Condition Monitoring aus Sicht eines Anlagenbauers



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Transkript:

Condition Monitoring aus Sicht eines Anlagenbauers Diagnostische Bewertung einer Maschine oder Anlage Rainer Wirtz ThyssenKrupp Resource Technologies GmbH www.thyssenkrupp.com Unter Condition Monitoring versteht man das Überwachen des Zustandes einer Maschine oder Anlage. Ziel der Zustandsüberwachung ist die diagnostische Bewertung der Maschine oder Anlage. In der chemischen Industrie, der Grundstoffindustrie und der Stahlindustrie sind Überwachungstechniken seit langem bekannt. Dennoch konnte sich die Zustandsüberwachung in der Grundstoffindustrie bis heute nicht durchsetzen. Hier sehen wir heute eine Trendwende durch die zunehmende Zahl an Anfragen nach solchen Systemen. Es herrscht dennoch eine sehr große Unklarheit bezüglich der Grenzen und Möglichkeiten einer Zustandsüberwachung bei Anlagenbetreibern als auch Anlagenbauern. Die grundlegenden Begriffe im Zusammenhang mit der Instandhaltung und Zustandsüberwachung werden definiert und gegeneinander abgegrenzt. Die verschiedenen Instandhaltungsstrategien wie schadensorientierte, zeitorientierte und zustandsorientierte Instandhaltung werden ebenso beschrieben wie die notwendigen Kenntnisse der Hersteller und der Betreiber der Maschinen und Anlagen. Die Streuung von Parametern physikalischer Größen und deren Berücksichtigung bei der Definition von Grenzwerten der Abnutzung von Maschinen und Bauteilen. Der Begriff des Abnutzungsvorrats einer Maschine gemäß der DIN 31051. 1 Spezielle Aufgabenstellung im Anlagenbau Im Anlagenbau, insbesondere im Schüttgutumschlag, ist ein wesentlicher Faktor bei der Instandhaltung die großflächige Ausbreitung solcher Anlagen. Die Anlagen erstrecken sich oft über viele Kilometer. Der Transport des Wartungspersonals sowie der Hilfsstoffe und Werkzeuge stellt innerhalb solcher Dimensionen bereits ein Problem dar. Die folgenden Bilder sollen davon einen Eindruck vermitteln. Bild 0: Luftaufnahmen verschiedener Minen Besonders Hersteller schlüsselfertiger Anlagen, die die komplette Kette von der Mine über die Aufbereitung, Verarbeitung und den Transport abdecken, sind mit dem Problem konfrontiert in abgelegenen Gebieten ohne entsprechende Infrastruktur technisch anspruchsvolle Anlagen erstellen zu müssen. 1

Dabei ist es wichtig die Energie-, Stoff- und Informationsflüsse bereits in der Planung zu erfassen und zu berücksichtigen. Der Ölwechsel an einem Getriebe, welches einen Öl-Inhalt von 200l hat, kann bereits ein Problem werden, wenn der Hersteller den Transport des Ölfasses zum Getriebe und den Transport des Altöls zurück nicht berücksichtigt hat. Die Größe und Komplexität der Anlagen führt zwangsläufig dazu, dass lokale Steuerungen auf den Geräten installiert werden, welche die Funktion der Maschine steuern, regeln oder überwachen. Diese lokalen Steuerungen melden Störungen, notwendige Wartungen oder gar Prozessveränderungen an das zentrale Leitsystem. Durch rechtzeitige Hinweise auf notwendige Wartungen können diese besser geplant und durchgeführt werden, da die lokalen Systeme alle notwendigen Hilfsstoffe und auch die notwendigen Werkzeuge melden können, sofern die Hersteller entsprechende Datensätze auf den Systemen hinterlegen. Bild 2: ThyssenKrupp Greiferentlader EMO Rotterdam 2

