Atomtransporte: Vom Yellow Cake bis zum Brennelement

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Transkript:

Atomtransporte: Vom Yellow Cake bis zum Brennelement Peter Diehl WISE Uranium Project http://www.wise-uranium.org/ 29. September 2010 (nach einem am 4. September 2010 in Hamburg gehaltenen Vortrag) Das von den Uranbergwerken produzierte Uranerzkonzentrat ( Yellow Cake ) muß einer Reihe von Verarbeitungsschritten unterzogen werden, um es in AKWs mit Siedewasser- oder Druckwasser-Reaktoren einsetzen zu können. Die dafür nötigen Anlagen sind weit verstreut, so daß das Material mitunter mehrfach um die Welt transportiert wird, bevor es das AKW erreicht. Gefahren gehen insbesondere von den Transporten des Zwischenprodukts Uranhexafluorid aus, das bei Unfällen giftige und aggressive Gase bilden kann. Die meisten Transportunfälle sind zwar bisher glimpflich ausgegangen, es gab jedoch auch einige, die sich leicht zu Katastrophen hätten entwickeln können. Transporte von Uranerzkonzentrat von der Uranerzaufbereitung zur Konversionsanlage Das Uranerzkonzentrat (U 3 O 8 mit Verunreinigungen) wird von den Uranerz- Aufbereitungsanlagen in Stahlfässern geliefert, die in den üblichen See-Containern transportiert werden. Bei solchen Transporten wird immer wieder einmal ein Faß beschädigt und etwas Uranerzkonzentrat tritt aus, was aber bei Beachtung gewisser Schutzmaßnahmen leicht wieder eingesammelt werden kann und keine größere Gefahr darstellt. Konversionsanlage In einer Konversionsanlage wird das Uranerzkonzentrat gereinigt (raffiniert) und über mehrere Zwischenschritte in die Verbindung Uranhexafluorid (UF 6 ) umgewandelt. Das Uranhexafluorid kann leicht in den gasförmigen Zustand übergehen, eine Eigenschaft, die für den nachfolgenden Anreicherungsprozeß benötigt wird. Bei normaler Umgebungstemperatur, also auch beim Transport, ist das Uranhexafluorid aber ein kristalliner Feststoff. In der westlichen Welt gibt es nur die folgenden vier Konversionsanlagen: - Malvési/Pierrelatte, Frankreich (Fa. Areva/Comurhex) - Springfields, Großbritannien (Fa. Cameco) - Metropolis, Illinois, USA (Fa. Honeywell/Converdyn) - Blind River/Port Hope, Ontario, Kanada (Fa. Cameco)

2 In Frankreich und Kanada ist der Konversionsprozeß jeweils auf zwei Standorte aufgeteilt: Malvési produziert Urantetrafluorid (UF 4 ), das in Pierrelatte in UF 6 umgewandelt wird, und Blind River produziert UO 3, das in Port Hope in UF 6 umgewandelt wird. Die Anlage in Großbritannien ist nicht mehr selbständig und wird derzeit von der kanadischen Firma Cameco betrieben. Das UF 6 wird in zylindrische Stahlbehälter (Typ 48Y) mit einem Fassungsvermögen von 12,5 t gefüllt. Das UF 6 ist aufgrund seiner Radioaktivität und seiner chemischen Eigenschaften gefährlich: wenn es in Kontakt mit der Luft kommt, dann reagiert es mit der Luftfeuchtigkeit zu der giftigen Verbindung Uranylfluorid (UO 2 F 2 ) und zu Fluorwasserstoff (HF), dem Grundstoff für die äußerst korrosive Flußsäure. Die Alphastrahlung des Urans wird zwar bei intaktem Behälter durch dessen Stahlwand zurückgehalten, es bilden sich aber bereits wenige Wochen nach dem Abfüllen Zerfallsprodukte (Th-234, Pa-234m und Th-231), die durchdringende Gammastrahlung abgeben. Außerdem löst die Alphastrahlung des Urans im Fluor eine Kernreaktion aus, bei der Neutronenstrahlung freigesetzt wird. Die Neutronenstrahlung macht (abhängig vom Anreicherungsgrad) 20 bis 70% der Gesamtstrahlung