DAS BUNDESAMT FÜR VERKEHR

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Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Bundesamt für Verkehr BAV Abteilung Politik Aktenzeichen: BAV / BAV-012-00001/00001/00026/00001 Ihr Zeichen: Unser Zeichen: Sachbearbeiter/in: Bern, 15. April 2014 DAS BUNDESAMT FÜR VERKEHR hat in der Angelegenheit der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) betreffend Entschädigung bei Verspätung im internationalen Verkehr I. festgestellt: 1. Frau xxxxxxx hatte sich mit E-Mail vom 24. Januar 2014 an das Bundesamt für Verkehr (BAV) gewandt und mit E-Mail vom 26. Januar 2014 ergänzende Informationen nachgereicht. 2. Sie habe für sich, ihren Mann und ihr Grosskind auf der Homepage der SBB zum Preis von Fr. 405.- eine Reise von Mailand nach Hamburg erworben. Die Fahrkarten seien ihr anschliessend zugesandt worden. 3. Den Unterlagen lässt sich entnehmen, dass sie am 14. Juli 2013 unter der Bestellnummer 29122752 eine Fahrt von Mailand über Zürich nach Hamburg erworben hatte. Es handelt sich um die Verbindung ab Milano Centrale am 21. September 2013 17:10 Uhr, Zürich HB an 20:51 Uhr, Zürich HB ab 21:00 Uhr, Basel SBB an 21:53 Uhr, Basel SBB ab 22:13 Uhr, Hamburg Hbf an 22. September 2013 8:35 Uhr. Die Verbindung wird vom Online-Fahrplan der SBB so vorgeschlagen, wenn man eine Verbindung von Mailand via Zürich nach Hamburg sucht. 4. Der Zug aus Mailand sei mit 23 Minuten Verspätung in Zürich eingetroffen. Dies habe dazu geführt, dass sie ihre Reise erst am nächsten Morgen fortsetzen konnten. Sie erreichten daher Hamburg erst um 13:35 Uhr und damit mit fünf Stunden Verspätung. 5. Die SBB sind für die Kosten der Übernachtung in Zürich aufgekommen. Auch konnte xxxxxxxxx die Fahrt anderntags fortsetzen, ohne dass ihr zusätzliche Reisekosten entstanden wären. 6. Hingegen lehnten die SBB es mit E-Mails vom 15. und 20. November 2013 ab, einen Teil des Fahrpreises zurückzuerstatten. xxxxxxxx begehrt angesichts der fünfstündigen Verspätung am Zielort in Hamburg eine Fahrpreisrückerstattung. 7. Das BAV gab den SBB mit Schreiben vom 28. Januar 2014 Gelegenheit zur Stellungnahme. Bundesamt für Verkehr BAV Postadresse: CH-3003 Bern Standortadresse: Mühlestrasse 6, 3063 Ittigen *COO.2125.100.2.6606009* www.bav.admin.ch

8. Die Stellungnahme der SBB erfolgte mit Schreiben vom 5. März 2014. In der Stellungnahme halten die SBB an ihrer Rechtsauffassung fest, es bestehe kein Anspruch auf teilweise Erstattung des Fahrpreises. II. in Erwägung gezogen: A Formelles: 1. Das BAV ist gemäss Artikel 52 des Personenbeförderungsgesetzes (PBG, SR 745.1) als Aufsichtsbehörde über die Personenbeförderung im öffentlichen Verkehr befugt, aufsichtsrechtliche Massnahmen zu ergreifen, wenn ein Transportunternehmen gegen das PBG verstösst. 2. Ein Verstoss gegen das PBG liegt auch dann vor, wenn ein Unternehmen eine Verpflichtung aus dem Beförderungsvertrag verletzt. Artikel 19 Absatz 1 PBG verpflichtet nämlich das Unternehmen, Reisende entsprechend den Vereinbarungen aus dem Personentransportvertrag zwischen bestimmten Stationen zu transportieren. 3. Folglich ist das BAV dafür zuständig, zu untersuchen, ob sich aus dem Personentransportvertrag eine Verpflichtung zu einer teilweisen Fahrpreisrückerstattung ergibt. 4. Das BAV könnte die Reisende aufgrund der Subsidiarität der aufsichtsrechtlichen Anzeige darauf verweisen, ihre Erstattungsforderung als vermögensrechtliche Streitigkeit gemäss Artikel 56 Absatz 1 PBG auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. Würde das BAV von einer aufsichtsrechtlichen Überprüfung des Sachverhalts absehen, wäre allerdings davon auszugehen, dass es sich das Verhalten der SBB wiederholen könnte und dass sich in zukünftigen vergleichbaren Fällen Reisende von der Geltendmachung allfällig berechtigter Erstattungsansprüche abhalten lassen könnten. 