Wasserstoff als Energieträger der Zukunft? Über den Stand der heutigen Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie referierte Frau Prof. Dr. Birgit Scheppat von der Fachhochschule in Wiesbaden beim Vortrags- Abend des VDE-Bezirksvereins Kassel am 28.10.04 in der Universität Kassel, Standort Wilhelmshöher Allee. Frau Prof. Scheppat, hessische Landesvertreterin des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellenverbandes, sowie Vorstandsmitglied der Wasserstoff- und Brennstoffzelleninitiave Hessen berichtete über die Vorzüge und Nachteile von Wasserstoff, der kein Primärenergieträger ist, sondern erst mittels verschiedener technischer Verfahren erzeugt werden muss. Der Abend galt der Frage ob es eine Zukunft mit Wasserstoff als Treibstoff geben wird. Unbeantwortet sind heute noch die Fragen, wie und mit welchem Brennstoff der steigende Energiehunger der wachsenden Weltbevölkerung gestillt werden kann. Nicht nur die erhöhte Nachfrage durch die wachsende Anzahl von Menschen und der steigende Bedarf in Industrie und Verkehr ist die Herausforderung, sondern die gleichzeitig schwieriger werdende Ausbeutung vorhandener Erdgas- und Erdöl- Quellen. Natürlich wird es auch in den nächsten Jahrzehnten noch fossile Brennstoffe geben, doch ist die technische Erschließung weitaus teuerer als bei den heutigen großen bekannten Erdöl- oder Erdgasfeldern. Welcher Brennstoff eignet sich also als Treibstoff, der in großer Menge überall auf der Welt unabhängig von politischen Kräften für die verschiedensten Anwendungen bereitgestellt werden kann, ohne die Umwelt und das Klima nachhaltig zu schädigen? Wasserstoff ist das leichteste und am häufigsten vorkommende Element des Universums, er kommt allerdings nur in gebundener Form vor. Die bekannteste chemische Verbindung ist Wasser, das man mittels elektrischen Stroms zerlegen und Wasserstoff und Sauerstoff gewinnen kann; eins der vielen möglichen Verfahren um Wasserstoff zu gewinnen. Seit über 100 Jahren sind die chemische und die metallverarbeitende Industrie mit dem Umgang mit Wasserstoff vertraut. Nur 8% des erzeugten Wasserstoffs werden gehandelt, der Rest lokal erzeugt und gleich wieder verbraucht, z.b. beim Aufschluss von Kohlenwasserstoffen zu Benzin oder Diesel, zum Hydrieren von Metallen und zum Härte von Fetten. Der Umgang mit diesem Gas setzt die gleichen Sicherheitsstandards voraus wie der Umgang mit Erdgas, allerdings ist Wasserstoff sehr viel leichter als Erdgas und weist noch eine Reihe anderer Eigenschaften auf. Unter anderem eine hohe Diffusions- Geschwindigkeit, eine Flamme, die im Unsichtbaren brennt und einen höheren Zündbereich. Dies ist nur in geschlossenen Räumen ein Problem. Ein Kubikmeter flüssiger Wasserstoff wiegt ungefähr 71 kg und weist einen mehr als 2,5-fach höheren Energiegehalt als Benzin auf (33,3 kwh/kg H 2 zu 12 kwh/kg Benzin). Dazu muss der Wasserstoff auf die Temperatur von 20 K (-253 C) abgekühlt werden. Um die Verflüssigung zu erreichen ist ein Drittel der im Wasserstoff gespeicherten Energie einzusetzen.
