Fortbildungscurriculum für Medizinische Fachangestellte und Arzthelfer/innen Suchtmedizinische Versorgung

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Transkript:

Fortbildungscurriculum für Medizinische Fachangestellte und Arzthelfer/innen Herausgeber: Bundesärztekammer

Fortbildungscurriculum für Medizinische Fachangestellte und Arzthelfer/innen 1. Auflage 2015 Texte und Materialien zur Fort- und Weiterbildung

Alle Rechte, insbesondere das Recht zur Vervielfältigung, Mikrokopie und zur Einspeicherung in elektronische Datenbanken sowie zur Übersetzung in Fremdsprachen für alle veröffentlichten Beiträge vorbehalten. Nachdruck und Aufnahme in elektronische Datenbanken, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Bundesärztekammer. Bundesärztekammer, Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern, Berlin, 2015

Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 2 1.1 Einführung... 2 1.2 Ziel und Aufbau des Curriculums... 3 2. Hinweise zur Durchführung 5 3. Fortbildung 6 3.1 Dauer und Gliederung... 6 3.2 Teilnahme-/Zulassungsvoraussetzungen... 6 3.3 Handlungskompetenzen... 7 3.4 Überblick über Inhalte und Stundenverteilung... 8 3.6 Abschluss/Lernerfolgskontrolle... 13 3.7 Zertifikat... 13 1

1. Vorbemerkung 1.1 Einführung Als zweitgrößte Gruppe unter den Fachberufen im Gesundheitswesen wirken Medizinische Fachangestellte (MFA) 1 u. a. auch bei der Behandlung suchtkranker Patienten mit. Suchterkrankungen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen. Etwa 7% der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland betreiben einen Alkoholmissbrauch oder sind alkoholabhängig. Ca. 3 Mio. gelten als medikamentenabhängig oder zumindest abhängigkeitsgefährdet. Hinzu kommen etwa 600.000 Menschen, die illegale Drogen abhängig konsumieren oder missbrauchen. Darüber hinaus hat in den letzten Jahren die Nikotinabhängigkeit zunehmende Bedeutung erlangt. Viele Betroffene werden regelmäßig in Arztpraxen und Krankenhäusern wegen Begleitund Folgeerkrankungen ihrer Sucht versorgt. Dabei bestehen oftmals sowohl auf Seiten der Betroffenen als auch auf Seiten des medizinischen Personals Barrieren, die zugrundeliegende Suchterkrankung anzusprechen. Etwa die Hälfte der geschätzten 150-180.000 Opiatabhängigen wird in Praxen oder Ambulanzen substituiert. Die Behandlung unterliegt strengen betäubungsmittelrechtlichen Auflagen, die es zu kennen und einzuhalten gilt. Es bedarf daher im professionellen Umgang mit Abhängigkeitserkrankten und -gefährdeten einer hohen medizinisch-fachlichen, psychologischen wie auch sozialen Kompetenz. Inhalte und Formen von Aus- und Fortbildung müssen sich mehr auf den Versorgungsbedarf in der Zukunft ausrichten. Neue Versorgungsformen und -strukturen, zum Beispiel eine strukturierte ambulante suchtmedizinische Versorgung, sollten an Bedeutung gewinnen. Auch im medizinischen Bereich wurden Ziele und Verfahren der Suchtmedizin neu akzentuiert. Die sich aus der Behandlung von Suchterkrankungen ergebenden vielfältigen Ansprüche führten zur Konzeption einer Fortbildungsmaßnahme für MFA in der suchtmedizinischen Versorgung. Durch eine vertiefende Spezialisierung in der Suchtmedizin kann die MFA den Arzt bei seinen Aufgaben entsprechend unterstützen und entlasten. Voraussetzung für eine gute suchtmedizinische Versorgung ist die Zusammenarbeit im multiprofessionellen Team, die eine gemeinsam praktizierte Grundhaltung in der täglichen Arbeit mit dem Patienten voraussetzt. Es ist deshalb insbesondere wichtig, dass Medizinische Fachangestellte fundierte Grundkenntnisse im Bereich der Suchtmedizin besitzen, um ein koordiniertes Handeln und ein Selbstvertrauen auf die eigene Kompetenz in der Behandlungssituation zu ermöglichen. Bereits die Ausbildungsverordnung für Medizinische Fachangestellte (in Kraft getreten im August 2006) modernisiert das bisherige Berufsbild der Arzthelferin hin zu einer Ausrich- 1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei der Verwendung des Begriffs Arzt die weibliche Form und bei der Verwendung der Begriffe Medizinische Fachangestellte, Arzthelferin und "Teilnehmerin" die männliche Form mitgedacht. 2