am Behälter aus. Transporte von Uranhexafluorid von der Konversionsanlage zur Anreicherungsanlage Beispiele von Unfällen mit Uranhexafluorid-Transporten: Der bekannteste Unfall mit UF 6 war am 25.8.1984 der Untergang des Frachters Mont Louis vor der belgischen Küste, nachdem er mit einer Fähre zusammengestoßen war. Der Frachter hatte 30 Behälter vom Typ 48Y mit insgesamt 360 t UF 6 geladen, die, begünstigt durch die geringe Wassertiefe an der Unfallstelle, in den nachfolgenden Wochen nahezu unbeschädigt geborgen werden konnten. Das UF 6 war auf dem Weg von der Konversionsanlage im französischen Pierrelatte zur Anreicherung in der Sowjetunion. Die Seereise hatte in Le Havre begonnen und sollte zum Hafen von Riga führen. Am 21.5.2003 verunglückte auf der Autobahn A-1 bei Bathmen in den Niederlanden ein Lastwagen mit einer Ladung UF 6, die aus England kam und in die Anreicherungsanlagen nach Almelo und Gronau gebracht werden sollte. Der Lastwagen stieß mit einem anderen Lastwagen zusammen; der Fahrer wurde verletzt und kam ins Krankenhaus, die Ladung blieb aber unbeschädigt. Brisant war dieser Unfall aufgrund des Umstands, daß der andere an der Kollision beteiligte Lastwagen Paraffin geladen hatte. Paraffin ist ja bekanntlich brennbar, und erst voriges Jahr hat sich in der Nacht vom 11. zum 12.6.2009 im Kieler Hafen ein Großbrand in einem Paraffin-Lager ereignet, der erst nach vier Stunden unter Kontrolle gebracht werden konnte. Wenn aber ein UF 6 -Behälter in einen solchen extern gespeisten Brand gerät, dann steigt nach ca. einer halben Stunde der Druck im Behälter so stark an, daß er platzt und der ganze Inhalt auf einen Schlag freigesetzt wird. Dann ist mit tödlichen Konzentrationen der entstehenden Gase in 1 km Umkreis zu rechnen.

3 Um diesen Druckanstieg im Brandfalle möglichst lange hinauszuzögern, werden die Behälter heute alle mit einer zusätzlichen isolierenden Umverpackung transportiert. Am 2.8.2009 überschlug sich auf der Autobahn I-64 bei Sandstone, West Virignia, USA ein Sattelschlepper, der einen Behälter 48Y mit UF 6 geladen hatte, und fing Feuer. Der Behälter fiel bei dem Unfall von der Ladefläche und war von dem Feuer nicht betroffen. Am Behälter entstand nur leichter äußerlicher Schaden. Der Fahrer des Sattelschleppers sowie der eines ebenfalls am Unfall beteiligten Geländewagens wurden ins Krankenhaus gebracht. Der Transport war unterwegs von der Konversionsanlage in Metropolis, Illinois, zum Hafen von Portsmouth, Virginia, von wo der Behälter zu Urencos Anreicherungsanlage in Almelo in den Niederlanden verschifft werden sollte. Am 8.3.2010 stoppte die Bremer Polizei einen Lastwagen mit einem UF 6 -Transport, da das Gestell, auf dem der UF 6 -Behälter transportiert wurde, teilweise durchgerostet war. Der Behälter war auf dem Seeweg von den USA nach Hamburg gekommen, und sollte von dort zur Anreicherungsanlage Gronau gebracht werden. Anreicherungsanlage Ist der Behälter in der Anreicherungsanlage angekommen, wird er dort durch Erhitzen entladen: dabei geht das UF 6 direkt vom festen in den gewünschten gasförmigen Zustand über, während die Zerfallsprodukte des Urans im Behälter zurückbleiben, da sie keine flüchtigen Verbindungen mit dem Fluor eingehen. Dieser Rückstand wird allgemein mit dem englischen Begriff "Heels" bezeichnet. Sobald das UF 6 aus dem Behälter entleert ist, kann die Strahlung der Zerfallsprodukte ungehindert zur Behälterwand gelangen, da sie nicht