Bild 3: ThyssenKrupp kontinuierlicher Schiffsentlader Bild 4: ThyssenKrupp kontinuierlicher Schiffsentlader für Schubleichter 3

Bild 5: ThyssenKrupp Schiffsbelader Bild 6: Thyssenkrupp Schaufelradgerät für Lagerplätze 4

Bild 7: Thyssenkrupp Schaufelradgerät für Lagerplätze Bild 8: ThyssenKrupp Absetzer zum aufhalden von Lagerplätzen 5

Bild 9: Importterminal EMO Rotterdam Bild 10: ThyssenKrupp Lagerplatzlogistik HKM Duisburg 6

Bild 11: ThyssenKrupp Kabelkrane bei Staudammprojekten Bild 12: ThyssenKrupp Muldengurtförderer und Rollgurtförderer 7

Bild 13: ThyssenKrupp Getriebe für Bandanlagen und Großgeräte 2 Instandhaltung und Zustandsüberwachung Unter Instandhaltung versteht man nach DIN 31051 alle Maßnahmen zur Bewahrung und Wiederherstellung des Sollzustandes einer Betrachtungseinheit. Das setzt voraus, dass wir den Sollzustand überhaupt definieren können. Dieser Sollzustand ist kein exakt definierter numerischer Wert sondern wird stets Toleranzen aufweisen. Die Instandhaltung geht ferner davon aus, dass der Sollzustand durch gewisse Maßnahmen über eine gewisse Zeit innerhalb dieser Grenzen gehalten werden kann. Nach Ablauf dieser Zeit ist der Zustand der Betrachtungseinheit außerhalb der zulässigen Grenzen und der Sollzustand muss durch die Instandhaltung wieder hergestellt werden. Die Instandhaltung ist also eine Folge der Schädigung einer Anlage oder Maschine. Diagramm 1: Wöhlerkurven und deren Streuung Diagramm 2: Steuung des elektrischen Widerstands von PT100 Die Schädigung mindert den Gebrauchswert einer Anlage oder Maschine bis zum Verlust der Gebrauchseigenschaften. In der DIN 31051 hat man dafür den Begriff des Abnutzungs-vorrates einer 8

Maschine oder Anlage geprägt. Direkt nach der Montage und Inbetriebnahme hat eine Maschine den vollen Abnutzungsvorrat von 100%. Durch den Betrieb tritt Verschleiß auf, der zu einer stetigen aber nichtlinearen Abnahme des Abnutzungsvorrates führt. Diagramm 3 Graphische Darstellung des Abnutzungsvorrats einer Maschine Zu Beginn des Betriebes einer Maschine schwindet der Abnutzungsvorrat ziemlich schnell. Dieser Schwund verlangsamt sich im Laufe der Zeit, da sich zum Beispiel die Oberflächen lokal verhärten, der Reibverschleiß sich durch Passungsänderung reduziert. Dieser immer auftretende, nicht vermeidbare Verschleiß setzt sich ohne Wartung fort bis zum Ausfall der Maschine. Der Ausfall ist nicht immer aber in aller Regel ein lokales Ereignis innerhalb der komplexen Gesamtstruktur der Maschine. Das schwächste Glied oder der höchstbelastetste Teil der Maschine versagt. Korreliert zu diesem Verhalten gibt es zwei weitere Diagramme welche das Einzelverhalten als auch das Systemverhalten über die Zeit bzw. die Anzahl ertragbarer Lastwechsel (sogenannte Lastkollektive) beschreiben. In der Elektrotechnik wird meist die sogenannte Badewannenkurve verwendet, während der Maschinenbauer bevorzugt die Wöhlerkurve verwendet. 3 Begriffe: Unter Instandhaltung versteht man nach DIN 31051 alle Maßnahmen zur Bewahrung und Wiederherstellung des Sollzustandes einer Betrachtungseinheit. Die Maschineninstandhaltung ist eine Folge der Schädigung einer Anlage oder Maschine. Die Schädigung mindert den Gebrauchswert einer Anlage oder Maschine bis zum Verlust der Gebrauchseigenschaften. Ein Fehler ist in diesem Kontext die Minderung einer Gebrauchseigenschaft. Ein Ausfall bedeutet den Verlust der Gebrauchseigenschaft. Ein wichtiger Begriff ist der Abnutzungsvorrat einer Maschine oder Anlage. Die schädigenden Einflüsse an Maschinenelementen, Baugruppen und Anlagen unterteilt man in Abnutzung und Überlastung. Verschleiß, Ermüdung und Alterung von Bauteilen sind im Normalbetrieb nicht vermeidbar. 9