tung auf anspruchsvolle Handlungskompetenzen mit neuen Schwerpunkten, wie Kommunikation mit dem Patienten und im Team. Insbesondere der Umgang mit Konflikten, Beschwerden und Störungen, Betreuung, Beratung und Koordinierung, Praxismanagement, Verwaltung und Abrechnung, Dokumentation, Datenschutz und Datensicherheit sowie die Informations- und Kommunikationstechnologien prägen dieses Berufsbild. Qualitätsmanagement, Zeit- und Selbstmanagement sowie Marketing kamen als neue Inhalte hinzu. Im medizinischen Bereich wurden das Handeln in Notfällen, die Gesundheitsförderung und Prävention sowie die Hygiene und Arbeitsschutz neu akzentuiert. In der Ausbildung wird, wenn überhaupt, nur in geringem Maße ein Verständnis der Suchterkrankungen und ihrer Behandlung vermittelt. Die praktische Durchführung der Behandlung und die Dokumentation und Aufarbeitung unterliegen aber Auflagen, deren Einhaltung ohne die kompetente und engagierte Mitarbeit der MFA nicht zu gewährleisten sind. Die bisher vorliegenden Musterfortbildungscurricula der Bundesärztekammer werden deswegen um ein weiteres Curriculum ergänzt. Damit soll vor allen Dingen die suchtmedizinische Versorgung in Deutschland in Praxen, Institutsambulanzen und Suchtkliniken, aber auch in allgemeinen somatischen Kliniken gestärkt werden. Aspekte der Prävention werden in diesem Curriculum nicht thematisiert. Das vorliegende Curriculum wurde bei der Bundesärztekammer von suchtmedizinisch erfahrenen Ärztinnen und Ärzten des Ausschusses "Sucht und Suchtbekämpfung" der Ärztekammer Sachsen-Anhalt in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin und dem Ostdeutschen Arbeitskreis Suchtmedizin erarbeitet. Der Verband medizinischer Fachberufe war beteiligt. Das Curriculum kann als Wahlteil für die Aufstiegsfortbildung Fachwirt/Fachwirtin für ambulante medizinische Versorgung gemäß Paragraph 1 Abs. 4 in Verbindung mit Paragraph 54 Berufsbildungsgesetz durch die Landesärztekammern anerkannt werden. 1.2 Ziel und Aufbau des Curriculums Das vorliegende Curriculum zielt auf Erwerb, Vertiefung und Erweiterung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten von Medizinischen Fachangestellten und Arzthelferinnen im Bereich der Suchtmedizin weit über die in der Ausbildung vorgesehenen Ziele und Inhalte hinaus. Die Medizinische Fachangestellte unterstützt und entlastet den Arzt im Bereich der Patientenvorbereitung, der Patientenmotivation und -kommunikation sowie in Diagnostik und Therapie der wesentlichen suchtmedizinischen Krankheitsbilder. Dazu gehört, dass sie bei der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von diagnostischen Maßnahmen und therapeutischen Interventionen fach- und situationsgerecht mitwirkt und in diesem Zusammenhang delegierbare ärztliche Leistungen durchführt. Ihre fundierten Kenntnisse des suchttherapeutischen Netzwerkes befähigen sie, den Patienten bei der Inanspruchnahme von Leistungen und Maßnahmen zu unterstützen. Der Umfang des Curriculums beträgt 60 Stunden in Form eines berufsbegleitenden Lehrgangs, davon sind 4 Stunden in Form einer Hausarbeit abzuleisten. Die Hausarbeit ist Grundlage des abschließenden Prüfungsgesprächs in Form eines Kolloquiums. 3