5. Folglich unterzieht das BAV das Verhalten der SBB einer aufsichtsrechtlichen Untersuchung, um sicherzustellen, dass die SBB Rückerstattungsverpflichtungen befolgt, welche sie in ihren Beförderungsverträgen eingegangen sind. B Materielles: 1. Auf die Eisenbahnbeförderung von Personen im internationalen Verkehr finden in der Schweiz die Einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen (CIV - Anhang A zum Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 3. Juni 1999, SR 0.742.403.12) sowie ergänzend die Bestimmungen des PBG Anwendung. 2. Die SBB wenden für internationale Reisen ergänzend die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für die Eisenbahnbeförderung von Personen (GCC-CIV/PRR) des internationalen Eisenbahntransportkomitees (CIT) sowie besondere Beförderungsbedingungen der SBB für internationale Reisen (BBB-SBB) an. 3. Aus den GCC-CIV/PRR ergibt sich ein Anspruch auf Erstattung von 50% des Beförderungspreises, wenn die Verspätung 120 Minuten oder mehr beträgt (Ziff. 9.2.1 GCC-CIV/PRR). 4. Voraussetzung ist, dass der Bestimmungsort gemäss Beförderungsvertrag mit 120 oder mehr Minuten Verspätung erreicht wird. 5. Nun machen die SBB in ihrer Stellungnahme vom 5. März 2014 geltend, sie hätten der Reisenden drei Beförderungsverträge verkauft. Einen zwischen Mailand und Zürich, einen zweiten zwischen 2/7

Zürich und Basel und einen dritten zwischen Basel und Hamburg. Dies ergebe sich daraus, dass sie für die verschiedenen Strecken gesonderte Beförderungsausweise ausgestellt hätten. Und gemäss Ziff. 3.5 GCC-CIV/PRR dokumentierten mehrere Beförderungsausweise mehrere Beförderungsverträge. Sie dokumentierten nur dann einen einzigen Beförderungsvertrag, wenn die besonderen Beförderungsbedingungen dies vorsehen. Die BBB-SBB sähen dies aber nicht vor. Da allein der Zug zwischen Mailand und Zürich verspätet gewesen sei und die Verspätung in Zürich weniger als 60 Minuten betragen habe, seien die Voraussetzung für eine Entschädigung nicht erfüllt. 6. Der Rechtsauffassung der SBB, es sei mit der Reisenden und ihren Begleitern kein durchgehender Beförderungsvertrag zwischen Mailand und Hamburg zustande gekommen, kann nicht gefolgt werden. 7. Die Reisende konnte nämlich während dem gesamten Bestellvorgang auf der Homepage der SBB davon ausgehen, dass die SBB auf ihre Reiseanfrage von Mailand über Zürich nach Hamburg (invitatio ad offerendum) mit entsprechenden Vertragsangeboten reagierte. Dies lässt sich nachvollziehen, wenn eine solche Reiseanfrage unter http://www.sbb.ch/home.html in die Fahrplanmaske eingegeben wird (zuletzt abgerufen am 28. März 2014). 8. Nirgendwo im Bestellvorgang wurde die Reisende darauf hingewiesen, dass die SBB keine Beförderungsverträge entsprechend der Suchanfrage anbieten. Vielmehr wird während des Bestellvorgangs einmal von der "Verbindung/Artikel: Milano Centrale - Hamburg Hbf Via Zürich HB - Basel SBB - Hannover Hbf" und auf einer anderen Seite von "Bisher gewählt: Hinfahrt: Milano Centrale - Hamburg Hbf Via Zürich HB - Basel SBB - Hannover Hbf" gesprochen. Die zur Auswahl angebotenen Preise sind jeweils Gesamtpreise für die gesamte Strecke. Wer nicht einen gesonderten link "Preise pro Person" öffnet, wozu man keine besondere Veranlassung hat, erfährt vor dem Kauf nicht einmal, aus welchen Teilstreckenpreisen sich der Gesamtfahrpreis zusammensetzt. 