Friede auf Erden! damals wie heute ist diese Verheissung wunderbar. Doch wer ist dafür zuständig, ihn zu bringen? Oder zu machen?

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Transkript:

Predigt am 24.12.2009 22.30 in der Ref. Kirche Thalwil Vikarin Kirstin Schneebeli Liebe Gemeinde, Friede auf Erden! damals wie heute ist diese Verheissung wunderbar. Doch wer ist dafür zuständig, ihn zu bringen? Oder zu machen? Die Zeitgenossen Jesu hofften auf einen Retter, den Messias. Im alttestamentlichen Israel schon wuchs die Hoffnung, Gott würde einst den himmlischen Herrscher schicken. Er würde wie ein guter König, besser noch als David - Gottes Recht und Gerechtigkeit unter den Menschen geltend machen. Wir haben in der Lesung vorhin gehört, wie der Prophet Jesaja sich das vorstellte: Jeder Soldatenstiefel und jeder vom Kampf blutige Mantel würde dann verbrannt werden. Der Friede wäre grenzenlos und auf ewig, wenn erst der Retter da wäre. Je schlimmer die Unterdrückung, je unerträglicher die Not im Land, um so lauter schrien die Menschen nach dem messianischen Befreier. Und um so ähnlicher wurde dieser in ihrer Vorstellung einem Supermann: Feldhauptmann, König und Gotteskämpfer in einem. Friede auf Erden! die Verheissung tönt uns noch immer wunderbar. Doch warten wir nicht auf einen himmlischen Retter, der unsere weltlichen oder der meine persönlichen Probleme

löst. Zwar liegt, wenn z.b. Obama nach Kopenhagen fährt, die Aufmerksamkeit der Welt auf ihm. Es hängt viel davon ab. Und doch leben wir in einer sog. partikularen Gesellschaft, d.h. kurz gesagt: Jeder ist seines Glückes Schmid. Ich kann keinen König, Bundesrat oder sonst einen hohen Herren oder Dame zum Retter meines Lebens erheben. Für Frieden, für Zu-frieden-heit, Glück, Gesundheit bin ich heute, zumindest in meinem näheren Umfeld, selbst verantwortlich. Es ist, wir wissen das aus Erfahrung, kein leichter Job, sich selbst Friedensbringer zu sein. Ehrlich gesagt, wir machen unsere Sache mit dem Frieden wirklich gut: Wir geben uns Mühe, schenken gern und ideenreich. Sind mindestens so freundlich wie sonst zueinander. Wir bemühen uns um Versöhnung. Wir diskutieren im Sinne der Friedenssicherung wichtige Fragen zur Gestaltung der Weihnachtstage im Voraus: Wann feiern wir bei wem und mit wem? Schenken wir einander dieses Jahr mal nichts? Gehen wir in die Kirche? Sollte ich dieses Jahr vielleicht doch ganz allein feiern, weil ich die ewigen Geschwisterstreitigkeiten satt habe? Wir sind noch grosszügiger mit Spenden. Ich finde wirklich, wir meistern unsere Sache als Friedensbringer nach Kräften gut, im Kleinen wie im Grossen. Manchmal haben unsere Bemühungen einen Weihnachtstrubel zur Folge, der ausartet. Und der einem