mehr durch das Uran abgeschirmt wird. Im Endeffekt ist die Strahlung am entleerten Behälter 50 100 mal so hoch wie an einem vollen Behälter. Dieser Effekt ist auch für den kuriosen Vorfall verantwortlich, der sich am 28.6.2006 in Trier- Ehrang ereignete: ein Güterzug mit solchen entleerten Behältern kam neben einem Schrotthandels-Betrieb zu stehen und löste dort einen Strahlenalarm aus, da das Meßgerät angesprochen hatte, das eingehende Schrottladungen auf versteckte Strahlenquellen untersuchen sollte. In der Anreicherungsanlage wird der Anteil des im Natururan mit 0,72% enthaltenen spaltbaren Isotops U-235 auf 3-5% erhöht, entweder mit dem Gasdiffusionsverfahren, oder mit dem Gaszentrifugenverfahren. Größere kommerzielle Anreicherungsanlagen finden sich in der westlichen Welt in: - Paducah, Kentucky, USA (USEC - Gasdiffusion) - Tricastin, Frankreich (Eurodif/Areva - Gasdiffusion) - Capenhurst, England / Almelo, Niederlande / Gronau, Deutschland (Urenco - Gaszentrifuge) Weitere Zentrifugen-Anlagen sind in den USA und in Frankreich in Bau, sie sollen in naher Zukunft die äußerst energieaufwendige Gasdiffusion ganz ersetzen. Beim Anreicherungsprozeß fallen auf ein Teil angereichertes Uran etwa sieben Teile abgereichertes Uran als Abfall an, bei dem der Gehalt an U-235 gegenüber dem Natururan vermindert ist. Das abgereicherte Uranhexafluorid (Tails) wird wieder in Behälter vom Typ 48Y gefüllt und zunächst einmal auf den Hof gestellt. Die Anreicherungsfirmen hoffen, daß

4 sich für das abgereicherte Uran in Zukunft noch eine Verwendung finden läßt, sei es, daß zukünftige hocheffiziente Anreicherungsverfahren es erlauben werden, auch noch den Restgehalt an U-235 herauszuholen, oder der Einsatz in schnellen Brutreaktoren. Je länger die Behälter allerdings auf dem Hof stehen, desto größer werden die Probleme mit der Korrosion der Behälter, weswegen man jetzt dazu übergeht, das abgereicherte UF 6 in die chemisch stabilere Oxidform U 3 O 8 umzuwandeln, um es besser zwischenlagern zu können. Eine erste solche Dekonversionsanlage wurde in Frankreich in Betrieb genommen, weitere sind in verschiedenen Ländern im Bau oder geplant. Wenn für das abgereicherte Uran keine andere Verwendung gefunden wird, muß es letztlich in ein Endlager gebracht werden. In Deutschland käme hierfür nur das geplante Endlager Gorleben infrage, wofür das abgereicherte UF 6 allerdings ebenfalls zunächst in ein chemisch stabileres Oxid umgewandelt werden müßte, wie z.b. UO 2 oder U 3 O 8. Das eigentliche Produkt der Anreicherung, das angereicherte Uranhexafluorid, wird in Behälter mit einem Fassungsvermögen von nur 2,277 t gefüllt (Typ 30B); der kleinere Behältertyp wird hier gewählt, da bei angereichertem Uran unkontrollierte Kettenreaktionen entstehen können (sog. Kritikalität), wenn zuviel Uran an einem Ort zusammengebracht wird. Transporte von abgereichertem Uranhexafluorid (Tails) zur Wiederanreicherung Die europäischen Anreicherungsfirmen Urenco und Eurodif haben von 1996 bis 2009 bzw. 2010 große Mengen abgereicherten Urans nach Rußland gebracht, offiziell, um es dort wiederanreichern zu lassen. Das dabei gewonnene Uran mit natur-äquivalentem Gehalt an Uran-235 wurde zurückgeliefert, während das mengenmäßig den Löwenanteil darstellende zweifach abgereicherte Uran in Rußland verblieb. Aufgrund der vermiedenen Entsorgungskosten haben Eurodif und Areva mit dieser Transaktion vermutlich ein sehr gutes Geschäft gemacht. Seit 