9. Dass nach dem Abschluss des Kaufvertrags durch Bezahlung per Kreditkarte mehrere Beförderungsausweise zugesandt wurden, vermag nichts daran zu ändern, dass mit der Reisenden und ihren Mitreisenden ein einziger Beförderungsvertrag zwischen Mailand und Hamburg via Zürich abgeschlossen wurde. Denn zum Zeitpunkt der Zusendung der Beförderungsausweise war der Vertrag längst geschlossen. 10. Folglich lässt sich aus der Ausgestaltung der Beförderungsausweise auch nichts zum Nachteil der Reisenden herleiten. 11. Zugunsten der Reisenden sei aber auf folgende - dem Vertragsschluss zeitlich nachgelagerte - Aspekte hingewiesen: Zunächst befindet sich auf dem Billett von Zürich nach Basel der Aufdruck "Nur gültig mit internationalem Fahrausweis CIV 85 ohne MWST". Dieser Hinweis spricht nicht für die Argumentation der SBB, es handle sich um drei verschiedene Beförderungsverträge. Weiter tragen sämtliche Billette auf die Minute genau denselben Ausstellungszeitpunkt: 14. Juli 2013, 22:24 Uhr. Schliesslich könnte auch der Umstand, dass die SBB für die Kosten der Übernachtung in Zürich aufgekommen sind, dafür sprechen, dass der Beförderungsvertrag, welcher in Mailand begann, auch aus Sicht der SBB nicht bereits in Zürich seine Erfüllung gefunden hatte. 12. Da mit der Bezahlung des Angebots nach seinem objektiven Erklärungswert eine Einigung über die Beförderung von Mailand nach Hamburg zu einen bestimmten Zeitpunkt und einem bestimmten Preis erzielt wurde, kann sich bezüglich dieser Punkte, über welche eine Einigung erzielt wurde, aus den von den SBB verwendeten AGB auch keine Änderungen ergeben (Vorrang der Individualabrede). 3/7

13. Aufgrund der expliziten Einigung über einen einzigen Beförderungsvertrag zwischen Mailand und Hamburg kommt es nicht darauf an, dass ohne eine solche Einigung verschiedene Beförderungsausweise für verschiedene Strecken gemäss Ziff. 3.5 der GCC-CIV/PRR in der Regel mehrere Beförderungsverträge dokumentieren. 14. Da im konkreten Fall ein Beförderungsvertrag zwischen Mailand und Hamburg zustande gekommen ist, folgt hieraus der 50%-Erstattungsanspruch, da auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere erfolgte die Reklamation gemäss Ziff. 13.2.1 der GCC-CIV/PRR rechtzeitig innerhalb von drei Monaten. 15. Da die SBB mit der Reisenden einen durchgehenden Beförderungsvertrag abgeschlossen haben, muss vorliegend nicht untersucht werden, ob ein Transportunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sein könnte, im internationalen Verkehr durchgehende Fahrausweise anzubieten, wenn die Reise über das Netz verschiedener Unternehmen führt. 16. Folglich muss auch nicht weiter geprüft werden, wie der Fall zu entscheiden wäre, wenn die SBB die Reisende klar und rechtzeitig vor Vertragsschluss darauf hingewiesen hätten, dass sie mit den SBB als Vertragspartner keinen durchgehenden Beförderungsvertrag von Mailand nach Hamburg abschliessen könne. 17. Allerdings sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es eine wesentliche Errungenschaft des internationalen Eisenbahnverkehrs darstellt, wenn Reisende einen durchgehenden Beförderungsanspruch unter Einbezug mehrerer Beförderer erwerben können. Es ist weiterhin wünschenswert, dass die Unternehmen solche Fahrkarten anbieten. Sie dienen der Verbesserung der intermodalen Wettbewerbsstellung der Bahn. Die Kehrseite für die Eisenbahnunternehmen liegt, wie hier, darin, gegebenenfalls für Rückerstattungsansprüche geradestehen zu müssen, die sie nicht selber zu verantworten haben. Dieses Problem liesse sich durch geeignete Abreden unter den Beteiligten (Regress, Pauschalen, Verrechnung o.