Wird gasförmiger Wasserstoff verwendet, dann verursacht die geringe Dichte, dass der Energiegehalt eines Kubikmeters gasförmigen Wasserstoffs unter Normalbedingungen nur den Energieinhalt von 0,34 l Benzin aufweist. Damit sind im Wesentlichen die technischen Probleme beschrieben, die überwunden werden müssen, um eine Wasserstoffwirtschaft zu etablieren. Die drei großen Hürden sind: - Kostengünstige Wasserstofferzeugung, - Speicherung in geeigneter ökonomischen und ökologischen Form; d.h. flüssig, gasförmig oder in Metallhydridspeichern; und die - Verwendung von geeigneten energieeffizienzoptimierten Verbrauchern bzw. Anwendungen. Zur Wasserstoffgewinnung lassen sich nicht nur verschiedene Verfahren einsetzen sondern auch die verschiedensten Ausgangsstoffe: - Erdöl, - Erdgas, - Biomasse, - Kohle, - Wasser oder - Klärschlämme. Heute großtechnisch eingesetzt werden Verfahren wie die Dampfreformierung (Kohlenwasserstoffe und Wasserdampf werden an katalytischen Oberflächen zu Wasserstoff und Kohlendioxid zerlegt) oder die Partielle Oxidation (Oxidation von Kohlenwasserstoffen - auch schwefelreichen - ohne Katalysator), von Erdgas oder Kohlenwasserstoffen. Dabei ist es natürlich unsinnig Wasserstoff aus fossilen Energieträgern herzustellen, anstatt die fossilen Brennstoff direkt zu nutzen. Solange Rohstoffe aus diesen Quellen noch immer so preiswert sind wird Wasserstoff nicht konkurrenzfähig am Markt werden. Dies könnte sich mit anziehenden Marktpreisen der Rohstoffe ändern. Neben den heute eingesetzten Verfahren gibt es die Möglichkeit, Wasserstoff mittels Elektrolyse, d.h. die Zerlegung von Wasser mittels elektrischen Stroms, zu erzeugen. Natürlich ist Strom ein viel zu kostbare Energieform, als das sie genutzt werden sollte, um Wasserstoff herzustellen, gleichzeitig lässt sich einmal erzeugter Strom nur schwer speichern. Daraus lässt sich folgern, dass wenn Strom produziert wird und nicht verbraucht werden kann, eine Speicherung über Wasserstoff sinnvoll sein könnte, auch wenn der Wirkungsgrad der Gesamtkette nicht überzeugend ist. Hierzu werden sowohl in Frankreich, Japan und den USA Untersuchungen durchgeführt, ob nicht die in Kraftwerken vorgehaltene Grundlastausnutzung dadurch besser genutzt werden kann, Wasserstoff zu produzieren in Zeiten, in denen der Strom nicht nachgefragt ist. Wasserstoff bietet auch die Möglichkeit, regenerativ aus Wind-, Wasser- oder Solarenergie wiederum via Elektrolyse erzeugt zu werden, auch wenn die Wirkungsgrade nicht sehr hoch sind (einige Prozent). Diese Methode erlaubt vorhandene Energie zu ernten, bei Bedarf ins Netz einzuspeisen bzw. wenn die Energie zum Erzeugungszeitpunkt nicht genutzt werden kann, als Wasserstoff