dann schon mal den Frieden raubt: Die Vorbereitungen können stressen, am umsichtig gewahrten Familienfrieden werden feine Risse sichtbar. Weihnachten klappt meist nicht ganz so friedvoll, wie wir es gern hätten. Unsere Erwartungen an uns selbst und an unsere Mitmenschen sind zur Weihnacht so gross, wir wünschen Friede auf Erden und Zu-Frieden-heit in der Stube. Da kommen wir zwangsläufig an unsere Grenzen. Wie gut täte es, von einer Begebenheit zu hören, die alle Erwartungen nach Friede und Zu-Frieden-heit erfüllen würde. Eine Episode, die in unbändige Freude und Jubel mündet, und das schon auf den ersten paar Seiten des Buches. Wenn es diese Geschichte gäbe, wir könnten sie uns als Beispiel nehmen und fragen: Wie sind denn hier die Erwartungen erfüllt worden? Sie denken es sich schon: Diese Episode gibt es natürlich, wir haben sie vorhin als Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium gehört. Also, wie steht es mit Erwartung und Erfüllung in jener allerersten Weihnacht? Denn in der Herberge war kein Platz für sie. Es beginnt schon damit, dass Josef und Maria in keinem der Häuser Quartier nehmen. Darum kommt Jesus unbemerkt von den Herbergsgästen, in aller Stille zur Welt. Den Retter jedoch erwarteten die Leute zur Zeit Jesu natürlich mit grossem Aufsehen, mit einem göttlichen

Trompetenstoss sollte er in die Welt kommen. (Oder zumindest unter einem Stern als göttlichem Zeichen, wie es der Evangelist Matthäus berichtet.) Aber solch allzu menschlicher Idee macht die Weihnachtsgeschichte von Lukas einen Strich durch die Rechnung. Der Friedensbringer kommt unbemerkt, ohne grosses Aufsehen. Fast heimlich mutet die Szene an: Keine Hebamme, niemand ausser Eltern und Neugeborenem. Man muss eine Zeit suchen, bis man Bethlehem, diese kleinste unter den Städten in Juda gefunden hat. Sich aufmachen und suchen, bis man den Retter der Welt findet, das scheint dem Erzähler wichtig zu sein. Und es waren Hirten in jener Gegend auf freiem Feld und hielten in der Nacht Wache bei ihren Herden. auch dass es gerade die Hirten sind, die als erste die Botschaft der Engel hören, entspricht nicht der Erwartung derer, die nach dem Messias Ausschau hielten. Die Gelehrten waren es doch, die Tag und Nacht über den alten Schriften studierten, nach einem Hinweis suchend: Wann kommt der Messias? Welches Unheil muss uns noch geschehen? Hätten nicht diese Bibelkundigen als erste eine Ahnung haben sollen? Statt dessen waren es die Hirten, die doch nicht zählten. Im wahren Wortsinn zählten sie nicht, denn sie waren unbedeutend genug, dass sie auf dem Feld bleiben konnten, während sich alle Welt in Steuerlisten einzutragen hatte. Der Friede keimt am Rand, nicht in der Mitte der Gesellschaft.

Und am Rand der Gesellschaft geht die Geschichte wie wir wissen, ja auch weiter: Das Kind, das hier geboren wurde, wird später ohne Wohnsitz sein, von der Hand in den Mund leben. Mit einer zweifelhaften Gefolgschaft wird er durch die Gegend ziehen und in den Dörfern predigen. Es werden wiederum Randständige sein, um die er sich bemüht: Ausgestossene, Straftäter, verkrachte Existenzen. Ihnen verspricht er Gottes Nähe. Gott sorge sich um sie wie ein Vater um sein Kind, Gott wolle ihnen vergeben, sie bräuchten nichts zu tun, als die Vergebung nur anzunehmen. Im Abseits wird Jesus von Nazareth schliesslich auch hingerichtet werden den Tod eines von der Gesellschaft Ausgestossenen stirbt er draussen auf Golgatha. Eine weitere Enttäuschung für alle, die einen Trompetenstoss erwarteten: Und sie fanden Maria und Josef und das neugeborene Kind Der Friedensbringer ist erstens ein Säugling, was soll der schon ausrichten? Und zweitens hatte man doch wenigstens einen besonders göttlichen Menschen erwartet. Statt dessen ist die Rede von Windeln, in die das Kind gewickelt sei. Damit ist auch dem letzten nach Göttlichkeit Ausschau Haltenden gesagt: Der Friedensbringer, der Messias, ist ein Mensch wie wir. Um das Mensch-Sein auf die Spitze zu treiben, hat der Reformator Martin Luther eine so drastische Formulierung