ä.) regeln. Es dürfte demnach unzulässig sein, den Beförderungsvertrag künstlich aufzuteilen, um die Ersatzansprüche der Reisenden auf einzelne Teilstrecken zu begrenzen. 18. Hingegen muss vorliegend geklärt werden, ob sich der Anspruch auf Erstattung allein auf den Fahrpreis des verspäteten Zugs Mailand-Zürich bezieht, oder auf den Fahrpreis für die gesamte Reise. Der Preis für den Zug Mailand-Zürich wurde in den Reisedetails, die mit den Billetts zugestellt wurden, mit Fr. 27.- pro Person, also mit insgesamt Fr. 81.- ausgewiesen. 19. In Ziff. 9.3.1 der GCC-CIV/PRR findet sich nämlich der Satz: "Für die Berechnung von Entschädigungen ist der auf den verspäteten Zug entfallende Beförderungspreis massgebend." Eine ähnliche Reglung findet sich übrigens in Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (ABl L 315 vom 3. 12.2007, S.14). 20. Es geht also um die Frage, ob Ziff. 9.3.1 GCC-CIV/PRR die Entschädigung wirksam auf Fr. 40.50 begrenzt, oder ob die Reisende einen Anspruch auf hälftige Minderung des Fahrpreises für die gesamte Strecke zwischen Mailand und Hamburg hat. Dann nämlich betrüge der Erstattungsanspruch Fr. 202.50. 21. Die Anwendung von Ziff. 9.3.1 GCC-CIV/PRR auf Mehrfahrtenkarten oder Billetts, welche für Hinund Rückfahrt gültig sind, erscheint unproblematisch. 22. Hingegen kann die Anwendung der Bestimmung auf fahrplanmässige Umsteigeverbindungen (Beförderungsketten, bei denen der Zug gewechselt werden muss, um das Reiseziel zu erreichen) zu unbilligen Ergebnissen führen. Für den Reisenden macht es nämlich keinen Unterschied, ob er in einem durchgehenden Zug von Mailand nach Hamburg sitzt und in Hamburg mit fünf Stunden 4/7

Verspätung ankommt, oder ob er Hamburg mit fünf Stunden Verspätung erreicht, weil der Zug von Mailand nach Zürich Verspätung hatte und er anschliessend umsteigen muss, um Hamburg zu erreichen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Reisende bei gleicher Verspätung am Reiseziel seinen Fahrpreis anders als bei einer durchgehenden Zugverbindung nur zu einem Bruchteil mindern dürfen soll, wenn er für seine Reise umsteigen muss. 23. Die Anwendung von Ziff. 9.3.1 GCC-CIV/PRR auf Umsteigeverbindungen führt deshalb zu stossenden Ergebnissen. Die Regelung ist aus Sicht der Reisenden so ungewöhnlich, dass sie mit ihr nach Treu und Glauben nicht rechnen musste. Folglich ist der Regelung die Anwendung gemäss der Ungewöhnlichkeitsregel (vgl. BGE 119 II 443 S. 446) zu versagen, da die SBB die Reisende nicht vor Vertragsschluss speziell auf diese ungewöhnliche Regel aufmerksam gemacht haben. 24. Da Ziff. 9.3.1 der GCC-CIV/PRR die Anwendung zu versagen ist, hat die Reisende aufgrund des mit den SBB geschlossenen Beförderungsvertrags zwischen Mailand und Hamburg und Ziff. 9.2.1 der GCC-CIV/PRR einen Anspruch auf Erstattung von 50% des gesamten Fahrpreises. 25. Überdies dürfte die Anwendung von Ziff. 9.3.1 der GCC-CIV/PRR im konkreten Fall auch zu einem erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten im Sinne von Artikel 8 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG, SR 241) führen. Denn die Beschränkung des Minderungsrechts auf 10% des Beförderungsentgelts führt bei Überschreitung der Reisezeit um fünf Stunden bzw. 32% zu einem erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnis zwischen Reisepreis und Beförderungsleistung. 26. Neben dem vertraglichen Minderungsanspruch wäre im Übrigen auch ein gesetzlicher Minderungsanspruch in Betracht zu ziehen. Ein solcher könnte sich aus direkter oder analoger Anwendung obligationenrechtlicher Minderungsansprüche ergeben. 