Sonnenschutzmittel Interview mit Prof. Dr. Christian Surber

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Transkript:

Sonnenschutzmittel Interview mit Prof. Dr. Christian Surber CHRISTA INGLIN Übermässige Sonnenexposition verursacht Sonnenbrände und kann zu einer vorzeitigen Hautalterung oder langfristigen Schäden und Zellmutationen bis hin zu Hautkrebs führen. Neben Textilien und Sonnenbrille bieten verschiedene Sonnenschutzprodukte einen Schutz vor den negativen Folgen einer übermässigen Sonnenexposition. Prof. Dr. Christian Surber informiert im nachfolgenden Interview über lokal anwendbare Sonnenschutzmittel und gibt allgemeine und bezogen auf kranke Haut spezifische Empfehlungen ab. Herr Prof. Surber, überhöhte oder zu lange ultraviolette (UV-)Strahlung durch Sonnenexposition kann die Haut vorzeitig altern lassen, nachhaltig schädigen und im schlimmsten Fall sogar zu Hautkrebs führen. Sind lokal anwendbare Sonnenschutzprodukte generell geeignet, die negativen Folgen der Sonnenexposition zu verhindern? Grundsätzlich ja, aber das Auftragen von Sonnenschutzmittel in Form von Lotionen, Cremen etc. ist die am wenigsten wirksame Schutzmassnahme. Kleider oder das Aufsuchen von Schatten sind viel effektiver und nicht vergessen sollte man die Sonnenbrille zum Schutz der Augen. Den Konsumentinnen und Konsumenten steht eine grosse Auswahl an Sonnenschutzprodukten zur Verfügung. Massgebliches Kriterium ist dabei der Sonnenschutzfaktor Prof. Dr. Christian Surber (Lichtschutzfaktor LSF). Was sagt der LSF über die Schutzleistung des Produktes aus? Der LSF ist ein Mass für die Schutzwirkung eines Sonnenschutzproduktes vor allem im UV-B-Bereich. Der LSF wird meist von unabhängigen Untersuchungslaboratorien an freiwilligen Probanden nach genau normierten, interna- SONNENSCHUTZMITTEL 5

HS 4/2015 tional anerkannten Regeln bestimmt. Der LSF gibt an, wieviel mal länger man sich mit einem Sonnenschutzmittel der Sonne aussetzen kann, ohne einen Sonnenbrand zu bekommen, als dies mit der jeweils individuellen Eigenschutzzeit möglich wäre. Die Eigenschutzzeit ist vom Hauttyp abhängig. Die Eigenschutzzeit eines sehr hellhäutigen Menschen beträgt bei Sonnenhöchststand etwa fünf bis zehn Minuten. Den LSF sollte man nur als Richtfaktor verstehen und nicht versuchen, seine Schutzzeit genau zu berechnen. Dies aus gutem Grund der LSF wird nach standardisiertem Auftragen von 2 mg/cm 2 Sonnenschutzprodukt unter Laborbedingungen bestimmt. Im Alltag werden häufiger weniger als 1 mg/cm 2 aufgetragen und das Sonnenschutzprodukt geht bei Freizeitaktivitäten häufig durch Abrieb auch wieder schnell verloren. Gute Sonnenschutzprodukte schützen sowohl im UV-A- wie auch im UV-B-Bereich. Schützen Sonnenschutzprodukte mit einem LSF 50 doppelt so gut wie solche mit einem LSF 25? Grundsätzlich ja. Leider gibt es viele falsche Aussagen dazu, was die Zahlen tatsächlich aussagen. Beispielsweise wird häufig kolportiert, dass sich die Schutzleistung von LSF 15 auf LSF 30 beziehungsweise LSF 60 nicht verdoppelt respektive vervierfacht, da der prozentuale Anteil an absorbierter UV-Strahlung durch das Sonnenschutzmittel lediglich um wenige Prozente ansteigt. Das hiesse: Die Schutzleistung verbessert sich bei steigendem Lichtschutzfaktor nur um wenige Prozente. Der LSF bezieht sich jedoch nicht auf die durch das Sonnenschutzprodukt «herausgefilterte» Strahlung, sondern auf die Strahlung, die in die Haut eindringt und schädigt. Bei LSF 15 erreichen ca. 6,7 Prozent, bei LSF 30 ca. 3,3 Prozent und bei LSF 60 rund 1,7 Prozent der UV- Strahlung die Haut dies entspricht einer Verdoppelung beziehungsweise Vervierfachung der Lichtschutzleistung (siehe Grafik). Gibt es einen maximalen Sonnenschutzfaktor? Um ein Rennen um immer höhere Sonnenschutzfaktoren zu verhindern, hat man sich in Europa auf vier Schutzniveaugruppen geeinigt: Niedriges (LSF 6, 10), mittleres (LSF 15, 20, 25), hohes (LSF 30, 50) und sehr hohes Schutzniveau (LSF 50+). Die Bezeichnungen der Schutzniveaugruppen wurden bisher von Industrie und Konsument nicht angenommen. Deshalb wird weiter mit den LSF argumentiert und geworben. Der LSF lässt sich durchaus über 50+ stei- 6 SONNENSCHUTZMITTEL