Verschleiß ist Materialabtragung Ermüdung ist Gefügezerrüttung Bei der Instandhaltung werden unterschieden: Vorbeugende Instandhaltung auch planmäßige Instandhaltung Die Instandhaltung ist darauf ausgerichtet Produktionsausfall und Folgeschäden zu vermeiden. Korrektive Instandhaltung auch außerplanmäßige Instandhaltung Die Instandhaltung ist bei Teil- oder Totalausfall notwendig zur Wiederherstellung des Soll-Zustandes. Instandhaltung umfasst nach DIN 31051 folgende Tätigkeiten: Inspektion Wartung Instandsetzung Inspektion umfasst alle Maßnahmen zur Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustandes von Anlagen, Maschinen, Baugruppen und Bauelementen (oder eines technischen Systems) Durch die Inspektion soll der Maschinenzustand festgestellt werden. Ziel ist den Grad der Abnutzung, des Verschleißes oder der Schädigung zu ermitteln. Wartung umfasst alle Maßnahmen zur Bewahrung eines Soll-Zustandes von Anlagen, Maschinen, Baugruppen und Bauelementen (oder eines technischen Systems) Instandsetzung umfasst alle Maßnahmen zur Wiederherstellung eines Soll-Zustandes von Anlagen, Maschinen, Baugruppen und Bauelementen (oder eines technischen Systems) Inspektion mit diagnostischen Methoden ist identisch mit Zustandsüberwachung Die Inspektionen bzw. die Messungen des Maschinenzustandes können intermittierend oder kontinuierlich erfolgen. Intermittierende Überwachung kann in regelmäßigen äquidistanten Zeitabständen oder in variablen Zeitabständen erfolgen. Intermittierende Überwachung kann mit mobilen Messeinrichtungen durchgeführt werden. Mit intermittierender Inspektion lassen sich naturgemäß Informationen nur zu bestimmten Zeitpunkten erfassen. Langfristige Entwicklungen sind damit beobachtbar. Plötzlich und kurzfristig auftretende Schadensentwicklungen fallen dagegen durch das Beobachtungsraster. Kontinuierliche Überwachung (permanente Überwachung, Online-Überwachung) erfasst die Laufund Betriebseigenschaften einer Maschine ständig und ohne zeitliche Verzögerung. Die stetigen Trendentwicklungen und die sprunghaft auftretenden Zustandsänderungen werden erfasst. 4 Instandhaltungsstrategien Schadensorientierte Instandhaltung Zeitorientierte Instandhaltung Zustandsorientierte Instandhaltung 10