Die Ziele der Fortbildung sind in Form von komplexen Handlungskompetenzen formuliert und wo möglich auf Arbeits- und Versorgungsprozesse hin ausgerichtet. Sie sind von curricularen Inhalten unterlegt, mit denen spezifische Wissens-, Fähigkeits- und Fertigkeitsziele erreicht werden sollen. Durch die ergebnisorientierte Formulierung von Zielen und Kompetenzen auf verschiedenen Taxonomiestufen (z. B. wissen/verstehen, anwenden/tun, reflektieren/beurteilen) soll der gewünschte "Outcome" und der Praxisbezug des Curriculums gewährleistet sein. Darüber hinaus werden insbesondere durch die Formulierung von Handlungskompetenzen Vorgaben des Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) bzw. des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) umgesetzt. Kompetenzen und Lerninhalte zu den Bereichen Kommunikation und Gesprächsführung und Wahrnehmung und Motivation (16 Stunden) sind als "eigenständige" bzw. transferierbare Module gestaltet, die einmal abgeleistet in anderen Curricula innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren anerkannt werden sollen. Damit sollen Wiederholungen dieses Themenkomplexes bei der Ableistung mehrerer Curricula vermieden werden. Die Vermittlung im Rahmen dieses Curriculums erfolgt themenbezogen; eine Übertragung auf andere Praxisfelder durch die fortgebildete Medizinische Fachangestellte/Arzthelferin darf unterstellt werden. Sowohl die Modularisierung als auch die ergebnisorientierte Formulierung dienen der flexiblen und ökonomischen Gestaltung im Fortbildungsbereich. Für die Zulassung zur Fortbildung werden eine abgeschlossene Berufsausbildung und erfolgreiche Prüfung zur Medizinischen Fachangestellten oder Arzthelferin und eine mindestens zweijährige Berufserfahrung bzw. eine abgeschlossene Berufsausbildung und erfolgreiche Prüfung in einem vergleichbaren medizinischen Fachberuf und eine mindestens zweijährige Berufserfahrung in der Tätigkeit als Medizinische Fachangestellte bzw. Arzthelferin vorausgesetzt. Inhaltlich ist die Fortbildung in acht Themenkomplexe gegliedert, die entsprechend der erforderlichen Handlungskompetenzen zeitlich gewichtet und sachlich substantiiert sind. Aus der curricularen Feingliederung ergeben sich hinreichende Vorgaben für eine Lehrgangskonstruktion unter didaktischen Gesichtspunkten, die Aufgabe der Veranstalter sein muss. Das Curriculum ist keine umfassende Stoffsammlung zu allen Einzelaspekten; dies würde im Übrigen auch dem handlungsorientierten Ansatz widersprechen. Die Qualifikation ist durch eine Lernerfolgskontrolle nachzuweisen. Sie besteht aus einem Prüfungsgespräch in Form eines Kolloquiums. Voraussetzung ist der Besuch von 90% des Präsenzunterrichtes und die Vorlage einer Hausarbeit zu einem relevanten suchtmedizinischen Thema. Über die bestandene Prüfung ist vom Veranstalter ein Zertifikat auszustellen. Aufgrund des Modulprinzips sind dabei anderweitig abgeleistete Teilkomponenten anzuerkennen, sofern sie diesem Curriculum gleichwertig sind. 4

2. Hinweise zur Durchführung Im vorliegenden Curriculum sind die Zielvorgaben in Form von Handlungskompetenzen und Lernzielen formuliert. Sie sind durch eine Gliederung der Inhalte nach fachsystematischen Gesichtspunkten unterlegt. Das Curriculum ist von den Veranstaltern in ein unter didaktisch- methodischen Kriterien konzipiertes Lehrgangskonzept umzugestalten, das Theorie und Praxis verbindet. Die praktischen Übungen sind innerhalb des Lehrgangs durch z.b. Rollenspiele oder Arbeit in Kleingruppen zu vermitteln, können aber auch in realen Versorgungszusammenhängen durchgeführt und anschließend innerhalb des theoretisch -praktischen Lehrgangs befundbezogen reflektiert werden. Denkbar und sinnvoll sind sowohl Wochen- als auch Wochenendkurse; das Modulprinzip ist zu beachten. Um auch in kleinen Gruppen praktische Übungen durchführen zu können, sollte die Kursgröße 25 Teilnehmer nicht überschreiten. Kurse und Prüfungen sollten von einem Arzt mit der Zusatzbezeichnung "Suchtmedizinische Grundversorgung" geleitet werden. 5