gefunden für die Sache mit den Windeln und was genau das Christuskind dort hinein macht, dass ich ihn hier lieber nicht zitiere. - So, das ist die unspektakuläre Bilanz der Weihnachtsgeschichte, mit der sich diejenigen herumschlagen mussten, die den Messias erwarteten: Er kommt verborgen, nicht sichtbar. Er bleibt am Rand, nicht in der Mitte, er kommt klein und schwach, nicht gross und mächtig. Wenn eine Hoffnung, ein Wunsch nicht in Erfüllung geht, ist das immer enttäuschend. So kann es mir gehen, wenn ich etwas anderes als gewünscht auf die Weihnacht geschenkt bekomme. So kann es mir gehen, wenn die Festtage nicht so ablaufen, wie ich mir eine gelungene Weihnacht vorstelle. So ging es den Menschen, als Jesus geboren wurde: ein solcher Retter der Welt stand nicht auf ihrer Wunschliste. Sie waren enttäuscht. Ist man enttäuscht worden, wendet man sich ab und hofft anderswo aufs Neue vielleicht kommt der wahre Friedensbringer ja noch. Vielleicht gibt es das ersehnte Päckchen zum Geburtstag. Vielleicht verlaufen die Weihnachtstage nächstes Jahr ohne Krach. Jedoch die Botschaft vom Kind in der Krippe will es anders: Sie will uns enttäuschen, behauptet sogar: Ohne Enttäuschung keine Weihnacht.

Wie ist das zu verstehen? Das Wort Enttäuschung besteht aus zwei Teilen: Ent und Täuschung. Es bedeutet eigentlich, dass eine Täuschung beseitigt worden ist, der ich vorher aufgesessen bin. Ist die Täuschung aufgedeckt, bin ich ent täuscht. Sich ent-täuschen zu lassen braucht Mut und Vertrauen. Mut braucht es, weil man sich den Irrtum eingestehen muss. Vertrauen braucht es, weil man sich aufmachen muss zu einer neuen Suche. Doch erst wenn ich mich von der Täuschung befreit habe, kann ich Wahrheit finden. So spricht uns die Weihnachtsgeschichte in den Enttäuschungen unseres Lebens, die weihnachtlichen und die alltäglichen, Mut und Vertrauen zu. Sie sagt: Ob es in der Welt Weihnacht wird, ob Friede kommt, hängt nicht daran, wie gut Ihr eure Gemeinschaft gestaltet, wie zufrieden oder wie fröhlich Ihr seid. Die Weihnachtsbotschaft gilt Euch so oder so: Dort, Im Kleinen, am Rande, im Verborgenen, dort, wo das Leben wie bei den Hirten nicht reibungslos läuft, dort, wo Menschen scheitern, verkündet der Engel Gottes als erstes: Fürchtet Euch nicht! Denn seht, ich verkündige Euch grosse Freude, die allem Volk widerfahren wird: Euch wurde heute der Retter geboren! In diesem Sinne will die Weihnachtsbotschaft uns zur Ent- Täuschung werden!

Und unsere Bemühungen als Friedensbringer? Wenn Gott so oder so Weihnacht werden lässt, gleichgültig, wie gut oder schlecht wir Menschen uns in der Welt anstellen: brauchen wir uns dann überhaupt noch zu anzustrengen? Hinfällig ist unsere Anstrengung keineswegs, denn es bleibt dabei: Christus hat keine anderen Hände als die unseren! - Die Zukunft der Welt und unser persönliches Leben verantworten wir selber. Wir haben Macht, Dinge zu verändern. Und wir haben Kraft und Liebe zu geben. Aber doch sind wir dabei entlastet: Unser Erfolg und unser Scheitern ist nicht das Letzte. Das Letzte ist Gottes Frieden, in dem wir als Erfolgreiche und Scheiternde geborgen sind. Wenn wir das mit Herz und Verstand begreifen, bekommen wir Lust und Energie, weiterhin Friedensbringer zu sein, für uns selbst und für einander. Amen.