gern, allerdings verschlechtern sich die sensorischen Eigenschaften der Produkte wieder und das regelmässige Auftragen wird erschwert. Bei Produkten mit sehr hohem Schutzniveau tendieren Konsumenten nicht selten dazu, weniger Produkt aufzutragen und/oder sich noch länger der Sonne zu exponieren. In anderen Teilen der Welt gibt es Sonnenschutzprodukte mit LSF grösser als 100 dort ist das Rennen um einen noch höheren Wert voll im Gange. Auf dem Markt sind Sonnenschutzprodukte mit physikalischen und/oder mit chemischen Filtern erhältlich. Worin unterscheiden sich die beiden Filterarten hinsichtlich ihrer Wirkung und Schutzleistung? Diese Unterscheidung ist etwas irreführend. Mit den physikalischen Filtern sind meist Titandioxid und Zinkoxid gemeint. Alle anderen Filter werden häufig als chemische Filter bezeichnet. Tatsache ist, dass alle Filter chemische Substanzen sind und als Produkt eines chemischen Herstellprozesses entstehen. Titandioxid und Zinkoxid sind anorganische, partikuläre (Nano- und Mikropartikel) Filter, sie gelten weitgehend als nicht beziehungsweise kaum reaktionsfähig. Sie reflektieren, streuen und absorbieren die auf die Haut auftretende Sonnenstrahlung. Alle anderen Filter sind organischer Natur, enthalten Kohlenstoffatome. Sie können ebenfalls partikulär sein und absorbieren die Sonnenstrahlung. In der Regel werden mehrere verschiedene Filter in ein Produkt eingearbeitet, um die gewünschte Schutzleistung, also die Höhe, und Schutzbreite, das heisst UVA und UVB, zu erzeugen. Der Schutzvorgang, also Absorption, Streuung und Reflektion, findet auf der Haut und in den obersten Schichten der SONNENSCHUTZMITTEL 7

HS 4/2015 Hornhaut statt. Bei dem seit einigen Jahren propagierten Infrarot-Schutz (IR) wird keine Strahlung absorbiert und «unschädlich» gemacht, sondern der durch die Infrarotstrahlung angestossene Schädigungsprozess in der Haut gehemmt. Was sind Breitbandfilter? Man spricht von Breitbandfiltern, wenn die Filter sowohl im UV-A- wie auch im UV-B-Bereich UV-Strahlung absorbieren. Gute Sonnenschutzprodukte schützen sowohl im UV-A- wie auch im UV- B-Bereich. Welches sind die schädlichen Folgen bei einer übermässigen UV-A-Bestrahlung? UV-A-Strahlung ist verantwortlich für die Hautbräunung und die Hautalterung. Sie galt bisher als weniger aggressiv als UV-B-Strahlung. Neuere Studien zeigen jedoch, dass sie auch Stunden nach einem Sonnenbad Erbsubstanz- Schäden verursacht, die Hautkrebs auslösen können. Es ist deshalb wichtig Sonnenschutzprodukte anzuwenden, die sowohl im UVA-und UV-B-Bereich schützen. Woran erkennt man, ob ein Sonnenschutzmittel einen guten UV-A-Schutz bietet? Der UV-A-Schutz eines Produktes wird ebenfalls nach international anerkannten Regeln experimentell bestimmt und berechnet. Bei ausreichendem Schutz kann der Hersteller den UV-A-Schutz mit dem UV-A-Logo auf der Packung angeben («UVA» in einem Kreis). Darauf sollten Sie als Konsument unbedingt achten. Empfehlen Sie kombinierte Sonnenschutzprodukte, die einen UV-B- und einen UV- A-Schutz enthalten? Ja, in jedem Fall. Kann es bei der Verwendung von Sonnenschutzprodukten zu Nebenwirkungen oder Einschränkungen der Schutzleistung kommen, wenn man vor oder nach dem Auftragen des Sonnenschutzes medizinische Präparate wie zum Beispiel kortisonhaltige Salben oder Präparate mit Vitamin D3 oder Vitamin A-Abkömmlingen anwendet? Das ist eine sehr wichtige Frage, zu der es leider keine Untersuchungen gibt und wahrscheinlich auch kaum geben wird. Die Industrie verändert und verbessert ihre Sonnenschutzprodukte laufend und die Frage der Verträglichkeit müsste immer wieder neu untersucht werden. Ich empfehle deshalb Patienten, die eine topische Therapie anwenden, sich mit Kleidung vor der Sonnenstrahlung zu schützen oder sich im Schatten aufzuhalten. Wenn trotzdem ein Sonnenschutzmittel zur Anwendung kommen muss, dann empfehle ich Produkte anzuwenden, die ausschliesslich auf Titandioxid und/oder Zinkoxid basieren. 8 SONNENSCHUTZMITTEL