3. Fortbildung 3.1 Dauer und Gliederung 60 Stunden in Form eines berufsbegleitenden Lehrgangs, der fachtheoretischen Unterricht und fachpraktischen Unterricht und strukturierte praktische Übungen enthält und eine Hausarbeit im Umfang von 4 Stunden umfasst. 3.2 Teilnahme-/Zulassungsvoraussetzungen Die Teilnahme an der Fortbildung setzt eine abgeschlossene Berufsausbildung und die erfolgreiche Prüfung zur Medizinischen Fachangestellten oder Arzthelferin und eine mindestens zweijährige Berufserfahrung oder eine abgeschlossene Berufsausbildung und die erfolgreiche Prüfung in einem vergleichbaren medizinischen Fachberuf und eine mindestens zweijährige Berufserfahrung in der Tätigkeit als Medizinische Fachangestellte bzw. Arzthelferin voraus. 6

3.3 Handlungskompetenzen Die Medizinische Fachangestellte soll den Arzt in Diagnostik und Therapie wichtiger Abhängigkeitserkrankungen unterstützen und entlasten: Sie motiviert den Patienten durch aktivierende und strukturierte Kommunikation und Interaktion zur Mitwirkung an den suchtdiagnostischen und -therapeutischen Maßnahmen. Sie fördert und aktiviert die individuellen und sozialen Ressourcen des Patienten unter Berücksichtigung der Behandlungsziele. Sie führt delegierbare Leistungen, insbesondere bei der suchtmedizinischen Diagnostik und Behandlung durch. Sie führt Dokumentations- und Verwaltungsaufgaben durch, insbesondere unter Berücksichtigung betäubungsmittelrechtlicher Vorgaben. Sie organisiert für die Patienten die Inanspruchnahme von Leistungen des suchttherapeutischen Netzwerkes sowie den internen und externen Informationsfluss. Sie handelt bei suchtmedizinischen Notfällen angemessen. Sie setzt im Sinne des "lebenslangen Lernens" neues Wissen, neue Methoden sowie Arbeitstechniken und Verfahren selbstständig um. Sie setzt Strategien zur Bewältigung von Ansprüchen aus dem Arbeitsfeld ein. 7

3.4 Überblick über Inhalte und Stundenverteilung Fachtheoretischer und fachpraktischer Unterricht 56 Stunden 1. Kommunikation und Gesprächsführung 8 Stunden 2. Wahrnehmung und Motivation 8 Stunden 3. Grundlagen der Suchtmedizin 6 Stunden 4. Abhängigkeitserkrankungen 20 Stunden 5. Rechtliche Grundlagen der Suchtmedizin 3 Stunden 6. Kooperation im suchttherapeutischen Netzwerk 4 Stunden 7. Suchtmedizinische Notfälle 4 Stunden 8. Praxismanagement 3 Stunden Hausarbeit und Kolloquium 4 Stunden Gesamt 60 Stunden 8

3.5 Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten 1. Kommunikation und Gesprächsführung 8 Stunden 1.1 Kommunikationstechniken anwenden 1.2 Gesprächsführung insbesondere mit spezifischen Patientengruppen und Angehörigen beherrschen 1.3 Telefonkommunikation durchführen 1.4 Konfliktlösungsstrategien einsetzen 1.5 Sich mit der Berufsrolle auseinandersetzen 1.5.1 Nähe-Distanz-Regulierung 1.5.2 Notwendigkeit kollegialer Reflexion 2. Wahrnehmung und Motivation 8 Stunden 2.1 Modelle der Selbst- und Fremdwahrnehmung verstehen 2.2 Motivation und Bedürfnisse einschätzen 2.3 Patienten und betreuende Personen zur Mitwirkung motivieren 2.4 Besonderheiten spezifischer Patientengruppen berücksichtigen 2.5 Soziales Umfeld einschätzen 3. Grundlagen der Suchtmedizin 6 Stunden 3.1 Neurophysiologie und allgemeine Biologie der Sucht verstehen 3.2 Modelle der Sucht verstehen 3.3 Psychische und soziale Aspekte der Sucht berücksichtigen 3.3.1 Psychische Bedeutung und Auswirkung des Suchtmittelkonsums 3.3.2 Stigmatisierung Suchtkranker 3.4 Beim Rückfallmanagement mitwirken 3.5 Präventionsmöglichkeiten kennen 9