4.1 Schadensorientierte (Ausfallorientierte) Instandhaltungs-strategie = Fahren bis zum Bruch Vorteile Ausnutzung des Abnutzungsvorrates Volle Nutzung der Lebensdauer der schwächsten Komponente Während der Gebrauchsdauer keine Kosten Nachteile Unerwarteter Ausfall Folgeschäden Hohe Stillstandskosten Geringe Betriebssicherheit 4.2 Zeitorientierte (geplante, präventive) Instandhaltung Planmäßige Wartung Vorbeugender Austausch von Verschleißteilen Die zeitorientierte Instandhaltung muss jedoch mangels treffsicherer Schädigungserkennung an komplexen Maschinen mit höchsten Zuverlässigkeitsforderungen und damit Aufwand durchgeführt werden. Vorteile Gut Planbar Nachteile Keine Ausnutzung des Abnutzungsvorrates Erhöhtes Ausfallrisiko nach der Wartung Hohe Fixkosten 4.3 Zustandsorientierte Instandhaltung Das Instandhaltungskonzept der zustandsorientierten Maschineninstandhaltung basiert auf der regelmäßigen Erfassung des Maschinenzustandes durch Messungen von aussagefähigen Größen. Bei diesem Instandhaltungskonzept werden Maschinen nur stillgesetzt wenn deren Zustand es verlangt. Teile werden nur gewechselt wenn ein Schadenskriterium erreicht ist. Vorteile Nachteile Früherkennung von Problemen Investitionskosten Planbarer Stillstand Ausgebildetes Personal notwendig Hohe Betriebssicherheit Vermeidung von Folgeschäden Die Schwierigkeiten dieses Konzeptes sind: die Frage nach geeigneten Messstellen und Messaufnehmern die gezielte Anwendung signalanalytischer Funktionen die Messdatenverwaltung (Problem der Datenflut) 11

die Definition prägnanter Kenngrößen (Zustandsgrößen) für die Schädigung und für die Verschleißvorgänge der unterschiedlichen Maschinenelemente oder Baugruppen 5 Konzipierung einer Zustandsüberwachung Wie Anfangs erwähnt sind der Maschinenzustand insbesondere der Sollzustand und die zulässigen Abweichungen nicht leicht zu definieren. Es können nur Indikatoren bestimmt werden welche einen indirekte Aussage über den Zustand einer Betrachtungseinheit liefern. Zuallererst sollten die bereits heute unmittelbar zugänglichen Messgrößen wie Drehzahlen, Massen, Volumina, Drücke, Temperaturen, Feuchte, Positionen, Ströme, Spannungen, Energieverbrauch etc. systematisch in der Planung erfasst und bezüglich ihrer Brauchbarkeit zur Zustandsüberwachung untersucht werden. Maschinenzustandsindikatoren Temperatur, Druck, Verlagerung Schwingungen Prozessgrößen Struktureigenschaften Diagramm 4 Zustandsindikatoren Erst nachdem alle diese Größen erfasst und bewertet sind sollte sich der Planer Gedanken um weitere durch zusätzliche Sensorik zugängliche Systemgrößen machen. Während Struktureigenschaften sehr schwer zu erfassen sind Schwingungen sehr gut als Maschinenzustandsindikatoren geeignet. Eine geschickte Auswertung der Daten kann dazu benutzt werden dem Wartungspersonal Hinweise auf durchzuführende Wartungen bzw. Inspektionen zu geben. So kann beispielsweise die zentrale Steuerung eine Meldung generieren, dass in einer dezentralen Schmieranlage das Schmiermittel nachzufüllen ist, wenn bekannt ist wie groß der Vorratsbehälter ist und welche Schmiermittelmenge pro Zeiteinheit ausgetragen wird. Über die Betriebsdauer der zu schmierenden Komponente kann hochgerechnet werden ohne dass eine Rückmeldung der Schmieranlage erfolgt. Das Wartungspersonal muss dann den Behälter zum Meldezeitpunkt wieder auffüllen. Öl wird überwiegend als Schmiermittel, Druckmittel Kühlmittel und Isolator verwendet. Öl wird heute nach festen, vorgegebenen Intervallen gewechselt. Überwachung der Eigenschaften Temperatur, Viskosität, Dielektrizität und Partikelzahl im Öl sowie Füllstand können zu einem zustandsabhängigen Wechselintervall führen. Die gemessenen Größen geben ferner Hinweise auf den Zustand der Maschine. 12