zwischenzulagern. Es sollte nicht ungesagt bleiben, dass natürlicherweise zum heutigen Zeitpunkt keine wirtschaftliche Erzeugung mittels dieser Verfahren erreicht werden kann. Einschätzungen gehen davon aus, dass sich das zukünftig ändern könnte, wenn Zugriff und Bereitstellung von Energie, aufgrund der bereits genannten Randbedingungen, einen erheblichen Kostenanstieg bei fossilen Brennstoffen sowohl für den Verkehr, wie in den privaten Haushalten und der Industrie verursacht. Zum Einstieg in die neue Technologie gibt es eine Reihe von Wasserstoffquellen in Deutschland, die beim Übergang von der Erdölwirtschaft in eine nachhaltige Energiewirtschaft helfen können. Hier ist der Wasserstoff ein Byprodukt, das anfällt ohne in der Produktion weitere Verwendung zu finden, wie z.b. bei der Chloralkalielektrolyse. Beispiele hierfür sind die Infraserv GmbH in Frankfurt Höchst mit 50 Mio. Standardkubikmetern Wasserstoff im Jahr oder die BASF in Ludwigshafen, die über große Wasserstoffmengen verfügen können. In Höchst wird im Rahmen eines europäischen Programms, das Zero Regio Programm I, eine Tankstelle gebaut, die diesen Wasserstoff nutzen wird und erste Erfahrungen auf dem Weg in eine Wasserstoffwirtschaft erlaubt. Eine weiter noch zu nehmende Hürde für Wasserstoff ist die Speicherung für den mobilen Sektor. Wasserstoff kann flüssig, gasförmig oder an Metallhydriden gebunden werden. Alle drei Methoden weisen Vorteile und Nachteile auf. Die flüssige Speicherung, in sogenannten Kryotanks, mit ihrer hohen Energiedichte erlaubt im Transportsektor ungefähr die heute üblichen Fahrtstrecken zurückzulegen. Allerdings ist es schwierig Wasserstoff bei -253 C (20K) zu speichern, da die Temperaturdifferenz zwischen innen und außen knapp 300 K beträgt und das kleinste thermische Leck zum Verdampfen des Wasserstoffes führt. Inzwischen verfügt die Firma Linde über ein Verfahren, das erlaubt die Abdampfungsrate so zu verringern, das nur 1%des Tankinhaltes in ca. 3 Wochen verloren geht. Eine weitere Möglichkeit ist die Druckspeicherung bei 300 bar oder 700 bar. Die erstgenannte Technik der Druckspeicherung unter Nutzung von Stahlflaschen ist eine eingeführte Technik. Leider beträgt jedoch dann die Reichweite von Fahrzeugen nur noch rund 150 km, viel zu wenig im Vergleich mit heute üblichen Fahrleistungen. Für Busse im Stadtverkehr ist dies kein Problem, da die Tanks problemlos im Dach der Fahrzeuge untergebracht werden können und die Fahrleistung dieser Flottenfahrzeuge in etwa dieser Reichweite entspricht. Das Betanken eines Busses dauert noch mehrere Stunden. Das häufige Tanken möchte man Privatfahrern nicht zumuten, verglichen mit Fahrleistungen bei Dieseln mit bis zu 1000 km pro Tankfüllung. Deshalb ist ein Umstieg auf eine Hochdruckbefüllung mit 700 bar notwendig. Verwendet werden gewickelte Drucktanks aus harzverstärkten Glasfasern bzw. Kohlefasern, die einen inneren Kern aus Aluminium oder Stahl haben. Leider gibt es bezüglich Lebensdauern dieser Tanks noch keine ausreichenden Aussagen, da die Stückzahl und die Fahrleistung bisher zu niedrig sind. Es bleibt abzuwarten, ob die Herstellkosten dieser Tanks deutlich gesenkt werden können.