4. Abhängigkeitserkrankungen 20 Stunden 4.1 Alkoholassoziierte Störungen verstehen 4.1.1 Diagnostische Kriterien 4.1.2 Krankheits- und Therapiephasen 4.1.3 Therapiemethoden 4.1.4 Medikamente in der Behandlung der verschiedenen Therapiephasen 4.1.5 Begleit- und Folgeerkrankungen 4.2 Missbrauch und Abhängigkeit von illegalen Drogen verstehen 4.2.1 Applikation, Wirkung, Intoxikation und Entzugssymptome von Suchtstoffen 4.2.2 Diagnostische Kriterien der verschiedenen Substanzstörungen 4.2.3 Therapiemethoden 4.2.4 Substitution Medikamente zur Substitution Bedingungen der Vergabe Therapie der Komorbiditäten 4.2.5 Begleit- und Folgeerkrankungen 4.3 Medikamentenabhängigkeit verstehen 4.3.1 Suchtpotenz und Missbrauchspotential verschiedener Medikamente 4.3.2 Schlaf- und Beruhigungsmittel, Analgetika 4.3.3 Pharmakologie und Klinik 4.3.4 Begleit- und Folgeerkrankungen 4.4 Tabakabhängigkeit verstehen 4.4.1 Wirkungsweise von Nikotin 4.4.2 Möglichkeiten der Therapie 4.3.3 Medikamente 4.4.4 Begleit- und Folgeerkrankungen 4.5 Substanzungebundene Süchte kennen 4.6 Begleitende Aspekte der Behandlung berücksichtigen 4.6.1 Behandlungsmotivation 4.6.2 Co-Abhängigkeit 4.6.3 Probleme und Konflikte der Behandlungspraxis 10

5. Rechtliche Grundlagen der Suchtmedizin 3 Stunden 5.1 Allgemeine Rechtsgrundlagen kennen 5.1.1 im Sozialversicherungsrecht 5.1.2 im Verkehrsrecht 5.1.3 im Strafrecht 5.2 Rechtsgrundlagen der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger kennen 5.2.1 Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) 5.2.2 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) 5.2.3 Arzneimittelgesetz (AMG) 5.2.4 Richtlinien Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (MvV) des Gemeinsamen Bundesausschusses 5.2.5 Vorschriften zur Fahrtauglichkeit 6. Kooperation im suchttherapeutischen Netzwerk 4 Stunden 6.1 Einrichtungen, ihre Leistungen und Zugangswege kennen 6.1.1 Ambulant 6.1.2 Stationär 6.1.3 Rehabilitation 6.1.4 Selbsthilfe 6.2 Weiterführende Maßnahmen organisieren 7. Suchtmedizinische Notfälle 4 Stunden 7.1 Bei Intoxikation angemessen handeln 7.2 Bei Entzugssyndrom angemessen handeln 7.3 Bei Notfällen in Verbindung mit komorbiden Störungen angemessen handeln 8. Praxismanagement 3 Stunden 8.1 Dokumentation durchführen 8.1.1 Besondere Anforderungen der Substitutionsbehandlung 11

8.2 Praxisorganisation, insbesondere Zeitmanagement beherrschen 8.3 Abrechnung durchführen 8.3.1 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) 8.3.2 Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) 8.3.3 Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) 8.4 Maßnahmen des Qualitätsmanagements durchführen Hausarbeit und Kolloquium 4 Stunden Erstellung einer Hausarbeit einschließlich Recherche zu einem suchtmedizinischen Thema und Präsentation im Kolloquium 12

3.6 Abschluss/Lernerfolgskontrolle Die Fortbildung ist in einem Zeitraum von höchstens 5 Jahren zu absolvieren. Die erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten sind in einem höchstens 20-minütigen Kolloquium über die Hausarbeit nachzuweisen. Voraussetzungen für die Zulassung zum Kolloquium sind: Ableistung von mindestens 90% des Unterrichts, Erfolgreiche Anfertigung einer Hausarbeit über eine suchtmedizinische Thematik im Umfang von maximal 4 Seiten Die Teilnahme an ggf. einzelnen Modulen der Fortbildung ist durch Bescheinigung des Veranstalters nachzuweisen. 3.7 Zertifikat Nach erfolgreicher, bescheinigter Teilnahme an der Gesamtfortbildung, dem Nachweis der erfolgreichen Hausarbeit und dem bestandenen Kolloquium erhält die Teilnehmerin ein Zertifikat des Veranstalters. 13