Bild 14: Bei ThyssenKrupp Resource Technologies verfügbare Instandhaltungskonzepte Die Hersteller von Anlagen können den Betreiber der Anlagen bei der Instandhaltung durch Konzepte unterstützen. Bei ThyssenKrupp wurden daher Konzepte entwickelt bei der die Maschine selbstständig nach fest vorgegebenen Zeitintervallen Meldungen generiert und diese Lokal anzeigt und wenn vorhanden über Schnittstellen an das vorhandene Leitsystem meldet. Bei der nächsthöheren Stufe werden vorhandene Sensorsignale in die Auswertung mit aufgenommen. Hier meldet die Maschine nicht nach fest vorgegebenen Intervallen die Instandhaltungsmaßnahme, sondern bezieht die Einschaltdauern, Lasten und die Umgebungsbedingungen mit ein. Das setzt voraus, dass der Hersteller die Einflüsse dieser Größen auf das Wartungsintervall kennt, bzw. durch aufwändige Versuche ermittelt. Birgt allerdings auch das Risiko, dass Wartungsintervalle falsch errechnet werden und vermeidbare Schäden auftreten. 13

Bild 15: Durchgeführte Versuche an einem Getriebeprüfstand für Tieftemperatureinsatz von Großgetrieben mit Leistungen über 1MW. Sehr vorteilhaft ist jedoch die Überwachung von Schaltfunktionen von Sicherheitsrelevanten Schaltern. Bei Schaltern welche im Normalbetrieb nicht angesprochen werden, sondern, z.b., Notauspositionen überwachen müssen regelmäßig Tests der Funktionsfähigkeit durchgeführt werden. Die Gerätesteuerungen können jedoch die Schaltfunktion abspeichern, wenn ein solcher Schalter betätigt wird. Ein Timer kann für diesen Schalter auf Null gesetzt werden, so dass bei der durchzuführenden Prüfung dieser Schalter nicht geprüft werden muss. In der obersten angebotenen Ausbaustufe werden zusätzliche Sensoren zur Überwachung des Geräte- und Anlagenzustandes eingesetzt. Dies können im einfachsten Fall Temperatursensoren sein oder Partikelzähler für Öl oder Schwingungsaufnehmer. 6 Aspekte einer schwingungstechnischen Überwachung Überwachungssysteme wurden bisher zur Beurteilung des globalen Maschinenzustandes eingesetzt. Darunter versteht man das Überwachen einer oder mehrerer skalarer Größen wie etwa Amplitude von Schwingungsausschlägen die in keiner Verknüpfung zueinander stehen. Im Vordergrund steht dabei, rasch auftretende und unerwartete Veränderungen zu erkennen. Eine Pegelüberschreitung führt zu einer Alarmmeldung, die Anlage wird abgeschaltet und es wird nach dem ursächlichen Fehler gesucht. Die Überwachung bezieht sich beim zu schützenden System auf die Einhaltung von festgesetzten Grenzen der primären Messgrößen. Diese Systeme werden Wächtersysteme genannt. Die Diagnose setzt eine Weiterverarbeitung der Messsignal-Zeitverläufe voraus. Es ist auf Basis der Konstruktionsdaten und den Belastungsannahmen (Arbeitsprozess) ein Überwachungskonzept auszuarbeiten. Die Diagnose beinhaltet einen zeitlichen Kennwertvergleich mit vorgegebenen Kennwerten 14