Kann sich die Schutzleistung von Sonnenschutzprodukten auch auf starker Psoriasis Plaque entfalten? Eine starke Verhornung der Haut reduziert das Eindringen von UV-Strahlung bereits. Die Schutzleistung eines Sonnenschutzproduktes entfaltet auf jeder Haut ihre Wirkung. Die Frage ist, ob ein Produkt auf eine geschädigte Haut aufgetragen werden sollte. Darüber gibt es leider auch keine produktspezifischen Untersuchungen. Empfehlen kann ich nur, Produkte ohne Alkohol anzuwenden und Produkte zu wählen, die sich mühelos, ohne Reiben, von der Haut entfernen lassen. Gibt es Erfahrungswerte oder Studien darüber, ob chemische Filter bei entzündeter Haut die Entzündung noch verstärken können? Offensichtlich entzündete Haut sollte durch Kleidung oder durch Schatten geschützt werden. Wenn sich diese Optionen absolut nicht umsetzen lassen, würde ich Produkte empfehlen, die ausschliesslich auf Titandioxid und/oder Zinkoxid basieren. Haben Sonnenschutzmittel Nebenwirkungen? Grundsätzlich sind Unverträglichkeiten möglich, so zum Beispiel gegen einzelne Filter eines Produktes oder aber auch Offensichtlich entzündete Haut sollte durch Kleidung oder durch Schatten geschützt werden. gegenüber einzelnen Bestandteilen der Formulierung, z.b. Parfum. Vor dem Hintergrund der häufigen Anwendung von Sonnenschutzmitteln sind Unverträglichkeiten bis heute immer noch selten. Da es äusserst aufwendig ist, den Auslöser einer Unverträglichkeit zu eruieren, empfehle ich einfach das Produkt zu wechseln. Als erstes würde ich ein Produkt empfehlen, das ausschliesslich durch Titandioxid und/oder Zinkoxid schützt. Schützen Sonnenschutzsprays genau so gut wie Cremen? Theoretisch schon vorausgesetzt, dass der gleiche LSF deklariert ist und die genau gleiche Menge aufgetragen wird. Allerdings ist bei vielen Sprays die auf die Haut verabreichte Menge im Vergleich zu Cremen kleiner und damit die Schutzleistung auch geringer. Darüber hinaus geht während des Sprayens ein grosser Teil des Produktes an die Umgebung verloren und erreicht die Haut gar nicht. Ich empfehle deshalb nie Sprays. Was ist zu beachten, damit ein Sonnenschutzprodukt seine Wirkung optimal entfalten kann? Wie eingangs erwähnt, tragen wir uns meist zu wenig Sonnschutzprodukt auf die Haut auf, um die auf der Packung SONNENSCHUTZMITTEL 9

