang der Halle 181. Kilga Popp Architekten Monika Kilga und Stephan Popp schlossen 1995 ihr Architekturstudium an der ZHAW Winterthur ab. Nach einem Studienaufenthalt auf Sizilien gründeten sie 1997 ihr gemeinsames Architekturbüro. 2005 gewannen sie den Eidgenössischen Kunstpreis. Monika Kilga forschte bis 2012 am Institut Urban Landscape der ZHAW und ist Vorstandsmitglied des Arealvereins Lagerplatz Winterthur. Stephan Popp lehrt seit 2012 an der ZHAW Entwurf und Konstruktion und ist Vorstandsmitglied im Forum Architektur Winterthur. Optimale und anregende Arbeitsbedingungen: hier in der alten Halle im 1. Obergeschoss. 20 Hochparterre 12 / 14 Architektur Hase in Gold

Umbau Halle 181, 2014 Lagerplatz 21, Winterthur ZH Bauherrschaft: Stiftung Abendrot, Basel Architektur: Kilga Popp Architekten, Winterthur Bauleitung und Kosten: Stadelmann + Ramensperger, Winterthur Bauingenieure: APT Ingenieure, Zürich Holzbauingenieur: Holzbaubüro Reusser, Winterthur Bauphysik: BWS Bauphysik, Winterthur Landschaftsarchitektur: Rotzler Krebs Partner, Winterthur Gewächshausfassade: Gysi + Berglas, Baar Auftragsart: Direktauftrag Gesamtkosten ( BKP 1 9 ): Fr. 15 Mio. Kosten Umbau und Neubau ( BKP 2 / m³ ): Fr. 550. Die oberen drei Etagen sind aufgestockt, die Schicht mit Glasfassade davor gesetzt. Querschnitt Halle 181 1:500 Asienta Filigraner Sitzkomfort für Ihre Lounge. Die Halle 181 ist einer der ersten Bausteine der Neuentwicklung des Lagerplatzes. Beim Empfang spielt der erste Eindruck eine entscheidende Rolle für das Gefühl, gut aufgehoben und willkommen zu sein. Das vielfach ausgezeichnete Lounge-Programm Asienta überzeugt durch die markante Neuinterpretation klassischer Formen. Erstklassige Materialien, perfekte Verarbeitung und eine Polstertechnik auf höchstem Niveau garantieren ein Sitzerlebnis der besonderen Güte.