Ein Beschreibungsmodell muss erstellt werden. Unter einem Beschreibungsmodell versteht man die Verknüpfung (Beziehungen) zwischen den diagnostischen Kennwerten und Daten oder Zustandsvektoren. Eine kontinuierliche und/oder diskontinuierliche Messdatenerfassung ist möglich. Bei kontinuierlicher Belastung einer Anlage ist auch durch diskontinuierliche Messdatenerfassung eine Schädigung im Frühstadium erkennbar. Die Methoden der Mustererkennung werden eingesetzt. Messstelleninstallation Festinstalliert (on-line) Mobil (off-line) Datenerfassung kontinuierlich Intermittierend Datentyp Skalare Daten Zeigergrößen, Zustandsvektoren, Datenfelder Alarmtyp Pegelüberwachung Hierarchische Stufung, Trendverfolgung Alarmstufe Danger (ein Pegel) Mehrere abgestufte Warnstufen Philosophie Schützende Überwachung, Wächtersysteme Vorausschauende und adaptive Überwachung, Zustandsbestimmung, ggf. Prognose Folgende Schäden können u.a. durch Schwingungsmesseinrichtungen erfasst werden: Lagerschäden Verzahnungsschäden Unwuchten Ausrichtfehler Steifigkeitsprobleme Im Folgenden seien einige Regeln zur Identifikation der Schäden angegeben. Diese Regeln können automatisiert ausgewertet werden 15

Käfig Wälzkörper Innenring Außenring Wirtz, R.: Condition Monitoring aus Sicht eines Anlagenbauers WISSENSPORTAL baumaschine.de 1(2014) Lagerschaden Das Hüllkurvenfrequenzspektrum für einen typischen Außenringschaden besteht aus der Außenringüberrollfrequenz und deren Harmonischen. Das Hüllkurvenfrequenzspektrum für einen typischen Innenringschaden besteht aus der Innenringüberrollfrequenz mit Seitenbändern im Abstand der Drehfrequenz und deren Harmonischen Das Hüllkurvenfrequenzspektrum für einen typischen Wälzkörperschaden besteht aus der doppelten Wälzkörperüberrollfrequenz mit Seitenbändern im Abstand der Käfigumlauffrequenz und deren Harmonischen Das Hüllkurvenfrequenzspektrum bei einem typischen Käfigschaden besteht aus der Käfigumlauffrequenz mit Harmonischen 16

Verzahnungsschäden Lokaler Schaden Das Frequenzspektrum bei einem lokalen Verzahnungsschaden besteht aus der Zahneingriffsfrequenz mit Seitenbändern im Abstand der Drehfrequenz des geschädigten Zahnrads und deren Harmonischen. Verteilter Schaden Das Frequenzspektrum bei einem verteilten Verzahnungsschaden äußert sich durch eine stark überhöhte Amplitude der Zahneingriffsfrequenz und ihrer Harmonischen. Unwucht Das Frequenzspektrum zeigt eine stark überhöhte Amplitude der Drehfrequenz ohne Harmonische in radialer Richtung Parallelversatz Winkelfehler Ausrichtfehler Das Frequenzspektrum zeigt eine stark überhöhte Amplitude der doppelten Drehfrequenz ohne Harmonische in radialer Richtung Das Frequenzspektrum zeigt eine stark überhöhte Amplitude der Drehfrequenz ohne Harmonische in axialer Richtung. 7 Diagnose Signalanalyse Mathematische Methoden Die Weiterverarbeitung der Messsignal-Zeitverläufe setzt eine gründliche Beherrschung der mathematischen Analysemethoden voraus. Das wichtigste Analysewerkzeug ist die Fourier-Transformation. Diese wird nicht immer auf den reinen Messsignal-Zeitverlauf angewendet. Oft ist es notwendig den Messsignalverlauf vorzuverarbeiten. Durch eine Ordnungsanalyse wird zum Beispiel der Messsignal- Zeitverlauf auf die Drehzahl abgebildet, bei schwankendem Drehzahlverlauf, oder die FFT Analyse wird auf die Hüllkurve des Zeitverlaufes angewendet. Die am häufigsten angewendeten mathematischen Methoden finden sie in der nachfolgenden Tabelle der Übersicht halber dargestellt. Wobei die Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. 17