HS 4/2015 angegebene Schutzhöhe (LSF) zu erreichen. Ich empfehle deshalb generell, sich vor der Exposition zweimal, wie Sie sich es gewohnt sind, einzucremen. Damit erreichen Sie etwa die notwendigen 2 mg/cm 2 und cremen vielleicht auch noch Stellen ein, die Sie vorher «vergessen» haben. Was bedeutet «wasserfest» bei einem Sonnenschutzprodukt? «Wasserfest» und «extra wasserfest» sind Produkteigenschaften, die ebenfalls nach international anerkannten Vorschriften für jedes Produkt ermittelt werden müssen. An freiwilligen Probanden wird die Schutzleistung (LSF) eines Produktes vor und nach Aufenthalt in einem Wasserbecken (Jacuzzi) ermittelt. Beträgt die LSF nach dem Wasseraufenthalt 50 Prozent des auf der Packung deklarierten Wertes, wird das Prädikat «wasserfest» oder «extra wasserfest» vergeben. Persönlich halte ich wenig von diesem Prädikat. Die meisten Menschen trocknen sich nach einem Bad mit einem Handtuch ab und damit ist auch der Schutz weg. Darüber hinaus ist die Zeit, in der man sich im Wasser aufhält, im Vergleich zu derjenigen am Strand in der Regel auch sehr klein und Surfern empfehle ich ohnehin das Tragen eines Schutzanzuges. Grundsätzlich sollte man sich nach dem Aufenthalt im Wasser oder nach starkem Schwitzen erneut eincremen, um den Schutz aufrecht zu erhalten. In der Tageskosmetik werden immer häufiger Sonnenschutzfilter beigegeben. Ist das immer sinnvoll? Ich beurteile dies als grundsätzlich sinnvoll. Dennoch ist es für den Konsumenten meist nicht ersichtlich, in welchem Ausmass (Höhe) und in welchem Bereich (UV-A- und UV-B-Spektrum) das Produkt wirkt. Ein guter UV-A-Schutz trägt sicher zu Hemmung der Hautalterung bei. Der Körper braucht für die Produktion von Vitamin D Sonnenlicht. Verhindern Sonnenschutzprodukte mit einem hohen LSF, dass im Körper der Prozess für die Produktion von Vitamin D aktiviert wird? Ein Sonnenschutzprodukt verringert die Strahlungsmenge, die in die Haut eindringt, er verhindert sie nicht. Auch bei einem Produkt mit LSF 50+ gehen ein paar Protonen durch nur eben weniger. Aber die wenigen genügen, um die Vitamin D-Synthese aufrecht zu erhalten. Es ist sogar so, dass zu viel UV- Strahlung die Vitamin D-Synthese in der Haut wieder drosselt. Auch bei mässiger Strahlung bei Bewölkung kann die Haut Vitamin D produzieren. In der Schweiz haben trotzdem viele Menschen über fünfzig Jahre ein Vitamin D-Defizit. Dies hängt aber vor allem da- 10 SONNENSCHUTZMITTEL

mit zusammen, dass die Haut ab diesem Alter weniger effizient Vitamin D produzieren kann. Zur Supplementierung stehen viele frei verkäufliche Produkte zur Verfügung. Wie finden Konsumentinnen und Konsumenten das für sie geeignete Produkt? Am besten durch Probieren. Das sensorische Gefühl während des Auftragens, die Verteilbarkeit und das Hautgefühl nach dem Auftragen sind entscheidend, ob ein Produkt überhaupt und dann immer wieder aufgetragen wird. Also wählen Sie dasjenige Produkt, das Ihnen am meisten zusagt. Gibt es eine allgemeine Empfehlung, die Sie unseren Leserinnen und Lesern auf den Sommer hin mitgeben? Ich empfehle Ihnen, ein Produkt zu wählen, das Sie sich gerne auf die Haut streichen. Vor einem längeren Aufenthalt im Freien empfehle ich Ihnen besonders, sich zweimal einzucremen. Dies, um einerseits die erforderlich Menge von 2 mg/cm 2 aufzutragen und um andererseits beim ersten Mal ausgelassene Stellen doch noch zu erreichen. Sonnenschutzprodukte wirken sofort. Allerdings wird empfohlen, 20 bis 30 Minuten vor der Sonnenexposition die Produkte einzureiben. Man erreicht dadurch eine höhere Haftung des Produktes auf der Haut. Als Vergleich nenne ich hier das Auftragen von Dispersionsfarbe auf einer Wand: Diese muss auch erst Abtrocknen, bevor man sie berühren kann. Aber bitte bedenken Sie, dass Sie dennoch den Aufenthalt an der Sonne zeitlich begrenzen sollten und sich durch Kleidung, Kopfbedeckung und Sonnenbrille viel besser schützen können. Herr Prof. Surber, ich danke Ihnen sehr herzlich für dieses interessante Gespräch. Prof. Dr. phil. nat. Christian Surber ist an den Dermatologischen Universitätskliniken in Basel und Zürich als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Gastprofessor tätig. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind die Lokaltherapie der kranken Haut und der Hautschutz insbesondere der Sonnenschutz. In diesem Zusammenhang untersucht er auch Patienten- und Konsumentenverhalten so z.b. das Sonnenschutzverhalten von Kindern und Jugendlichen. SONNENSCHUTZMITTEL 11