Die letzte Alternative zum Speichern von Wasserstoff ist die Speicherung in Metallhydriden (z. B. MgH 2, FeTiH 2 ). Metalllegierungen sind Legierungen, die erlauben auf molekularer Ebene in Zwischengitterplätzen Wasserstoff einzulagern. Die Einlagerung erfolgt exotherm, d.h. Wärme wird frei. Zur Entnahme des Wasserstoffs muss genau wieder diese Wärme aufgewendet werden. Die Befüllung erfolgt bei einigen Bar Druck und auch im Betrieb sind die Betriebdrucke niedrig. Der große Nachteil bis heute ist, dass bisher nicht genug Wasserstoff eingelagert werden kann. Ab 6 Volumenprozenten eingelagerter Wasserstoff würde diese Technik ihren Platz im Markt finden; z.z. sind es jedoch nur max. 4 Vol% speicherbar. Metallhydride sind schwer, würden aber die Möglichkeit bieten, beliebig geformte Tanks im Automobilbereich einzusetzen, die bisher genannten Technologien, Kryotank oder Hochdrucktank, bieten diese Möglichkeit nicht. Eine weitere Hürde ist die Frage nach geeigneten Nutzern von Wasserstoff. Im Bereich der Personenkraftfahrzeuge ist es trotz großer Aufwendungen der Automobilindustrie bisher nicht gelungen die Vorteile von Wasserstoff und Brennstoffzelle in ein langlebiges und zuverlässiges Fahrzeug umzusetzen. Brennstoffzellen wandeln in einer sogenannten kalten Verbrennung Wasserstoff und den Sauerstoff der Luft in Wasser, nutzbaren Strom und Wärme um. Die Umkehrung der Elektrolyse bewirkt, dass Elektronen über den äußeren Stromkreis Arbeit leisten können, während im Inneren der Brennstoffzelle ein Ionenstrom den Stromkreis schließt. Die Frage welchen Tank das Fahrzeug verwenden soll, steht zurück hinter der Frage mit welcher Antriebstechnologie das Fahrzeug sich bewegt: - Verbrennungsmotor oder - Brennstoffzelle. Verbrennungsmotoren sind eine Alternative, allerdings sind diese Fahrzeuge nicht komplett emissionsfrei. Mittels Brennstoffzellen ist es möglich geräuscharm unter Verwendung von Elektromotoren (Nabenmotoren) mit gutem elektrischen Wirkungsgrad emissionsarm/-frei zu fahren. Da die Brennstoffzelle chemische Energie direkt in elektrische Energie wandelt, würde sich der Gesamtwirkungsgrad des Systems PKW erhöhen. Leider stehen zurzeit noch die geringe Lebensdauer und die sehr hohen Kosten der Brennstoffzellen dagegen. Gerade im Bereich Niedertemperaturbrennstoffzellen weicht die Euphorie der letzten Jahre einer gewissen Ernüchterung, dass die Ziele nicht so schnell zu erreichen sind wie erwartet. Wobei diese Aussage nicht für Hochtemperaturbrennstoffzellen gilt und große Erwartungen in neue Materialien für alle Brennstoffzellentechnologien gesetzt werden. Wasserstoff, der Energieträger der Zukunft, dies war die Frage die der Vortrag beantworten sollte. Es wurde eine spannende Technologie vorgestellt, die vor dem Markteintritt steht, wenn auch viele der Hürden noch nicht überwunden sind. Trotzdem scheint mit Wasserstoff ein Treibstoff gefunden zu sein, der sich überall und mit den verschiedensten technischen Prozessen herstellen lässt. Die Frage ob es der optimale Treibstoff ist, die Frage ob es etwas anderes preiswerteres gibt mit den ökologischen und ökonomischen Randbedingungen wird die Zeit zeigen. Heute unter den gegebenen Randbedingungen erscheint dieser Stoff das größte Potential zu haben, um die sich erschöpfenden fossilen Brennstoffe zu ersetzen.
Vielleicht nicht allein, sondern im Konzert mit einer Reihe anderer Treib-/Brennstoffe, doch Wasserstoff wird eine Zukunft haben. Seine Umweltfreundlichkeit und die Möglichkeit der vielfältigen Herstellung machen ihn vielen anderen Stoffen überlegen. Ungesagt bleiben sollte jedoch auch nicht, dass es notwendig ist über die Steigerung der Energieeffizienz nachzudenken unabhängig vom eingesetzten Treibstoff. Hätte Carl Benz gewusst wie viele Schwierigkeiten und Hürden zu überwinden sind bis zu den heutigen Fahrzeugen und hätte er damals die Frage nach dem Wirkungsgrad ernsthaft beantwortet, dann würde die Gesellschaft vermutlich noch mit Pferden und Kühen als Antriebe arbeiten. Auch eine Wasserstoffgesellschaft braucht eine starke Vision dass sie kommen wird ist klar wann ist eine der offenen Fragen.