Zeitbereich Kinematische Wellenbahnen Wahrscheinlichkeitsanalyse Transformationen Schwingstärke Summenpegel Hüllkurve Tiefpassfilterung Hilbert-Transformation Autokorrelation & Kreuzkorrelation Lissajous Analyse Ortskurven der Wellenbahn Scheitelfaktormessung Wahrscheinlichkeitsdichte Kurtosis (Krümmen, wölben, Maß für Steilheit) Fourier-Transformation Chirp-z-Transformation Gabor-Transformation Wavelet-Transformation Nyquist-Diagramm Orbit Darstellung Entscheidend bei Anwendung der Diagnosemethoden ist es bei Ausfällen von Maschinenteilen oder Baugruppen zu versuchen Merkmale aus den aufgezeichneten Messwertsignalen abzuleiten welche Hinweise auf den Schaden geben können. Ebenso wichtig ist es Auffälligkeiten bei der Inspektion mit den aufgezeichneten Messsignalverläufen herzustellen. Grundvoraussetzung zu einer solchen Analyse ist, dass die Messsignalverläufe aufgezeichnet werden. Dies kann in umfänglicher Weise auf Servern geschehen oder auf kleinen Rechnern bzw. Innerhalb der Signalverarbeitungskette in Form von Ringspeichern. 8 Datenübertragung und Datenspeicherung Bei den von uns eingesetzten und hier dargestellten Systemen wird eine Anzahl Sensoren mit einer Auswerteeinheit verbunden. Jede Auswerteeinheit hat eine eigene IP Adresse. Die Auswerteeinheiten werden über einen Hub mit dem LAN der Anlage verbunden. Am Hub wird das GSM Modul angeschlossen. Das GSM Modul sendet die Daten an ein Virtual Privat Network. Diese Daten können nun weltweit auf PC oder mobilen Endgeräten zur Auswertung abgerufen werden. Diagramm 5: Aufbau der Datenübertragung 18

9 Resümee Der Stand der Technik erlaubt es uns heute Anlagen systematisch mit Zustandsüberwachungssystemen auszustatten. Die Konzepterstellung zum Überwachen komplexer Anlagen muss durch den Anlagenhersteller erfolgen. Zusammen mit dem Anlagenbetreiber muss er auch die notwendigen organisatorischen Abläufe und Strukturen definieren. Eine Zustandsüberwachung kann nur in Zusammenarbeit von Hersteller und Betreiber erfolgreich sein. Die Betreiber dürfen sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass durch solche Konzepte Ausfälle generell zu vermeiden wären. Spontanausfälle wird es auch bei durchdachten Konzepten des Condition Monitoring weiterhin geben. Quellen [1] Klein, U.: Schwingungsdiagnostische Beurteilung von Maschinen und Anlagen, 3.Auflage Verlag Stahleisen [2] Broch, Jens Trampe: Messungen von Mechanischen Messungen und Stössen, Brüel&Kjär 1970 [3] Digital Signal Analysis, Using Digital Filters and FFT Techniques, Selected Reprints from Technical Review, Brüel&Kjär 1985 [4] Eschmann, Hasbargen, Weigand, Die Wälzlagerpraxis, Oldenbourg 1978 [5] Teerling, Stefan, Konzeption eines Regelwerkes zur Auswertung von Körperschallbasierten Schwingungssignalen, RWTH Aachen, 2003 [6] ISO 15243, Rolling bearings- Damage and failures; Ausgabe 2004 [7] DIN 31051, Grundlagen der Instandhaltung, Ausgabe 2003 [8] ISO 10816, Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messung an nicht-rotierenden Teilen, Ausgabe 2002 Autor ThyssenKrupp Resource Technologies GmbH Business Unit Materials Handling Rainer Wirtz Ernst - Heckel - Str. 1 D-66386 St. Ingbert Tel.: +49 (0) 6894 599 547 Fax: +49 (0) 6894 599 468 e-mail: Rainer.Wirtz@ThyssenKrupp.com Internet: www.thyssenkrupp.com 19