2005 hat es in den beteiligten Ländern immer wieder Proteste von Umweltschützern gegen diese Transporte gegeben. Rußland hat die Verträge nun aber nicht verlängert, da es sich jetzt Chancen ausrechnet, mit seinen überschüssigen Anreicherungs- Kapazitäten auf dem Weltmarkt bessere Gewinne erzielen zu können. Transporte von angereichertem Uranhexafluorid von der Anreicherungsanlage zur Brennelementefabrik Beispiele von Unfällen bei Transporten von angereichertem Uranhexafluorid: Am 10.4.2003 überschlug sich auf der Autobahn I-40 bei Knoxville, Tennessee, USA ein Sattelschlepper, der fünf Behälter vom Typ 30B mit angereichertem UF 6 geladen hatte. Der Transport war auf dem Weg von der Anreicherungsanlage Paducah, Kentucky, zur Brennelementefabrik GNF in Wilmington, North Carolina. Es gab keine Verletzten und die Behälter blieben unversehrt, lediglich zwei Umverpackungen von Behältern zeigten leichte Schäden. Am 16.10.2003 kam bei Broadus, Montana, USA, ein Sattelschlepper vom Highway ab und überschlug sich. Er hatte vier Behälter mit angereichertem UF 6 geladen, die

5 beim Unfall nicht beschädigt wurden. Der Fahrer wurde verletzt, jedoch nicht lebensgefährlich. Der Transport war auf dem Weg vom Hafen Seattle, Washington, zur Brennelementefabrik GNF in Wilmington, North Carolina. Am 4.1.2007 wurde ein Sattelschlepper, der vier Behälter mit angereichertem UF 6 geladen hatte, in Paducah, Kentucky, USA, in einen Zusammenstoß verwickelt, als er gerade die Anreicherungsanlage Paducah verließ. Es wurde kein UF 6 freigesetzt. Der Transport war auf dem Weg zum Hafen von Oakland, California, von wo das Material nach Übersee verschifft werden sollte. Beispiele von Transporten durch den Hamburger Hafen: (hier nur Transporte, die die USA berühren; Quelle: U.S. Nuclear Regulatory Commission) 12320 kg angereichertes Uran in 8 Behältern vom Typ 30B, von Urencos Anreicherungsanlage in Gronau zur Westinghouse Brennelementefabrik in Columbia, South Carolina, USA; Abfahrt in Hamburg am 27.3.2010 mit "Atlantic Compass" nach Baltimore, Maryland, USA. 24 entleerte Behälter 48Y mit "Heels" von Urencos Anreicherungsanlage in Almelo, Niederlande, zurück zur Honeywell/Converdyn Konversionsanlage in Metropolis, Illinois, USA; Abfahrt in Hamburg am 15.5.2010 mit "Atlantic Cartier" nach Baltimore, Maryland, USA. 8 entleerte Behälter 30B mit "Heels" von Arevas Brennelementefabrik in Richland, Washington, USA, zurück nach Urencos Anreicherungsanlage Almelo in den Niederlanden; Ankunft in Hamburg am 20.5.2010 mit "Atlantic Compass" von Baltimore, Maryland, USA. Brennelementefabrik In der Brennelementefabrik wird das angereicherte UF 6 umgewandelt in UO 2, als Pulver in Tablettenform gepreßt, gesintert und geschliffen; die fertigen Tabletten werden in Brennstäbe gefüllt und die Brennstäbe zu Brennelementen gebündelt. In der westlichen Welt gibt es etwa ein Dutzend Brennelementefabriken - in Deutschland (nach der Stillegung der Anlagen in Hanau) nur noch eine in Lingen. Transporte von Brennelementen von der Brennelementefabrik zum AKW Beispiele von Unfällen bei Transporten von Brennelementen: Am 8.6.2004 überschlug sich ein Sattelschlepper auf der Autobahn I-80 in Tooele County, Utah, USA. Der Transport enthielt einen See-Container mit 12 neuen Brennelementen auf dem Weg von Oakland, California zur Ostküste für den Seetransport nach Japan. Die beiden Fahrer wurden verletzt, die Ladung blieb aber anscheinend unbeschädigt.