27. Einem solchen gesetzlichen Minderungsanspruch dürfte im Übrigen die spezialgesetzliche Begrenzung der Schadensersatzpflicht aus Artikel 21 PBG nicht entgegenstehen. Müssten die Bahnen nämlich umfassend Schadensersatz wegen Verspätungen zahlen, der über die Rückerstattung des erhaltenen Beförderungsentgelts hinausgeht, würden dem Bahnverkehr erhebliche zusätzliche Kosten entstehen, die von der Allgemeinheit der Bahnkunden oder Steuerzahler gedeckt werden müssten. Vor diesem Hintergrund erscheint eine gesetzliche Begrenzung der Schadenersatzpflicht wegen Verspätungen legitim. Hingegen liesse es sich wohl nicht rechtfertigen, wenn ein Transportunternehmen den Anspruch auf das volle Beförderungsentgelt behalten würde, völlig unabhängig davon, ob es die Reisenden pünktlich oder mit einer, zwei oder gar fünf Stunden Verspätung ans Ziel bringt. Deshalb dürfte die Begrenzung des Schadenersatzanspruchs nicht zugleich als Ausschluss von gesetzlichen Minderungsansprüchen anzusehen sein. 28. Aufgrund der Rechts- und Sachlage besteht ein Interesse an der Kenntnisgabe dieses Entscheids auch an den Verband öffentlicher Verkehr (VöV) und an das Comité international des transports ferroviaires (CIT). Diese Bekanntgabe erfolgt ohne Nennung des Namens der Reisenden (anonymisiert). 29. Die SBB haben durch ihr Verhalten den Erlass der vorliegenden Verfügung erforderlich gemacht, weshalb ihnen gestützt auf Artikel 1, 2 und 6 der Gebührenverordnung BAV (SR 742.102) eine Gebühr nach Zeitaufwand in Höhe von Fr. 900.- aufzuerlegen ist. 5/7

III. verfügt: 1. Die SBB werden aufsichtsrechtlich angewiesen, xxxxxxxxxxxxxxx Fr. 202.50 auf ein von ihr zu bezeichnendes Konto zu überweisen. 2. Die SBB werden aufsichtsrechtlich angewiesen, Ziff. 9.3.1 der GCC-CIV/PRR nicht auf fahrplanmässige Umsteigeverbindungen anzuwenden. 3. Den SBB wird eine Gebühr von Fr. 900.- auferlegt. Der Betrag ist fällig 30 Tage nach der Eröffnung bzw. im Falle der Anfechtung der Verfügung mit ihrer Rechtskraft. Die Zahlungsfrist beträgt 30 Tage vom Eintritt der Fälligkeit an. Der Betrag ist dem BAV gemäss der separat folgenden Rechnung zu überweisen. Bundesamt für Verkehr Peter König Leiter der Sektion Recht xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Rechtsmittelbelehrung: Gemäss Artikel 50 VwVG (SR 172.021) kann gegen diese Verfügung innerhalb von 30 Tagen nach deren Eröffnung beim Bundesverwaltungsgericht, Postfach, 9023 St. Gallen, schriftlich Beschwerde erhoben werden. Gemäss Artikel 20 VwVG beginnt die Beschwerdefrist bei persönlicher Eröffnung an die Parteien an dem auf die Eröffnung folgenden Tag zu laufen. Der Stillstand der Fristen richtet sich nach Artikel 22a VwVG. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren und deren Begründung mit Angabe der Beweismittel zu enthalten. Die angefochtene Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat. Die Beschwerdeschrift ist vom Beschwerdeführer oder seinem Vertreter zu unterzeichnen; ein allfälliger Vertreter hat sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen. Die Kostentragung im Beschwerdeverfahren richtet sich nach Artikel 63 VwVG. Eingeschrieben zu eröffnen an: Schweizerische Bundesbahnen, Personenverkehr, Wylerstr. 123/125, 3000 Bern 65 6/7

Kopie z.k. an: - xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx - xxxxxx Kopie anonymisiert an: - Verband öffentlicher Verkehr, Dählhölzliweg 12, 3000 Bern 6 - Comité International des transports ferroviaires, Weltpoststrasse 20, 3015 Bern Intern per Zeiger an: xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx 7/7